[1032] Der Friedhof blieb friedlich in der Nacht... [Sofia, Anastasia]

[Anastasia]

Eine Gestallt lief ruhig auf dem Friedhof hin und her, suchte nach einem frischen Grab. Unzufrieden knurrte sie zwischendurch vor sich her, es könnte auch leises Fluchen sein.
Unglücklich schüttelte sie den Kopf, wie um lässtige Gedanken zu verscheuchen.
Klein, dürr und mager wirkte sie, knochig, die Arme und Beine krumm, unterhalb der Augen ein Schleier, der den Rest ihres Gesichtes verbarg.

[Sofia Caruso]

Schon viel zu lange hatte sie diesem Ort keinen Besuch mehr abgestattet. Manch einer würde wohl sagen, dass es ein ungewöhnlicher Ort für einen Spaziergang sei.

Sofia sah dies jedoch anders.

Hier auf dem Friedhof herrschte eine ganz eigene urtümliche Stille. Eine Atmosphäre, die kaum in Worte zu fassen wäre und dennoch jedem greifbar, der sich durch diesen Ort bewegte. An diesem Ort der Trauer und des Abschiedes schritt eine zierliche Gestalt zwischen den Gräbern umher. Alleine und eine unheimliche Ruhe ausstrahlend. Bedächtig setzte sie jeden einzelnen Schritt und schien irgendwie an diesen Ort zu gehören.

Es wirkte stimmig, wie die Person in dem schwarzen Kleid und dem dunklen Umhang zwischen den Gräbern entlang ging. Die Kapuze war über den Kopf gezogen und so war das Gesicht nicht sogleich zu erkennen, welches im Schatten der Kapuze verborgen lag.

Sanft strich sie mit der blassen Hand beinahe zärtlich über einen der Grabsteine, als sie stehen blieb und den Blick langsam hob. Neugierig beobachtete sie die Gestalt, welche ebenfalls über den Friedhof wanderte, grob in ihre Richtung, und sie vielleicht noch nicht bemerkt hatte.

[Anastasia]

Die Gestallt sieht Sofia, wartet ab. Sie stellt sich gerader hin.
"Guten Abend, sagt, Ihr scheint Euch auszukennen. Wisst ihr vielleicht wo Etienne begraben wurde? Meine Reise war doch länger, ich habe es nicht zur Beerdigung geschafft."

[Sofia Caruso]

Es dauerte einen kurzen Augenblick, in welchem rein gar nichts geschah. Keine Bewegung oder sonstige Regung ging von der zierlichen Gestalt aus.

Dann schließlich schüttelte sie ganz sachte nur den Kopf. Ohne die Kapuze, welche die Bewegung deutlicher machte, wäre die Geste vielleicht kaum zu erkennen gewesen.

"Nein... verzeiht." sprach sie leise mit einer Stimme, die einem Wispern gleich die Worte dennoch gut verständlich zu der Gestalt trug. "Mir ist niemand mit diesem Namen bekannt und auch ein Grab, das einen solchen Namen trägt habe ich nicht gesehen."

Langsam legte sie die blassen Hände vor ihrem Körper ineinander und sah die andere Person aufmerksam an. Graublaue Augen sind im Halbdunkeln der Kapuze zu erkennen und jetzt aus der Nähe betrachtet kann man auch den Rest des Gesichts etwas besser erkennen. Blasse Haut und junge Gesichtszüge, vielleicht 16 Winter, wohl kaum mehr.

"Sagt... was ist ihm geschehen, diesem Etienne?" fragte die junge Frau leise nach.

[Anastasia]

Anastasia mustert die fremde Frau genauer. "Er hatte einen Unfall im Hafen. So sagt man. Was führt euch so spät hierher?"

[Sofia Caruso]

"Mein Beileid." sprach die Frau einem zarten Windhauch gleich aus, doch es fehlte Mitgefühl in der Stimme. Sie sagte es, weil man das eben so tat. Nicht weil ihr ein Tod wirklich leid getan hätte.

Der Tod war ein unausweichlicher Bestandteil des Seins. Warum sollte er einem Leid tun?

"Ich schätze die Ruhe dieses Ortes und des Nachts haftet ihm etwas an, das man bei Tage hier nicht findet." Sie strahlte eine unfassbare Ruhe mit ihrem Erscheinungsbild und Stimme aus. Während des ganzen Gesprächs hatte sich die Frau kaum bewegt, kaum Regung gezeigt.

[Anastasia]

Die Gestallt sieht sie fest an. "Fürchtet ihr Euch gar nicht? Oh verzeiht, ich vergaß mich vorzustellen, Anastasia. Man nennt mich Anastasia die Verborgene."
Sie lacht leise und zeigt auf den Schleier.

[Sofia Caruso]

"Sofia Caruso ist mein Name." wisperte sie der Unbekannten entgegen. "Es freut mich Euch kennen zu lernen."

Ihr Blick streifte einen Moment über den Friedhof, ehe ihre graublauen Augen wieder Anastasia fixierten. "Wovor sollte ich mich an einem Ort wie diesen fürchten?"

[Anastasia]

Anastasia sieht sie an. "Böse Menschen." Es ist gehaucht.
"Ich könnte auch jemand sein, der böses will."

[Sofia Caruso]

"Böse Menschen..." wiederholte die blasse Frau. "Jene gibt es überall, doch hier?" Sie deutete mit einer minimalen Geste mit der Hand über den Friedhof. Es wird deutlich, dass sie sich kaum unnötig bewegt und selbst solche Bewegungen scheinen wohl überlegt zu sein.

Die Hand fand wieder zu der anderen und sie legte sie vor ihrem Körper ruhend ineinander.

"Dies ist ein Ort der Ruhe. Der Trauer... des Todes... Nur ein törichter Mensch hegt böse Absichten auf dem Acker des Herrn."