[1032] Ein sonniger Dezembertag [Gasparo, Galeno]

[September '19]
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Gasparo
Ventrue
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Re: [1032] Ein sonniger Dezembertag [Gasparo, Galeno]

Beitrag von Gasparo »

Als Luciano seine Pflichten aufzählte verengten sich Sixtus Augen etwas. Wenige Sätze zuvor hatte er noch zugegeben, dass er die Einzelheiten des Handels bezüglich Valente nicht kannte, und nun prahlte er wie ein junger Mann in einem Hurenhaus über seine große Verantwortung und reiche Belohnungen. Dabei saß er vor ihm, gekleidet in eine ärmliche Kutte in Begleitung eines Totengräbers.

Dennoch zwang er ein Lächeln auf sein Gesicht als er den Kopf in eine angedeuteten Verbeugung neigte. „Euer verehrter Meister kann sich glücklich schätzen, einen … nein … zwei solch talentierte Diener sein eigen zu nennen. Auf die Nächte sollten wir vielleicht nicht näher eingehen.“ Er sah sich theatralisch zu den Seiten um. Ob er eher weltliche Fehltritte andeutete oder die andere Welt, in denen sie agierten, war nicht ganz klar.

Als Luciano Valente anstubbste zuckte der Junge zusammen. Er starrte den Hünen mit großen Augen an. Als das Wort „Hund“ fiel suchten seine Augen für einen Moment fast hilfesuchend Sixtus nur um dann wieder Luciano aufmerksam zu fokussieren. Schließlich legte er eine große Pranke auf die Brust des Jungen und er merkte, dass Valente zitterte.

Dennoch schluckte er und schien seinen Mut zusammenzunehmen, um zu antworten. „Werter Herr, ich … ich möchte meine Zeit, mein Leben, einfach sinnvoller nutzen. Bisher wurde ich von meiner Familie und vom sehr verehrten Magister di Como gelenkt, gelehrt, gedrückt … bestraft. Meine Brüder und Cousins befinden sich in einem andauernden Wettstreit um die Gunst unseres Patriarchen und meine Talente sind da nicht gefragt.

Ich möchte ankommen, werter Herr, an einem Ort, wo ich lernen kann was mir gefällt, wirken kann ohne andauernde Angst, ohne Tritte und Schläge. Ich möchte zeichnen und malen, wie es die Künstler früher getan haben, in der alten Zeit, von der Magister di Como immer erzählt.“

Valente atmete ein, auch wenn es mehr ein Schluchzen war. „Ich weiß nicht, was mich in Eurer Obhut erwartet, und ich bin bereit zu lernen und zu arbeiten. Nur möchte ich mehr Valente werden und weniger Brigori.“

Sixtus schaute seinem nun ehemaligen Schüler erstaunt zu. Was der Bengel sich hier erlaubte hätte in den Kammern des Kastells einen Eklat verursacht. Er diffamierte seine Familie und seinen Lehrer? Er beschwerte sich über die Strafen, die er sicherlich verdient hatte? Der Ghul schnaufte nur einmal, aber es war kaum zu vernehmen und diente mehr dazu seiner eigenen Empörung Ausdruck zu verleihen.

Sein Gesichtsausdruck erhellte sich, als neuer Wein bestellt wurde. Dies war die Sprache, die er verstand. Der Wein mochte zwar schal schmecken im Vergleich zu dem Ambrosia, dass ihm sein Herr manchmal schenkte, aber es füllte doch die Lücke in ihm mit so etwas wie Wärme. „Das ist meine Sprache, Herr Grabfürst. Ein weiterer Krug sollte uns für den Rest dieses wunderbaren Tages den nötigen Schwung verleihen.“ Sixtus kicherte und klopfte mit seinem Becher auf den Tisch.
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Nubis
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Re: [1032] Ein sonniger Dezembertag [Gasparo, Galeno]

Beitrag von Nubis »

Luciano war plötzlich überrascht ob der Offenheit des Jungen. Und das vor allem noch vor Sixtus.
Sein Blick wanderte zu diesem hinüber und er lächelte leicht entschuldigend. Das hatte er so selbst nicht kommen sehen.
Dann räusperte er sich.

"Der Magister hat nur das Beste für dich und deine Erziehung gewollt. Er hat dich auf die Härte vorbereitet, die sicherlich dieser Wettstreit von dir gefordert hätte. Du hast offensichtlich aber nicht das Zeug dafür. Und ehe du in diesem Wettstreit unter gehst, hat sich der Magister für dich etwas besseres auserkoren. Etwas, für das du geeigneter scheinst."

Noch einmal landete ein kurzer Blick auf Sixtus. Er war aber nicht wirklich zu deuten, womöglich nur eine Rückversicherung, wie jener dabei empfand.

"Sei also stolz, dass du bisher bei ihm lernen durftest und dankbar, dass er sich die Mühe gegeben hat, dir etwas beizubringen. Nicht jeder kann sich da glücklich schätzen. Man sollte seinen Lehrmeister niemals schlecht reden. Verstanden, Valente?"
Und diese Worte waren tatsächlich mit einer gewissen Härte versehen.
"Denk bloss nicht, dass deine Ausbildung nun ohne Strafen sein wird. Machst du etwas falsch, erweist du dich nicht als strebsam, achtest du den Meister nicht, oder die Lehrer, die er dir zuweist, dann werden sie fällig werden. Aber du willst etwas anderes aus dir machen...etwas mehr Valente..mh? Weniger Brigori... Und was wäre, wenn aus dir trotzdem ein Brigori wird? Ein anderer, der seiner Familie trotzdem einen gewissen Stolz bringen kann? Vielleicht kannst du das schaffen. Aber es wird eben harte Arbeit!"

Und ja, ein Krug Wein wurde gereicht, kein Kleiner, sondern einer, der gut für sie reichen würde. Luciano goss den roten Saft vergorener Trauben in die Becher und hob den seinen dann.
"Da habt ihr gut gesprochen...Sixtus."
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
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Gasparo
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Re: [1032] Ein sonniger Dezembertag [Gasparo, Galeno]

Beitrag von Gasparo »

Sixtus beobachtete, wie Luciano Valente maßregelte, und grinste höhnisch. Der Junge selbst sackte noch etwas in sich zusammen und senkte seinen Blick. Seine Unterlippe zitterte für einen Moment bevor er ein mit schwacher Stimme wenige Worte hervorbrachte. „Natürlich. Verzeiht.“

Er atmete schwer. „Es war nie meine Absicht … ich … ich werde den … den Meister nicht enttäuschen.“

„Ihr müsst seine Hände schonen, Luciano“, warf Sixtus vergnügt ein. „Zielt auf seine Schenkel, wenn Ihr ihn schlagt.“

Gierig friff er nun nach dem Becher und schien sich stoppen zu müssen, nicht sofort das Gefäß an seine Lippen zu heben.

„Habt Dank!“ Er schloss die Augen und reckte sein Gesicht in Richtung der Sonne. „Wie Platon schon sagte: Die Sonne beherrscht die Wahrheit und die Nacht belohnt die Mutigen.“ Seine Gesichtszüge entspannten sich und er trank, immer noch mit geschlossenen Augen.
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Nubis
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Re: [1032] Ein sonniger Dezembertag [Gasparo, Galeno]

Beitrag von Nubis »

Luciano blickte zu dem neuen Schüler und hob die Braue auf Sixtus Worte hin. Prügel würde dieser wahrscheinlich nicht bekommen. Es gab auch andere Strafen. Und manche davon waren viel weniger gut zu ertragen, als ein paar Schmerzen.

"Wenn ihr es sagt..." meinte daraufhin der Hüne nur, während sich sein Begleiter gänzlich zurück hielt.

Generell schien nicht mehr viel an Gesprächsstoff zu existieren. Man hatte mitbekommen, dass es Unterschiede gab und dass jene teils erheblich waren. Ausserdem war die Zeit auch schon reichlich fortgeschritten und sicherlich hatten beide Parteien nicht gänzlich frei an jenem wundervollen Dezembertag. Sicherlich musste jeder noch sein Tagwerk verrichten.

So trank Luciano noch etwas Wein mit, liess auch den Jungen sich etwas Mut antrinken und verabschiedete sich alsbald von Sixtus.
"Ich danke für die besondere Begegnung." meinte er recht angeheitert und lachte.
"Mein Bruder wird sich beim Magister sicherlich noch melden."
Das Schmunzeln war breit und die Wangen voll und gerötet.
Da er recht laut sprach, hatte er aber wieder die Stille genau im Blick, trotz Alkohol, doch noch recht Pflichtbewusst.
"Ich wünsche euch noch einen angenehmen Nachmittag und einen guten Abend. Möge Gott über euch wachen."

Auch der junge Totengräber lächelte, allerdings weniger herzlich, aber durchaus auch angeheitert. Es wirkte dennoch etwas verhalten, denn Sixtus war ihm nun wieder nicht so geheuer.
"Einen schönen Abend," wünschte er so nur und nickte leicht.

Und dann zogen sie los, Valente mit sich nehmend, hinfort in Richtung des Klosters.
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
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Gasparo
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Re: [1032] Ein sonniger Dezembertag [Gasparo, Galeno]

Beitrag von Gasparo »

Sixtus verabschiedete sich, als er seinen Becher hob. Dann sah er Galenos Dienern hinterher, während sie Valente mit sich nahmen.

Wie merkwürdig sie doch Gasparos Ghul erschienen. Einfältige und simpel und doch … zufrieden? Womit hatten sie es verdient, vom roten Nektar der Macht zu kosten und die Geheimnisse der Unsterblichen zu teilen. Sixtus würde seine Bemühungen verstärken, noch würdiger zu sein, noch aufmerksamer und gehorsamer. Magister Gasparo musste ihm mehr Stärke verleihen. Vielleicht würden ihn diese … Arbeiter … dann beneiden.

Wie es Gasparo und Galeno zuvor besprochen haben wurde ein künstlerisch begabter Schüler, Valente Brigori in die Obhut des Gelehrten übergeben. Sixtus begleitete bei Tageslicht nach Burgus, wo sie von Luciano und Silvio empfangen wurden. Das Gespräch verlief etwas holprig, da die Unterschiede zwischen den Männern, trotz ihres ähnlichen Status, offensichtlich waren. Dennoch blieb es weitgehend friedlich und es herrschte sogar etwas Einigkeit als es darum ging, Valente seine Grenzen aufzuweisen.
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