[1034] Unter der Maske [Achilla, Iulia]

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Iulia Cornelia
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Re: [1034] Unter der Maske [Achilla, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Mit einem seltsam amüsiert wirkenden Lächeln auf den Lippen stellte ich das Offensichtliche sanft und beinahe verführerisch warm fest: „Wie ihr selbst sehen könnt ist mein Erzeuger nicht hier. Hält mir nicht die Hand. Bestimmt nicht meine Gedanken. Kontrolliert nicht meine Worte. Lenkt nicht meine Handlung. Hier sind gerade nur ihr…“ Ich ließ mir bewusst etwas Zeit als ich langsamer weiter sprach: „Und ich…“ Ich ließ meine Augen sinken, als ich meinte: „Und die diskrete Frage, ob ich wohl eure Begehren abseits des Blutes befriedigen dürfte. Dies gar vermögen würde.“ Mein Blick wanderte noch einmal langsam über sie nach oben, als ich gestand: „Ihr gefallt mir sehr, werte Signora. Und es würde mich wohl freuen, so ihr womöglich Gefallen an mir finden würdet.“

Ich pausierte kurz, ließ die deutlich offeneren Worte sacken, die unverblümt Aufschluss darauf gaben über welches Gegenüber ich zuvor gesprochen hatte. Dann erklärte ich keineswegs dadurch schüchtern geworden mit ruhigem Ton: „Mein Erzeuger versteckt mich nicht vor der Gesellschaft. Stattdessen darf, soll oder muss ich gar meine eigenen Erfahrungen sammeln und selbst Entscheidungen treffen. Etwas, was je nachdem wie man es letztlich betrachten will, Segen oder auch Fluch sein kann.“ Ich lächelte jedoch warm und mein Äußeres spiegelte meine innere Zufriedenheit mit der Situation wie sie war wider, was nahelegte, dass ich es selbst wohl eher als ein Segen sah.

Dann sah ich kurz schweigend zu meinem rundlichen Begleiter und stellte beinahe nachdenklich fest: „Bei den Menschenkindern heißt es, es würde ein ganzes Dorf brauchen, um ein Kind zu erziehen.“ Ich ließ meine hellen Augen ruhig zurück auf die Maske vor mir gleiten, als ich mit den Schultern zuckte und meinte: „Womöglich ist es in unseres Gesellschaft ähnlich gelagert, denn nur durch den Kontakt mit anderen, können wir lernen und weiter wachsen.“
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Signora Achilla
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Re: [1034] Unter der Maske [Achilla, Iulia]

Beitrag von Signora Achilla »

Für einen Moment stand die Signora still. Es wirkte fast wie andächtig, hier in dieser Hülle einer Kirche. Als sie dann sprach, war es leise und der Tonfall war ...eigenartig. Betroffen? Gerührt? Berührt? Es war schwer auszumachen, mit dieser Maske.

“Selten… so selten ist eine Frage wie diese”, sagte die Signora. “Bühne und Leinwand, Schauspiel und Possenstück, Schminke und Maske: Diese Dinge sind da, um angesehen zu werden. Damit und durch sie wird gelacht und geweint, gehofft und gezürnt, gefürchtet, gejubelt, gelernt… .” Ihre Stimme klang aus, für einen Moment und sie ließ die Hände in einer Geste sinken als ließe sie etwas fallen. Ein paar kleine, braune Dinge fielen tatsächlich, flatterten und taumelten ziellos um sie her.

“Liebe Iulia Cornelia, mir wäre es eine Freude… und mir ist eine Sehnsucht, herauszufinden, ob Ihr dies könnt - oder wir füreinander. Selten, so selten ist diese Frage. Und selten, so selten komme ich dieser Tage einer nahe wie Euch, die so schön ist und rein.”

Darin lag sicherlich ein Hauch von Wehmut. “Wenn ich könnte, wenn ich dürfte, wenn Ihr wolltet, so wünschte ich, dass Ihr mir dies zeigt, was ich in Euch ahnen kann. Ihr mögt jung im Blut sein und vielleicht ist’s darum nur umso verlockender: Was Ihr einst sein könntet, wie Ihr strahlen werdet, was für tiefe Schatten ihr werfen würdet… .” Die Worte klangen beinahe zärtlich, vorsichtig und behutsam gesetzt, halb geflüsterte Geheimnisse.
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Iulia Cornelia
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Re: [1034] Unter der Maske [Achilla, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Für einen kleinen Moment lang verfolgte ich die verirrten Dinge überrascht und mit leicht geöffneten Lippen, bevor ich mich zwang diese zu schließen und zu lächeln. Selbst als mein Gegenüber schließlich weitersprach, konnte ich mich nicht gänzlich davon lösen. Zu seltsam war der Anblick gewesen. Zu sehr war ich darauf konzentriert, kein unangemessenes Verhalten zu zeigen. Einzig die hauchfeinen und zarten Fältchen, die auf mein ewigjunges Gesicht gefunden hatten, verrieten eine gewisse Nachdenklichkeit, als ich schließlich leise sprach: „Ihr schmeichelt mir trotz eurer eher ungewöhnlichen Worte. Und doch geht es nicht darum, was ich will oder wollen würde.“

Vorsichtig und beinahe liebevoll ließ ich meinen Blick über die Maske streichen, ganz so als wären meine blaugrauen Augen meine eigene Hand, die ihre Wange zärtlich liebkoste, während sich meine Stirn unweigerlich dabei glättete und mein Ausdruck weich wurde. Hier ging es nur um sie und ihr Begehren, auch wenn ich es noch immer vermied, meinem Gegenüber dabei überhaupt in die Augen zu blicken.

Mit betrübter Stimme und seltsam verspanntem, beinahe gequält wirkendem Gesicht stellte ich dann mit dezent fallengelassenem Blick fest: „Und doch stimmen sie mich ebenso traurig. Es sollte so nicht sein, wie ihr sagt.“, gestand ich, bevor die Anspannung langsam verschwand, ich sanft den Kopf schüttelte und überzeugt meinte: „Ihr solltet durchaus wahrgenommen werden, werte Signora. Ihr besitzt eine solch faszinierende Anmut und innere Tiefe. Es wäre ein großer Fehler euch zu verkennen.“

Meine ruhigen und beinahe herzlichen Worte klangen aus, bevor ich mit einem gewissen Interesse in meiner Stimme nachfragte: „Würdet ihr es denn wollen? Jemandem wie mir nahe zu sein? Mit all den süßen wie auch den bitteren Seiten? Mit allem was es für euch noch bedeuten könnte?“ Voller aufrichtiger Neugier wanderten meine blaugrauen Augen über mein Gegenüber, ganz so als wollte ich es einschätzen und herausfinden, ob sie sich womöglich davor fürchten würde oder ob sie hinter der Maske auch bereit dazu wäre, sich einfach zu nehmen, was sie begehrte. Wie weit sie wohl tatsächlich bereit sein würde von sich aus zu gehen, einerlei meiner Zustimmung oder Ablehnung dazu.
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Signora Achilla
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Re: [1034] Unter der Maske [Achilla, Iulia]

Beitrag von Signora Achilla »

“Ohh… ich würde!” Es ging auf einmal schnell: Nur ein, zwei, drei Schritte und die Signora war auf einmal sehr nah. Da war der Geruch nach Moder und altem Leder, nach der Gosse, die ihr Alltag war, nach den getrockneten Blumen, mit denen sie dies zu verbergen suchte.
Fast - nur fast! - ergriff sie Iulias Hände. Die plötzliche Wachsamkeit der Wächter nahebei ließ sie innehalten, kurz erstarren und dann musste die Bewegung wohl irgendwohin, ganz gleich wohin. Sie machte einen Seitenschritt, dann einen weiteren, fast wie den Beginn eines Tanzes um Iulia her.

“Und ich will! Bitter und süß, leuchtend hell und schattentief!” Es klang wie eine aus einem Lied heraus gestohlene Zeile. Danach wurde sie milder, als wollte sie die Frau vor ihr nicht verschrecken.
“Wir haben Ewigkeiten vor uns, schöne Iulia Cornelia. Ich will die meine nicht mit dem Bedauern darüber füllen, was ich nicht getan, gewagt und erfahren habe.”
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Iulia Cornelia
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Re: [1034] Unter der Maske [Achilla, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Ich wich vor ihr nicht zurück. Einzig mein Blick aus blaugrauen Augen hatte sich stärker zwischen uns gesenkt, je näher sie mir tatsächlich gekommen war. Fokussierten etwas, das weitaus tiefer lag, während sich mein Körper instinktiv angespannt hatte. Innerlich erregt spiegelte mein Äußeres doch nicht wider, ob ich tatsächlich ein derart tiefes Vertrauen haben konnte oder ob ich schlicht nicht so leicht zu verschrecken war.

Mein eigener zarter Geruch nach Kamille und einer feinen Note, die wohl am ehesten an vergorenen Wein erinnern mochte, vermischte sich mit dem, der von ihr ausging, während ich meinen Kopf leicht seitlich nach unten gedreht hatte. Schweigend sah ich auf die Stelle, an der sich unter meinem geschlossenen Umhang meine Hände befanden.

Dann jedoch erstarrte mein Gegenüber und bevor ich überlegen konnte, ob ich ihr meine Hände hätte darreichen sollen, war sie bereits seitlich weggetreten. Mein Kopf wog in die andere Richtung, folgte ihrer tänzerischen Bewegung nach und zeigte eine leichte Verwirrung, ob ihrer geänderten Richtung, bevor der zarte Hauch eines Lächelns auf meinem Gesicht erschien. Ich sah noch einmal zu der verlassenen Stelle zurück, an der sie nur Momente zuvor mir so nahe und doch so ferngeblieben war.

„Eines Nachts werdet auch ihr euch entscheiden.“, stellte ich milde in die Leere fest, während ein unausgesprochenes, aber geduldiges müssen in meiner Stimme unterschwellig mitzuschwingen schien. Ich schwieg und ließ meine Worte ausklingen, bevor ich mehr fragte als sprach: „Ob ihr mir tatsächlich nahe sein wollt?!“

Ruhig fanden meine blaugrauen Augen auf die Tänzerin zurück, als ich ergänzte: „Oder nur Einer wie mir. Einer, die in euren Augen schön und rein ist.“ Beinahe zärtlich fand mein Blick auf die Stelle unter ihrer falschen Nasenspitze, als ich lächelnd und ohne Bedauern feststellte: „Ich für meinen Teil habe meine Wahl bereits getroffen.“ Das sanfte Lächeln, das trotz allem auf meinen Lippen lag, spiegelte deutlich wider, dass ich meine getroffene Wahl wohl nicht bereuen würde.
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Signora Achilla
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Re: [1034] Unter der Maske [Achilla, Iulia]

Beitrag von Signora Achilla »

Dieses Lächeln sah sich die Signora an. Die Worte hatten sie innehalten lassen - und sie beeindruckt.
“Recht habt Ihr”, gab sie zu. “Wahrhaftig hinsehen müsste ich. Will ich!”

Sie trat wieder vor Iulia. “Zeigt Euch mir und ich will mich ebenso zeigen. Doch nicht hier und nicht heute Nacht… .”

“Finden wir einander wieder?”
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Iulia Cornelia
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Re: [1034] Unter der Maske [Achilla, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Mein Lächeln war ein Stückweit offener geworden, als mein Gegenüber wieder zu mir zurückgekehrt war. Auf ihre Worte hin, ließ ich meinen Blick schweigend etwas zwischen uns sinken. „Es würde mich freuen.“, sprach ich schließlich, während ein Unterton in meiner Stimme mitschwang, der sie zu fragen schien, ob sie das denn auch wollen würde.

Dann erst sah ich erneut zu ihr auf und mit einem gewissen eigenen Verlangen in meinem Blick, ließ ich diesen langsam entlang ihrer Wange streichen, als ich mit einem Lächeln versicherte: „Ich will mich nicht verstecken.“ Mit leicht geöffnetem Mund blieben meine blaugrauen Augen schweigend auf ihren Lippen hängen, während ich sie eingehend aus nächster Nähe betrachtete. Erst als der stumme Blick drohte beinahe unanständig zu werden, hauchte ich: „Nicht vor euch.“
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Signora Achilla
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Re: [1034] Unter der Maske [Achilla, Iulia]

Beitrag von Signora Achilla »

Für einen Moment stand die Signora vollkommen still. Hin- und hergerissen zwischen Neugier, Verlangen, Mißtrauen, Vorsicht, Angst.
Und allein das schon! Wie beim Seiltanz, wenn man fast fällt oder vielleicht doch weitergeht, fast hier, fast da!
“Ich will mich nicht verbergen”, gestand sie. Und dann verstand sie es erst, was sie da gesagt hatte. Unsinn! Pass auf, sei vorsichtig. Sie verbrennen dich nur, die Edlen und die Schönen!

Oh, wie sehr sie wollte…! Mit einem Mal war sie einen Schritt näher an Iulia heran, dann noch einen, griff ihre Hand.
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Iulia Cornelia
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Re: [1034] Unter der Maske [Achilla, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Wie beim ersten Mal wich ich auch beim zweiten Mal nicht zurück, als sie erneut näher und näher gekommen war. Als ihre Hand meinen Umhang zur Seite schieben musste und ihn schließlich auch tatsächlich schob, ohne dass ich ihr dafür mein verbales Einverständnis gegeben hatte. Als sie sich nun holte, oder vielmehr nahm, was sie wollte. Mein blütenweißes Seidenkleid offenbarte sich schüchtern unter meinem Umhang und meine Lippen schienen sanft zu beben, als sie nach meiner Hand griff.

Ich rührte mich nicht, ließ es geschehen und schloss einzig kurz die Augen, als ich meinen Kopf leicht neigte, um scheinbar ihren Geruch besser aufnehmen zu können. Dann zögerte ich und wartete einen beinahe unerträglichen Moment lang ab. Unschlüssig was nun geschehen sollte, bevor sich meine langen, feingliedrigen und unbedeckten Finger schließlich in ihrer Hand langsam zu bewegen begannen.

Sie wandten sich nicht, als versuchte ich von ihrem Griff freizukommen, denn dass wollte ich nicht. Stattdessen bewegte ich sie langsam und Stück für Stück, als ich die sie haltende Hand an den freizugänglichen Stellen erkundete. Neugierig, und doch so dezent, sanft und unendlich vorsichtig, als hätte ich Sorge, mein Gegenüber würde ihre Hand unweigerlich erschrocken zurückziehen müssen, sobald sie die Veränderung wahrnahm. „Das will ich auch nicht.“, flüsterte ich ihr versichernd leise entgegen.

Meine hellen Augen öffneten sich erneut, als ich zum ersten Mal an diesem Abend mich selbst etwas vorwagte. Langsam schob ich mich ein Stückweit von mir aus auf sie zu. Als meine Lippen beinahe dicht genug waren ihre Maske tatsächlich zu berühren, glitt mein Atem stoßweise über sie hinweg, als ich in kurzen Sätzen mit Pausen dazwischen sprach: „Ihr seid wundervoll. Ich will euch eure Wünsche erfüllen. Eure tiefste Begierde. Wonach es euch verlangt.“

Der sanfte Windhauch meiner Stimme strich weiter über ihre Wange hin bis hin zu ihrem Ohr als ich meinen Kopf seitlich an ihr vorbeischob, um so noch näher auf sie zu zukommen. So nahe, dass sich unsere Leiber nun fast berührten. Meine Atemluft hätte wohl ihren Hals und ihren Nackenbereich gekitzelt so er unbedeckt gewesen wäre, als ich raunte: „Ich will euch nahe sein. Näher noch als andere sonst. Ich will euch sehen. So wie ihr wahrlich seid. Unter der Maske, hinter der ihr euch verbergt. Auch vor mir. Ich will euch zeigen, wie ich euch sehe. Wie besonders ihr in meinen Augen seid. Wieder und wieder, bis ihr selbst dazu bereit seid, sie von euch selbst aus fallenzulassen. Ich will dafür sorgen, dass ihr euch nicht länger verbergen müsst. Nicht vor mir und auch nicht vor allen anderen, so ihr dies nicht selbst wollt. Ich will dafür sorgen, dass sie euch sehen können, wie ich euch sehe: Anmutig… und stark… und… derart begehrenswert.“
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Signora Achilla
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Re: [1034] Unter der Maske [Achilla, Iulia]

Beitrag von Signora Achilla »

Es war ein seltsames Gefühl, dort unter Iulias zarten Fingern. Die Signora trug Fingerlinge aus fein zusammengenähtem Stoff. Doch dieser war dünn geschabt, hier und da fadenscheinig und mottenzerfressen. Was darunter war und was dort zu erspüren war, wo jener Stoff am Handgelenk endete, konnte einem die Vorstellungskraft davonlaufen lassen.

Es fühlte sich rauh an, uneben, rissig wie ausgetrocknetes, altes Leder. Hier und da hakte der Stoff ein wenig fest. Iulias Fingerspitzen glitten über eine glatte Stelle, genau dort am Handgelenk. War das das Handgelenk, blank und bar? Etwas anderes fühlte sich lose an, bröckelte bereits unter dem leichten Druck tastender Finger.

Und dann… dann war da noch etwas anderes. Regung, wo keine sein sollte. Man konnte sich beinahe vorstellen, die zarten Knochen in der Hand erspüren zu können, die feinen Sehnen und Muskeln, die das geschickte Zusammenspiel von allem erst erlaubten. Doch Iulias Finger kam auf etwas zum Ruhen, das sich unter ihrem Finger wand und zuckte, sich dann tiefer in das Fleisch vergrub. Etwas anderes kroch langsam über ihren Handrücken, hauchzart und vielbeinig.

“Ich fürchte mich”, gestand die Signora flüsternd. “Noch nie, noch nie, noch nie, hat jemand mir solche Worte gesagt. Doch wie oft habe ich es mir erträumt? Vielleicht träume ich jetzt?”
Sie hob Iulias Hand behutsam etwas an, bis hin zum Rand jener Maske, die sie trug.

“Es gibt eine Pflanze, den Sonnentau”, erzählte sie leise, während sie die Hand der Ventrue führte, den Rand jener Maske entlang. Iulia konnte so erfühlen, dass dicht hinter jenem Rand Nähte waren. Die Maske war nicht aufgesetzt oder -gebunden. Sie war festgenäht. Hier und da war die Naht bereits lose oder die Haut bereits aufgerissen. Es hielt wahrscheinlich nicht lang.
“Sie hat einen Kranz aus zarten, roten Fühlern. Ihren Namen bekam sie, weil dort klare Tropfen glänzen, wie der der Morgentau in den ersten Strahlen der Sonne.”

Auf der Höhe des Ohrs, etwas darüber, waren Kopftuch und Schal festgesteckt. Im Haar, so würde man wohl meinen, denn so trugen es die Frauen in Genua, oft mit hübschen Spangen aus Holz oder Bein. War auch dort nur eine Naht?

“...und die durstigen Schmetterlinge setzen sich nieder, um davon zu trinken. Viel zu spät merken sie, dass es nicht Wasser ist, was der Sonnentau ihnen so freigiebig präsentiert. Es ist sein Nektar, so süß und klebrig, dass ihnen schwindelig werden könnte. Sie merken nicht, bis es zu spät ist, dass sie sich gar nicht mehr lösen können.”

Achilla ließ Iulias Hand dort, frei zu erkunden, was sie zu erkunden wagte, und legte den eigenen Arm um sie. Es war halb eine Umarmung, halb wie ein Tanz. Ganz leicht war die Berührung, viel zu leicht der Körper der Signora, wie ein zusammengeschnürtes Bündel Lumpen, eine Puppe aus Stoff und Leder.
Die Ventrue konnte spüren, wie nun die Hand der Signora über ihre Schulter und den Rücken fuhr, entlang des Schulterblattes, wie um die sanft geschwungene und doch so glatte Linie zu bewundern.
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