[1024] Aus der Tiefe, in die Tiefe [Seresa, Jacques]

[Februar '19]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Jacques Benoît
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Re: [1024] Aus der Tiefe, in die Tiefe [Seresa, Jacques]

Beitrag von Jacques Benoît »

Die Maske selbst wies eine Art Konstruktion auf, die es einem Laien ermöglichen würde die Riemen zu wechseln, mit dem richtigen Werkzeug ausgestattet. Dies war bereits schon einmal geschehen, waren diese hier einigermaßen neu und abgesehen von dem Glibber auf ihnen recht unverbraucht. Das hingegen, worauf sie aufsetzte, war aus einem gänzlich anderen Holz geschnitzt, wenn man das so nennen wollte. Es war vermutlich Holz, aber überzogen mit Leder, die Passstücke, die auf dem Gesicht selbst auflagen waren gut verborgen in das Maskenmaterial selbst, welches dahinter lag, eingearbeitet. Das war Maßarbeit und wenn man genau nachfühlte, am Riemen und an der Stirn, konnte man Jacques Konturen darin wiederfinden. Auf eine sehr schleimige Weise.

Ein mildes und nahezu gütiges Lächeln trat auf die Miene des Nosferatu, als sie ihm die Welt und die Welt dahinter erklärte. Er hat diese Sicht derer, die den Tod noch nicht in seiner Tragweite verstanden haben und ihn bestenfalls von dieser Seite als Verlust oder Bedrohung erahnten, schon oft gehört. Sie verstanden nicht, daß mit dem Ablegen der Angst und der Zuwendung zum Ende hin all ihr Streben und all ihr angehäufter Reichtum, all ihre Macht und all ihr Ansehn vollkommen bedeutungslos waren. Sie klammerten sich beinahe verzweifelt an alles, was ihnen hier einen Vorteil verschaffen würde und sie von ihrem Tod weit weg hielt, möglichst weit, nur um verleugnen zu können, daß sie eigentlich nichts über das wussten was ihnen blühte. Ein wenig wie Kinder, die das kalte Wasser scheuen, wenn sie nicht schwimmen können. Da hilft es auch nichts ihnen vom Wasser aus zuzuwinken und zu erklären, daß es schön kühl ist und sie einfach reinkommen können. Genausowenig, wie es ihnen verständlich machen würde wie es sich anfühlt darin zu schwimmen, indem man sie übergießt. Also schwieg Jacques.

Die Welten von denen sie sprach kannte er. Und er wusste, daß am Ende alle und jeder nicht mehr als einen Sack voll Asche füllen würde. Und das was bliebe, würde weiterwandern, gestärkt durch das einstige Leben. Oder aber auch verflucht davon. Und daran würden alle Gesten und Formen, all der Reichtum und all die Befehlsgewalt nichts ändern. Wenn Du tot bist, dann bist Du nur noch tot. Kein Würdenträger. Kein Bürdenträger. Kein Bürger. Kein Reisender.

Wenn Du tot bist, bist Du angekommen.

Er nickte dennoch. "Mein Erzeuger erwähnte so etwas. Wohlwerte... Seresa?" Jacques guckte sie kurz fragend an. Zuckte dann aber schließlich mit den Schultern als würde sich das irgendwie falsch anfühlen. Man sah es ihm an. Er hatte den Gesichtsausdruck von jemandem, der gerade über die Nosferatu vollen Ernstes versucht hatte aussprechen zu wollen, daß sie wahrhaft hübsch waren. Das Gesicht eines unfreiwilligen Lügners, der sein eigenes Wort gerade nicht glaubt.

Die Flüssigkeit zwischen ihren Fingern wirkte keineswegs sämig, eher wie frischer Speichel, klebte aber an Oberflächen und verteilte sich fast wie von selbst. Als würde sie kriechen oder klettern wollen. So lange, bis sie dünn genug war spurlos auszutrocknen.

"Meine Passion ist der Tod, Seresa. Das Ende der Dinge, von Mensch, Tier und Pflanze. Und während der Koch, der Kräuterkundige und der Alchemist sich um die letzteren beiden kümmert - oft zur Stärkung des Übrigen - so ist es mir anders. Ich würde die Liste erweitern und uns Tote noch hinzufügen, die wir zwischen dem Menschen und dem Nachleben stehen. Wir sind gefangene der Zeit, ewig jung und ewig... nun, einige zumindest, schön und gesund. Gleichwohl aber tragen wir nicht mehr Leben mit uns und in uns herum als ein welker Blumenstrauch, verdorrtes Holz oder ein faulendes Pferd, verendet am Straßenrand. Und doch können wir mehr werden als wir waren, wir können unseren Nicht-Tod an die Menschen geben und sie zu etwas machen wie uns. Kein Mensch kann das mit einem Tier und kein Tier vermag das mit einer Pflanze!" Seine weißen Augen leuchteten beinahe, als er sprach.

Und die größte aller Fragen ist: Ist diese Liste unvollständig? So wie Menschen uns nicht als Teil von ihr sehen, was sehen wir nicht? Was kann uns zu dem machen was ist wie es selbst? Gibt es vielleicht noch weitere Wesen, die der Zeit um so mehr abhanden gekommen sind? Für die wir so sind wie Menschen für uns? Ein Grund mehr, die Kreaturen dieser Welt, bizarr oder gewöhnlich zu erforschen und zu beobachten. Wir werden es sonst nie erfahren! Und doch ist die Vergänglichkeit allen Dingen auf allen Ebenen inhärent. Auch für diese... Lebenden. Sie werden aber nicht wie wir, wenn wir nicht wollen. Sie vergehen. Sie verenden, verdaut in der Mühle der Zeit, zermalmt zu Staub." Ein leichtes Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit. "Und wie weit ragt der Tod in das Leben hinein, mit langen knochigen Fingern...", er bewegte seine langen und knochigen Finger, die unter dieser Betonung um so bizarrer wirkten, "...sind wir nicht vielleicht alle einfach nur sein Spielzeug? Ist nicht der Tod der wahre Gott der hinter allem stand? Wieso sonst sollte man erst nach dem Tode, so man zu den Erwählten gehört, von Gottes Gnade profitieren wie sein Sohn es kundtat vor tausend Jahren?"

Seine Stimme wurde wieder etwas leiser. "Es gibt viele unbeantwortete Fragen, Seresa. Und die beantworteten werfen noch viel mehr fragen auf! Sie haben mit dem Körper zu tun, mit der Seele die hinfortfliegt und mit all dem dazwischen. Man kann den Tod tausenden bringen und doch nichts davon verstehen, man kann ihn aber auch tausend Mal beobachten und ihn immer noch bestenfalls erahnen. Das alles hat mich seinerzeit auf eine Reise voller Neugier und Wunder geschickt und ich erfuhr so manches, was selbst den bodenständigsten und mächtigsten unserer Art schlaflose Nächte bereiten würde, wenn sie darum wüssten! Das alles ist nur der Anfang. Wir hier sind nur der Anfang!"
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Seresa
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Re: [1024] Aus der Tiefe, in die Tiefe [Seresa, Jacques]

Beitrag von Seresa »

Schweigend blickte Seresa in die weißen Augen des Nosferatu. Nachdenklich und überlegend, während ihre Finger die letzten Stellen im Inneren der Maske berührten, bevor sie sie schließlich zurück auf den Tisch legte. Als sie sprach war ihre Stimme gesenkt und nicht viele Worte kamen über die schmalen Lippen der Gelehrten.

„Der Anfang?“
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Jacques Benoît
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Re: [1024] Aus der Tiefe, in die Tiefe [Seresa, Jacques]

Beitrag von Jacques Benoît »

Er nickte ein einziges Mal. Ganz langsam.

"Der Anfang.", wiederholte er. "Die Seelen von unsereins sind anders als die der Menschen. Sie sind länger der Welt ausgesetzt und so verwurzelt die jungen Menschen im Moment sind, so entfremdet sind sie im Alter. Schau Dir ein Kind an, welches nichts kennt als das Stöckchen mit dem es Spielt. Die Welt? Vergessen! Und dagegen den Greis, der über den Marktplatz schaut und dem man im Gesicht ansieht, daß er noch viel weiter fort ist, als er steht. Und jetzt, lege ein paar Menschenlebenlängen drauf. Wir klammern uns mit alltäglichen Aufgaben, unserem inneren Hunger und einer Mischung aus Schmerz und Gewalt an das jetzt. Bis wir nicht mehr können und es anderen überlassen, weil wir verstehen, daß wir entgleiten müssen, um anders zu werden. Um uns weiter zu entwickeln."

Er beugte sich leicht vor. "Was wäre, wenn wir eher losließen? Oder noch viel mehr als wir es nach langer Zeit zu tun bereit sind? Mein Mentor sagte einst, daß der größte Unterschied zwischen Ahnen und Jüngeren wäre, daß man das Feuer in ihren Augen nicht mehr sehen kann. Es ist dieses gewisse etwas, dieses 'matte', wo früher der Glanz der Jugend war. Diese Entschlossenheit, Kühle, Überlegenheit und Finesse. Nicht von dieser Welt, meinen einige. Nicht zu dieser Welt gehörig, sagen andere. Es ist nicht das Alter oder die Erfahrung, die sie so mächtig macht. Die unsere Entwicklung definiert. Es ist die Ähnlichkeit zum Tode selbst, die uns nahezu gottgleich werden lässt!" Er faltete die Hände, nachdem er sie unbewusst, wohl aus Enthusiasmus, gerieben hatte.

"In alter Zeit, vor dem Kreuz, betete man viele Götter des Todes an. Überall, man könnte meinen jedes verdammte Dorf von hier bis nach Jerusalem hatte eine eigene Gottheit. Was wäre, wenn sie einst wie wir waren? Das Prinzip des Todes, oder des Endes, völlig verinnerlichend? Denn das Ende ist nur das Ende des einen. Das was danach kommt, ist ganz und gar anders. Wie wir anders sind, vergliche man uns mit den Atmenden. Wir werden. Nicht alle von uns, so wenig wie alle Menschen welche von uns werden können. Aber wir werden. Wir sind nicht das Ende eines Kreislaufs, herausgebrochen aus dem Zeitenlauf. Wir sind nicht der Morast, den eine Strömungsverwirbelung irgendwo an der Flussbiegung aufschwemmt. Nein, Seresa. Wir treten aus dem Fluss und können ihn so sehen wie er wirklich ist. Wenn wir bereit sind. Und dafür müssen wir lernen zu hören, was uns dafür öffnet, nicht was uns dafür taub macht. Aber im Gegensatz zu Menschlingen können wir das. Deswegen sind wir nur der Anfang."

Seine Stimme war frei von dem Fanatismus eines religiösen Eiferers. Er wirkte eher wie ein begeisterter Entdecker, dem man gerade ein Schiff versprochen hatte. Die weißen Augen schauten sie lang und durchdringend an.

"Und verglichen mit dem was auf uns wartet, ist all das hier...", er wedelte ein wenig mit der Hand umher, "...nun, es ist der Fluss, nicht wahr?"
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Re: [1024] Aus der Tiefe, in die Tiefe [Seresa, Jacques]

Beitrag von Seresa »

Schweigend blickte sie auf ihr Gegenüber, bevor sie ihm keine Antwort gab, sondern stattdessen weitere Fragen stellte.

„Verstehe ich Euch recht, dass Ihr annehmt, unsere Seelen wären noch Teil unseres Seins? Wie kommt Ihr zu diesem Schluss? Und was bedeutet für Euch loszulassen? Aus dem Fluss zu treten und sehen wie er wirklich ist?“

Interessiert blickte sie auf den Nosferatu.
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Jacques Benoît
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Re: [1024] Aus der Tiefe, in die Tiefe [Seresa, Jacques]

Beitrag von Jacques Benoît »

Sie beginnt Fragen zu stellen. Das ist gut. Vielleicht wird sie verstehen.

Jacques nickte knapp. "Wir sind unsere Seelen. Der Körper selbst ist eine Hülle, die wir abstreifen werden, wenn wir dazu bereit sind. Für irgendwas brauchen wir sie aber noch auf dem Weg vom Menschen zu... nun, unsereins und dann zu... dem nächsten!"

Er schien einen Moment zu überlegen, wie er das am besten erklären sollte. "Die Todeskundigen beobachten schon seit Jahrhunderten die Menschen am Vergehen. Und nicht nur die vom Clan des Todes selbst, auch andere. Auch welche wie ich. Der Übergang ist das Entscheidende. Der Übergang, bei dem wir das Lebendige im Körper zurücklassen, weil wir keine Verwendung mehr dafür haben. Wir benötigen den Körper nur noch als Gefäß für unsere Handlungen. Das ist der Grund, warum er nicht mehr lebt, die Verbindung zwischen Seele und Körper ist getrennt, aber die Seel' steckt noch in ihm und bewegt ihn. Die Erinnerungen die ihr gehören gleichermaßen. Und die Verbindungen, die die Seele zu anderen Seelen hat."

Der Nosferatu schaute sie etwas länger an. "Das weißt Du doch von Deinem eig'nen Tode. Die Menschen und Tiere, die Dinge die Dir damals noch wichtig waren als Du geatmet hast, waren sie nachdem Du Fänge hattest etwa plötzlich fremd, unwirklich und unwichtig? Wohl kaum. Ein erster Fall muss mir noch begegnen, denn wir sind nach dem Ende immer noch wir. Also ist Leben mitnichten das, was uns ausmacht, richtig?"

Er blinzelte zwei Mal und wartete auf ihre Reaktion, bevor er weitersprach. "Erst mit der Zeit haben wir überhaupt die Kraft mit dem Leben auch das zurück zu lassen, was wir aus der Zeit zuvor hatten. Und mit etwas mehr Zeit - und da wären wir wieder bei den Ahnen - lassen wir noch mehr los. Die Welt los. Wir senken die Verbindungen zum Jetzt und zum Leben, um noch stärker zu werden. Um anders zu werden. Es ist kein Zufall, daß sich die Älteren von unserer Art nur noch mit Toten abgeben, ob sie nun wandeln oder nicht. Sie, wir, wir alle die nicht mehr atmen verkörpern den nächsten Schritt. Und um die Welt loszulassen, braucht man Zeit, Willen und Forschergeist. Man muss den Mysterien auf den Grund gehen. Dem Tod über die Schulter schauen bei seiner Arbeit und sich alles gut merken, denn wer weiß, vielleicht wird man eines Tages seine Arbeit übernehmen."

Ein Grinsen huschte über sein Gesicht. "Was denkst Du denn, warum es so viele verschiedene Todesarten gibt und warum sie sich alle voneinander unterscheiden?" Er lehnte sich leicht nach vorn. "Vielleicht gibt es nicht nur den einen Tod, den wir zu einem Prinzip in Gemeinsamkeit mit all seinen Mittoden erhoben haben. Vielleicht gibt es so viele Tode wie es seit Anbeginn der Zeit welche von uns gab, die es geschafft haben die Welt loszulassen..."

Jacques ließ seine Ausführungen ein wenig im Raum stehen und wirken, bevor er sich wieder zurücklehnte und mit einer Stimme, die für seine Verhältnisse fast schon charmant klang eine weitere Frage an sie richtete, langsam und mit Bedacht.

"Warum erzählst Du mir nicht von Deinem Tod, Seresa. Nicht vom Prozess selbst, sondern wie Du ihn erlebt hast. Was hat er Dir geboten?"
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Re: [1024] Aus der Tiefe, in die Tiefe [Seresa, Jacques]

Beitrag von Seresa »

„Geboten?!“

Seresas Gesicht verzog sich zu einem einseitigen Lächeln, doch das leise Schnauben, welches durch ihre Nase drang und dieses Lächeln begleitete, spiegelte alles andere als redliche Freude wider. Langsam schüttelte sie den Kopf.

„Ich starb dereinst loyal ergeben und bis zuletzt kämpfend für das, woran ich glaubte.“

Für einen Moment schien der ewigwährende Funke in ihren braunen Augen zu glühen, welcher so typisch für ihr Blut war und welcher doch so selten bei ihr zu sehen war.

„Da war kein Todesengel, welcher auf mich wartete. Auch keine sanfte Erlösung von einem gemeinen Leid. Doch auch kein verlockendes Versprechen auf eine leuchtende Zukunft. Da war nicht mehr als meine eigene, reine Todesverachtung, mit welcher ich mich gegen mein unausweichliches Schicksal gestemmt hatte.“

Die Brujah zuckte sanft mit den Schultern, bevor ihr Körper gänzlich entspannt wurde.

„Ob dies der wahre Grund war, weshalb ich noch existiere, weiß ich nicht. Ich habe meinen Erzeuger diesbezüglich nie gefragt und letzten Endes ist es ohnehin unerheblich. Doch ich hörte von etwas, was ähnlich klingt wie das, was Ihr beschreibt. Die Bezeichnung, welche dereinst im Gespräch dafür Verwendung fand, war: Golconda. Die damalige Unterhaltung hatte mich Nachdenklich gestimmt, doch fand ich bisher keine Zeit mir weitere Gedanken darüber zu machen, noch entsprechende Nachforschungen anzustreben. Doch Ihr sprecht als hättet ihr bereits viele sterben sehen. Sagt, habt Ihr jemals gesehen, wie angeblich einer unserer Art enthauptet wurde und anstatt zu Asche zu zerfallen, einfach vor den Augen aller verschwand?“

Fragend blickte sie auf den Nosferatu.

„Wie seine Konturen verschwommen und sich auflösten in eine wabernd zerfließende Masse stofflichen Schattens, umschwirrt von farblosen schlierenden Rauchfäden, bevor sie über den Boden zerfloss und dort ein letztes Mal Gestalt annahm als vier einzelne stoffliche Schatten. Schatten eines nichtmehr vorhandenen Körpers, welche von einer nicht vorhandenen Lichtquelle geworfen wurden, bevor die Stofflichkeit ausblich, in sich selbst zerfloss und schließlich… verschwand?“

Schweigend betrachtete sie die Reaktion Jacques.
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Re: [1024] Aus der Tiefe, in die Tiefe [Seresa, Jacques]

Beitrag von Jacques Benoît »

Jacques blickte sie fasziniert an. "Blieb von dem woran Du glaubtest etwas? Für danach, meine ich? Wenn Du dafür schon mit dem Leben bezahlt hast, müsste man ja denken, es sei etwas von so überwältigendem Wert gewesen als das es den Tod überdauern könnte, oder?" Neugierig legte er den Kopf etwas schief, wobei das seiner Kehle nicht zu bekommen schien und er hustete etwas hoch im Zuge dessen. "Oder war es diese Sturheit die Dein Leben rettete, was Dich an Deine Überzeugungen gekettet hielt? Wie viel ist davon heute noch verblieben?"

"Golconda... Gol-con-da... Golcon-dah... Gaule con dha...", ließ sich Jacques das Wort langsam und leise auf der Zunge zergehen, offenbar unbewusst. "Das klingt wie eine Krankheit. Oder eine Salbe aus dem Klostergarten.", stellte er fest. Er zuckte mit den Schultern und ließ das Thema zunächst im Raum, als sie die Vermutung äußerte er habe bereits viele sterben sehen. "Das habe ich. Aber von unserer Art nur wenige, wir sind ja auch bei weitem nicht so viele und nicht so empfindlich wie die Atmer." Er schien in seinem Gedächnis zu graben. "Nein, das habe ich nicht. Jemand, der den Kopf verliert und einfach verschwindet? Das klingt nach einem Zaubertrick, einer Illusion oder einer anderen Narretei. Wenn sterbliche Gaukler zu makaberen Späßen aufgelegt sind, könnten sie vielleicht sowas vor Publikum. Warum sollte es dann nicht jemanden geben, der das vor unser aller Augen könnte? Vielleicht einer in dessen Blut die Kraft des Verbergens fließt und der ein gewisses Alter erreicht hat?"

"Das mit den zerfließenden Schatten klingt aber nicht danach. Ein schauerlich Gedanke, wenn Du mich fragst. Sollte sowas möglich sein? Ein Geist wird das fürwahr nicht gewesen sein und wenn der Körper nicht intakt ist beim Sterben selbst, wage ich es anzuzweifeln, daß die Seel' sich von ihm sauber Lösen würde. In Schatten zerflossen..." Er dachte angestrengt nach. "...vielleicht ist was auch immer vom Körper und Geist über ist an dem Orte des Geschehens. Wo soll das passiert sein? Und mit wem?", schaute er sie fragend und neugierig an.
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Re: [1024] Aus der Tiefe, in die Tiefe [Seresa, Jacques]

Beitrag von Seresa »

„Was ich Euch soeben beschrieben hatte, geschah am letzten Hoftag 1004 anno Domini in Genua, kurz nachdem Fabrizio Aurelio Sizilianus ihrer Majestät ein Schreiben überreicht hatte. Was darin stand vermag ich nicht zu beurteilen. Ich bin mir nicht sicher, wie derartiges möglich sein sollte, doch sollte es eine Illusion gewesen sein, würde dies eines gewissen Könnens bedürfen. Vor allem aber einer Unverschämtheit und Dreistigkeit sondergleichen.“

Die Brujah pausierte für einen kurzen Moment. Sie wirkte alles andere als glücklich über das Geschehene.

„Was Eure Frage nach dem was blieb indes anbelangt, so blieb für mich etwas, auch wenn es zuerst verloren schien. Ohne jedweden Zweifel birgt es einer gewissen Ironie, bedenkt man, dass es das Blut der Gelehrten ist, welches fortan durch meine Adern floss. Das Blut jenes Clans, welcher bekannt dafür ist, mit Leidenschaftlichkeit für das zu kämpfen, woran er glaubt und dennoch bei so Manchen verhasst ist.“

Ein sarkastisch wirkendes Lächeln umspielte ihre Lippen, bevor sie sanft den Kopf schüttelte.

„Wie dem auch sei. Ich vermag nicht zu beurteilen, wie meine Antwort lauten wird, nachdem ich meine endgültige Vernichtung fand, doch solange ich existiere, werde ich stets weiter das tun, woran ich glaube und was ich für richtig empfinde.“
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Re: [1024] Aus der Tiefe, in die Tiefe [Seresa, Jacques]

Beitrag von Jacques Benoît »

Jacques nickte zu ihren Ausführungen. "Vielleicht war ja das, weswegen es ausgerechnet dieses Blut sein musste. Dinge führen zueinander und Ereignisse werfen ihre Schatten voraus, genauso wie diese Schatten weitere Ereignisse bis hin zur Unausweichlichkeit heranziehen. Eine der irreführenden Bezeichnungen dazu wäre 'schicksalhaft', glaube ich." Er zuckte mit den Schultern. "Glaubst Du an das Schicksal, Seresa?" Er neigte den Kopf ein wenig in Neugier.

"Ich habe einen Vorschlag.", lehnte er sich etwas vor und zog seinen rechten Handschuh aus, der sehr viel dünner gearbeitet schien als man auf den ersten Blick meinen würde. Die Schleimfäden zwischen seiner Haut und dem Innern des Kleidungsstücks überging er. "Du gibst mir Dein Wort, daß Du nach Deiner endgültigen Vernichtung alles in Deiner Macht stehende tun wirst, um mit mir in Kontakt zu treten...", reichte er ihr die Hand, "...und ich werde Dir im Gegenzug meins geben, daß was auch immer Dir für ein Schicksal widerfahren ist, ich Dir helfen werde Deinen Frieden zu finden mit Dingen die Du in dieser Welt noch erledigt haben willst. Und sei es nun Rache, Erlösung oder Mildtätigkeit, ich werde Dir helfen."
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Re: [1024] Aus der Tiefe, in die Tiefe [Seresa, Jacques]

Beitrag von Seresa »

„Es wäre verwegen, die Warnungen der Seher und Propheten zu missachten oder ganz und gar fahrlässig, diese als blanken Irrsinn abzutun, sind sie es schließlich, welchen einen Blick durch den Herrn selbst oder ihre vermeintlichen Götter in die Zukunft gewährt wurde. Dennoch bewies die Geschichte, ein Orakelspruch und die Kenntnis um die Zukunft, kann nicht verhindern, dass einzelne sich gegen ein vorbestimmtes Schicksal stemmen könnten und dies tun werden. Entsprechend sind auch die Vorhersagen selbst nie gänzlich ohne Irrtum oder unveränderlich und die Frage verbliebe, ob es demnach überhaupt von Bedeutung wäre, so wir uns dem Ganzen wissentlich verweigern oder treu ergeben beugen würden. Würde nicht weitaus mehr zählen, welche aufrechten Entscheidungen wir überhaupt im Angesicht des scheinbar Unausweichlichem treffen werden und wie wir ihm entgegentreten?“

Fragend blickte sie auf den Nosferatu, bevor sich ihre braunen Augen auf seine dargebotene Hand senkten und sie diese einen Moment schweigend nachdenklich, doch nicht angeekelt betrachtete, bevor sie erneut den Blick hob, Jacques anblickte und sanft den Kopf schüttelte.

„Ich bedaure Euren Vorschlag nicht annehmen zu können, vermag ich schlicht nicht zu beurteilen, was mit mir dereinst nach meiner endgültigen Vernichtung geschehen wird, weshalb ich Euch mein Wort nicht geben kann. So Ihr jedoch gläubig seid, so betet beim Herrn um das Heil und die Unversehrtheit meiner Seele und so es sein Wille ist, wird er womöglich tun, worum Ihr selbst mich ersucht hattet.“

Seresas Blick wanderte leicht zur Tür, bevor sie auf seine Haut blickte und sich so etwas wie Bedauern darin wiederspiegelte.

„Ich fürchte unser Gespräch ist in dieser Nacht weitaus länger geworden als erwartet und von dem abgewandert, dessen wir uns widmen wollten, als wir hierherkamen. Dennoch war die Zeit äußerst bereichernd und aufschlussreich für mich, weshalb ich mich freuen würde, so wir uns eines Nachts erneut treffen würden, um nachzuholen, was noch offenstehen mag.“

Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, bevor sie erneut den Nosferatu ansah. Er war ihr offenkundig keineswegs unangenehm und das Bedauern über das Fortschreiten der Zeit wirkte echt.

„Jedoch gibt es noch eine Kleinigkeit, welcher ich nachkommen muss, bevor ich Euch in dieser Nacht verabschieden kann. Wie ich Euch bereits sagte, ist ein Jeder, welcher um ein längerfristiges Gastrecht innerhalb der Domäne Genua ersucht, verpflichtet einer Aufgabe zum Wohle dieser nachzugehen und ich bin zuversichtlich eine entsprechende gefunden zu haben, welche Euch und Euren Interessen zusagen könnte.“

Ihre Hand beschrieb eine sich öffnende Geste.

„Hiermit weise ich Euch, werter Jacques Benoît, in Namen ihrer Majestät Aurore an, die Herde ihrer Majestät gesund zu halten, auf dass sie gedeihe und von Unkraut befreit werde. Des Weiteren ist es an Euch binnen fünf Jahren zwei Vertreter unserer Art zu finden, welche für Euch Fürsprache leisten werden. Bei einem dieser Fürsprecher muss es sich um einen Vasallen ihrer Majestät Aurore handeln. Der Andere muss mindestens ein anerkannter Gast der Domäne Genua sein. Sobald Ihr zwei Fürsprecher gefunden und nachweislich mit Eurer Aufgabe begonnen habt, ist es an Euch dies einem der Mondsenatoren der Domäne Genuas bekannt zu geben. Der Mondsenat wird im Namen ihrer Majestät Aurore vorläufig über Euer Gastrecht entscheiden, bis ihre Majestät Aurore am nächsten Hoftag eine Entscheidung fällen wird.“
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