[1008] Ein blasser Schatten seiner selbst [Ilario, Noellina (SL), Aurore (SL)]

[Mai '18]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Ilario
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[1008] Ein blasser Schatten seiner selbst [Ilario, Noellina (SL), Aurore (SL)]

Beitrag von Ilario »

Jahre waren ins Land gezogen seit Fabrizio Aurelio Sizilianus dem Schwert überantwortet worden war und sein merkwürdiges Ende gefunden hatte. Nun endlich war es soweit, man hatte Ilario in die Villa Illuminata gerufen um die Überreste, den in Marmor eingebrannten Schattenriss, zu untersuchen. So aufgeregt war er schon lange nicht mehr gewesen und ein Lächeln ehrlicher, wenn auch düsterer Freude zierte die Züge des Kastellans. Heute war er nicht nur Vasall, Amtsträger, Kainit und Lasombra... heute war er hier als Scholar des Abgrunds.

Als er die Halle des Hoftages betrat trug Ilario mehrere Taschen bei sich. Alte Pergamente, Kerzen aus Wachs und beigemengter Asche, Beutelchen mit verschiedensten Pulvern, Scherben zerbrochener Spiegel, eine nachtschwarze Klinge... waren noch die weniger obscuren Gegenstände und Gerätschaften darin. Kein Ghul oder sterblicher Mann begleitete ihn, selbst Mercurio hatte er vor Villa zurückgelassen. Doch Etwas begleitete ihn, ein kleines Wesen aus schierer Finsternis. Noch verbarg es sich im Ärmel seiner Tunika.
Ilario sah sich in der Halle um, wer oder was mochte ihn wohl erwarten?


Vorbereitungen: viewtopic.php?f=126&t=2039&p=28576#p28576
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Re: [1008]Ein blasser Schatten seiner selbst[Ilario, Aurore, ?]

Beitrag von Il Canzoniere »

Der Saal hinter dem Tor zum größten Gebäude der Villa Illuminata hatte bereits einige Dinge erlebt. Dort vorne waren Gaius und Caterina ausgepeitscht worden. Da drüben hatte Godeoc sein Auge verloren. Dort hatte es so viele Hinrichtungen gegeben das ein Ascheregen auf alle Beobachter niedergegangen war.

Und hier. Direkt vor ihm, war Fabrizio gestorben. Augenscheinlich.

Heute Nacht war es ruhig. Die Villa Illuminata war zwar wie eh und je bewacht und bemannt, aber um diese Uhrzeit bewegte sich kein gewöhnliches Gesinde durch die Gegend. Niemand empfing den Kastellan am Tor. Er war kein Gast mehr. Er war nun zugehörig. Wortlos, nur mit einem höflichen Nicken ließen ihn die Wachen ein. Den Weg kannte er ohnehin. Diesmal wurde ihm jedoch eine deutlich freiere Bewegung gewährt als bei seinem letzten "Besuch".

Der leergefegte nüchterne Saal wirkte eigenartig verlassen, das schwache Echo, welches man sonst nur von leeren Kirchen kannte, war beinahe unbekannt, so viel Trubel herrschte für gewöhnlich bei seinen Aufenthalten hier. Wachen waren keine zu sehen. Auch vor dem Tor standen keine. Lediglich drei Stühle, die dort aufgestellt worden waren wo während des Hofes die Throne standen und der dunkle Fleck vor diesen - das Ziel seines Interesses - erinnerten ihn daran das all das tatsächlich stattgefunden hatte. Vor etwas mehr als drei Jahren. Wirklich kurzen Jahren.

Aurore saß auf dem genuesischen Löwenthron, der wieder in die Mitte der drei Throne gerückt worden war. Nun... eigentlich saß sie beinahe eben so viel wie wie sie lag. Fläzend hatte sie beide Beine über die rechte Armlehne geworfen, nutzte die linke Armlehne als Rückenstütze. So lapidar wie sie in ihrer jugendlichen Gestalt dort saß wirkte sie einen Moment fehl am Platze. Maximinianus hätte mit den Zähnen geknirscht, hätte er sie so gesehen. Vor sich auf dem Schoß befand sich etwas mit dem sie rasch mit den Fingern spielte. Aus der ferne wirkte es wie eine Art Geschicklichkeitsspiel.
Kurz sah sie auf als Ilario den Saal betrat, dann widmete sie sich wieder dem...Spiel?
Als der Lasombra jedoch immer näher kam, konnte er erkennen was sie tatsächlich tat: Sie...stickte... ganz profan.
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Re: [1008]Ein blasser Schatten seiner selbst[Ilario, Aurore, ?]

Beitrag von Ilario »

Zugehörig. Es erfüllte Ilario mit großer Zufriedenheit mit welcher Selbstverständlichkeit er sich durch die Räumlichkeiten bewegen konnte und zu Aurore vorgelassen wurde. Eine Zufriedenheit die angesichts des desolaten Bildes einer Herrscherin das seine Prinzessin abgab hinweggefegt wurde. ER war dafür verantwortlich, er und sein Handlanger Ferrucio. Sticken, das Handwerk frommer und fügsamer Edelfrauen. Ilario verbarg seine Bestürzung so gut er konnte, tief in seinem schwarzen Herzen sperrte er sie ein.

Gleich wie sich seine Lehnsherrin gab, Ilario selbst würde das Protokoll nicht brechen. Er trat bis auf wenige Schritt an den Löwenthron heran und kniete nieder, während sein Blick kurz zu jener Stelle huschte wo vermeintlich Fabrizio verblichen war. Geduldig verharrte Ilario, wartete auf ein Zeichen Aurores sich erheben und zu sprechen. Und wenn es bedeutete die ganze Nacht dem Geräusch einer Soff durchstoßenden Nadel zu lauschen, dann war dem eben so.
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Re: [1008]Ein blasser Schatten seiner selbst[Ilario, Aurore, ?]

Beitrag von Il Canzoniere »

Als er die Halle durchschritten hatte, warf sie einen - nicht sonderliche interessierten - Blick zum Tor. Wandte sich dann jedoch wieder ihren Stickarbeiten zu. Als Ilario die Halle durchquert hatte und niederkniete dauerte es jedoch auch nicht sonderlich lange bis sie ihm einen Wink gab das er sich erheben dürfe. Sie stickte noch eine Reihe zu Ende, begutachtete ihr Werk mit gerunzelter Stirn und ließ Nadeln und Stickzeug achtlos in ihren Schoß fallen. Erst jetzt wandte sich ihre Aufmerksamkeit zu ihrem Kastellan, dem sie ein kurzes aber freundliches Lächeln schenkte.

"Ilario. Schön dich zu sehen. Fang ruhig schon mit deinen Vorbereitungen an. Wir lassen deine Untersuchung protokollieren. Also äußere deine Gedanken ruhig laut. Himerius hat eigens einen Protokollanten geschickt der eine Abschrift deiner Ergebnisse nach Mailand bringen soll. Offenbar ist man dort ebenso interessiert an dieser Sache wie du es bist." plauderte sie in gleichgültigem Tonfall drauflos und gab daneben ein Handzeichen den besagten Protokollanten hereinzuführen. Irgendetwas an ihrem Tonfall sagte ihm jedoch das dies vielleicht kein ganz gewöhnlicher Protokollant sein würde...

Sie sah ihm, ohne ihre fläzende Haltung zu verändern, dabei zu wie er seine Vorbereitungen traf und plauderte einfach weiter. Ihren eklatanten Statusunterschied schien sie dabei nicht sonderlich genau zu nehmen: "Hast du eine erzählenswerte Anekdote für mich? Lucio erzählt seit zehn Jahren die gleichen Geschichten. Seine Frau ist gestolpert. Seine Frau hat über einen ulkigen Bart gelacht. Seine Frau bekommt schon wieder ein Kind." sie verdrehte die Augen, grinste und schüttelte den Kopf, als amüsiere sie sich über ihren Leibghul. "Vielleicht hat Angelique wieder etwas herziges gesagt? Sie kann so erfrischend sein." Symphatie schlich sich in ihre Stimme. Echt. Oder zumindest nicht von echter zu unterscheiden. "Oder hat Yrmus eine neue Trophäe gesammelt?" kurz grinste sie, in Erinnerung an die letzte, wie es schien, dann verebbte es zunehmend. Frust sprach nun aus ihrer Stimme als sie seufzte: "Nichts interessantes wird hier hergetragen. Nur Anfragen für Schiedssprüche. Urteile. Anklagen. Bitten. Ich glaube sie halten mich für Justitia." Sie schnaubte verächtlich auf. "Ich hätte niemals gedacht das es so Langweilig sein könne zu herrschen. Diese ermüdenden Intrigen bin ich ja gewohnt. Aber Langeweile? Bitte Ilario, sag mir wenigstens das jemand etwas dummes getan hat. Oder ich beginne damit Gänseblümchen in Lucios Kettenhemd zu flechten." offenbar ihre persönliche Höchststrafe.
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Re: [1008]Ein blasser Schatten seiner selbst[Ilario, Aurore, ?]

Beitrag von Ilario »

Ilario erhob sich und wurde ihres Lächelns gewahr. Protokollant... die Neugier des Magisters war geweckt. Er verneigte sich abermals und begann Aurores Anweisung in die Tat umzusetzten: Noch während sie sprachen begann er mit einem Pulver aus Vulkanasche und Salz, nebst einigen noch obskureren Zusätzen, einen Kreis um den Schattenriss Fabrizios zu ziehen. Sorgfältig überprüfte er ihn danach auf Lücken und verteilte sieben Spiegelscherben darum herum, die er so aufrichtete, dass sie das Innere des Kreises widerspiegelten. Ebenfalls sieben Kerzen entzündete er jeweils in der Mitte zwischen den Scherben und zog die nachtsschwarze Klinge, ein Messer das die Leere des Abbyss förmlich abzustrahlen schien wie es sonst nur extreme Kälte täte. Er hielt es jedoch nur bereit und wartete auf das Erscheinen des angekündigten Protokollanten. Währendessen sprach er zu seiner Lehnsherrin:

"Höchstverehrte Herrin, ihr wisst ich bin kein Mann für leichte Unterhaltung. Zu wenig bin ich den Vergnügungen der Sterblichen verhaftet. Allenfalls könnte ich euch damit langweilen wie die Eheleute Embriaci nach Jahren der Kälte wieder zueinander fanden... Das womit eure Untertanen zu euch kommen, Schiedssprüche und Urteile, Anklagen und Bitten, gehen mit der Bürde der Herrschaft einher. Vielleicht jedoch... wenn ihr den Blickwinkel darauf verändert, könnte es euch vielleicht auch Freude bereiten? Nichts desto Trotz tut sich auch Spannendes. Denn jemand hat etwas Dummes getan: Jemand hat eure Botschafterin ermordet. Zumindest gibt es stichhaltige Hinweise darauf dass die werte Phosoa ihr Ende fand. Demnächst befrage ich die werte Liktorin Amalia dazu, erwarte sie in wenigen Tagen zum Gespräch. Denn sie tat auch etwas Dummes und nennt sich wohl Älteste der Salubri... Eigentlich nicht weiter von Belang wie der Clan der Heiler das unter sich ausmacht, doch ein merkwürdiger Zufall. Im selben Jahr, da Hinweise auf Phosoas Vernichtung auftauchen."

Ein Blick in die Richtung aus der er den Protokollanten erwartete machte deutlich, dass es da ein Mehr an Details gab, Ilario aber lieber zu einem späteren Zeitpunkt diese erläutern würde. Wissen verlor nunmal an Wert wenn man es teilte.
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Re: [1008]Ein blasser Schatten seiner selbst[Ilario, Aurore, ?]

Beitrag von Il Canzoniere »

Sie seufzte und hob den Blick zur Decke des Saals hin. Allein aus dieser Reaktion konnte man sehen wie wenig der mitfühlenden, menschlichen Seite Aurores geblieben war die über einen Mord an einer langjährigen Dienerin sicher deutlich bestürzter gewesen wäre als die - ein wenig genervt wirkende - junge Frau die dort auf dem Thron saß. Sanft schüttelte sie den Kopf und blickte dann Ilario bei dessen Vorbereitungen weiter zu.

"Wie meinst du das? Freude bereiten?" fragte sie, nachdem er mit dem Verteilen der Spiegelscherben geendet hatte.
Gerade als er zur Antwort ansetzen wollte öffnete sich eine seitliche Tür und die Aufmerksamkeit der Prinzessin verlagerte sich dorthin. Heraus trat eine Frau in der zweiten Lebenshälfte. Sie trug Nonnentracht und früher sicherlich einmal recht hübsch gewesen jedoch wirkte sie heute nicht so als ob sie das jemals ausgekostet habe. Mit einem so ernstem Gesichtsausdruck das sich Ilario an seine menschliche Kindheit erinnert fühlte sah sie sich kurz um, blieb mit dem Blick am Thron haften und schritt gemessenen Schrittes zu ihnen hinüber. Missmutig betrachtete sie die Spiegelscherben und die anderen Vorbereitungen seitens Ilario. Ihr Blick glitt zu Aurore hinüber und einen Moment wirkte es so als wolle sie diese dafür schelten das man ohne sie begonnen habe, dann kam ihr Aurore zuvor. Einen Moment meine Ilario ein amüsiertes Schmunzeln über ihre Züge habe laufen sehen.

"Das ist Noellina, Ancilla des Clans der Schatten, Kind Totilas von Mailand und unsere heutige Observatorin. Sie ist auf Bitten Himerius hier. Dieser scheint sehr gespannt zu sein was deine Untersuchung für Ergebnisse bringt. Und ich auch." irgendetwas schwang dort in ihrer Stimme mit. Eindeutig an die fremde Lasombra gerichtet, deren Blick sich bei diesen Worten auf Ilario legten wie Schnee auf einen Ast.

"Noellina, das ist Ilario Contarini, Neugeborener des Clans der Schatten, Kind Lucius Valerius Galba von Venedigs. Er ist mein geschätzter Kastellan." den Namen seines Erzeugers sprach sie widerrum sehr ungewohnt aus. Und verfehlte ihre Wirkung nicht. Mit einem Ruck ging der Kopf Noellinas zu ihr hinüber. Hatte sie vorher schon nicht sonderlich erfreut oder gar griesgrämig gewirkt, wirkte sie nun wie Godeoc dem man berichtete das Clavicula leider abgebrannt sei.

Dennoch wanderte ihr Blick dann abschätzend zu Ilario hinüber und ließ ein hauchdünnes Nicken erkennen.
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Re: [1008]Ein blasser Schatten seiner selbst[Ilario, Aurore, ?]

Beitrag von Ilario »

Gerade wollte er Aurore erläutern inwiefern das Spiel um Macht und Herrschaft, das Regieren, auch Freude bereiten mochte, da trat die Tochter Totilas ein. Der bleiche Prinz musste wohl wahrlich großes Interesse an Fabrizios Schicksal haben, wenn er ein Ancilla, noch dazu sein eigenes Kind, schickte. Dass diese nun, nach Aurores einleitenden Worten zu seiner Person, wirkte als habe sie herzhaft in eine Zitrone gebissen wunderte Ilario nicht im mindesten. Höchstens, dass die Mailänderin so schlecht informiert gewesen war. Er selbst wahrte einen neutralen Gesichtsausdruck und verneigte sich vor der Observatorin, ihrem Rang als Ancilla und Prinzenkind entsprechend.

"Seid gegrüßt verehrte Noellina, Ancilla des Clans der Schatten, Kind des höchstverehrten Totila von Mailand. Es ist mir eine Ehre."

Dann wisperte er der schattigen Wesenheit die sich in seinem Ärmel verborgen hatte einige fremdartige Worte zu, die er mit ebenso fremdartig anmutenden Gesten unterstrich. Ilario wies sie an den Schattenriss mit ihren ganz eigenen Sinnen zu untersuchen und ihm hernach Bericht zu erstatten. Dabei fiel ins Auge, dass seine Linke bandagiert war. Wohl die Folge einer leichten Verbrennung. Während das Schattenwesen sich ans Werk machte richtete Ilario das Wort an die beiden Kainitinnen, vornehmlich jedoch der Weißen Prinzessin zugewandt wie es ihrem Rang und Status geziemte.

"Diese Überreste... sind nicht dessen den wir als Fabrizio Begado kannten. Das was Lucio Il Onnivoro am Hoftag exekutierte war kein Kainit, es war eine Wesenheit aus den Tiefen des Abgrunds. Es ist schwer zu sagen wie sie in unsere Welt gelangte, vermutlich durch Fabrizio selbst... zu seinem Unglück. Es ist zu vermuten, auch anhand der Male die es beziehungsweise er trug, dass der Austausch... oder Wandel... schon vor längerer Zeit geschah. Was auch einige Verhaltensauffälligkeiten seinerseits erklären könnte."
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Re: [1008]Ein blasser Schatten seiner selbst[Ilario, Aurore, ?]

Beitrag von Il Canzoniere »

Noellina nickte Ilario grüßend zu, auch wenn sie keinen Hehl daraus zu machen schien, dass sie nicht sonderlich viel von ihm hielt, nicht einmal zu einer erwidernden Begrüßung ließ sie sich herab. Tatsächlich wirkte sie, nach all den Jahren der versteckten Emotionen und schwierigen Abwägbarkeiten sogar ehrlicher zu ihm als einige seiner sogenannten Freunde. Ihm fiel dabei ein was Galba einmal gesagt hatte, das auf seine Feinde meistens Verlass war. Und es daher nie schaden könne ein paar davon zu haben. Schon allein weil sie dafür sorgen würden das man immer wachsam blieb.

Stattdessen schob sich ihre Aufmerksamkeit und auch die Aurores auf das kleine, schattenhafte Etwas, welches aus Ilarios Ärmel schlüpfte wie eine invertierte Kerzenflamme. Es fiel geräuschlos zu Boden und stromerte dann zu der Stelle hinüber an der sich die blassen Abdrücke Fabrizios abzeichneten. Hier flackerte es hinüber wie ein Irrlicht. In erratischen Bewegungsmustern die so asynchron, nichteuklidisch und abwegig waren das jedem Betrachter die Augen zu brennen begannen, zuckte es von rechts nach links und von links nach rechts. Fuhr die Umrisse ab. Verharrte dort wo der Kopf des ehemaligen Lasombras hätte aufschlagen müssen. Flackerte über der ehemaligen Herzgegend und kroch, sich selbst halb schiebend, halb ziehend, wie ein skelettloses Amöbentier über den Boden. Sickerte in die Fugen zwischen den Steinen hinab und... begann zu erzittern.

Aurore und Noellina warfen zeitgleich einen überraschten Blick zu Ilario hinüber - als er erklärte das Fabrizio schon lange vergangenen war bevor er hingerichtet wurde - während sich jedoch Aurores Stirn in Falten legte und sie diese unerwartete und unerwiderte Theorie skeptisch betrachtete, zeichnete sich auf Noellinas Gesicht blankes Entsetzen ab. Offenbar gab sie sich, wie bereits zuvor, keine Mühe darin ihre Gefühle zu verbergen.

Viel Zeit dies zu bemerken blieb jedoch nicht. Denn im gleichen Moment wie die neue Erkenntnis aufgetaucht war, tauchte die Kreatur zu Ilarios Füßen ab. Sie quetschte sich durch Fugen durch die es nicht einmal Licht schaffte und barst dann unvermittelt und ohne Vorwarnung in dutzende, kleine farblose Scherben die erst über den Boden schabten die ein zersprungener Glaskrug, dann, während des Fluges ihre dritte Dimension verloren und nur noch als Schatten weiterflogen, ehe sie vom schwächlichen Licht der Halle *zertrümmert* wurden.

Noellina war sofort einen Schritt zurückgetreten. Starrte auf die Umrisse auf dem Fußboden.

Etwas... war noch hier.
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Re: [1008]Ein blasser Schatten seiner selbst[Ilario, Aurore, ?]

Beitrag von Ilario »

Mit geradezu ebenso abwegig wirkender faszination verfolgte Ilario die erratischen Bewegungen seines Schattenwesens, sein Interesse wuchs mit jedem Flacken das von diesem ausging. Als es schließlich verging, zerschmettert wurde von etwas Anderem. Im Gegensatz zur zurückweichenden Noellina trat Ilario einen Schritt näher, jedoch sorgsam darauf achtend keine Ritualgegenstände zu berühren oder Linien des Schutzes zu verwischen. Was auch immer diese nutzen würden.

"Zeige dich!" Sprach der Lasombra leise, aber in befehlsgewohntem Tonfall. Jedoch schwang wieder mehr als nur ein hauch Faszination mit. Viel eher ein "Was bist du?" fragend. Aurore und vielleicht auch Noellina würde er später seine Mutmaßungen über den Todeszeitpunkt Fabrizios auseinandersetzen, aber nicht vor der anwesenden Kreatur. Jedwede Ablenkung, jede Störung der Konzentration mochte fatale Folgen nach sich ziehen.
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Re: [1008]Ein blasser Schatten seiner selbst[Ilario, Aurore, ?]

Beitrag von Il Canzoniere »

Dunkler Staub, der von einem Sturm durch die undichten Ritzen im Gemäuer gedrückt wurde, stieg aus den Maserungen des Fußbodens auf. Erratisch zu einer tonlosen Melodie tanzend, schlängelten sich mehrere Fäden dunkelster Materie empor, dünn wie Spinnenfäden und farblos wie klarstes Wasser blieb er wenige Zentimeter über dem Boden. Sponn dort ein Netz dem einer Spinne nicht unähnlich. Verteilte Schattenbilder mit völlig falschem Lichtwurf über den Boden.

An Aurores zarten Lippen schoben sich marmorfarbene Zähne vorbei, ihr Gesicht zeigte Unruhe und Unzufriedenheit. Noellina hingegen blickte konzentriert. Als ob sie jeden Augenblick ihrerseits etwas dunkles rufen könne, es jedoch noch nicht tat. Nur um zu sehen wie sich dies hier entwickeln würde.

Der dünne Rauch quoll weiter hervor, bis er den gesamten Boden zwischen den Schutzzeichen Ilarios bedeckte, offenbar konnte oder wollte er nicht darüber hinaus. Stattdessen schraubte er sich nun in die Höhe, feine Muster und Linien bildend wie ein tausend Jahre alter Baum. Rasch war es übermannshoch, ging beinahe bis zur Decke des Audienzsaals der Villa Illuminata. Drei Auswölbungen bildeten sich. Eine zu jedem der drei Kainiten gewandt, beinahe wie Gesichter mit leeren Augenhöhlen wirkend, starrten sie geräuschlos und sich nach einer unhörbaren Melodie langsam bewegend zu diesen fremdartigen, körperlosen Wesen hinüber.
Gesperrt

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