[1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

[September + Oktober '18]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Nubis
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[1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Nubis »

Galeno war auf der Suche nach der jungen Dame gewesen, die ihm mitgeteilt hatte, dass er sie doch im Alla Murra finden könne. Galeno wusste natürlich nicht, was das für ein Ort war, hatte aber für die Ortskenntnis Luciano einmal los geschickt, um sich über dessen Lage zu informieren.
Luciano war leicht verstört zurück gekommen, denn man habe ihn sehr seltsam angesehen und sich amüsiert, dass es angeblich ganz klar war, dass ein Mönch nach diesem Ort suchen würde. Ausserdem hatte er so seine Zweifel, ob er die betreffende Person in solch einer Absteige, in solch einem Sündenloch finden würde. Luciano selbst hatte sich nicht hinein begeben, aber was er so vernommen hatte und wen er so von Draussen beobachten konnte, war für ihn Indiz genug, umsich seine Meinung darüber zu bilden.

Und doch schien Galeno nicht abgeneigt, sich da trotzdem umzusehen. Luciano versuchte zu diskutieren, doch er wusste, dass er da nur verlieren konnte. Galeno hatte sich da was in den Kopf gesetzt und benötigte die Dame wohl sehr dringend, sodass da jedes Zureden nur verpuffte.


Also standen sie eines Tages in der Tür des Alla Murra. Galeno in seiner Robe gekleidet, die Kapuze weit ins Gesicht gezogen, kein Kreuz und keinen erkennbaren Rosenkranz tragend. Klein und schmächtig wirkend, fast noch zu jung für diesen Ort. Luciano dagegen hatte die Kapuze nicht auf, trug sein Kreuz hier mit besondererm Stolz und Überzeugung und sein Rosenkranz baumelte gut befestigt seitlich am Gürtel, der sich um die Hüfte schwang. Luciano wirkte gegen Galeno wie ein Berg, gut genährt und mit ziemlich grimmiger Mine.
Beide blickten sich um und erkannten, dass dies tatsächlich ein Pfuhl der Sünde war. Menschen, die die Gesellschaft wohl ausgekotzt hatte und die ihr Heil in Diebstahl, Mord und Hunger oder besser dem Suff suchten, Weiber, die sich diesen stark verirrten Seelen hin gaben und kleine Kabbelein, die schnell zu schlimmeren ausarten konnten. All das fand man hier und trat nun vor ihre Augen.
Mönche an sich schienen nichts Seltenes, doch trotzdem fielen ein paar der Blicke vor allem auf Galeno. Als Luciano, der den besseren Überblick hatte, den Raum mit seinen Augen scannte, sah er einen Mönch, der sich gerade einer leichten Dame hin gab, sich selbst mit Küssen belohnen liess und wild die eigenen verteilte und ihr dabei die Kleidung vom Leib reissen wollte.
In Luciano kochte es und ein mörderischer, ermahnender Blick haftete auf dem Mönch.

Galeno interessierte dies wenig. Er hatte nur Augen für ein Ziel und suchte, ob er die junge Dame hier wirklich finden würde, oder nicht. Irgendwie war er misstrauisch, dass sie hier hinein passte, denn dafür war sie doch einfach zu hübsch und unschuldig.
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Sousanna
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Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Sousanna »

Sanna schien nun wirklich nicht an einen solchen Ort zu passen. Hatte sie ihnen nicht auch erzählt, dass sie die Tochter eines Kaufmanns war? Was tat sie dann hier? - Sicher, man fand einige Händler, die nicht so ganz in das Bild der Spelunke passen wollte. Doch ein Kaufmann aus Konstantinopel konnte sich doch sicher etwas besseres leisten als eine Absteige, in der es irgendein seltsames Abkommen zu geben schien, dass keiner dieser Händler angegriffen wurde, wenn sie sich nicht allzu dumm verhielten.

Und dennoch. Dort auf dem Thresen saß die junge Frau und plauderte angeregt mit ein paar abgerissen aussehenden Halunken. Immer wieder schenkte sie ihnen Wein ein. Sie trug das selbe Kleid wie in jener denkwürdigen Nacht. Heute allerdings konnte man die Weinflecken darauf sehen. Noch immer strahlte ihre Schönheit über alles hinweg, doch wenn man sie hier beobachtete, wie sie hier die Männer zum Trinken animierte und all ihre widerwärtigen Avancen mit einem noch aufreizenderen Lächeln belohnte, nur um sich weit vorzubeugen und einem von ihnen noch etwas ins Ohr zu flüstern, musste man sich fragen, ob die beiden Mönche hier die selbe Person sahen.
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Nubis
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Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Nubis »

Als Galeno sie entdeckte, war er sprachlos. Und tatsächlich fragte er sich, ob er da die gleibe Person sah, die er vorher kennengelernt hatte. Sie gab sich so gar nicht so, wie es sie in Erinnerung hatte. Die ihm bekannte Sanna würde doch nicht mit solchen abgehalfterten Kerlen so verkehren, eigentlich sollte man davon ausgehen, dass sie gar nicht mit solchen zu tun haben wollte.

Und doch, ihr Erscheinen vom Äusseren her war gleich.
Galeno kam langsam auf sie zu, Luciano folgte ihm. Doch er gab keine Begrüssung von sich, sondern musterte sie erst einmal, wollte deswegen auch etwas näher kommen. Vielleicht gab es ja auch eine Dame, die annähernd so ausseh und von der Nähe aber nicht wie Sanna erschien.
Doch das Bild wollte sich nicht wirklich ändern und so verharrte Galeno etwas sehr ungläubig in der Nähe von ihr, auf sie starrend, wobei man den Blick nur erahnnen konnte, da die Kapuze nicht viel preis gab.
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Sousanna
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Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Sousanna »

Entweder schien sie tatsächlich nicht zu bemerken, dass man sie beobachtete, oder dieses Wesen besaß absolut kein Schamgefühl. Obwohl die beiden Mönche sie beobachteten ließ die schöne Unschuld es zu, dass sich immer wieder Hände an äußerst unziemliche Stellen verirrten. Stattdessen schien sie all diese Unanständigkeiten noch weiter zu treiben, brachte sie immer weiter dazu noch mehr zu trinken.
Immer wieder huschten ihre Blicke aber zu einem Tisch in einer der hinteren Ecke, wo auch immer wieder ein Mann zu ihr hinüber sah. Er schien ein grober Kerl. Einst schien er hübsch gewesen zu sein, doch die grausame, harte Realität der Gassen hatte ihn zu einem Wesen gemacht zu haben, das seinen Besitz und alles, was er wollte, mit jedem Mittel verteidigte. Narben und Brüche zierten das Gesicht dieses Mannes und er trug jedes einzelne mit dem kühnen Stolz der Straßen. Die Männer, die bei ihm saßen, schienen diesen Mann zu fürchten und zugleich seine Aufmerksamkeit zu suchen. Die Macht, die er in diesem Umfeld hatte, schien beinahe greifbar.
Ein inneres Verständnis schien zwischen der Schönen und dem Untier zu herrschen. Als würde einer von ihnen etwas fragen und der andere antworten, ehe man sich darauf verständigte, mit irgendetwas abzuwarten. Was auch immer dieses etwas war.
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Nubis
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Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Nubis »

Er beobachtete ide Szenerie wirklich leicht Fassungslos und sah unweigerlich auch einmal zu dem seltsamen Mann in der dunklen Nische. War das alles, was sie gesagt hatte, nur gelogen? Vielleicht wurde sie dazu von diesem Raubein dort hinten dazu gezwungen?
Aber vielleicht war sie es tatsächlich nicht.

Er musste Gewissheit haben und entschied sich, sie anzusprechen.
Mit seiner bezaubenden Stimme wählte er nur ein Wort.

"Sanna?"
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Sousanna
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Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Sousanna »

Die Hübsche blickte auf. Ein Augenaufschlag, dann war da jenes unschuldige Lächeln aufgeflammt, das beide schon einmal in der Schönheit des Mondes gesehen hatten.
Anmutig glitt sie von der Theke. Dass der Rock dabei leicht verrutschte und ein gutes Stück verführerischer honigfarbener Haut entblößte schien sie gar nicht zu bemerken, die Männer aber johlten darüber. Alles an der Geste biss sich mit der puren Unschuld, die nun wieder in ihrem Gesicht lag.
Vor den beiden Mönchen knickste sie tief, ehe sie das Lächeln eines Unschuldsengels noch vertiefte. "Ihr habt euer Schweigegelübte beendet, guter Bruder. Es freut mich eure schöne Stimme zu hören. Und willkommen euch und Bruder Luciano. Schön euch zu sehen. Habt ihr euch gut eingelebt? Waren die Wachen auch immer nett zu euch?"
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Nubis
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Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Nubis »

Beide Mönche waren auf Grund ihrer Art sehr verwundert. Luciano zeigte dies offen, Galenos Meinung dazu bleib allerdings verborgen.
Auch als etwas von ihrer Haut zu sehen war, zog Lucianoi fast unmerklich Luft zwischen die Zähne ein, Galeno wirkte desinteressiert oder gab zumindest keine Regung diesbezüglich von sich. Tatsächlich zog er die Brauen zusammen und dachte ernst nach.

Als sie sprach, waren dann jegleiche Zweifel verschwunden. Sie war es. Luciano war einfach nur baff, schwieg stumm und musterte sie beinahe ausdruckslos, nicht wissend, was er dazu nun sagen sollte.

Doch ja, dieses Mal sprach Galeno und er reimte sich auch gerade gedanklich zusammen, wie das alles zusammen passen konnte. Es gab mittlerweile recht viel, was an ihr seltsam war. Doch noch fehlten Puzzleteile, um eine wirkliche Meinung sich bilden zu können.

Also entschied er sich, diese womöglich zu sammeln und antwortete ihr in seinem gewohnt freundlich neutralem Umgang. Er verbarg sich noch immer.

"Das habe ich. Für den Moment," meinte er, "Die Wachen stellen sich oftmals noch etwas schwierig an, doch für gewöhnlich bin ich auch selten in der Stadt. Anders, als gewisse Brüder."
Und er blickte zu dem herüber, der mittlerweile die Brüste der leichten Dame knetete.

"Und ihr? Wie mir scheint, ist euer Vater entweder in einem sehr zweifelhaften Gasthaus abgestiegen, oder ihr wollt ihm eines auswischen oder aber ihr habt mit uns ziemlich geflunkert..."
Er versuchte es noch höflich auszudrücken, aber man konnte erkennen, trotz der schönen Stimme, dass er nicht erfreut darüber war, sie hier vorzufinden.
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Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Sousanna »

Für einen Moment folgte ihr Blick dem seinen und ihre Augenbraue fuhr spitz empor. Ein leises Seufzen garnierte ein bedauerndes Kopfschütteln - zumindest irgendetwas, an dem was sie sah, schien sie zu stören. "Das rechte Maß scheint immer schwer zu sei.", erwiderte sie und fuhr sich schließlich durchs von den Avancen verwirrte Haar.
Dann aber sprach er die magischen Worte und mit einem Mal schien sie nervös. Der Blick huschte von dem fremden Mann in der dunklen Ecke wieder zurück. Nervös biss sie auf ihre Unterlippe und zupfte an ihrem Ärmel herum. Sie war rot geworden.

"Ich ... äh ..." Sie blickte zu Boden, schien kleiner, zierlicher zu werden. "Ich ... bin ihm weggelaufen. Schon vor einiger Zeit.", murmelte sie und da sie wieder aufblickte, war ihr Blick flehentlich. Beinahe schon hilflos. "Aber er war ganz garstig zu mir... Ich musste weg und wusste nicht wohin." Sie schien vor ihren Augen noch ein wenig zu schrumpfen. "Man ... passt hier zumindest auf mich auf."
"Das muss schrecklich aussehen. Ich entschuldige mich vor euch." Sie war feuerrot geworden. "Und vor Gott."
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Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Nubis »

Er blickte sie an, Luciano ebenso. Während Luciano Mitleid empfand und die aus zeigte, schüttelte Galeno mit seinem Kopf. Er hatte keines.

"Ihr wisst, dass dieses Treiben hier sündig ist, oder? Ihr lastet euch damit Schuld auf. Warum seid nihr nicht in ein Kloster gegenagen? Hier in Genua gibt es ein Nonnenkloster. Ich denke nicht, dass man hier wirklich ordentlich auf euch aufpassen wird."

Die Kapuze drehte sich etwas von ihr weg und sein Blick fiel wieder auf diesen anderen mann, der mit sinen Schergen am Tisch sass.

"Er sieht nicht gerade nach einem guten Vaterersatz aus."

Bei Galeno wirkte ihre Art nun tatsächlich nicht. Er hatte sie zu Beginn ihres Treffens vor den Toren interessant gefunden, nun war sie nur eine dieser sündigen Mädchen.

Luciano schien sich dagegen mehr Sorgen zu machen und sein tiefer Bariton lag in der von billigem Wein und Lärm, sowie diversen nicht gut zusammenpassenden Düften durchzogenen Luft.
"Dies hier ist kein geeigneter Ort für euch. Ihr solltet es verlassen. Oder zwingt man euch hierzu, oder gar Schlimmeren?"
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Sousanna
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Re: [1012] Lass die Knochen tanzen [Galeno, Sousanna]

Beitrag von Sousanna »

Tränen schimmerten in den großen Runden ihrer Augen. Die volle Unterlippe bebte. Ein Bild des Elends bot diese Frau, die dort vor ihnen stand. So jämmerlich, dass sogar ihre vorherigen "Spielgefährten" ziemlich beschämt drein sahen. Man konnte gerade zu sehen wie sehr dieses zierliche, kleine Wesen litt. Wie es sich wand, sich vor der Antwort drückte.

Das Schauspiel war so eindrucksvoll, dass sogar der fremde Kerl am anderen Ende des Schankraums besorgt drein blickte. Er erhob sich langsam und würde durch die Menschenmenge hindurch schieben.
"Ich", es war kaum mehr als ein Hauchen. Immer noch huschten ihre Blicke beinahe panisch auf und ab. "Ich hatte Angst." Die Stimme war noch leiser als zuvor.
"Gibt es ein Problem?" Die Stimme war rau und sprach von einem ziemlich schmutzigen Grinsen. Sofort schüttelte Sanna hektisch den Kopf.
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