[1020] Mondscheinsonate [Arash, Alain]

[Alain le Beau]

Jahre sind ins Land gezogen, seit sich Alain und Tia in der kleinen Fischerhütte vergnügt haben. Jahre, in denen die Blutsdienerin dem seltsamen Jüngling nur selten begegnet ist. Trifft sie ihn doch einmal, so grüßt Alain sie stets mit einem unverbindlichen Lächeln, distanziert, aber freundlich. Gleichzeitig hat sie das Gefühl, dass sie in Nervi beobachtet wird, wenn sie ihrem Geschäft nachgeht. Der Blick eines Fischers hier, ein Kommentar des örtlichen Wirtes da - der Eindruck bleibt, liegt über ihren Besuchen wie Nebel, nicht wirklich greifbar, aber dennoch wahrzunehmen.

Schon allein deswegen fragt sich Tia auch an diesem Abend, ob es wirklich Zufall ist, dass sie Alain am Steg des kleinen Dorfes trifft. Ist die Pose, mit der er auf das Meer hinausblickt, nur für sie gestellt? Oder hat er sie tatsächlich nicht bemerkt?

[Arash]

Tia trug ein langes schmuckloses Kleid, welches im Wind, der hier wehte, leicht flatterte. Sie war überrascht überhaupt jemandem zu so später hier anzutreffen. Normalerweise kam sie nur Tagsüber hier her, aber Arash konnte heute Nacht die Netze nicht selbst kontrollieren, also musste sie das tun. Die letzten Jahre, wenn sie in Nervi war, waren seltsam gewesen und sie konnte sich nicht so genau erklären weshalb. Die Sprüche und Blicke der Dorfbewohner waren seltsam gewesen. Es wäre interessant zu ergründen wieso dies so war. Daher trat sich ohne Scheu neben Alain an den Steg und sah auf das dunkle Meer hinaus.

"Wunderschön nicht wahr?" fragte sie leise an ihn gewandt.

[Alain le Beau]

"Und doch braucht es uns - unsere Augen - um diese Schönheit wahrzunehmen. Um sie zu würdigen." Alain wendet sich der Sterblichen zu und sein Lächeln sendet einen wohligen Schauer über ihren Rücken. "Ich hoffe, dein Fang war erfolgreich, Tia. Und ich hoffe auch, unserem Freund geht es gut?" In den letzten Worten steckte ebenso viel Frage wie Aussage.

[Arash]

"Wieso braucht es uns?" schmunzelte Tia und genoss das Kribbeln, welches ihren Rücken hinablief. "Schönheit mag im Auge des Betrachters liegen aber andererseits ist das Meer immer da und unabhängig, ob wir darauf sehen oder nicht...immer schön." Sie zuckte mit den Schultern und lächelte Alain an. "Ja. Er ist viel unterwegs...ich sehe ihn im Moment nicht oft." Sie seufzte. "Ohne Cazimir sind die Netze nicht ganz so voll aber...die Ausbeute ist nicht schlecht. Ich kann sie morgen früh an Land holen."

[Alain le Beau]

"Und doch braucht es unsere Münder, um das Wort 'schön' auszusprechen, unsere Herzen, um es mit Sinn zu füllen." Der Jüngling weist über das Meer. "Wer weiß schon, wie die Tiere es wahrnehmen? Nein, Gott hat den Menschen in die Schöpfung gebracht, damit die Schönheit gewürdigt wird." Ein leises Kichern. "Natürlich wollte er auch, dass die Menschen diese Schönheit keusch genießen. Das konnte ja nicht gutgehen."

Er wendet sich Tia zu. "Cazimir?" fragt er leise. "Ein interessanter Name - nennt unser Freund sich so? Oder meinst du jemand anderen?"

[Arash]

"Aaach Gott." Tia zuckte mit den Schultern und drehte sich wieder zum Wasser. Der Mond goss dabei silbernes Licht über ihr blondes Haar und zeichnete ihre Konturen weich unter dem Kleid ab. "Dieser Gott von dem so viele Menschen reden, hat viel zu viele Regeln. Ich bin froh diesem Glauben erst hier richtig begegnet zu sein. Die Götter denen wir anhängen sind...anders."

Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. "Cazimir ist ein weiterer Freund unseres Freundes. Allerdings ein deutlich besserer Schwimmer, als ich oder Arash. Er ist ein Otter. Sehr süß, manchmal aber äußerst besitzergreifend was sein Futter angeht." leise lachte sie. Es klang Glockenhell in der Nacht. "Aber er hilft normalerweise die Fischschwärme in die Reusen zu treiben. Kennt ihr euch mit dem Fischen aus Alain?"

[Alain le Beau]

"Oho!" sagt Alain und zieht die Augenbraue hoch. "Andere Götter? Ihr müsst mir mehr davon erzählen. Aber vielleicht etwas leiser - die Menschen dieses Dorfes könnten weniger verständig sein, als ich."

Dann legt er die Hand ans Kinn. "Ein Otter? Interessant. Einen Otter habe ich noch nicht bedacht in meinen... sagt, was ist ein Otter? Er lebt im Wasser wie die Fische, nicht wahr?" Der Tzimisce scheint von dem Thema sehr angetan. "Wisst ihr, wie er dort atmet? Hat er Kiemen?"

[Arash]

Tia zuckte mit den Schultern. "Was wollen sie tun? Einen Lynchmob bilden?" Sie lächelte. "Das wäre auch nicht zielführend. Die Menschen müssen über meinen Glauben nichts wissen und ich glaube auch nicht, dass uns hier heute Nacht jemand belauscht oder beobachtet."

Auf die Fragen nach dem Otter lachte sie leise. "Ich glaube er atmet gar nicht unter Wasser und taucht immer nur kurz. Kiemen hat er meines Wissens nach nicht. Und er kann an Land und im Wasser leben."

[Alain le Beau]

"Nun, ja. Exakt das könnte passieren" nickt Alain und sieht Tia an, so wie man jemanden eben ansieht, der gerade etwas sehr Naives gesagt hat. "Erinnere dich an die Jagden auf die Rothaarigen. Interessant zu beobachten, aber durchaus eine wichtige Lektion: Besser keine Aufmerksamkeit erregen." Offenbar ist es ihm nicht wichtig, dass Tia seine Nachfrage nach ihren Göttern ignoriert hat.

"Das ist hochinteressant", sagt der Tzimisce zu ihren Ausführungen über den Otter. "Wenngleich für meine Studien etwas enttäuschend. Ich suche immer noch nach dem perfekten Geschöpf beider Welten, das sowohl im Wasser als auch auf dem Land leben kann, ohne jemals eines der beiden verlassen zu müssen. Ist dir als Jägerin je so etwas begegnet?"

[Arash]

Tia seufzte, über Alains Klarstellung. "Ich glaube nun mal an eine Art Naturgötter. Bei uns sind Götter mehr mit der Natur assoziiert. Wenn ihr mehr darüber wissen wollt, erzähle ich gerne mehr davon." Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und steckte sie wieder hinter ihrem Ohr fest und sah dabei sehr nachdenklich aus.

"So ein Tier wie ihr beschreibt ist mir tatsächlich noch nicht untergekommen. Aber sicherlich mag es solch eines geben. Aber...wieso sollte ein Wesen sich an zwei Lebensbereiche anpassen, wenn es einen davon nicht verlassen muss?" Sie legte den Kopf schief. Sie schaute Alain interessiert an. Wartete wohl auf eine Antwort von ihm auf diese philosophische Frage.