[1016] Dinge ändern sich [offen]

[Februar '19]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Seresa
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[1016] Dinge ändern sich [offen]

Beitrag von Seresa »

Der Sommer war seit vielen Wochen vorüber und langsam begannen die Nächte länger zu werden. Der Herbst hatte Einzug gehalten, doch von den warmen Farben, in die das Umland Genuas des Tages gehüllt war, bekam man im Inneren des Elysiums bei Nacht nichts mit. Stattdessen hingen die Aushänge - wie bittere Vorboten eines eisigen Winters - schwer im Raum. Auch die grausamen Kleinkriege in den Straßen im vergangenen Jahr waren nicht vergessen und trugen zu diesem gesamten Unwohlsein, welches in der Domäne herrschte, weiter bei.

Doch nicht nur Genua zeigte inzwischen erneut ein anderes Gesicht. Auch bei Seresa selbst hatte sich vieles in den vergangenen Jahren verändert. Die Brujah war anders geworden. Innerlich, wie auch äußerlich. Ihre Zeit in Genua hatte auch von ihr seinen Preis gefordert und Seresa hatte ihn willig bezahlt. Die Domäne und die darin verweilenden Vertreter ihrer Art hatten letzten Endes dafür gesorgt, dass sie reifer wurde, auch wenn noch nicht alle Auswirkungen dieser Verwandlung ihrer selbst letzten Endes gänzlich sichtbar waren. Manches zeigte sich inzwischen jedoch bereits deutlich.

Während die Brujah vor bald fünfzehn Jahren noch gänzlich unbewaffnet in die heiligen Hallen getreten war, kam sie dieser Nächte niemals unbewaffnet, auch wenn Kleinigkeiten geblieben waren, wie die Tatsache, dass sie beim Betreten der heiligen Hallen den schwarzen Schattenwächtern mit einigen kurzen Worten des Respekts und der Achtung des Hauses, der Hüterin und den geltenden Regeln zur Verwahrung übergeben gehabt. Die Kleidung hingegen hatte sich mehr und mehr von dem eines einfachen Botenjungen hin zu einem Hirten verwandelt. Ein dunkelgrauer Wollumhang mit einem weiten Überwurf bedeckte den schmalen Körper, unter welchem nur gelegentlich die schlichte, dunkle Robe zu erahnen war. Seit einigen Jahren trug Seresa ihre Haare gänzlich offen. Ihr Gang und ihre Haltung selbst wirkte inzwischen aufrechter, während ihr Gesicht weitaus ernster erschien, auch wenn sie sich zumindest immer öfter auch an einem höflichen Lächeln und freundlichen Worten gegenüber den Wächtern versuchte.

In dieser Nacht war Seresa - bis auf die anwesenden Wachen - allein im Elysium. Zumindest war keiner ihrer Art bisher sichtbar für sie gewesen. Entsprechend war sie wie immer zu den Aushängen gegangen. Stand vor ihnen gänzlich schweigend die Zeilen lesend, während sie dabei offenbar tief in ihren eigenen Gedanken über die eigene nahe Zukunft versunken war.
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
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Avelina di Braida
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Re: [1016] Dinge ändern sich [offen]

Beitrag von Avelina di Braida »

Mit einem leisen Knarzen öffnete sich die Tür des Elysiums wie von Geisterhand. Eine Gestalt, die in einen Umhang gehüllt war, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, nickte einer weiteren, nicht sichtbaren Person zu, die offenbar die Tür aufhielt, und trat ein. Hinter ihr schloss sich das Tor wieder leise, und die Gestalt trat in das Kirchenschiff, die Kapuze vom Kopf schiebend. Darunter kam die rabenschwarze Mähne der Viscontessa zum Vorschein, so wie ihr hübsches, blasses Antlitz.
Auch sie hatte sich in den Jahren verändert. Die Züge waren ernster geworden, was ihrer Schönheit keinen Abbruch tat, und gleichzeitig war ihr Gang noch mehr zu einem Schreiten geworden. Das Kinn schien sie ein wenig höher zu halten, ein deutliches Zeichen an alle, dass sie keine Spielchen mit sich treiben lassen würde.

Sie trat in Richtung der Aushänge, als ihr Blick auf Seresa fiel, wobei es schien als würde etwas im smaragdenen Grün ihrer Augen aufblitzen. Kurz hielt sie inne und neigte ein ganz klein wenig den Kopf, „Eine angenehme Nacht, werte Seresa.“
Es war nur ein kurzer Augenblick in dem sie die Brujah musterte, die Hirtenrobe und die offenen Haaren betrachtend.
Schließlich trat sie neben sie an den Aushang, einen höflichen Abstand wahrend, und betrachtete die Pergamente die dort hingen.
"Die Natur lehrt Miteinander. Ohne Dornen wären die Rosen hilflos, ohne Rosen die Dornen trostlos…" KarlHeinz Karius (*1935)
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Seresa
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Re: [1016] Dinge ändern sich [offen]

Beitrag von Seresa »

Als Seresa die Bewegung einer auf sie zutretenden Person gewahr wurde, wandten sich ihre braunen Augen und ihr Körper vom Pergament ab und Avelina zu. Ihr Blick fing die gezeigten Reaktionen ihres Gegenübers zwar ein, doch sie selbst schien nicht darauf weiter einzugehen. Stattdessen sprach sie mit ruhigen und gedämpften Worten der Begrüßung an die Rose gewandt.

„Eine eben solche, wünsche auch ich Euch.“

Als sie feststellte, dass Avelina sich daraufhin lieber den Aushängen zuwandte, drehte auch sie sich wieder diesen zu. Nach einigen seltsamen Momenten des Schweigens, blickte sie aus den Augenwinkeln auf Avelina, bevor sie halb an sie, halb an die Aushänge an der Wand erneut wenige Worte sprach.

„Ich hoffe Ihr seid wohlauf.“
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Avelina di Braida
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Re: [1016] Dinge ändern sich [offen]

Beitrag von Avelina di Braida »

Avelina hatte gerade ein Pergament von der Anschlagtafel genommen und überflog es mit angestrengtem Blick. Als Seresa sie ansprach dauerte es einen Moment, bis sie wieder aufsah, das Pergament weiterhin in ihren Händen.

Eine gewisse Strenge sprach aus ihren Zügen, kein bezauberndes Lächeln wie es die Viscontessa sonst zeigte lag auf ihren Lippen. Abermals musterte sie die Brujah von Schweigen begleitet für einen Augenblick, bevor sie antwortete.

„Ja, das bin ich. Ich hoffe ihr ebenso?“
Ihre Stimme war ebenfalls ruhig, sanft und wohlklingend wie eh und jeh.

„Ich hatte erwartet, dass jene die sich am Krieg beteiligen bereits abgereist sind. Ich nehme an ihr werdet eurem Bruder im Blute nach Sardinien folgen?“
Die Frage klang nicht wirklich neugierig, eher nebensächlich, ein wenig rhetorisch, nicht jedoch unfreundlich. Vielleicht hatte sie sie auch gestellt um über eine peinliche Stille hinweg zu helfen.
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Seresa
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Re: [1016] Dinge ändern sich [offen]

Beitrag von Seresa »

Die Brujah hatte sich der Toreador zugewandt, als diese mit ihr sprach, während ihre Körperhaltung in sich ruhend und gänzlich entspannt war. Auf ihren Lippen lag gar ein sanftes und wohlwollendes Lächeln. Offenkundig freute sie sich darüber, dass Avelina das Gespräch suchte, auch wenn es derzeit noch recht holprig verlief. Entsprechend versuchte die Brujah die Situation zu entspannen, indem sie in einem leichteren Plauderton mit der Rose sprach.

„So man die Dinge betrachtet, welche hinter und vor mir liegen, könnte man guten Gewissens sagen, es waren schwere Zeiten und es werden weitere kommen.“

Dann zuckte sie jedoch leicht mit den Schultern und das Lächeln auf ihren Lippen schien sagen zu wollen: Aber was will man machen?!

„Doch ich mag weder klagen noch mich beschweren. Ich hatte mich dafür entschieden diesen Weg zu gehen und ich bereue es nicht, denn es waren durchaus auch Zeiten voll unendlicher Dankbarkeit und großer Freude dazwischen gewesen.“

Die Brujah schielte leicht auf einen der Aushänge bezüglich des Sardinienfeldzugs.

„Auch wenn derzeit manch schwere Zeiten gänzlich näher erscheinen mögen als andere.“

Seresa verstummte für einen Augenblick, bevor sie wieder zu Avelina blickte.

„Letzten Endes ist es an uns das Richtige zu tun und wir sind alle auf die eine oder die andere Art und Weise an diesem Feldzug beteiligt, denn Niemand ist davon gänzlich frei und Keiner kann sich dem Ganzen entziehen.“

Es klang wie eine sachliche Feststellung, bevor sie für einen kurzen Moment schwieg, um ihren Worten den entsprechenden Raum zu verschaffen. Dann erst setzte sie nach.

„Auch wenn ich in Genua verweile, so steht meine Loyalität zu ihrer Majestät Aurore und der Domäne Genua gänzlich außer Frage.“

Es klang im ersten Augenblick wie eine schlichte Feststellung, doch lag in ihrer Stimme ein ungewohnter und gewichtiger Klang, welcher deutlich machte, wie ernst es ihr mit diesen Worten war. Auch die bewussten Pausen verstärkten diesen Eindruck noch einmal. Die Brujah sprach diese Worte offensichtlich nicht, um Jemanden zu blenden oder gar, um Wohlgefallen auszulösen. Stattdessen sprach eine tiefe und innere Überzeugung aus ihnen und ihr selbst heraus.

„Ich wäre nicht hier, gäbe es keinen Grund dafür. Entsprechend diene ich in jener Form und an jenem Ort, an welchem meine Fähigkeiten derzeit benötigt werden und den größten Nutzen für ihre Majestät Aurore, die Domäne Genua und ihre Herde versprechen. Demnach nein, Ihr irrt Euch in Euren Annahmen, auch wenn es mich durchaus interessieren würde, wie Ihr zu ihnen gelangt seid.“
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Avelina di Braida
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Re: [1016] Dinge ändern sich [offen]

Beitrag von Avelina di Braida »

Die Brauen schoben sich zusammen und mit finsterer Miene hängte sie das Pergament an die Anschlagtafel zurück, als Seresa von schweren Zeiten sprach. Sie nickte leicht, ein zustimmendes Nicken.
„Ich weiß nicht von welchem Weg ihr sprecht, den ihr geht oder gegangen seid. Schwere Zeiten ereilen uns auch ganz ohne unser Zutun, mir scheint ihr gehört zu den Glücklichen, wenn ihr selbst darüber entscheiden konntet. Es gibt jene unter uns, denen nicht die Wahl gelassen wird, die unter dem Wahn und der Machtgier anderer zu leiden haben, ohne dass sie sich irgendetwas zu Schulden haben kommen lassen.“ ihr Unterkiefer spannte sich an bei diesen Worten und Zorn blitze in ihren Augen auf.

Sie schloss die selbigen daraufhin kurz für einen Moment der inneren Zwiesprache, und wirkte schließlich entspannt, als sie sie wieder öffnete. Ihr Blick landete auf einem Aushang bezüglich des Krieges und stattdessen schlich sich nun ehrliche Sorge auf ihre Züge.
„Wie viel wir tun könnten, wenn die Unsrigen nur etwas mehr Zusammenhalt kennen würden? Ich zweifele keinen Moment daran, dass wir die Lage für uns alle, und für die Sterblichen verbessern könnten. Doch da gibt es jene, die im Krieg die schnelle Möglichkeit sehen den Hunger zu stillen, statt auf langfristige Sicht die Herde gesund zu erhalten.“ sie seufzte leise, dann schüttelte sie den Kopf, „Doch was erzähle ich euch? Ihr seid lange genug auf der Via Humanitatis gewandelt um zu wissen wovon ich spreche. Wahrlich, auf die ein oder andere Weise sind wir beteiligt...“

Der Blick lag eine Moment forschend auf ihr. Sie erinnerte sich nur allzu gut an ihr Gespräch über ihren Weg und ihr Vorhaben ihn zu verlassen.
„Ich habe darum gebeten, dass meine Unterstützung den Lazaretten zugute kommt. Ich kann nur hoffen, dass dies eingerichtet werden kann.“

Als Seresa auf das Thema Aurore zu sprechen kam, wandte sie sich ihr schließlich gänzlich zu.
„Wie ich darauf komme? Das scheint mir keine ungewöhnliche Frage. Ich gehe davon aus, dass euer Bruder im Blute dem Feldzug beiwohnen wird. Und es war eurerseits nicht zu überhören, geschweige denn zu übersehen wie wichtig er euch ist.“

Wieder entstand eine Pause, in der sie ihr Gegenüber offen ansah. Reine Ehrlichkeit lag in ihren Augen.
„Das Wohl der höchst verehrten Aurore von Genua ist das, was für uns alle an erster Stelle stehen sollte in dieser Domäne. Und auch wenn alle beteuern dieses im Sinn zu haben, scheint es mir, als erkenne nicht jeder das Glück, welches wir haben mit einem solchen Prinzen gesegnet zu sein.“
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Seresa
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Re: [1016] Dinge ändern sich [offen]

Beitrag von Seresa »

Der Zorn der Toreador war von einem gutmütigen Lächeln begleitet worden, ganz so als verstände sie nur zu gut, wovon die Rose sprach. Auf die Aussage des Hungers hin, verfinsterte sich jedoch der Gesichtsausdruck der Brujah, doch für den Moment hörte Seresa schweigend zu und ließ Avelina zu Ende sprechen. Auf die gesprochenen Worte der Rose hin - man hätte nicht überhören und übersehen können, wie wichtig Ajax ihr sei - schloss die Gelehrte fast müde wirkend die Augen, bevor sie sie erneut öffnete. Dem ehrlichen Blick am Ende von Avelinas Worten, begegnete ein gewichtiger - fast zu ernst wirkender - seitens der Brujah, als sie schließlich ruhig und bewusst langsam zu ihrem Gegenüber sprach.

„Was wisst Ihr oder meint Ihr über ihre Majestät Aurore zu wissen, so dass Ihr es Glück und Segen nennt und dennoch Handlungen oder Entscheidungen in Frage stellt - sie gar verdammt?“

Ihr Blick wanderte hierbei zu den Aushängen bezüglich des Sardinienfeldzuges, um zu verdeutlichen, was sie damit meinte. Dann fanden ihre braunen Augen zu der Schönheit zurück.

„Was indes meinen Bruder im Blute angeht, so genießt er meinen höchsten Respekt und ich weiß ihn als den Mann zu schätzen, welcher er ist.“

Die Gelehrte pausierte für einen kurzen Moment, bevor sie fortfuhr.

„Dennoch bin ich ihm nicht hörig und Ihr solltet wahrlich davon Abstand nehmen Euch zu Trugbildern hinreißen zu lassen, geboren aus böswilligen und hartnäckigen Gerüchten und anhaltenden Verleumdungen anderer Clans.“

Welchen Clan sie damit genau meinte, sprach die Brujah nicht aus, denn dies Verbot ihr die Höflichkeit und die Etikette, doch sie schien ganz genau zu wissen, von wem diese stammten. Ihre Stimme klang dabei erneut ernst und gänzlich wenig amüsiert.

„Eine derartige Naivität und Leichtgläubigkeit stände einer Frau von Eurem Format und mit Eurem Verstand anderenfalls wahrlich schlecht zu Gesicht.“

Seresa schwieg für einen kurzen Moment, um ihren Worten den entsprechenden Nachklang zu verleihen.

„Davon ab liegt Ihr jedoch richtig. Mein Bruder im Blute ist als Liktor ihrer Majestät Aurore Teil des Feldzugs. Er beklagt sich darüber jedoch nicht, auch wenn der Preis, welchen er erneut und ohne Wahl bezahlt, deutlich höher ist als jeglicher Sold der Welt ihn jemals aufwiegen könnte. Wie könnte ich demnach meinen Bruder im Blute nicht dafür bewundern und ehren wollen? Er tut was zu tun ist und woran das Gewissen von manch anderen Scheitern würde. Woran diese innerlich und unweigerlich zerbrechen würden.“

Erneut pausierte sie kurz und der Respekt in ihrer Stimme für ihren Clansbruder war deutlich zu hören, bevor sie fortfuhr.

„Dennoch bin ich mir sicher, der Kastellan ihrer Majestät Aurore hat auch Euch Dank für Eure Unterstützung ausgesprochen und wird diese entsprechend für einen guten und ehrenvollen Zweck verwenden. Was indes den Zusammenhalt jener unserer Art angeht, so wird Misstrauen stets alles redliche Verneinen und zu Nichte machen.“

Man konnte sehen, wie die Brujah sich zusammenreißen musste, um in diesem Punkt nicht leidenschaftlich zu werden, war sie sich dem Ort, an welchem sie sich befand, bewusst. Entsprechend schwieg sie länger, bevor sie entschloss besser gänzlich zu schweigen.
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Avelina di Braida
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Re: [1016] Dinge ändern sich [offen]

Beitrag von Avelina di Braida »

Der Kopf der Toreador neigte sich einen Hauch zur Seite, auf der Stirn zeichneten sich leichte Falten ab. Wo sich früher vielleicht Zorn in ihren Augen gespiegelt hätte, lag nun eine gewisse Müdigkeit, gepaart mit... Trauer? Ja, sie hatte sich verändert.
Ein zartes, fast warmes Lächeln legte sich auf ihre Lippen, begleitet von einem Blick, der die rhetorische Frage stellte 'Wirklich?'. Dann begann sie langsam, leise und mit sanfter Stimme zu sprechen.

„Werte Seresa, seid ihr mir derart feindlich gesonnen, dass ihr mir ernsthaft unterstellen wollt ich würde die Handlungen und Entscheidungen der höchst verehrten Majestät in Frage stellen, schlimmer noch sie verdammen? Hielte ich euch nicht für ehrbar, könnte ich meinen ihr wollt meinen Ruf schädigen und meinen Kopf rollen sehen. Zum einen ist der Krieg nicht alleine Entscheidung im Willen eines einzelnen Prinzen. Es gibt viele Aggressoren und Drahtzieher. Ich denke nicht, dass die höchst verehrte Aurore eine jener Persönlichkeiten ist, die einen Krieg um des Krieges Willen und ohne guten Grund ausruft. Wie mir der wohlwerte Kastellan berichtete sind die Sarazenen ein Ärgernis und eine echte Gefahr. Doch wie hinter vielem auf dieser Erde die unsrigen stehen, so werden auch die Sarazenen sicher Prinzen haben. Und schließlich sind es die Sarazenen die in Italien einfallen, und nicht Aurore, die in die Länder der Sarazenen einfällt.“

Sie schüttelte den Kopf, „Ich muss den Krieg verurteilen. Ich folge meiner Via wie ihr wisst sehr gewissenhaft. Den Krieg zu begrüßen würde so viele Pfadsünden bedeuten, dass ich auch gleich dem Tier freien Lauf lassen könnte für den Rest meiner Nächte. Ich beneide die Prinzessin nicht darum derartige Entscheidungen treffen zu müssen. Und ich bin mir recht sicher sie hat explizit diese Entscheidung aus der Notwendigkeit heraus getroffen. Ich stelle ihre Weisheit diesbezüglich in keinster Weise in Frage.“
Sie runzelte die Stirn und fügte hinzu, „Oh, und mit dem Wahn und der Machtgier meinte ich anderes, das hat rein gar nichts mit dem Krieg oder unserer höchst verehrten Majestät zu tun. Da geht es einfach um böswillige Verleumdungen und das Schikanieren vermeintlich Schwächerer.“

Die Preisungen ihres Bruders im Blute hatte sie sich ruhig angehört, Seresa hatte ihre Aussagen mit ihnen verwoben. Gefährliches Terrain. Und so schwieg sie eine Weile, bevor sie fortfuhr.
„Ich bin mir nicht ganz sicher wovon ihr sprecht. Ihr selbst habt den wohlwerten Liktor immer wieder erwähnt und in den besten Tönen von ihm gesprochen, und tut es nun wieder. Da ist es doch nur naheliegend davon auszugehen, dass ihr gemeinsam nach Sardinien geht? Von Hörigkeit spracht ihr, ich habe derartiges nie unterstellt. Ich gebe nichts auf Geschwätz. Genua ist voll davon, da jeder hier bereits Gespenster zu sehen scheint wo keine sind.“
Sie lächelte sanft ob der Zweideutigkeit ihrer Worte, die sowohl andere Kainiten, als auch Seresa selbst in diesem Zusammenhang meinen konnten.

Es schien schon, als wolle sie enden, dann allerdings erhob sie doch noch einmal ruhig und leise die Stimme.
„Doch um noch einmal auf den Krieg zurück zu kommen... Ich bin mir ebenfalls nicht sicher, welchen Preis ihr meint, den euer Bruder im Blute erneut und ohne Wahl bezahlt. Sprecht ihr vom Kriegsdienst? Falls ja: ihr habt Recht. Es gibt jene die daran zerbrechen würden. Zum Beispiel jene die einen anderen Weg für sich wählten. Einen, der derartiges ablehnt wohl am ehesten. Ist dies in euren Augen weniger wert? Haltet ihr es für einfach in unseren Nächten Gewalt und Zerstörung zu umgehen, ja gar in vielen Fällen zu vermeiden derartigem beizuwohnen? Jede Via verlangt ihren Wanderern etwas ab. Wir alle suchen uns unseren Platz diesbezüglich selbst aus. So schätze ich hat auch euer Bruder im Blute seinen Platz gewählt, denn jemanden auf seinen Weg zu zwingen ist nicht möglich.“

Sie verschränkte die Finger ineinander, und ließ den Blick einen Moment durch das Elysium schweifen, wo er an den Darstellungen der vernichteten Kainiten hängen blieb und sich abermals ein wenig Traurigkeit in ihn legte, „Und ja, ihr habt Recht. Zusammenhalt ist wohl nichts als ein frommer Wunsch, wenn selbst ihr meinen neutralen Worten nur mit Misstrauen begegnet.“
Bevor sie in Gedanken abdriften konnte, blickte sie wieder zu Seresa, „Nun, aber ihr habt nicht auf die Frage geantwortet von welchem Weg ihr spracht.“
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Seresa
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Re: [1016] Dinge ändern sich [offen]

Beitrag von Seresa »

„Ihr hattet diesbezüglich keine Frage gestellt.“

Es war eine schichte Feststellung seitens der Gelehrten, doch Seresa schien keinen Grund zu besitzen nicht darüber zu sprechen, auch wenn Avelinas Aussage erneut keine Frage war.

„Was den Weg angeht, so gabt Ihr Euch bereits selbst die Antwort: Es gibt jene unter uns, denen nicht die Wahl gelassen wird.“

Seresa blickte ruhig auf ihr Gegenüber.

„Entsprechend habe ich das getan, was man in Situationen wie jenen tut, die einem anscheinend keine Wahl lassen. Ich habe mir eine Wahl geschaffen. Denn entgegen Eurer Aussage, gibt es immer eine Wahl. Man muss einzig bereit sein die Konsequenzen seiner Entscheidung zu tragen. Und was meine Haltung Euch gegenüber angeht, so seid Euch versichert, solange sich Eure Handlungen nicht gegen ihrer Majestät Aurore oder die Domäne Genua wenden, gibt es keinen Grund, weshalb ich Euch derzeit als Feind betrachten sollte. Wie ich Euch bereits damals schrieb, war ich selbst gar an einer Aussprache und dem Lösen des entstandenen Missverständnisses interessiert, stehen und stand meine Haltung und meine Absicht gegenüber Günstlingen Acacias stets und gänzlich außer Frage. Auch mein Bruder im Blute kam einst wohlwollend zu Euch, um Euch kennenzulernen, denn wie er sagte: in Euch wurde investiert. Ajax kennt Acacia und er weiß, dass ihre Investition in Euch, ein Glück ist, dass wahrlich nicht jeder in dieser Stadt sein Eigen nennen kann. Entsprechend wollte er sich selbst ein Bild von Euch zu machen, um zu sehen, ob er gegebenen Falls ebenso in Euch investieren sollte, denn wie mein Clansbruder selbst damals richtig sagte: Diejenigen, welche die Älteste der Lasombra unterstützt, haben entweder einen kometenhaften Aufstieg vor sich oder sie werden von den Schatten, welche sie wirft verschlungen.“

In den gesprochenen Worten der Brujah war die tiefe Bewunderung, sowohl für die Hüterin des Elysiums wie auch für ihren Bruder im Blute geradezu spürbar, bevor sie leicht mit den Schultern zuckte.

„Ich bedaure die Ablehnung beider Dinge Eurerseits, doch ist dies Eure getroffene Wahl, welche ich anerkenne. Was indes meinen Bruder im Blute und Sardinien angeht, so müsste ich - gemäß Eurer Logik - annehmen, Ihr würdet nach Sardinien gemeinsam mit ihrer Majestät Aurore gehen.“

Seresas Worte selbst waren ruhig gesprochen und doch machten sie klar, worin die Logik der Rose in ihren Augen zu hinken schien.

„Und was die Via angeht, so verändert der Krieg einen Jeden.“

Für einen Moment überlegte Seresa, ob sie mehr sagen sollte, doch sie entschied sich zu schweigen und formulierte entsprechend neutraler ihre eigenen Worte.

„Die Erkenntnis der bitteren Wahrheit - und die damit verbundene Entscheidung die Wahl anzunehmen oder abzulehnen - kommt unweigerlich und unausweichlich.“
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Avelina di Braida
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Re: [1016] Dinge ändern sich [offen]

Beitrag von Avelina di Braida »

Abermals lächelte sie sanft und schüttelte den Kopf, „Das ist richtig, ich habe keine Frage gestellt, doch ihr erwähntet es, und so hatte ich den Eindruck es sei euch wichtig. Meine Aussage der Wahl bezog sich allerdings nicht auf die Wege die wir gehen, sondern auf das Spiel in dem wir nur mehr Spielfiguren sind. Wenn einer mit mehr Macht und Einfluss uns behelligt, dann sind uns die Hände gebunden. Was allerdings unsere Wege betrifft... man kann niemanden zwingen auf einem Weg zu wandeln, der den eigenen Überzeugungen widerspricht. Dies würde nur zu schnell das Tier auf den Plan rufen und uns vernichten. Wo also sonst haben wir die Wahl, als auf den Wegen die wir wandern?“

Sie legte die Hände aneinander und tippte nachdenklich die Spitzen der Zeigefinger gegeneinander, den Blick einen Moment zur Anschlagtafel richtend, und doch durch sie hindurch blickend.
„Was sollte ich in Sardinien, wo ich nicht für den Kampf geschaffen bin? Ich helfe an der Stelle, an der ich zu helfen vermag.“ sie musste schmunzeln und sah wieder zu ihr, „Zudem kann ich nicht behaupten die höchst verehrte Majestät wäre meine Schwester im Blute, ich bin nicht aus der Linie der Ventrue wie ihr wisst. Ich fürchte ich kann eurer Logik an dieser Stelle nicht ganz folgen. Ihr und euer Bruder im Blute steht euch nahe. Ich würde mich geehrt fühlen, wenn dies auf mich und die Prinzessin zutreffen würde, doch dem ist nicht so. Schließlich bin ich nur eine Zugereiste Neugeborene, die erst ein paar Jahre in dieser Stadt weilt.“

Ihr Kopf neigte sich zur Seite und sie musterte die Brujah einen Moment, „Was soll ich wann abgelehnt haben? Ihr spracht gerade von der verehrten Signora della Velanera. Ich habe mitnichten irgendetwas abgelehnt, das sie mir aufgetragen hat. Sie trug mir auf die Gastfreundschaft Genuas in Ehren zu halten und für die Sicherheit der Stadt zu sorgen. Diesem Bestreben folge ich gewissenhaft, und arbeite stetig daran beides in höherem Maße gewährleisten zu können. Ebenso ist mir schleierhaft, was ich in Bezug auf euren Bruder im Blute abgelehnt haben soll. Wenn ihr mir diesbezüglich etwas zu sagen habt, dann bitte ich euch die Pythia in Delphi zu lassen.“ sie lächelte abermals freundlich, „Sprecht frei heraus, bevor mehr Missverständnisse aufkommen.“
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