[1023] Alte und neue Masken [Achilla]

[Februar '19]
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1023] Alte und neue Masken [Achilla]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Der Drache lächelte mit spitzen ausgefahrenen Zähnen. "Ihr kennt die Sitten dieser Domäne noch nicht."
"Mir wurde als Herold auch das Recht übertragen Neuankömmlinge zu untersuchen. Man sollte ja wirklich genau wissen wen man sich herein holt."

Eine Liebkosung war seine Berührung tatsächlich nicht, auch wenn sie sich zärtlich anfühle, stand dahinter nur kalte Berechnung, als auch eine tiefe instinktive Gier nach ihrer Absonderlichkeit, ihren Geheimnissen. Sie roch nichts an ihm. Selbst seine Kleidung schien mit nichts auffälligem oder intensiven in Kontakt gekommen zu sein.

So rau...
Sie konnte fühlen wie seine Finger über ihre Wangen und Schläfen strichen.

Gerade in diesem Moment klopfte es an der Tür und Toma schloss entnervt die Augen.
"Was?!" rief er und zögerlich steckte Johann den Kopf herein und verkündete den Menschen für Signora Achilla dabei zu haben.

Etwas enttäuscht blickte der Drache dann die Nosferatu an. "Eine kleine Unterbrechung?" Die traditionelle Gastfreundschaft seines Blutes würde er ihr nun nicht vorenthalten und so schnell würde sie ihm auch ohnehin nicht entkommen.

Er winkte Johann und dieser führte einen dünnen nackten Mann herein. Eine metallene Schelle war um seinen Hals gelegt, an der eine Kette hing, die von dem Diener gehalten wurde.
Erschrocken riss der Mann die Augen auf, als er Achilla sah und taumelte zurück, doch Johann schubste ihn rigoros wieder vor und zog an der Kette.
"Auf die Knie" sagte er leise, nicht so herrisch, wie er hätte sein müssen als dessen Wärter, aber mitleidslos genug.

Zögerlich ging der Mann auf die Knie, er zitterte und hielt den Blick gesenkt. Johann nahm seinen Arm und reckte ihn nach oben, bot ihn der Signora an, auch wenn das Opfer zögerlich veruschte seinen Arm wieder zurück zu ziehen.
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Signora Achilla
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Re: [1023] Alte und neue Masken [Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

Es sah auch nicht unbedingt aus als würde die Signora tatsächlich entkommen wollen - insbesondere nicht angesichts dieses Angebots. Sie neigte kurz das Haupt vor Toma, dessen Gabe dies war, dann wandte sie sich zu dem Knieenden und legte einen Finger auf die Lippen. Die Geste war wie die für ein Kind, beschwichtigend und mit einem Augenzwinkern mit dem einen Augenlid, das sie noch hatte.

Das hatte wohl kaum eine beruhigende Wirkung auf den Mann, jedoch schien dies dies Signora nicht sonderlich zu kümmern. Sie legte die Maskenteile nieder und ging mit wiegenden Schritten um den Mann her, bis sie ihm einen Arm um die Schultern legen konnte. Die Kette nahm sie Johann sacht aus der Hand, so dieser sich nicht dagegen stemmte, und nahm sie und den ausgestreckten Arm des Mannes in eine Hand. Mit einem Lächeln hob sie dessen Handgelenk an. Die Geste war so als hebe sie kurz einen Kelch, dem Gastgeber zu Ehren.

Der Mann hatte kaum eine Gelegenheit zur Gegenwehr. Auch wenn die Signora nicht danach aussah, war sie alles andere als schwächlich und als sie schließlich ihre Fänge in seine Haut grub, erstarb jede Gegenwehr auch bald und machte jenem Genuss und jener Wonne platz, gegen die kaum ein Sterblicher sich gut erwehren konnte.

Es hatte eine gewisse Grazie, wie die Signora trank. Zugleich war es schauderhaft zu sehen, wie der verrottende Tod sich so offensichtlich von dem vergänglichen Leben nährte. Für eine Weile schloss sie genießerisch die Augen und löste sich letztlich nur widerstrebend von diesem Opfer und schloss seine Wunden.

“Ich bin viel gereist”, sagte sie leise. “Und ich lernte, dass das Blut der verschiedenen Länder und Städte sich auch verschieden kosten lässt.” Sie ließ den Mann los und reichte die Kette zurück an Johann. Der Duft von Blut hing noch in der Luft und sie leckte sich kurz über die verrotteten Lippen.

“Wenn Ihr Euch das Recht zu Untersuchungen errungen habt, dann wart Ihr gewiss geschickt. Keiner von uns gibt gern mehr von sich preis als nötig.” Sie legte den Kopf ein wenig auf die Seite. “Wie viele willigen tatsächlich dazu ein? Von wie vielen bekommt Ihr das Nötigste, das Ihr zu wissen wünscht? Und von wie vielen mehr als das?”
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1023] Alte und neue Masken [Achilla]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Fragend blickte Johann zu Toma, als der gast ihm die Kette abnehmen wollte, aber der Drache nickte zustimmend.
Was sollte schon geschehen.

„In der Tat, Blut kann so vielvältig sein. In Konsistenz, Kraft, Geschmack“ erwiderte Toma hinter ihr und dachte an das gewagte aber doch geschmackvolle Gefäß dass die Blutvinzerein ihm einst gebracht hatte. Eine Schande, dass sie abgereist war.

Auf ihre Fragen neigte er nachdenklich den Kopf.
"Ein gleiches Verhältnis würde ich sagen. Es stimmen mehr Leute zu als man vielleicht meinen würde, und manche geben alles, bereitwillig...andere müssen überzeugt werden. Andere weigern sich vehement. Nun, worin seht ihr euch?“

Derweil brachte Johann den halb weggetreten Mann wieder hinaus, zog und schleifte ihn mehr als dass er ihn stützen konnte.
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Signora Achilla
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Re: [1023] Alte und neue Masken [Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

Sie wiegte den Kopf und schien wohl abzuwägen. “Alles in dieser Welt hat einen Preis”, sagte sie schließlich. “Auf die eine oder andere Weise. Wissen ist eine weiche und flexible Währung, aber dafür eine überall und zu allen Zeiten gültige.”

Die Signora hob die Teile ihrer Maske wieder auf und drehte sie in ihren Händen. Die junge Motte, welche zuvor losgeflogen war, kehrte nun zurück und flatterte ein wenig unbeholfen um sie her als wäre Achilla ein Licht, um das die Motte tanzen wollte.
Die Signora sah von der Maske zu Toma und sagte: “Mir scheint es falsch, Wissen einfach zu verschenken. Achtlos, vielleicht. Oder vielleicht liegt es mir so im Blute. Wie es nun auch sei, so sollte ich zuerst nachfragen: was genau wollt Ihr erfahren? Wonach sucht Ihr, ob als Herold einer stolzen Stadt und Domäne oder als Kainit, den es nach seltenem Wissen ebenso dürstet wie nach Blut…?”
Das letzte war offenkundig nur geraten und halb wie eine Frage gesprochen.
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1023] Alte und neue Masken [Achilla]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Kurz schloss er die Augen. Verdammte Nosferatu.

Dann sah er sie wieder durchringend an, lauernd, gierig und kam ihr näher.
"Ich suche nach dem Besonderen, dem Herausragenden. Ich hasse die Gewöhnlichkeit, das alltägliche. Gott hat so viel erstaunliches in dieser Welt versteckt, dass es eine Schande wäre nicht danach zu suchen. Nach den Dingen die uns unterscheiden und uns abheben." Sie musternd schritt er um sie herum, wie als wäre sie ein eben jenes schönes Stück, nach dem er gesucht hatte.
"Doch als Herold suche ich vor allem nach euren Stärken und Schwächen. Euren Makeln, die euch gefährlich oder harmlos machen. Minderwertig oder eben herausragend. Menschlich oder kainitisch."

"Es ist euer gutes Recht euch nicht verschenken zu wollen, aber es ist mein Recht euch zu untersuchen."
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Signora Achilla
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Re: [1023] Alte und neue Masken [Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

“Euer Recht will ich Euch nicht streitig machen”, sagte sie und drehte sich mit ihm mit, ein wenig verzögert. Ihre Haltung hatte sich mit seinen Worten und deren Unterton verändert, hatte an Spannung gewonnen. Doch es wirkte nicht lauernd und gewiss nicht so als wollte sie nun fliehen. So, wie sie sich hielt und drehte, wirkte es fast wie der erste Auftakt zu einem Tanz.

“Wollt Ihr mir im Gegenzug sagen, wie Ihr es erhalten habt? Es kann nicht einfach gewesen sein… und zugleich spricht es von großer Wachsamkeit jener, die es Euch verliehen - gegenüber allem her, was aus der Fremde herein kommen will.”

Zu der einen Motte hatten sich ein paar weitere gesellt, die nun um sie her tanzten und die Bewegung begleiteten - oder vielleicht war es die Signora, die in Wahrheit der einen, blutjungen Tänzerin nachgefolgt war.
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1023] Alte und neue Masken [Achilla]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Ein wenig überrascht blickte er sie mit einem Schmunzeln an, bevor er stehen blieb. "Ich bekam einst den Auftrag vom ehemaligen Seneschall. Es hatte Gerüchte gegeben eine der hiesigen wäre nicht reinen vollen Blutes und so sollte ich sie untersuchen und so tat ich dies und lernte mehr dabei und wollte dies nicht aufgeben, also bat ich den höchstverehrten Prinzen darum diese Forschung weiter betreiben zu dürfen. Sie ernannte mich zum Herold und so wurde es nicht nur mein Recht, sondern meine Pflicht." erzählte er und breitete die Arme ein wenig aus, um die Szene einzufassen.

"Ihr seht es war einfach und doch nicht so gänzlich. Man muss sich beweisen, etwas investieren und wagen. Immer."

Unvermittelt strichen seine Finger über ihre rissige trockenen Wange. Ihm war bewusst, dass sie nicht nach dünnem Blut aussah, aber sie war seit langem wieder eine wundervolle Besonderheit.
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Signora Achilla
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Re: [1023] Alte und neue Masken [Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

“Eine Sache, für die man nichts wagen will, die ist einem auch nicht wert”, erwiderte die Signora zustimmend. Sie schien die jähe Berührung zu genießen, so, wie sie inne hielt um ihr nachzuspüren.
“Ich habe solche Schauergeschichten einmal gehört - von Kainiten, deren Blut so dünn ist, dass sie kaum darüber gebieten können. Und auch von Blutsdienern, die so viele Jahre so viel Blut ihrer Herren tranken, dass sie beinahe wurden wie sie. Verschwimmen die Grenzen irgendwann? Oder sind dies nur die Schreckgeschichten für unsereins, die wir mit dem Spuk, den Menschen fürchten, kaum noch zu erschrecken sind?”

Behutsam zupfte sie einen ihrer Handschuhe von ihrer Hand, Finger für Finger. Ein Teil ihrer Handfläche darunter fehlte und stattdessen lag dort, wo sonst Fleisch, Muskeln und Sehnen noch die zarten Knochen einbetteten, ein versponnener Kokon mit blassbraunen Larven, die sich wanden. Sie sah kurz darauf als wäre sie selbst von dieser Enwicklung überrascht und reichte Toma dann die Hand.
“Würdet Ihr mir erklären, was Ihr tut? Vielleicht kann ich dann selbst einmal erkennen, was Märchen ist und was eine Gefahr wäre, die Euch wert genug wäre, von ihr zu hören?”
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1023] Alte und neue Masken [Achilla]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

"So dünn, so schwach in ihrem Blut, dass man sie nicht einmal Kainiten nennen könnte. Selbst in der Sonne wandeln können...so sollen es die Vorboten Gehennas sein. Nun ich weiss nicht ob dies stimmt, ob das Ende wirklich naht durch oder auch unabhängig dieser Wesen, aber es gibt sie. Und jeder der gefunden wird, sollte vernichtet werden. Sie haben keine Rechte in unserer Gesellschaft und sind noch nicht einmal Wert genug geschützt zu werden, wie ein Mensch es vielleicht wäre."

Erzählte der Drache mit einem Hauch Abscheu, aber auch einer Form von Faszination in der Stimme, während er ihre Hand in seiner hielt und den Kokon mit geweiteten Augen betrachtete. Alles absonderliche reizte seinen Geist, manchmal mehr negativ als positiv und manchmal war die Grenze schwer zu erkennen. Die Finger der anderen Hand fuhren über das Gezücht, drückten sacht auf den Kokon und fühlten die Bewegungen der kleinen Wesen darin.
"Das ist bemerkenswert. Absolut erstaunlich. Die Tiere scheuen euch nicht und sehen euch sogar als...Nest?"
Wie absonderlich sich das anfühlen muss. Die Brutstätte von Insekten zu sein. Leben in sich zu fühlen.
"Eine Erkenntniss gegen eine andere. Seid ihr so seit eurem Kuss? Haben die Motten euch gesucht oder ihr sie? Wie fühlt es sich an? Und hören sie auf euch?"
Voller Neugier blickten die blauen Augen in ihr Gesicht, ohne Abscheu.

"Jemand der mehr Mensch denn Kainit ist...muss nicht auf Blut allein angewiesen sein, vielleicht sogar Essen immer noch zum Überleben brauchen. Könnte kein Blut nutzen um sich zu stärken...Es gibt viele Kriterien denen man nachgehen kann. Alles was weniger typisch kainitisch ist, ist bereits ein Hinweis." beantwortete er ihre Frage zum Teil.

"Als was würdet ihr einen Kainiten ansehen, der keine Fänge besitzt?"
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Signora Achilla
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Re: [1023] Alte und neue Masken [Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

Das ließ die Signora schaudern. “Als eines großen Genusses beraubt”, antwortete sie. Nach einer kleinen Pause erst fügte sie hinzu: “Und ich würde wohl wissen wollen, wie er jagt. Es wirkt so harmlos, doch der Kuss eines Kainiten auf der Jagd ist eine der wertvollsten Waffen, die jeder von uns hat, um unerkannt zu bleiben. Jagt einer ohne dies, wird er dann nicht früher oder später Blicke auf sich ziehen?”

Es war tatsächlich ein echter Kokon, in den sich wohl eine Larve versponnen hatte, um irgendwann als Motte wieder hervorzukriechen. Der Gegensatz war das, was es so schwer fassbar machte: der tote Körper Achillas und dagegen das ungehemmte, kriechende, flügelzarte Leben darin.

“Wenn jedoch einer lernt, trotzdem zu überdauern, ist er wohl stark genug. Mit meinem Blut lernt man wohl, dass keine Veränderung am Körper unmöglich ist. Entweder, wir überstehen dies und erstarken daran… oder nicht.” Die letzten beiden Worte hatten eine eigenartige Art von kaltem Stolz.
Sie machte einen Schritt fort von ihm wie um ihn besser ganz zu betrachten.

“Und ja. Dies begleitet mich seid ich neu auferstanden bin. Ich kann Euch nicht sagen, ob sie zuvor schon da waren, vielleicht in den Falten meiner Kleider, oder ob sie irgendwann dazu kamen. Ich scheue sie nicht und sie nicht mich. Sie gehören mir oder zu mir - ich könnte Euch den Unterschied vom einem zum anderen nicht nennen. Wenn ich es wollte, könnte ich wohl über sie gebieten - kennt Ihr die Gabe, ein Tier zu besprechen, zu befehligen?”
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