[1026] Das Blut der Fischer [Alain, Sofia]

[Alain le Beau]

"Sofia. Rafael. Ich bin entzückt! Außerdem bin ich Alain", sagt der Kopftuchträger und macht eine einladende Geste zur Straße hin, die nach Genua führt. Er setzt sich in Bewegung und lächelt Sofia fröhlich an. "Alain aus der Bretagne, um Genau zu sein, aber das wisst ihr ja bereits. Obgleich ich Genua seit vielen Jahren mein Zuhause nennen darf." Wieder weht der Geruch zu Sofia und erinnert sie daran, dass das jugendliche Alter ihres Begleiters durchaus täuschen könnte.

Als die kleine Gruppe zwischen den Häusern Nervis heraustritt, atmet Alain tief durch. "Ah, der frische Geruch des Meeres. Ich schätze Nervi und all die guten Fischersleute dort, aber gibt es etwas Schöneres, als den Meereswind zu riechen, zu spüren, wie er die Haut liebkost?" Wenn er tatsächlich ein Fischersbursche ist, dann ist er zumindest ein sehr beredter Fischersbursche.

[Sofia Caruso]

"Alain aus der Bretagne." wiederholt sie leise. "Es freut mich Eure Bekanntschaft zu machen."

Und das tat es wirklich, wenn auch auf eine andere Art und Weise, als so mancher vielleicht denken mochte. Ihr Blick ruht auf Alain, als er so begeistert von dem Wind der Meere spricht. Doch Sofias Interesse gilt nicht dem frischen Geruch der See. Warum auch, wenn es etwas viel Interessanteres gab?

"Der Wind ist zu unberechenbar... stürmisch und wild." erwidert sie. "Ich bevorzuge es, wenn Dinge eine Struktur haben. Eine, die man greifen kann. Der Wind... ist zu launisch." Leicht schüttelt sie den Kopf. "Er ist sogar so flüchtig, dass man ihn ja nichtmal zeichnen könnte. Also wenn Ihr mich fragt, ob es etwas Schöneres gibt: Ja das gibt es." Sie richtete den Blick auf die Umgebung und nach einer kurzen Pause fährt sie fort. "Wenn man einen Menschen betrachtet und nicht nur auf das Offensichtliche schaut... sondern den Blick auf die Feinheiten jedes noch so unscheinbar wirkenden Details lenkt. Diese Details wertschätzen und zu Papier bringen... Dinge, die das alltäglich Wirkende erst von der Masse abheben... Dieses Erlebnis ist etwas Wunderschönes..." In ihrer Stimme schwingt etwas Sehnsüchtiges mit und Sofia verfällt in nachdenkliches Schweigen.

[Alain le Beau]

"Aber gerade das macht den Wind doch so wundervoll!" sagt Alain mit einem Lachen. "Er ist frei, dorthin zu gehen, wohin er will, zu berühren, wen er will, zu verlassen, wen er will. Wer kann das von sich schon sagen in diesem irdischen Jammertal?"

Er reibt sich das Kinn. "Was zeichnet ihr? Heiligenbildchen? Ich wusste nicht, dass Frauen ein solches Handwerk ausüben..."

[Sofia Caruso]

Sie senkt schüchtern den Blick und unsicher findet ihre Hand wieder zu ihrem Kopf, wo sie eine Strähne zurück streicht.

"Ich meinte... also... ich stelle es mir schön vor... nicht dass ich selbst..."
Vorsichtig sucht ihr Blick den Seinen und schaut ihn entschuldigend an. "Verzeiht bitte ich... bin einer Träumerei erlegen."

Sie schaut sich etwas unschlüssig um. "Wie weit ist es noch...?" fragt sie behutsam nach. "Ich habe Euch sicher schon viel zu viel Eurer kostbaren Zeit gekostet..."

[Alain le Beau]

"Nein, nein", sagt Alain. "So einfach kommt ihr mir nicht davon! Ich werde euch beweisen, dass der Wind etwas Großartiges ist." Er legt die Hand ans Kinn und denkt nach. "Ah", sagt er dann. "Ich habe es! Hier entlang!" Und biegt von der Straße nach Genua auf einen Nebenweg ab, der in Richtung Strand führt. Sofia spürt die salzige Luft auf ihrer Haut, als sie ihm hinterherblickt.

"Na los", ruft der junge Mann und winkt. "Wir wechseln einfach ein wenig die Richtung. Wie der Wind!"

[Sofia Caruso]

"Aber..." setzt sie noch zu einer Erwiderung an, die sich jedoch schnell im Wind verliert. Einen Moment lang bleibt sie stehen, dann setzt sie sich langsam in Bewegung und folgt Alain.

Als sie etwas aufgeholt hat schaut sie ihn leicht überfordert an. "Wir können doch nicht einfach... also..." Sofia blickt wieder zurück zu dem Weg wo sie hergekommen waren. "Das geht doch nicht..." versucht sie ihre neue Bekanntschaft irgendwie dazu zu bewegen, eben nicht unberechenbar wie der Wind die Richtung zu wechseln. "Wir wissen dann doch gar nicht wo wir am Ende landen..."

[Alain le Beau]

"Oh, ich bitte euch", sagt der Fischersbursche fröhlich. "Wir landen natürlich am Meer, früher oder später. Wo sollten wir denn eurer Meinung nach landen? In einem Ballsaal voller halbnackter Statuen?" Er lacht wieder. "Wir können sogar an dieser Stelle die Straße verlassen..." was er auch tut "...und in diesen kleinen Wald hineinschleichen..." er steht bereits zwischen den ersten Bäumen "...und unseren Weg vom Mond leiten lassen. Und dennoch würden wir irgendwo ankommen."

Wieder winkt er Sofia, während er zwischen die Bäume tritt. Die beiden Schlägertypen sehen sich stirnrunzelnd an, dann zucken sie mit den Schultern und setzen sich ebenfalls in Bewegung.

[Sofia Caruso]

"In... den Wald...?" sie schaut ihn skeptisch an, während sie an Ort und Stelle stehen bleibt und unschlüssig zu dem Jüngling schaut.
"Ich... denke nicht, dass ich mich mit dem Gedanken anfreunden kann, des Nachts ohne irgendeine Richtung ohne Plan durch einen Wald zu laufen, also..."

Sie blickt auf den Weg zurück, den sie gekommen waren. "Mit wäre wirklich wohler dabei, wenn wir wieder den eigentlich gedachten Weg nehmen würden..." Immer noch steht sie da und schaut wieder zu Alain herüber, abwartend was er wohl als Nächstes tun würde.

[Alain le Beau]

"Aber ich habe doch einen Plan", erklingt die melodische Stimme aus der Dunkelheit zwischen den Bäumen. "Einen ganz hervorragenden sogar. Kommt, dann erzähle ich ihn euch." Die hübschen Kämpfernaturen treten an Sofia vorbei in den Wald, ohne sie groß zu beachten. Dann sind auch sie nicht mehr zu sehen. Nur das leise Knacken von Ästen ist zu hören.

"Ich habe einen Pfad gefunden", erklingt wieder die Stimme des jungen Fischers, nun schon etwas leiser. "Wo bleibt ihr denn?"

[Sofia Caruso]

Zögerlich steht sie vor dem Wald und starrt in die Dunkelheit zwischen den Bäumen. Ungläubig schüttelt sie leicht den Kopf.

"Ihr... ihr könnt mir Euren Plan doch auch hier erläutern." ruft sie leise Richtung Wald. Ihrer Stimme war anzuhören, dass sie offensichtlich nicht zu der lauten Sorte gehörte und es bleibt zweifelhaft, ob der junge Bursche sie überhaupt noch hört.

Behutsam nähert sie sich ein paar Schritte der Grenze an welcher die Bäume dichter wurden. Ihr Begleiter kommt an ihrer Seite zum Stehen. Wieder versucht Sofia dem Burschen etwas hinterher zu rufen.
"Ich halte das wirklich für keine... für keine so gute Idee."

Vielleicht kam der Fischer zurück? Oder war er schon längst außer Hörreichweite?