[1028] Prudentia potentia est [Galeno, Ilario]

[Mai '19]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

Benutzeravatar
Ilario
Lasombra
Beiträge: 3190
Registriert: Di 28. Feb 2017, 09:41

[1028] Prudentia potentia est [Galeno, Ilario]

Beitrag von Ilario »

Wieder und wieder war Galeno vertröstet worden, hatte Ilario nun ein ganzes Jahr nicht zu Gesicht bekommen. Alles an Fragen und Rat war über schriftliche Korrespondenz gelaufen. Der Kastellan hatte sich nicht erklärt, hatte Galeno im Unklaren gelassen. Um so erstaunlicher war es, dass im Spätherbst 1028 der Kappadozianer eine Einladung zu einem Treffen von Angesicht zu Angesicht erhielt. Zur nächsten Vollmondnacht würde Ilario ihn in seiner Villa erwarten, es sei Zeit mit dem Unterricht zu beginnen...

Die Villa Embriaci, gelegen in West-Mascharana, war außergewöhnlich still in jener Nacht. Alles schlief und die Tore waren geschlossen. Lediglich eine stille Wächterin schmiegte sich in den Schatten des Portals und würde Galeno in aller Ehrerbietung begrüßen, um ihn sogleich durch den Garten und stille Flure in die Schreibstube zu geleiten. " Der Herr wird gleich bei euch sein." Mit diesen Worten ließ sie ihn allein in der Stube zurück, die lediglich vom Licht des vollen Mondes, das durch das Fenster fiel, erhellt wurde. Doch nein, ganz allein war Galeno nicht. Zwei gelbe Augen öffneten sich und folgten jeder seiner Bewegungen. Das Federkleid gesträubt, saß dort eine Waldohreule. Ein außergewöhnlich prächtiges Exemplar, das Stumm seiner Angst Ausdruck verlieh...
Die Nächte lehren viel, was die Tage niemals wissen.
- persisches Sprichwort
Benutzeravatar
Nubis
Kappadozianer
Beiträge: 3255
Registriert: Do 31. Mai 2018, 05:24

Re: [1028] Prudentia potentia est [Galeno, Ilario]

Beitrag von Nubis »

Er hatte sich Gedanken gemacht. Warum wollte ihn Ilario nicht sehen? Warum lief alles nur über Briefe, zumal diese über längere Zeit recht teuer wurden.
Er hatte es sich trotzdem nicht nehmen lassen und stets geschrieben, natürlich die Fragen etwas gesammelt. Doch alles konnte man über solche Kommunikation nicht abhandeln. Alles war leider nicht möglich.

So hatte er ausgeharrt, war seinen eigenen Zielen nachgegangen, die nichts mit Ilario zu tun hatten. Er war sich sicher, dass der Kastellan einen guten Grund hatte, warum er kein Treffen Auge in Auge wollte. Er hegte dennoch die Hoffnung, dass es sich bald wieder ergeben würde und siehe da. Da kam tatsächlich ein paar Nächte später das ersehnte Schreiben.
Doch die Emotionen kochten bei ihm nicht hoch.

Er sammelte sich und die Fragen, die in seinem Kopf herumschwirrten. Nun wurde es langsam ernst. Die Zeit zwischen Brief und dem nächsten Vollmond unternahm er relativ wenig. Jagd und ein paar eigene Forschungsüberlegungen, hier und da eine Skizze zu geplanten Zeichnungen auf seinen Wachstäfelchen, aber alles in allem nichts, was die mentale Vorbereitung auf das Kommende übertreffen konnte.

So kam er, wieder mit Luciano in Begleitung, zum Haus des Kastellans und lies sich in die Schreibstube bringen. Luciano liess er wie üblich zurück. Er sollte draussen warten. Dieser hatte seit dem letzten Mal ein paar Bedenken geäussert, aus Sorge um seinen Herrn, doch Galeno hatte es geklärt. Dennoch konnte den Ghul natürlich niemand davon abbringen, sich weiterhin Sorgen zu machen.

In der Schreibstube war vorerst alles wie gewohnt. Galeno liess die Augen einmal schweifen, um Veränderungen wahr zu nehmen, die durch das verstrichene Jahr vielleicht deutlich wurden. Jedoch stets nur dies im Blick, was man von der Tür aus sehen konnte. Er kramte nirgends drin herum oder besah sich womöglich offen liegende Schriftstücke. Das gehörte sich bei einem Lehrmeister nicht.

Als aber dann ein paar gelbe Augen so unerwartet den jungen Kainiten anstarrten und sich das Federkleid der Eule aufplusterte, erschrak Galeno etwas und zuckte etwas zurück. Verwundert sah er die Eule an, die wohl mehr Angst vor ihm hatte, als er vor ihr. Es war die natürliche Angst vor Kainiten. Er hielt Abstand von dem gefiederten Tier, mochte er Tiere im Allgemeinen nicht sonderlich gern. Eulen waren da keine Ausnahme, zumal die Raubvögel waren mit spitzen Krallen und krummen Schnäbeln, die durchaus böse Verletzungen verursachen konnten. Und es war wohl Ilarios Eule, die womöglich für Botenflüge oder andere Dinge genutzt wurde. Er wollte sie nicht zu sehr erschrecken. Allerdings wunderte ihn auch, dass sie so reagierte. Gewöhnten sich Tiere nicht daran? War sie nicht geghult?

So wartete der Kainit neben der Tür und musterte immer mal wieder die Eule. Wie sie sich wohl verhalten würde, denn er offensichtlich keine Gefahr darstellte? Würde die Angst sich wandeln?
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
Benutzeravatar
Ilario
Lasombra
Beiträge: 3190
Registriert: Di 28. Feb 2017, 09:41

Re: [1028] Prudentia potentia est [Galeno, Ilario]

Beitrag von Ilario »

Die Eule schien vielleicht etwas weniger in Panik als gewöhnliche Tiere, immerhin war sie wohl Ilarios kainitische Präsenz gewohnt, dennoch blieb sie furchtsam und auf der Hut. Kurze Zeit später öffnete sich die Tür erneut und Ilario betrat, zusammen mit Alerio, den Raum. Auf einen knappen Wink nahm die Dienerin vorsichtig die Eule auf einen Handschuh und verließ mit ihr den Raum. Erst dann wandte sich Ilario seinem Schüler zu, grüßte ihn mit einem anerkennenden Nicken.

"Seid gegrüßt... ich hoffe ihr habt das Jahr gut überstanden?"

Damit gab er Galeno Raum zu sprechen und musterte diesen eingehend. Es gab viel zu besprechen, Lektionen und Aktionen die koordiniert werden wollten.
Die Nächte lehren viel, was die Tage niemals wissen.
- persisches Sprichwort
Benutzeravatar
Nubis
Kappadozianer
Beiträge: 3255
Registriert: Do 31. Mai 2018, 05:24

Re: [1028] Prudentia potentia est [Galeno, Ilario]

Beitrag von Nubis »

Er verfolgte die Eule etwas mit seinen Blicken, doch als Ilario dann zu ihm sprach, war die Aufmerksamkeit sofort wieder bei ihm.
Er nickte sachte.
"Ich grüsse auch euch, wohlwerter Kastellan. Das Jahr war verhältnismässig ruhig. Hier und da ein paar interessante Gespräche und Begegnungen, aber alles in allem sehr ruhig."

Er musterte ihn etwas. Natürlich hatte er Fragen. Würde etwas an Ilario selbst erklären, warum er nur mit Briefen kommuniziert hatte? Sollte er ihn deswegen fragen? Doch er empfand es als unhöflich zu sehr nachzubohren. Schliesslich hätte er es auch in den Briefen erwähnen können. Dennoch. Indirekt war es vielleicht doch eine gute Idee, noch einmal Interesse an der Situation zu zeigen.

"Ich hoffe, dass es euch ebenfalls ganz gut erging? Es war etwas ungewohnt, dass unsere Kommunikation nur über Briefe statt fand, in denen doch nicht alles gesagt werden kann, was unter vier Augen besser funktioniert. Ich denke aber, ihr hattet recht viel zu tun."
Er lächelte ein wenig.
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
Benutzeravatar
Ilario
Lasombra
Beiträge: 3190
Registriert: Di 28. Feb 2017, 09:41

Re: [1028] Prudentia potentia est [Galeno, Ilario]

Beitrag von Ilario »

"Nicht nur das werter Galeno, nicht nur das. Auch wenn mich meine Pflichten und Interessen stetig beschäftigt halten und Müßiggang mir nicht liegt, so hatte es doch Gründe über deren detailierte ursprünge ich mich in Schweigen hüllen muss. So viel sei gesagt, dass im Zuge eines Experiments... mich eine temporäre Schwieirgkeit ereilte. Eine zeitweilige Sache, ich wollte euch nicht beunruhigen da ihr auf dem schmalen Grad zwischen den Pfaden wandelt."

Das Lächeln fand seine Erwiderung, ja nachdem konnte man es beruhigend nennen, dass der Lasombra dazu in der Lage war. Oder eben auch beunruhigend. Sein Lächeln war ein zweischneidiges Schwert, schwer zu deuten.

"Hauptsächlich, eben weil es das Wichtigste momentan ist, möchte ich euch heute unterweisen was euren neuen Weg betrifft. Allerdings würde ich zuvor gern kurz die Melissiden abhandeln und ob es Neuigkeiten bezüglich Broglio gibt. Mittlerweile ist es bereits soweit gekommen, dass sich diese Organisation bis nach Mascharana ausgebreitet hat. Etwas das ich werde unterbinden müssen. Vielleicht lassen sich hier Synergien zu euren Bemühungen in Broglio finden..."
Die Nächte lehren viel, was die Tage niemals wissen.
- persisches Sprichwort
Benutzeravatar
Nubis
Kappadozianer
Beiträge: 3255
Registriert: Do 31. Mai 2018, 05:24

Re: [1028] Prudentia potentia est [Galeno, Ilario]

Beitrag von Nubis »

Der Blick war voller Fragen und mit jedem Wort gesellten sich mehr und mehr dazu. Doch Galeno nickte zum Schluss nur. Er akzeptierte, dass Ilario nichts weiter dazu äussern wollte, sondern ein Mysterium darum machte. Ein Experiment also. Und ja, er hatte Recht. Im Moment gab es vor allem für Galeno Wichtigeres zu tun, als irgendwelchen vergangenen Sachen nachzuhängen, die ihn wahrscheinlich nichts angingen. Viel wichtigere Dinge.

Doch zuerst kam er auf die Melissiden zu sprechen und Galeno wirkte doch kurzzeitig leicht verwundert. Sie hatten sich also ausgebreitet.
"Wenn sie sich ausbreiten und irgendwann die ganze Stadt unter Kontrolle halten, wird es wohl sehr schwer für unsereins werden. Einen Mob zu kontrollieren und in Zaum zu halten, dürfte den wenigsten von uns gelingen. Eine Überzahl an Menschen, die gegen uns agieren würden, wäre ein sehr leidiges Thema. Wieso seid ihr der Meinung, dass sie sich bis hier hin ausgebreitet haben? Und ja, womöglich lassen sich Synergien finden. Ich bin mir allerdings noch nicht so sicher, wie man es angehen sollte. Ich hörte davon, dass ein falsches Vorgehen und zu viel Aufmerksamkeit in Richtung Kainiten zu hohen Konsequenzen führen können. Also muss man sehr geschickt vorgehen. Und vor allem auch die Quelle des Blutes unterbinden oder unter die eigene Gewalt bringen."

Man konnte recht gut erkennen, dass ihn die Melissiden all die Zeit nicht los gelassen hatten. Er war immer wieder in Überlegungen dazu eingetaucht, hatte dies und das unternommen, sich allerdings hier und da auch gerade zurückgehalten, um andernorts Möglichkeiten zu schaffen, die er dann wieder gegen diese verwenden konnte.

"Ihr sagtet, ihr würdet mit den wohlwerten Liktoren und dem Blutvogt bezüglich des wohlwerten Herolds nachforschen. Hat sich dort bereits etwas ergeben?"
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
Benutzeravatar
Ilario
Lasombra
Beiträge: 3190
Registriert: Di 28. Feb 2017, 09:41

Re: [1028] Prudentia potentia est [Galeno, Ilario]

Beitrag von Ilario »

"Ich weiß, dass sie auch hier sind. Wie eine ketzerische Sekte breiten sich sie teils im Geheimen, teils halboffen aus. Es ist gar ein bedeutender Mann, der statt in Mascharana am Sonntag Gottesdienst zu feiern es vorzieht nach Broglio zu gehen. Dieser Mann wird früher oder später einen Unfall haben, irgendetwas das sich unauffällig gestaltet und nicht auf uns hinweist... Noch besser wäre natürlich wenn möglichst viele Kainiten Informationen zusammentragen und wir dann innerhalb von nur einer, vielleicht zwei Nächten jeden einzelnen Melissiden finden und dem Schwert überantworten. Die Quelle müssen wir natürlich auch finden und austrocknen. Wer auch immer hinter den Melissiden steht wird um eine Anklage nicht herumkommen..."

Eine gewisse Endgültigkeit war in Ilarios Stimme nicht zu leugnen. Diese Menschen stellten die Überlegenheit der Kainiten infrage, ein Affront für jeden Wandler auf der Via Regalis. Und nun hatte er eine dieser Kreaturen gar in seinem Vorgarten entdeckt.

"Die Liktoren forschen wohl nach, bisher aber mit wenig neuen Erkenntnissen. Mit dem verehrten Brimir habe ich gesprochen, da er als Blutvogt auf den Capitano della Cita Anspruch erhebt... Und sich entgegen aller Erwartung sein Kandidat nicht durchsetzen konnte... Ergibt sich im Zusammenhang mit meinen eigenen Nachforschungen die begründete Vermutung, dass selbst dieser zu den Melissiden gehört. Oder zumindest irgendwie verbunden ist. Und wer weiß, vielleicht reicht diese Fäulnis sogar noch höher im Rathaus..."
Die Nächte lehren viel, was die Tage niemals wissen.
- persisches Sprichwort
Benutzeravatar
Nubis
Kappadozianer
Beiträge: 3255
Registriert: Do 31. Mai 2018, 05:24

Re: [1028] Prudentia potentia est [Galeno, Ilario]

Beitrag von Nubis »

"Ja, der Capitano..." Er hatte die Finger ans Kinn gehoben und wirkte nachdenklich. "Diesen hatte der verehrte Blutvogt auch erwähnt. Soweit ich weiss, auch im Zusammenhang mit der Vermutung, dass dieser zu den Melissiden gehört. An Unfälle, die den einen oder anderen ereignen könnten, dachte ich auch. Ich versuche gerade etwas aufzubauen, was mir dahingehend vielleicht Mittel zur Verfügung stellen kann. Man sollte arme Leute und ihre Masse nicht unterschätzen. Vor allem, wenn sie überzeugt von etwas sind...."

Seine Mundwinkel hoben sich und es waren sogar ein wenig die Zähne durch einen leicht geöffneten Mund zu sehen und dieser Anblick hatte tatsächlich etwas Animalisches an sich. Ein Grinsen mit bösen Hintergedanken womöglich?

"Was Broglio anbelangt, hätte ich ein Ziel, welches ich ausschalten wollen würde. Und womöglich sogar Mitglieder und Anführer einer ganzen Bande, sofern man diese zu fassen bekommen kann. Doch das Erlangen von Informationen diesbezüglich ist nicht einfach. Und die hohen Ränge sind für mich noch nicht zugänglich.
Aber ich denke auch, wenn man dem Kopf nach und nach Arme und Beine nimmt, dann wird dieser irgendwann sich zeigen müssen, Fehler begehen... Weswegen man dies an mehreren Fronten versuchen sollte anzugehen, richtig piesacken und ärgern, aber eben so, dass der Ärger sich nicht auf uns entlädt."


Er räusperte sich leicht.

"Was die Liktoren betrifft, wisst ihr, wer von ihnen daran arbeitet? Ich weiss um einen Liktor, dass derjenige seine Aufgabe eher nicht sonderlich zu schätzen weiss und deswegen bezweifle ich, dass derjenige sich dieser Sache wirklich angenommen hat. Ich stehe sonst noch mit dem wohlwerten Ajax in Kontakt, aber weniger deswegen und mit dem wohlwerten Arash. Bei diesem bin ich recht zuversichtlich, dass eine Zusammenarbeit Früchte tragen kann."

Er liess noch offen, wen er wirklich damit meinte.

"Mir wurde von jemandem nahe gelegt, dass ich den verehrten Blutvogt einmal auf die Moral des betreffenden Liktors ansprechen soll, allerdings bin ich mir nicht sicher, ob dies klug ist. Ja, es könnte mich schneller dorthin bringen, jedoch kann es genauso gut nach hinten los gehen und mir mehr Feindschaft einbringen, als gesund für mich ist. Die meisten Liktoren sind, was die körperlichen Attribute betrifft, um einiges kräftiger als meine Wenigkeit. Und derjenige wäre wohl so ziemlich jemand, der mich dann körperlich attackieren wollen würde."

Er seufzte leicht.

"Allerdings sehe ich auch keinen grossen Nutzen für Genua, wenn es Liktoren gibt, die ihre Aufgabe nicht ernst nehmen."

Sein Blick wanderte zur Feuerstelle und er erinnerte sich sogleich an die Nacht, in der Ilario versucht hatte ihn vom Weg abzubringen. Die Augen gingen zum Stuhl, an welchen er gefesselt gewesen war und dann wieder zurück zu Ilario.

"Doch wichtiger als das Liktorenamt ist zur Zeit ohnehin etwas anderes. Ihr spracht davon, mich zu unterweisen bezüglich des Weges. Wenn dies erledigt ist und ich nicht zu einer rasenden Bestie geworden bin, können wir uns sicherlich entspannter über die Massnahmen unterhalten, die Melissiden und andere Probleme erfordern werden. Solange ich allerdings nicht weiss, ob ich die nächste Nacht überhaupt überstehen werde, kann ich euch auch nicht mein Mitwirken zusichern. Meine bisherigen Informationen habt ihr bereits, zumindest teilte ich euch mit, was auch der verehrte Blutvogt weiss. Alles andere..."

Er entdete ohne den Satz wirklich zu beenden.
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
Benutzeravatar
Ilario
Lasombra
Beiträge: 3190
Registriert: Di 28. Feb 2017, 09:41

Re: [1028] Prudentia potentia est [Galeno, Ilario]

Beitrag von Ilario »

"Die einfachen Leute als Mob, als Waffe benutzen? Der Blutzoll könnte hoch sein..." Gab Ilario zu bedenken und zuckte mit den Schultern. Menschen kamen und gingen wie das Laub im Spiel der Jahreszeiten, schade war es nur um solche von besonderem Talent. "Ich will euch noch einen Rat geben: Mordet nicht im Übermaß, lasst nicht zu viele der Gemeinschaft bluten..." So kalt Ilario auch von Menschenleben sprach, war hier doch eine gewisse Wärme. Aurore, seine Herrin würde unnötiges Blutvergießen nicht schätzen. "Aber, tut was nötig ist um der Bedrohung Herr zu werden. Das sollten wir alle."

Ein skeptisches Stirnrunzeln zeichnete sich ab. "Diese Bande, haltet ihr sie für Melissiden oder mit ihnen verbunden? Oder sind sie einfach nur ein Hindernis? Je nachdem könnte man anders vorgehen... Wie viele Männer wollt ihr ausschalten?" Jede Situation, jeder Tod würde ein anderes Werkzeug erfordern. Skalpell oder Streithammer, das war die Frage...

"Was den werten Arash angeht und den werten Ajax, glaube ich dass sie ihre Pflicht erfüllen. Die werte Amalia und die werte Livia haben sich umgehört soweit ich weiß... Gerüchten nachgespürt und so weiter. Im Übrigen weiß ich, dass die werte Amalia ihre Pflichten nicht schätzt und am liebsten ihrem Amt entsagen würde... sich aber nicht traut." Ein Mundwinkel hob sich und ein schiefes Lächeln leitete eine kurze Stille ein. Dann fragte Ilario konkret nach. "Wer würde euch körperlich attackieren? Wenn es wirklich soweit kommt, könntet ihr dies gegen diese Person verwenden. Im Übrigen ist es eure Entscheidung jemanden mit wohlwert zu betiteln. Tut dies nur, wenn ihr euch als unter diesem Neugeborenen stehend seht. Überlegt euch dies gut, denn IHR positioniert EUCH damit. Die Unterscheidung zwischen wert und wohlwert ist eine feinere als zwischen den anderen Anreden."

Fast eine ganze Minute ließ Ilario seine Worte wirken, schien die Stille zwischen ihnen nicht zu fürchten. Schließlich nickte er.
"Es gibt Wichtigeres, in der Tat. Eure Lektionen. Sagt mir, was ist es das ihr über die Via Regalis und über die Via Consuasor zu wissen glaubt?"
Die Nächte lehren viel, was die Tage niemals wissen.
- persisches Sprichwort
Benutzeravatar
Nubis
Kappadozianer
Beiträge: 3255
Registriert: Do 31. Mai 2018, 05:24

Re: [1028] Prudentia potentia est [Galeno, Ilario]

Beitrag von Nubis »

Er musterte Ilario ein klein wenig und schüttelte sacht mit dem Kopf.

"Ihr schätzt mich, so denke ich, falsch ein. Ich sprach niemals von Morden, wohlwerter Ilario. Mir liegen Lösungen im Sinn, die raffinierter, als einfaches und vor allem massenhaftes Morden sind. Zumal ist das blosse Töten einer Person meist Verschwendung. Selbst mit jemanden, den man ausschalten möchte, kann man umso mehr noch anfangen. Allerdings müssen diese Lösungen natürlich erst gefunden oder ausgeklügelt werden. Mit Unterstützung im Geiste, wie auch der tatsächlichen Ausführung, denke ich aber, dass wir solche finden und umsetzen können."

Sein Blick wanderte zur Feuerstelle.

"Ich habe zumindest Hinweise erhalten, dass diese zu eben jenen gehören könnten. Natürlich müsste dies überprüft werden. Allerdings gestaltet sich das als sehr schwierig, da sie das Viertel in der Hand zu haben scheinen. Jeder hat Angst vor ihnen und man spricht ungern über diese Bande. Somit weiss ich noch nicht, wie viele es sind und sonst sich die Informationen eben auch sehr rar gesäht und an den Wachen des wohl... Herolds werde ich mich nicht vergreifen."

"Was Amalia angeht, so ist sie in letzter Zeit nicht gerade...stabil gewesen. Ich könnte ihr, besonders im Falle einer Raserei alles zutrauen, was vor allem körperliche Gewalt betrifft. Und ja, vielleicht sollte ich, auch mit dem Wechsel, meine Position noch einmal überdenken. Vielleicht sollte ich aufhören, mich stets unter anderen zu sehen und zu zeigen, dass ich ebenfalls ernst genommen werden möchte..zumindest, wenn ich entscheide, dass an dem so sein soll. Da könnte es sich lohnen, mit den Anreden zu spielen, wie es eben zur Situation passt. Ich danke euch für den Ratschlag, wohlwerter Ilario...das wird auf jeden Fall so bleiben."
Er lächelte sanft und nickte auch leichte zum Dank.

Dann verfolgte er Ilarios Stille, indem er ihn weiterhin betrachtete, aber nichts weiter sagte.

"Ich kenne die Vias vor allem in ihren Grundzügen. Genaue Details weiss ich nicht so sehr. Die Via Regalis, der Weg der Könige, hat in erster Linie etwas damit zu tun, sich selbst einen gewissen Respekt zu verschaffen und diesen durchzusetzen und aber auch auf Schwüre und deren Einhaltung zu achten. Es gibt Unterpfade, wie den des Tyrannen, der die Machtbekundung sich gegenüber etwas stärker in den Vordergrund zu rücken scheint. Es gibt Unterpfade, die sich mehr mit Ehre und Schwüren befassen und es gibt die eure, von der ihr mir vor allem schon ein wenig Einblick gewähren konntet. Ein Pfad des Wissens, in dem es um die Mehrung und die Macht durch Wissen geht. Andere sollten zu demjenigen aufsehen, der ihnen Wissen gewähren kann und ich denke, dass es nicht gut ist, wenn man auf Grund mangelnden Wissens bloss gestellt wird. Dieser Pfad scheint sich gut zu decken mit dem, was ich erreichen möchte. Ihr sagtet auch, dass Lügen wichtig sei, oder das Verdrehen von Wahrheiten...das Geheimnis um eine Wahrheit. Also nehme ich stark an, dass der Pfad sich zwar um Macht dreht, aber versteckt. Viele sehen Macht schliesslich oft nur darin, dass man mit den Fäusten oder dem Schwert seine hoch gesteckten Ziele erreicht. Aber ich denke, es kann in so vielen Dingen liegen. Geheimnisse über andere, die man gegen sie verwenden kann, Wissen um Krankheiten und Seuchen, die genutzt werden können, wie auch hier schon in Genua geschehen, Wissen um andere Sprachen und Kuluren und das Wissen darum, wen man geschickt einsetzen kann, damit man durch denjenigen seine Ziele erreichen und seine versteckte Macht vergrösseren kann."

Er schmunzelte.
"Und ich mache mir keine Illusion ... auch ich bin oder werde sicherlich jemand sein, durch den ein anderer seine Ziele verwirklichen will. Ihr beispielsweise, wohlwerter Kastellan."
Wieder senkte er sein Haupt leicht und den Blick, sachte demütig, denn er war sein Lehrer und das Ganze sollte kein Angriff sein oder als solcher gewertet werden. Es waren einfach Annahmen, die sicherlich auch so stimmen würden. Warum sonst sollte sich Ilario seiner erbarmen und ihn ausbilden wollen? Es würden dadurch irgendwann Vorteile entstehen und durch seinen Eid war er an Ilarios Wünsche gebunden.
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
Gesperrt

Zurück zu „1028“