[1029] Das Tor vor der Nase [Arash, Achilla]

[Juni '19]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Signora Achilla
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[1029] Das Tor vor der Nase [Arash, Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

Es war ein rotznasiger, dürrer kleiner Junge, der in Ravecca an einem der Gasthäuser herumlungerte. Einer der Straßenwächter hatte ihn vor einer Weile schon einmal mit einem Tritt und Fäusteschütteln zu verscheuchen versucht, doch dann war er eben wieder da. Bislang hatte er auch nichts geklaut - jedenfalls hatte das keiner bemerkt - und irgendwann bekam er auch seine Gelegenheit und eine der Schankmägde zu fassen.
“Ich such’ eine Frau Tia”, sagte er. “Für ne Nachricht. Isse hier?”

Es brauchte wohl ein bisschen, aber das gehörte eben zum Geschäft von Boten- und Betteljungen. So oder so, der kleine Kerl weigerte sich standhaft, seine Nachricht irgendwem anders zu sagen als “Frau Tia” und war sogar bereit, dafür noch eine Weile herum zu lungern oder später wieder zu kommen.

Wenn es ihm schließlich gelang, da bekam Tia nicht nur die aufgesagte Nachricht sondern auch ein breites und zahnlückiges Grinsen: “‘s is ne Nachricht vonner Signora Achilla. Se will sich mit dei’m Herrn treffen, wose sich schon das letzte Ma’ getroff’n ham. Ich sag ihr jetz’ dass ich das so weitergesagt hab un’ dann wartet ‘se da halt die nächsten Nächte.”

Und damit hielt er dann auch seine Hand auf und erwartete wohl einen Botenlohn. “Soll ich was ausricht’n?”
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Arash
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Re: [1029] Das Tor vor der Nase [Arash, Achilla]

Beitrag von Arash »

Tia hörte sich die Nachricht erst stirnrunzelnd, dann lächelnd an. Schleißlich nickte sie. "Sag der Signora, dass ich es meinem Herren ausrichte und er dann vielleicht sogar dort auftauchen wird." Im selben Moment drückte sie dem Bengel zwei Münzen in die Hand.

Zwei Nächte später wartete schließlich tatsächlich ein sitzender Arash an der Stelle, an der er Achilla das letzte Mal getroffen hatte. Er hatte die Augen geschlossen. Er würde sie ohnehin nicht kommen hören, sollte sie die Kunst der Nosferatu nutzen. Der Gangrel trug wieder lederne Jagdkleidung und schien vollkommen in sich versunken zu sein. Nur die Ohren bewegten sich bei jedem kleinsten Geräusch zuckten sie. Wirklich Bewegen konnten sich die menschlichen Ohren nicht.

So wartete er darauf, dass die Signora sich bemerkbar machen würde. Entweder durch Schritte, oder durch ihre Stimme. Die Zunge fuhr über seine Lippen. Mehr Bewegung war in dem Kainiten nicht zu erkennen.
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Signora Achilla
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Re: [1029] Das Tor vor der Nase [Arash, Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

In einer Lage wie dieser und mit einer Begegnung wie zwischen diesen beiden, konnte man es vielleicht als eine Art von ...Höflichkeit werten, dass die Signora sich einfach näherte. Es war gut möglich, dass sie schon eine Weile Ausschau gehalten hatte - ein gewisses Maß an gesunder Vorsicht lässt wohl länger überleben - doch nun ging sie einfach geradeheraus auf Arash zu, mit einer kleinen, abgeblendeten Laterne in der Hand, die wohl am ehesten noch dabei half, nicht gleich über Stock und Stein zu fallen, wenn man sich des Nächtens seinen Weg durch unwegsames Gelände suchte.

Ihre Schritte waren leise und sie selbst auch eher leicht. Das Kleid, das sie trug, war nicht von der Sorte, die mit Spitzen und Schleifen überall hängen blieb, raschelte und mehr Hindernis als Nutzen war. Nein, es war robust, ein wenig schmutzig schon vom Herweg und sah mehr aus wie praktisch ineinander genähte Lumpenschichten. Die Signora trug ein weites Kopftuch und die Maske, die sie in dieser Nacht Arash zeigte, sah grob und beinahe unfertig aus: Holz, grob geschnitzt und hier und da sogar noch mit Baumrinde daran. Aber vielleicht war dies Grobe so gewollt, denn die lederne Schicht darunter wirkte feiner und sorgsam gemacht. Das Holz war keine durchgehende Maske sondern auf das beweglichere Leder aufgenäht oder -geleimt, so dass die Maske nicht gänzlich starr war und wahrscheinlich darum angenehmer zu tragen. Praktischer, vielleicht?

Mit ein paar Schritten Abstand hielt die Signora inne wie um Arash Zeit zu geben, zu reagieren, oder als wollte sie selbst ihn noch einmal in Ruhe im fahlen Mondschein betrachten.
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Arash
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Re: [1029] Das Tor vor der Nase [Arash, Achilla]

Beitrag von Arash »

Die Augen des Gangrels öffneten sich nicht, als die Geräusche der herannahenden erklangen. Wer genau hinsah und in der Dunkelheit gut sah, der konnte die Ohren leicht zucken sehen. Trotzdem verharrte er in dieser Position, scheinbar entspannt, sich keiner Gefahr bewusst. Nur ein aufmerksamer Beobachte würde die sprungbereite Haltung des Körpers sehen. Zwar saß er, aber die Beine waren so angewinkelt, dass er sich schnell ohne Hilfe der Arme nach oben drücken konnte.

Erst nachdem er Achilla einige Momente Zeit geschenkt hatte, in der sie ihn betrachten konnte, drückte er sich aus dem Schneidersitz in die Hocke hoch und öffnete schließlich die grünen Augen. Intensiv blickten die beiden grünen Seen zu der Gauklerin auf. Nur weil er hockte unterwarf er sich nicht. Er beobachtet sie aus seiner Perspektive. "Seit gegrüßt werte Signora. Ihr wolltet mich treffen?" die Stimme hatte einen schnurrenden Unterton. Die Haltung war entspannt...augenscheinlich...oder sprungbereit. Er schien zumindest interessiert.
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Signora Achilla
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Re: [1029] Das Tor vor der Nase [Arash, Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

Langsam näherte sich die Signora. Sie setzte ihre Schritte ganz geziert, wie eine feine Dame zum Tanze. Und genau so ließ sie sich mit ein wenig Abstand zu ihm nieder. Wäre das Kleid, das sie trug, weiter oder schöner gewesen, so hätte es gewiss kunstvoll ausgesehen.

“Ich denke, ich bin dir eine Antwort schuldig, auch wenn sich nicht viel für dich ergab. Du hast nach den Toren gefragt und nach diesen Durchsuchungen. Und recht hattest du: rein und raus und peinlich genau. Es kostet viel Ärger, staut sich so doch spätestens an größeren Markttagen alles. Und viel Sinn ergibt es auch nicht für die Sterblichen - oder nur dann, wenn man nach etwas Bestimmten suchen lässt, eh?”
Die Signora zuckte mit den Schultern.

“Doch die Befehle für all das kommen von viel weiter oben als die Kreise von jemandem wie mir reichen können. In der einen wie der anderen Welt sind die meinen und auch ich für die meisten Leut’ eben Abschaum - wenn auch ein bunter, mit Wert zum Zeitvertreib und Narretei.”
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Arash
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Re: [1029] Das Tor vor der Nase [Arash, Achilla]

Beitrag von Arash »

Auf Arashs Gesicht zeichnete sich Sorge ab, während er die Worte der Signora hörte. "Das ist nicht gut." schnurrte er langsam. "Es ist für jeden Kainiten eine Gefahr, wenn er versucht die Stadt tagsüber zu betreten. Dazu gefährdet es die Stille." nachdenklich schloss der Gangrel daraufhin die Augen.

"Ich habe mir schon gedacht, dass die Anweisungen von weiter oben kommen." seine Augen öffneten sich wieder. "Die Frage ist nur, wer dahinter steckt. Vermutlich einer der Unsrigen...nur wer dieses Gesetz eingebracht hat...das ist wichtig herauszufinden." Seine Zunge fuhr über seine Lippen. "Konntet ihr herausfinden welche Wege die Schmuggler nun gehen?" Sein Blick fixierte die Nosferatu. Natürlich verbarg sie ihr Äußeres und sicher war ihr Anblick nicht sonderlich erbaulich. Aber so? so war der Anblick mehr als nur erträglich. Insbesondere durch ihre tänzerischen Bewegungen.

"Wenn ihr dies noch herausfinden könntet...wäre es sicherlich gut für die Sicherheit der anderen Kainiten der Stadt." abwartend sah er sie an. Klar die Forderung stand erneut im Raum und noch hatte der Gangrel nichts als Gegenleistung gebracht. Aber es blieb die Frage, was die Gauklerin verlangen würde.
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Signora Achilla
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Re: [1029] Das Tor vor der Nase [Arash, Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

“Vordergründig sind’s diese Durchsuchungen, die gegen Schmuggel helfen sollen”, erklärte die Signora. “Damit keiner das feine Lavendelöl für feine Herrschaften ‘rausbringt, ohne was abzulassen. Oder rein, wo’s eigentlich nur die Genueser in Genua machen und hier verkaufen sollen.”
Sie machte einen Wink mit der Hand. “Um dir ein Beispiel zu geben.”

“Was immer bleibt, sind Nachtfahrer am Hafen…” Sie pausierte kurz. “‘s heißt nicht, dass sie immer nur nachts fahren. Ist nur ein Wort. Schiffe ankern etwas die Küste rauf oder runter, Fischer fahren ohne Fang raus und kommen abends mit Fang wieder. Nur, dass unter den Netzen eben ein paar Kisten sind… .” Sie neigte den Kopf etwas. “‘s ist wieder nur ein Beispiel. Leute sind erfinderisch und es liegt ein Haufen glänzender Taler für den herum, der am einfallsreichsten ist. Schiffe haben Verstecke an Bord. An kleineren Toren kann auch mal ein Wächter dazu gebracht werden, dass er nicht ganz zu genau hersieht. Und so fort und so fort… .”

Sie zuckte mit den Schultern. “‘s kommt drauf an, was du suchst. Es ist nichts, das man ganz verhindern kann, denke ich. ‘Zeig den Leuten eine zehn Schritt hohe Stadtmauer und ich zeig dir eine elf Schritt hohe Leiter’ - so geht der Spruch.”
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Arash
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Re: [1029] Das Tor vor der Nase [Arash, Achilla]

Beitrag von Arash »

Der Gangrel nickte. Der Kopf legte sich leicht schief, als würde er lauschen und die Augen huschten leicht nach rechts und links, als würde er die Umgebung mehr im Auge behalten wollen. "Der Hafen also...was die Menschen sonst Schmuggeln interessiert mich weniger, wenn ich ehrlich bin." Er fletschte mit den Zähnen. "Mir geht es um die Sicherheit der Kaniten, die die Stadt betreten."

Träge blinzelte er. "Entweder muss der Schmuggel durch die Stadttore aufhören, damit die Kontrollen aufhören, oder wir müssen den finden, der diese Anweisung gegeben hat." schnurrte er nachdenklich, wohl mehr zu sich selbst. "Oder..." er grinste raubtierhaft. "Wir beweisen, dass die Kontrollen nichts bringen, weil immer noch geschmuggelt wird."
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Signora Achilla
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Re: [1029] Das Tor vor der Nase [Arash, Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

Die Signora lehnte sich sachte an einen Baumstamm, vielleicht nur, um etwas Solides im Rücken zu haben.
“Dreistigkeiten und Schurkenstücke können die feinen Herrschaften leicht erzürnen und dann kommt’s immer dicke”, wandte sie ein. Das klang so als hätte sie damit bereits ihre Erfahrungen gemacht.
“Ich würd’ eher ein Geschäft davon machen.” Sie tippte sich an die nur vage angedeutete, halb geschnitzte Nase der Maske.
“Denk’ drüber nach: Lass wen-auch-immer da oben alles prüfen bis ihm die Nase schwillt. Sorg’ für einen Weg hinein und hinaus, der sicher ist. Mach ihn bekannt genug für unsereins, wenn du kannst - s’ könnte über deinen Stand unter unsereins gehen, zum Beispiel. Dass jeder, der herreist, doch auch die Nachricht kriegt, dass es einen sicheren Weg rein gibt. Und wer hier ist, der lernt’s auch.”

Sie neigte den Kopf ein wenig.
“Aber das ist nur, wie’s bekannt wird. Was du machst, ist einen sicheren Weg für unsereins rein und raus schaffen. Tunnel, Kanal, sicheres Tor mit Torwächtern in deinen Diensten oder wer auch immer ein Auge drauf haben soll… oder welcher Weg dir eben am besten scheint.”
Vielleicht war das einfach eine Idee, wie sie eben einem der Verborgenen im Blut liegen musste. Oder es war tatsächlich nicht eben neu - jedenfalls nicht für jemanden wie sie, als Fahrende.
“Wenn du für Sicherheit dabei garantieren kannst, kannst du’s dir sogar bezahlen lassen.”
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Arash
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Re: [1029] Das Tor vor der Nase [Arash, Achilla]

Beitrag von Arash »

Arash hörte der Signora schnurrend zu, auch wenn er dabei nicht wirklich still zu stehen schien. Immer wieder schwankte sein Kopf nach links oder rechts. Die Ohren zuckten. Vielleicht hörte er Dinge, die die Signora nicht wahrnahm. Vielleicht konnte er auch einfach nicht an einem Platz sitzen bleiben. Immer wieder machte einen einen Schritt vor, zurück oder zur Seite.

"Es stimmt, wie ihr sagt wäre das eine Möglichkeit diese Dinge zu umgehen." er zuckte mit den Schultern. "Dies ist etwas was wir ohnehin angehen müssen." Er schüttelte leicht den Kopf und leckte sich mit der Zunge über die Lippen. "Es ist allerdings noch deutlich wichtiger denjenigen zu finden der diese Regelung durch den Senat gebracht hat und dafür zu sorgen, dass es nicht schlimmer wird. Das ist mein eigentliches Ziel." schnurrte er die Signora an.

Schließlich fixierte er die Nosferatu wieder. "Es gibt allerdings etwas, was ihr für mich tun könnt. Ich hatte ohnehin vor euch danach zu fragen." Lauernd kam er langsam näher.
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