[1030] Was ist schon wahr? [Vergonzo, Achilla]

[Juli '19]
Benutzeravatar
Signora Achilla
Nosferatu
Beiträge: 1472
Registriert: Do 7. Feb 2019, 23:24

[1030] Was ist schon wahr? [Vergonzo, Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

Sie hatte ein Weilchen Zeit bekommen, sich in Clavicula einzufinden. Sie hatte sich auch ein wenig Zeit genommen. Ein Viertel wie dieses war wie ein müder Liebhaber, den man erst ein wenig umgarnen musste, bevor man überhaupt etwas mit ihm anfangen konnte.
Abgesehen von diesem und jenem, was man eben für das eigene Blut tat, hatte sie wenig mit den übrigen Verborgenen zu tun gehabt. Einen Abschied hatte sie gefeiert wie es sich für Fahrende gehörte: Ein Trankopfer dem Horizont, ein Gebet für sichere Pfade und ein Fluch für den Mistkerl, dass er jetzt schon davonzog. So war es eben.


Doch nun, so fand sie jedenfalls, war es an der Zeit, sich etwas umzutun. Ein paar Nägel mit Köpfen machen, vielleicht. Ein bisschen Geben, ein bisschen Nehmen. Ein oder zwei Masken fallen lassen, um zu sehen, was dahinter lag. Andere Clans hatten so ihre Eigenheiten, viele hatten ihre Eitelkeiten. Was hatten die Verborgenen? Signora Achillas Antworten darauf klangen nicht besonders schmeichelhaft, wenn man es nicht besser wusste. Und die, die es besser wussten, mussten gar nicht erst fragen.


Beim letzten Austausch über dieses und jenes hatte sie auch eine Nachricht für Vergonzo hingesagt: Ein Gruß an den Baumeister und dass sie ihn treffen wolle - wo es ihm gefiel oder aber in dem überfüllten, halb übernommenen "Schankhaus" von einem Kerl namens Salvo, in dem die Schausteller etwas fester unterkamen und wenn nicht gerade die meisten von ihnen betrunken in der Gosse lagen.
Niemand kann auf Dauer eine Maske tragen. (Seneca)
Benutzeravatar
Vergonzo Faro
Nosferatu
Beiträge: 2974
Registriert: Mi 5. Okt 2016, 16:29

Re: [1030] Was ist schon wahr? [Vergonzo, Achilla]

Beitrag von Vergonzo Faro »

Vergonzo erschien amüsiert und neugierig in besagtem Schankhaus.
Verdunkelt wartete er das sich die Tür öffnete und ein betrunkener heraus kam, so dass er kurz durch die offene Tür schlüpfen konnte.

Drinnen genoß er den Geruch von all den süßen Ausdünstungen der dreckigen, schmierigen und schwitzenden Menschen,...es roch nach Sünde.
Dann sah er sich um und suchte seine Blutsschwester.
So er sie fand würde er sich zu ihr in eine etwas dunklere Ecke stellen und an ihrer Kleidung zuppeln.
Man soll bauen, als wollt man ewig leben, und leben, als sollt man morgen sterben.
Benutzeravatar
Signora Achilla
Nosferatu
Beiträge: 1472
Registriert: Do 7. Feb 2019, 23:24

Re: [1030] Was ist schon wahr? [Vergonzo, Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

Oh und wie es nach Sünde roch! Nach billigem Wein und Menschenleibern, es klang nach Hurerei, rhythmisch wie Herzschlag an holzverschlag-dünnen Wänden. Es roch nach Puder und Schminke, denn hier irgendwo wurde das Zeug angerührt, nach Essen und Schweiß, nach Pisse, weil irgendwem der Rinnstein zu weit gewesen war.
Ein paar Hühner hockten unter der Treppe, ein paar dreckige Kinder krauchten noch irgendwo herum, aber die meisten Leute hier waren die Zecher selbst, die armen Seelen aus Claviculas Gassen, die genug zusammengekratzt hatten, um es jetzt bei Nacht im Trinkhaus zu versaufen. Ein in bunte Lumpen gekleideter Junge spielte in einer Ecke auf einem alten Holzfass abwechselnd auf einer Citole oder auch mal auf einer Flöte und bekam dafür hin und wieder einen Becher gereicht.
Die billigen Talglichter hier spendeten nur wenig Licht und das wenige, was sie erhellten, war nicht eben die Pracht der menschlichen Gesellschaft.

Die Signora war etwas am Rande dieses Treibens und hatte wohl irgendeiner Eitelkeit folgend einen lumpigen, alten Federfächer zur Hand genommen und versuchte, ein paar neue Federn hinein zu stecken und zu nähen. Sie trug hier eine Art losen Schal um Kopf und Hals und auch eine ihrer Masken - niemanden hier schien das nur im mindesten zu stören oder zu verwundern. Die Maske war aus lumpigem, bunten Stoff zusammengenäht, mit aufgenähten, glitzernden Kleinigkeiten wie polierten Muscheln oder Stein- und Kristallsplittern. Viele waren das nicht, aber es reichte für das Glitzern, die Zier und ein paar kecke Muster.

Als Vergonzo sie am Ärmel oder Kleidsaum zog, da drehte sich die Signora zu ihm, mit der Nadel und ein paar Federn in der Hand. Die Maske hatte kein Lächeln, aber die Frau neigte den Kopf ein wenig zur Seite und machte eine einladende Geste hinein in die Sitznische, die sie für sich beansprucht hatte. Von hier aus hatte man nicht den besten Blick auf das Trinkhaus, aber man wurde auch schlecht gesehen.
“Ha! Willkommen”, sagte die Signora auch - es klang heiter. “Ich wusste nicht, ob du die Zeit und den Weg findest, aber gehofft habe ich es wohl!”
Niemand kann auf Dauer eine Maske tragen. (Seneca)
Benutzeravatar
Vergonzo Faro
Nosferatu
Beiträge: 2974
Registriert: Mi 5. Okt 2016, 16:29

Re: [1030] Was ist schon wahr? [Vergonzo, Achilla]

Beitrag von Vergonzo Faro »

"Guten Abend." Sprach vergonzo leise während er Platz nahm.
Er musterte kurz das als sie dort in den Händen hielt.

"Ja, ich bin immer da. Überall." Er grinste breitend schob die zu große Kapuze ein Stück nach hinten, bis auf die Stirn.

"Ich wollte unbedingt sehen was du hier treibst. Mit diesen Dingen da." Er kicherte gurgelnd und deutete auf Nadel und Federn.
Man soll bauen, als wollt man ewig leben, und leben, als sollt man morgen sterben.
Benutzeravatar
Signora Achilla
Nosferatu
Beiträge: 1472
Registriert: Do 7. Feb 2019, 23:24

Re: [1030] Was ist schon wahr? [Vergonzo, Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

Da lachte sie und meinte: “Sei herzlich willkommen dafür.” Mit einer geschickten Bewegung ihrer Hand ließ sie die Federn darin einmal tanzen und die beinerne Nadel baumelte an dem etwas groben Faden darunter.
In der anderen Hand entfaltete sie den Fächer, der in der Tat schon bessere Tage gesehen hatte und offenbar auch einige wüste Gelage. Kokett drehte sie ihn, so dass er die Hälfte ihres Maskengesichts verbarg - von ein paar Lücken einmal abgesehen - und setzte sich etwas in Pose. Dann schloss sie ihn wieder und reichte ihn herüber.

“Masken”, erklärte sie. “Gleich ob für das Gesicht oder die Gestalt. Es sind all diese Dinge, die zusammen gehören. Wie einer spricht oder seine Hände hält oder den Kopf, wie er geht oder grüßt oder sich kleidet oder nennt.” Kurz zupfte sie an der eigenen Maske.
“Die Menschen wollen die Rollen auf der Bühne sehen, nicht die lumpigen Leute hinter den Masken. Wen interessiert das pockennarbige Gesicht von Gisella, wenn er stattdessen den Schleiertanz von Sureya sehen kann oder einen spanischen Muñeira oder einen italienischen Saltarello von einer jungfräulichen Maid? Wen kümmert’s, dass eigentlich immer Gisella dahinter steckt, eh?”
Da klang eben so viel Freude am Tanz mit wie beißender Sarkasmus für die Welt, die die Dinge eben so fügte. Die Signora schien damit aber nicht wirklich zu hadern - es war immerhin ihr Geschäft.
Niemand kann auf Dauer eine Maske tragen. (Seneca)
Benutzeravatar
Vergonzo Faro
Nosferatu
Beiträge: 2974
Registriert: Mi 5. Okt 2016, 16:29

Re: [1030] Was ist schon wahr? [Vergonzo, Achilla]

Beitrag von Vergonzo Faro »

"Oh ja, für viele sind sie lebenswichtig und das A und O im Leben. Manche beherrschen sie ordentlich manche...nicht." er zuckte mit dem Buckel.
Er lächelte die Maske an und nahm den Fächer der ihm herüber gereicht wurde mit sanftem Griff zwischen die klobigen Finger und sah auf ihn hinab, drehte ihn ein wenig.

"Sowas kenne ich von Sousanna, ihr würdet euch blendend verstehen würde ich meinen. Aber sag, wie geht es dir? Läuft alles zu deiner Zufriedenheit?"
Er hielt den Fächer weiter fest als er den Blick von ihm zu ihrer Maske hob.
Man soll bauen, als wollt man ewig leben, und leben, als sollt man morgen sterben.
Benutzeravatar
Signora Achilla
Nosferatu
Beiträge: 1472
Registriert: Do 7. Feb 2019, 23:24

Re: [1030] Was ist schon wahr? [Vergonzo, Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

“Die einen Masken beherrsche ich wohl…”, erklärte die Signora da und tippte sich an die Stoffmaske in ihrem Gesicht. “Keiner will dahinter sehen und das ist ganz gut so.”
Behutsam legte sie ihre Hände an seine. Ihre Finger steckten in Handschuhen und fühlten sich leicht an, wie etwas aus Zunder und Lumpen, das nur irgendwie die Fingerlinge ausfüllte. Mit sachter Geste zeigte sie ihm, wie ein Herr einen Fächer hielt, wenn er denn wollte.

“...die anderen nicht. Ich kenn’s vom Blut her, juckt mir in den Adern - oder vielleicht ist das nur das Puder, der Staub und ein paar Flügel.” Was auch immer sie damit meinte? Sie erklärte es nicht weiter sondern sah ihn an. Die Maske verriet nicht viel an Regung.
“Verstehst du was davon?”

Doch seine Bemerkung über Sousanna schien sie nicht minder zu interessieren. “Derweil hab ich versucht, Sousanna zu treffen. ‘s geht um einen Kerl, wohl ihren Handlanger, den Tiziano. Ich hab’ da ein junges Ding bei meinen Leuten, für die ist der Kerl wie ein Nachtgespenst und Teufel und ich würd’ ihn ihr wohl aus dem Genick schaffen, wenn ich kann. Wenn du denkst, dass sie und ich gut miteinander könnten, kannst du uns vielleicht vorstellen? So eine Sache schafft man besser aus der Welt bevor sie schwärt und fault.”
Niemand kann auf Dauer eine Maske tragen. (Seneca)
Benutzeravatar
Vergonzo Faro
Nosferatu
Beiträge: 2974
Registriert: Mi 5. Okt 2016, 16:29

Re: [1030] Was ist schon wahr? [Vergonzo, Achilla]

Beitrag von Vergonzo Faro »

"Aye, unsereins sollte das Maskeradenspiel beherrschen. Es öffnet so manches Tor. Auch ich kenne mich damit aus. So habe ich bereits so manches Feines erlebt." er grinste schmutzig als er in Erinnerungen schwelgte.
Draußen ausserhalb der Stadt in dem verlassenen Haus, Caterina,....

Er schüttelte die Erinnerung ab, bevor ihn das alte Gefühl überrollte und er Dummheiten anstellte,...Dinge die hier nicht hingehörten.

"Sousanna? Hm, wenn du willst bringe ich dich eines Nächtens zu ihr, wenns hilft. Aber das können wir später noch besprechen." er lächelte und schaute sie erwartungsvoll an.
Man soll bauen, als wollt man ewig leben, und leben, als sollt man morgen sterben.
Benutzeravatar
Signora Achilla
Nosferatu
Beiträge: 1472
Registriert: Do 7. Feb 2019, 23:24

Re: [1030] Was ist schon wahr? [Vergonzo, Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

Wie er so erzählte, lachte die Signora. “Ich kann mir so einiges vorstellen, was man mit Masken treiben könnte, die besser gehen als Stoff und Holz”, meinte sie dann.
“Wie stellst du’s an, Baumeister? Wie machst du die Welt glauben, du wärst ein anderer? Und wie weit kannst du damit gehen? Wie sicher sitzt die Maske?”

Vielleicht hätte sie wohl noch mehr Fragen gehabt, aber sie unterbrach sich dann, um neu anzusetzen: “Unter Schauleuten, vom Musiker bis zum Possenreißer, ist’s üblich, eins gegen das andere zu tauschen. Wenn du mir zeigen kannst, wie du’s machst, vielleicht kann ich dir bei was anderem helfen? Eine Hand wäscht die andere, keiner muss leer ausgehen.”
Niemand kann auf Dauer eine Maske tragen. (Seneca)
Benutzeravatar
Vergonzo Faro
Nosferatu
Beiträge: 2974
Registriert: Mi 5. Okt 2016, 16:29

Re: [1030] Was ist schon wahr? [Vergonzo, Achilla]

Beitrag von Vergonzo Faro »

Er nickte zufrieden. Sie beherrschte das Spiel des Handels, auch wenn es untereinander etwas sanfter von statten ging.
"Gerne, lass uns handeln. Ich kann dir zeigen wie es geht, mit Übung bekommst du es hin, es liegt dir ja im Blut, mehr als manch anderen. Kannst du was als Gegenleistung anbieten? Weiß nicht so recht was für Möglichkeiten du hast." er schaute sie nochmals genauer an.

"Ach so nebenbei, in der überüber nächsten Nacht treffe ich eine Schwester unseren Blutes. Ich stelle sie Ghiotto vor. Bitte komm doch dazu um sie ebenfalls kennen zu lernen.ok?"
Er lächelte charmant was sich wohl am ehesten in seinen hellblauen klaren Augen abzeichnete.
Man soll bauen, als wollt man ewig leben, und leben, als sollt man morgen sterben.
Gesperrt

Zurück zu „1030“