[1034] Die letzte Nacht von vielen. [Hof, alle]

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Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Iulia Cornelia
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Re: [1034] Die letzte Nacht von vielen. [Hof, alle]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Loyalität. Sie war schon seit jeher ein zweischneidiges Schwert. Sie wog schwerer als mancher leichtsinnig annahm und sie war sowohl Segen wie auch Fluch. Loyalität kannte kein vielleicht und auch kein manchmal. Sie war ein Klares entweder… oder

Und so war ich letztlich zu einer marmorgleichen Statue geworden. Regungslos und mit tief gesenktem Blick verharrte ich an gleichem Ort und gleicher Stelle. Unberührt von den Entscheidungen anderer. Von Kainiten, die sich um mich herumbewegten, sprachen, erschrocken zurückwichen, zur Salzsäule erstarrten, sich umpositionierten oder gar Schutz hinter oder bei anderen suchten. Nur die Reaktionen einiger Weniger, die von Bedeutung waren, behielt ich dezent in den Augenwinkeln.

Der Geruch von Asche lag mir noch immer in der Nase, als ich diese angewidert von Gaius Verhalten zuvor gerümpft hatte. Leicht fragend, beinahe verunsichert und seltsam skeptisch hatte ich entsprechend dezent zum Eingang oder Ausgang geschielt. Ihr darauffolgender blanker Hass war kaum zu übersehen gewesen, als er eingetreten war. Lydiadas.

Gaius nachfolgender Sturz ins eigene Messer, hatte in meinen gesenkten Augen eine weitreichende und beinahe seltsam wirkende Faszination für Macht widergespiegelt. Ein bitter wirkender Ausdruck war auf meinen schmalgewordenen Lippen zu erahnen gewesen, als ich die ekelhaft amüsante Ironie von seiner Aussage erahnte. Ich bedauerte es nicht, ihm trotz seiner Fehler mit Respekt begegnet zu sein, nachdem er sich zu erkennen gegeben hatte. Doch ich bedauerte es, bisher nicht mehr über ihn und seine Geschichte erfahren zu haben.

Eine andere Geschichte war jedoch er. Und was auch immer ich bereits ahnen mochte, so hatte Toma diese flackernde Gestalt doch noch immer nicht angekündigt. Auch er selbst hatte sich noch nicht offiziell zu erkennen gegeben. Und so biss ich die Zähne zusammen, hielt den Mund geschlossen und die Augen tief gesenkt. Ich stand aufrecht, mit erhobenem Haupt und sicherem Stand, einerlei der Dinge, die geschehen waren.

Willentlich und solange ich es vermochte, stellte ich mich entsprechend gänzlich blind vor ihm und seiner Anwesenheit hier.
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Il Canzoniere
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Re: [1034] Die letzte Nacht von vielen. [Hof, alle]

Beitrag von Il Canzoniere »

Ein herzzerreißender Schrei ertönte in dem Moment als die Überreste Gaius zu Boden fielen. Seinfreda, bisher recht unbeteiligt, war herumgefahren als sie Gaius ein letztes mal sehen konnte.Sie war unbewusst einige Schritte in seine Richtung gelaufen... und dann war es passiert. Vor ihren Augen richtete er sich selbst. Sie schlug die Hände vor dem Mund zusammen, aber trotzdem hörte man ihren klagenden Ruf mehr als deutlich. La Vedova, die Witwe hatte endlich wieder ihr Schicksal gefunden. Ohne Rücksicht auf Anstand, Etikette oder die aktuelle politische Großsituation stürzte sie zur Asche ihres Geliebten, ließ sich auf die Knie fallen und griff die Asche mit ihren Händen. Blutige Tränen ronnen ihr in Strömen die bleichen Wangen hinab und vermischten sich auf dem Boden mit der Asche ihres einstigen Gefährten für nichts anderes hatte sie mehr Augen. Und ihre klagendes schluchzen verstummte an diesem Abend nicht mehr. So kam der Hof 1034 zu seinem Namen: der klagende Hof. Und über die Grenzen der Domäne hinaus, wurde er stets nur noch so genannt.

Kaum fünf Meter neben der Witwe stand jemand mit einem ganz anderen Problem. Mit einem zuerst überraschten, dann ungläubigen und dann wirklich zornigen Gesichtsausdruck beobachtete Godeoc die beiden Neugeborenen seines Blutes die sich ungefragt hinter Aurore postierten. Mit malenden Zähnen blickte er den beiden hinterher, dann ruckte sein Kopf zu den anderen hinüber.

Aufmerksamkeit zahlte sich aus. Er hatte seinen Ahn die ganze Zeit genau beobachtet und noch ehe dieser eine eindeutige Geste machen konnte, blickte Vergonzo kurz zu ihm hoch und setzte sich in Bewegung. Das Grinsen war verschwunden und war einer neutralen Mine gewichen. Godeoc nahm es mit einem Wimpernschlag zur Kenntnis und nickte Achilla zu den Baumeister zu begleiten. Er selbst rührte sich kein Stück. Ebensowenig wie die anderen der Brut. Er sah dem kleinen buckeligen Mann und der von Motten umschwirrten Damen noch einen Moment hinterher, wie sie sich langsam auf die Seite des Lydiadas zubewegten, dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder den weiteren Geschehnissen im Saal zu.

Während sich die beiden Prinzen von Genua gegenüberstanden und Maß nehmend musterten, sich gegenseitig nicht aus den Augen ließen und hier noch irgendetwas mehr passierte als für jeden ersichtlich sein mochte, bekannten sich einige der Neugeborenen bereits zu Aurore.

Adelchis warf einen, leicht nervösen, Seitenblick zu Acacia, die ihn ihrerseits kurz erwiderte, leise scheinbar ergeben seufzte und dann einen Schritt nach vorn machte. Kunstvoll wahrte sie dabei genug Abstand zu Aurore und ihrem Prinzen, trat aber dennoch weit genug vor, um die Aufmerksamkeit vieler Augenpaare auf sich zu ziehen.

"Die Schatten sind da." sprach sie klar und deutlich mit jener dunklen Stimme, die von den Schatten selbst geküsst worden zu sein schien. Wie ein Code glitten ihre Worte durch den Saal. Und mit einem Ton in der Stimme der eine gewisse Abneigung dagegen zeigte etwas so offensichtlich, so deutlich auszusprechen. Anhand der Reaktionen einiger Neugeborener schien sie dies dennoch für notwendig zu halten.
"Die Fürsprache dieser Verräter ist erbracht, werter Mareno. Ebenso wie das Schiff, welches du dir so sehr wünschtest. Von uns geborgen, wiederhergerichtet und bezahlt. Deine Mannschaft von uns handverlesen ausgesucht. Nicht nur, dass du uns einen großen Gefallen für dein Schiff schuldest, nein du schuldest uns zusätzlich achtundzwanzig Gefallen für die handverlesene Auswahl deiner Mannschaft aus der genuesischen Marine. Erfahrenen Matrosen, Steuerleute, Offiziere und Seesoldaten. Seit zehn Jahren segelst du für die See der Schatten und versenkst tedescischen Nachschub von und nach Korsika.
Oh …“
Sie zögerte kurz, als hätte sie einen Fehler begangen und doch rührte nichts den Blick der mitternachtsschwarzen Augen. “Ärgerlicher Weise ist dies nun auch dem höchst verehrten Markus von Ansbach, Prinz Korsikas bekannt. Dieser kann – und wird, machen wir uns nichts vor - dich nach den korsisch-genuesischen Verträgen ausliefern lassen, da du die Absprachen zwischen Aurore von Genua und des höchst verehrten Manfred von Ulm, seinem Erzeuger, gebrochen hast.“ Erneut schwieg sie seinen Moment und ließ den Neugeborenen die Tragweite seiner Taten und ihrer öffentlichen Darstellung in diesem Rahmen erkennen. „Du kannst also nun entweder dort stehen bleiben und lässt dich in vier Wochen von den Tedesci hinrichten… oder du lässt dir von mir einen Gefallen für einen Seesoldaten einlösen, widerrufst deine leichtsinnigen Worte und krabbelst auf allen vieren hier hinüber neben Adelchis." während sie sprach war sie kühl geblieben und hatte stoisch und eisig gewirkt, zum Schluss ihrer Worte ließ sie ein sanftes Lächeln erkennen. Dann wandte sie den Kopf einige Zentimeter nach rechts, fixierte einen kleinen Kainiten in Illarios Schatten.

"Du kommst auch besser hier herüber, Angelique. Du schuldest Gaius dein Leben. Und wie du eben gehört hast, gehört es nun uns. Wir wollen dir die Chance geben deine Schuld deinem alten Freund gegenüber abzutragen und ihn zu würdigen statt gegen seinen letzten Willen zu verstoßen. Nur aus der Gewohnheit heraus."

Erneut gewährte sie den Versammelten einen kurzen Moment der Ruhe. Einen Wimpernschlag um zu begreifen was die Herrin der Schatten gesagt hatte … und was das wohl für all die anderen hier bedeuten mochte. Welche Geheimnisse kannte sie noch? Wer hatte ihr leichtfertig noch einen Gefallen geschenkt? Wer ein vergiftetes Geschenk angenommen? Wem konnte man noch trauen?
Kurz ließ sie den Blick über die anderen dort stehenden fahren, das Gefühl aufkommend, dass dort noch mehr sei, was aber vielleicht nicht unbedingt erwähnt werden musste, sondern gnädig der Dunkelheit überantwortet wurde. Erneut erhob sie ihre Stimme. Klar und für jeden verständlich: "Die Stadt ist in unserer Hand. Jeder der das Bleiberecht in Genua verlängern möchte, kommt innerhalb der nächsten sieben Nächte zur Porta Soprana und bittet um Aufnahme. Jeder andere erhält freien Abzug. Wer sich danach noch widerrechtlich in der Domäne des höchst verehrten Lydiadas befindet, wird gemäß der zweiten Tradition aufgespürt und gerichtet werden."
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Mareno
Toreador
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Re: [1034] Die letzte Nacht von vielen. [Hof, alle]

Beitrag von Mareno »

Aufmerksam, aber erzürnt hatte Mareno die Worte Acacias verfolgt. Hatte Dreistigkeiten erduldet und Chancen schmunzelnd zur Kenntnis genommen, während sich die Schlinge um seinen Hals langsam zuzog. Kurzzeitig dachte er sich in das Auge des Sturms,um Worte der Sühne zu finden. Seinen Zorn hob er sich für Acacia auf. Da er nicht wusste bei wem der zahlreichen Anwesenden es sich um den Prinzen handelte sprach er einfach in den Saal hinein und sank dabei auf ein Knie.

"Höchstverehrter Markus von Ansbach, Prinz Korsikas. Ich bedaure die Verbrechen die ich am korsischen Nachschub begangen habe zutiefst und will mein möglichstes tun sie im Kampf gegen die See der Schatten zu sühnen, die unser gemeinsamer Feind sind."

Voller Respekt ließ er die Worte ausklingen, ehe er seine Mimik verhärtete, sich erhob und mit einer harten Stimme des Zorns der Ancilla entgegegenstellte. Sie mochte sich ja vielleicht für eine Naturgewalt halten, doch auch denen hatte Mareno zu Genüge getrotzt. Adelchis Mimik hatte er gemeinsam mit den Neugeborenen die seinen Worten gefolgt waren bereits verunsichert, nun versuchte er auch Acacia zu verunsichern.

"Euch, verehrte Acacia della Velanera, bleibt mir nur zu sagen das die Einunddreißig Gefallen, die ich euch und dem werten Adelchis Diaconus schuldig war,
durch die Jahre im Dienst für die See der Schatten bezahlt wurden. Neunundzwanzig Gefallen für achtundzwanzig handverlesene Seemänner und die Fürsprache des werten Adelchis Diaconus vor der höchst verehrten Aurore, wurden abgegolten mit zehnjährigem Dienst von achtundzwanzig Seemännern, unter ihnen erfahrene Seesoldaten, Offiziere und ein Koch. Zwei Gefallen für die Bergung,Wiederherstellung und Bezahlung eines Schiffs und eure Fürsprache vor der höchst verehrten Aurore wurden abgegolten durch meinen persönlichen, zehnjährigen Dienst samt Schiff, für die See der Schatten."


Kurz ruhten seine Augen noch auf Acacia, ehe er seinen Blick im Raum Schweifen ließ und über Ilario, Angelique und Avelina zu La Vedova und kurzzeitig sogar, fast entschuldigend, erst zu Galeno und dann zu Bera de Marseille blickte, als wollte er diese frischen Begegnungen in besonderem Maße wertschätzen oder sich für sie entschuldigen.In allen, die er angeblickt hatte wollte er Hoffnung wecken, die ausreichte um den Widerstand zu unterstützen.Dann erhob er erneut die Stimme. Weniger Wut, dafür von Zuversicht und Mut getrieben ließ er seine Worte den ganzen Saal hören.

"Vielleicht habt ihr noch die Kontrolle über die Stadt. Vielleicht sind die Schatten tatsächlich da. Doch in diesem Saal steht euch Genua entgegen.Wenn ich an die Porta Soprana komme, dann nur um mit ihrer höchstverehrten Majestät Aurore von Genua Sizilien ein weiteres Mal aus der Stadt zu treiben, und euch ins Hafenbecken zu werfen. Marseille, Genua, Fraxinetum, Korsika und Sardinien. Überall wurdet, und werdet ihr vertrieben."


Als er nichts mehr zu sagen hatte, wurde Mareno wieder zum Zuschauer dieses Hoftags. Ungeduldig wartete er die Reaktion der Ancillae und Ahnen ab, die ihr ganz eigenes Spiel spielten.
Wir sind nicht Kinder einer erlesenen Epoche,
sondern Freibeuter eines Zusammenbruchs.
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Vergonzo Faro
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Re: [1034] Die letzte Nacht von vielen. [Hof, alle]

Beitrag von Vergonzo Faro »

Und da war es wieder. Dieses finstere, auf groteske Weise anmutige Grinsen...

Dieser Mareno, er hatte Eier in der Hose, das musste man ihm lassen.
Aber das hätten viele deren Existenz auf schattiger Schneide tanzte. Auch war er überrascht das er sich unter Kontrolle gehalten hatte.
Würde er überleben und man bekäme die Chance,...nun warum sollte man auch nicht mit totgeweihten Pläne schmieden.

Warum er jetzt hier, auf dieser Seite stand fragten sich sicher einige,...irgendwann würden sie es sich wohl erklären können. Weisheit kam mit der Zeit,...bei den meisten.
Der Baumeister schien gefallen an der Situation gefunden zu haben und ein wahrlich wohlig sanftes knurren entfuhr es ihm, als sein Tier sich genüsslich an den Gefühlen und inneren Regungen der Anwesenden labte, nicht bedrohlich sondern geniessend.
Man soll bauen, als wollt man ewig leben, und leben, als sollt man morgen sterben.
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Ilario
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Re: [1034] Die letzte Nacht von vielen. [Hof, alle]

Beitrag von Ilario »

Die Schatten sind da. Irgendwie überraschte es ihn nicht. Avelina hatte ihm gegenüber sowohl die Worte als auch den unfreiwilligen Handel erwähnt. Er hatte gewusst nach wessen Takt Acacia tanzte und hatte gewusst, dass jener Tag kommen würde. Nur hatte Ilario eher mit einem Kampf um die Seele der Stadt gerechnet und nicht um das Prinzenamt selbst.

Sein Blick huschte zu von Ahn zu Ahn, versuchte Reaktionen zu ergründen. Godeocs Zorn war offensichtlich, und verständlich. Doch letztlich weit weniger wichtig als die Reaktionen anderer.

Die Schatten sind da. Sein Mundwinkel hob sich zu einem Hauch von schiefem Lächeln. Nun sie waren nie fort gewesen, doch vergaß Acacia anscheinend, dass es ihrer in verschiedensten Schattierungen gab. Was Wunder bei ihrem Mangel an Kontrolle darüber...
Die Causa Mareno und dessen geschuldete Gefallen sowie Überfälle auf die Tedesci ließen Ilario vorerst kalt, der Mann hatte sich in eine Zwangslage gebracht. Mal sehen ob er wieder herauskam. Die Replik des Toreador jedenfalls ließ des Lasombras Lächeln tiefer und zugleich hintergründiger werden. Gute Worte, für den Augenblick. Doch auf solche Weise sich seinen Schulden zu entziehen konnte Ilario, bei aller Sympathie, nicht gut heißen. Im Moment jedoch war die Entscheidung Marenos vor allem eins: Nützlich für Aurore.

Der meergraue Blick traf Angelique als Acacia sie aufforderte sich an die Seite Lydiadas zu begeben. Vielleicht würde die Malkavianerin, die in den Augen mancher Könige als Eidbrecherin galt, wiedereinmal die richtige Entscheidung aus den falschen Gründen treffen. Oder die falsche aus den richtigen.

Er sah zu Galeno und nickte diesem zu, dann zu Avelina. Bedauern lag in seinem Blick ob ihrer Lage, die der ihres Clansbruders so sehr glich. Dann aber sah der Kastellan zu Acacia, das Lächeln verblasste, und er nickte ihr genau auf jene Art und Weise zu wie sie ihm vor zehn Jahren beim Königstreffen. Undeutbar für Außenstehende, auch wenn Respekt darin lag.

Und dann... setzte Ilario sich in Bewegung, bedacht darauf weder für Aurore noch Lydiadas Anzeichen von Respektlosigkeit oder gar Aggression auszusenden. Er begab sich zu der inmitten der Asche ihres Geliebten Klagenden. Er ging neben ihr in die Hocke, flüsterte leise in ihr Ohr: "Werte Seinfreda kommt, kommt mit mir. Nach der Trauer... wird euch nach Rache dürsten. Ich weiß wer Gaius damals verriet, ich weiß wer dafür sorgte, dass er nicht zurückkehren konnte..." Ilario bot ihr seine Hand, seinen Arm. Er würde ihr aufhelfen und sie auf der Gefahrenzone bringen, zurück zu Galeno, Avelina und Angelique. So Seinfreda denn darauf einging.
Die Nächte lehren viel, was die Tage niemals wissen.
- persisches Sprichwort
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Signora Achilla
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Re: [1034] Die letzte Nacht von vielen. [Hof, alle]

Beitrag von Signora Achilla »

Die Signora Achilla sah es sich gut an, dieses Mienenspiel und Gebahren ihres Ältesten. Es war nicht eben schmeichelhaft für ihn. Mit ihm gemeinsam sah sie zu Anastasia und auch dem Dottore herüber.

Was war Freiheit in so einer Nacht? Selten lag so bloß und offenbar, wie die Älteren die Münze ausgaben, die die Jüngeren für sie waren. Godeoc zahlte eben nach seinem Willen und so wanderten der Baumeister und sie selbst herüber. Das war eine Geste Godeocs und mehr nicht.

Und was blieb dann noch? Es war vollends sinnlos, mit den Dingen zu hadern, die sie nicht ändern konnte. Ihr eigenes Dasein stand in Frage, kleine Münze, die sie in diesem Geschacher im Thron und Ansehen wohl war. Hätte sie etwas daran ändern können? Spielte dies eine Rolle im Stück ihrer eigenen Nächte? Kaum.

Oh, wie gut sie Vergonzos Wonne verstehen konnte! Was sollte sie sich mit dem Hadern und Sorgen beschweren, ausgerechnet nun? Diese Nacht, das Klagen und Flüstern, der Gestank von Asche in der Luft, all die leuchtende Kostbarkeit des einen, einzelnen Moments - jetzt!

Mit Genuss sah und hörte sie Marenos Worten zu und sah sich die Reaktionen an. Was würde die Harpie sagen, zu diesem Wert und Unwert von Gefallen und Schulden? Würden die übrigen bei der Weißen Prinzessin in ihrer strahlenden Schönheit bleiben wollen?
Sacht hob sie die eine Hand, wie um Anastasia einzuladen, zu ihr und Vergonzo zu treten. Ein Augenzwinkern für Alain. Und was noch?

Tausend mehr Augen wünschte sich die Signora in diesem Augenblick, tausend mehr Ohren und so viele Weisen mehr, den Saal und die darin zu betrachten. Sie bemerkte kaum, wie die zarten, kleinen Insekten aus ihrem Leib und den Falten ihres Kleides hervorkrochen. Ein paar tanzten um sie her, ein paar flatterten davon, in alle Richtungen.
Niemand kann auf Dauer eine Maske tragen. (Seneca)
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Angelique
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Re: [1034] Die letzte Nacht von vielen. [Hof, alle]

Beitrag von Angelique »

Angelique, die die ganze Zeit versucht hatte, sich aus die kindischen Rangeleien alter Kreaturen herauszuhalten und keine Aufmerksamkeit zu erregen, wurde nun direkt angesprochen, wie sie es befürchtet hatte.

Und die Worte trafen tief und trotz ihrer durch die schrecklichen Erfahrungen der letzten Jahrzehnte abgestumpfte Leidenschaft, flackerte das Feuer des Irrsinns in ihr hoch und sie wagte eine Gegenrede wider Acacia. Allein das war wahnsinnig, aber man durfte nie eine Wahnsinnige in ihren Gefühlen verletzen.
Ein winziger Teil der Macht Malkavs kroch aus ihrer wütenden Seele hoch und auf ihre Zunge. Sie würde Acacia lehren, warum auch alte und mächtige Vampire die Macht der Orakel fürchteten.

Sie trat aus Ilarios Schatten, klein und schmächtig, verloren unter all den schrecklichen Monstern, die in einem Wimpernschlag jemand mächtigeren als das zerbrechliche Kind vernichten konnten, un dhob den Kopf. Man sah wie blutige Tränen, die sie bisher verborgen gehalten hatte, über ihre Wangen kullerten und ihr Gesicht vor Seelenpein verzerrt war. Aber klar und fiebrig wie die Augen einer Wahnsinnigen starrte sie auf den Boden vor der Schattenkreatur demütig, doch einfach nur dem dominierenden Blick der Älteren ausweichend, wie sie es gelernt hatte.

"Allerdunkelste Herrin der Schatten, verehrte Acacia della Velanera, Ancilla der Schatten, Hüterin der Elysien, Mondsenatorin von Plateolonga, Kind von Lydiadas, Prinz der Domäne Genua, Ahn vom Blute Lasombras, Consigliere del padrone profondo, sanguigno cacciatore di Catania, Herr der Tiefen, aus der Linie Ahriman min alzilals, Ahnherr des Clan Lasombra, Kind Lasombras, erster seines Blutes, ich kann Eurem Ansinnen, an Eure dunkle Seite zu treten, dass mich zutiefst ehrt, nicht nachkommen, fürchte ich. Die Schuld und die Liebe, die mich an meinen väterlichen Freund Gaius band, darf ich nicht auf Euch übertragen.

Meine Orakelsprüche haben mir Unheil für diesen Fall verkündet. Noch größeres Unheil als die ruhelosen Geister und Racheengel, die wie Motten von Eurer dunklen Flamme an diesem Hof des Klagens angezogen werden, nun, da sie das Weinen der Witwe hören.
Deshalb bleibe ich beim Kastellan seiner Hoheit."

Sie schniefte und schluchzte nun auch, wenn auch leiser als Seinfreda, und zog sich wieder in die Obhut Ilarios zurück, während Malkavs Macht in die Ohren Acacia sich wand, in ihr Hirn sickerte und begann, an ihren Sinnen zu nagen. Subtil und ohne auffällige Effekte, die so oft mit Kräften des Blutes einhergingen.
Niemand sah den Hass auf dem Gesicht Angeliques, das von ihren Locken beschattet wurde.



Irrsinn 2Manipulation + Empathie 1WP 1BP
RPBotBOTheute um 15:19 Uhr
@🌜 Angelique (Olaf) rolled 29. (4 + 4 + 10 + 8 + 3 = 29)
"I'm a mighty thesaurus! Rawr!"
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Nubis
Kappadozianer
Beiträge: 3255
Registriert: Do 31. Mai 2018, 05:24

Re: [1034] Die letzte Nacht von vielen. [Hof, alle]

Beitrag von Nubis »

Galeno verfolgte Ilarios Handeln mit Neugier. Würde seine Schwester im Blute seinem Angebot etwas entgegen setzen, oder würde sie mit zu ihnen kommen?

Er bewegte sich selbst nicht, doch seine Aufmerksamkeit glitt zu seiner anderen Schwester im Blute. Ein wenig Sorge lag darin verborgen. Aber ganz deutlich noch etwas anderes, eine Aufforderung.

Neben einem sanften Lächeln, hob er die Hand leicht an, an jener Seite mit der freien Stelle, wo bisher noch keiner stand oder gestanden hatte. Die Handfläche zeigte gen Boden und er hob und senkte sie leicht, wie ein Winken, eine einladenden Geste. Wenn er und Seinfrieda hier standen, Titus weg war, würde sie wirklich bei ihrem Ältesten bleiben wollen?
Zudem schuldete sie ihm noch etwas.
Und so sie nicht verstehen sollte, unterstützen die Augen ab und an die Einladung an seine Seite zu kommen, indem sie sich merklich dort hin bewegten, ohne dass der Kopf auch nur einen Milimeter sich rührte.
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
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Avelina di Braida
Toreador
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Re: [1034] Die letzte Nacht von vielen. [Hof, alle]

Beitrag von Avelina di Braida »

Sie wusste nichts von der Verbindung von Seinfreda und jenem, der zu Asche zerfallen war. Und doch verstand sie ihren Schmerz. Ein Bauernopfer? Womöglich. Noch immer hatte sie nicht gänzlich klären können, was mit den Vertretern ihres Clansblutes in dieser Stadt geschehen war, doch es hätte sie nicht gewundert, wenn es ebenso Bauernopfer gewesen wären. Sie blickte zu der Kappadozianerin, von der sie wusste, dass sie zumindest ein paar Dinge gemeinsam hatten. Vermutlich würde sie in ihrem Leid nicht wahrnehmen was um sie geschah, würde nicht hinüber sehen... aber falls doch, so würde auch sie ihr sacht zunicken.

Still und beobachtend glitt ihr Blick weiter... noch einmal zur Gräfin. Dann Godeoc. Er, der sich gegen sie ausgesprochen hatte? Natürlich... und all die fremden vom Clan der Verborgenen die sich um ihn scharrten. Mit leichter Überraschung verfolgte sie, wie einer von ihnen zu Aurore hinüber trat, wo auch Anastasia bereits ihren Platz eingenommen hatte. Dann ein kurzes Bedauern über das feiste Grinsen Vergonzos, und schließlich Acacias Worte, die es nicht gebraucht hätte. Es war ihr in jenem Moment klar geworden, als die Lasombra die Stimme gegen Aurore erhob: die Schatten sind da. Es war jener Satz, der in den Jahrzehnten in denen sie in Genua weilte stets allgegenwärtig gewesen war. Ebenso wie jene Nacht, in der ihre Clansschwäche schamlos ausgenutzt wurde, um ihr ein Geschenk zu machen ohne die Option der Ablehnung.
Und so hatte sie sich selbst hinter einem Schatten platziert. Hinter jenem, der ihr von Acacia genannt wurde. Der Kastellan hatte sie bisher nicht enttäuscht, und selbst wenn sie ihm nichts geschuldet hätte, so war dies der einzige Platz den sie für den Moment wählen konnte. Denn es ging um so viel mehr als ein Prinzenamt. Es ging um Überzeugungen, um die Wege durch die Nacht. Das Gesicht einer Stadt spiegelte die Moral des Herrschers wieder. Als sie Ilarios bedauernden Blick aufgefangen hatte, hatte sie auch ihm sachte zugenickt und beobachtete seinen Gang zu Seinfreda.

Sieben Nächte... Es würde Gespräche brauchen, Informationen, um zu entscheiden was der nächste Schritt war. Wenn es dazu führen würde Genua zu verlassen... nun, dann würde es das. Sie hatte in dieser Stadt etwas aufgebaut, doch dessen Wert verblasste gegenüber wichtigeren Dingen.
Ihre Aufmerksamkeit wanderte zu Mareno, dessen Worte vermuten ließen, dass er seines Unlebens überdrüssig war, und schließlich zu Angelique. Es war unerwartet, dass sie vortrat und die Stimme erhob, doch was an dem Mondenkind war jemals nicht unerwartet gewesen?
Sie nutze den Moment der Ablenkung, um Arashs Blick zu suchen, sich vielleicht ein wenig weiter in seine Richtung zu begeben. Sie hatten viel Zeit miteinander verbracht, und vermutlich war er derjenige, mit dem sie am besten Wortlos kommunizieren konnte. Ihre Hand wanderte an ihren Hals und legte sich kurz darauf, wobei sie die Augen für einen langen Moment nicht von ihm löste.

Doch letztendlich sah sie zu Aurore, versuchte in ihren Zügen zu lesen, und wartete ab, wie die Herrscherin Genuas auf all das reagieren würde.
"Die Natur lehrt Miteinander. Ohne Dornen wären die Rosen hilflos, ohne Rosen die Dornen trostlos…" KarlHeinz Karius (*1935)
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Sousanna
Ravnos
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Re: [1034] Die letzte Nacht von vielen. [Hof, alle]

Beitrag von Sousanna »

Sie hatte es gewusst. In jener Nacht, da sie erwacht war und sich die prunkvollen Steine in ihr mehr als nur prachtvolles Haar geflochten hatte, hatte die Harpyie dieser Stadt gewusst, dass der Hof Genuas in Klagen, Blut und Asche ertrinken würde. Es hatte sich angefühlt, als wäre die warme Kohle, mit der sie ihre dunklen Augen umrahmte, eine Kriegsbemalung. In dieser Nacht würde viel enden und einiges beginnen.

So war die junge, scheinbar so menschliche Frau zu Beginn des Hofes überraschend ruhig gewesen. Mit der Gelassenheit einer Frau, die schlimmeres erwartete, hatte sie die Gespräche über sich hinwegziehen lassen und durch gelegentliches Schmunzeln eine gewisse Anerkennung verraten. Sonst war ihr Auftreten ein Paradebeispiel von Sittsamkeit und Etikette gewesen. Seltsam wenn man bedachte, welcher Dreck in ihren Adern floss. Doch Sousanna verlieh dem Schmutz der Gossen Glitzer. Sie verwob der Staub der Straßen mit dem Mond zu einem feinen Spinnennetz, das ihr beinahe perfektes Aussehen noch krönte.

Erst die Vernichtung Ajax‘ hatte sie scheinbar bedauernd den Kopf schütteln lassen. Doch da war etwas im Licht des Saals, das zu irritieren vermochte. Einer ihrer Mundwinkel hatte gezuckt. Man mochte davon ausgehen, dass sie erschrak oder gar Traurigkeit verspürte. Allerdings gab es Blutsauger in diesem Raum, die sie kannten. Und die einen kurzen Wimpernschlag lang etwas wie Genugtuung zu sehen vermochte, ehe sie elegant mit einem Seufzen das Haupt schüttelte und letztendlich senkte.
Wieso auch hätte sich die Harpyie über die Vernichtung eines Sohn der Nachts freuen sollen, der ihr doch nichts getan hatte?

Und dann stellte sich der Toreador vor. Ein leises Grinsen huschte über die vollen Lippen, während die Sünderin kurz einen Blick mit ihrem Erzeuger austauschte. Man hätte meinen können, irgendetwas darin wäre ein leiser Witz. Eine Erinnerung, die die beiden teilten, und von der sie nun sagen wollte, dass das hier doch ähnlich war.
Doch ebenso schnell wie die See ihre Stimmung änderte, ebenso flüssig wie sie selbst ihre Kleider getauscht hatte, verschwand das Lächeln von ihrem Gesicht und Ernst erfüllte die sonst so unschuldigen Zügen. Sie schien entschlossen.

Und dann tat die Ravnos den ersten Schritt. Es schien wie der einstudierte Tanz einer Meisterin. Hatte eine Natürlichkeit, die den Atem zu rauben vermochte. Sousanna schien ungerührt von der Vernichtung des ehemaligen Liktors. Ihre schmalen Schultern kündeten von Stolz und ihre Miene besaß die Entschlossenheit einer Todgeweihten.
Sie hatte es gewusst. Jahre hatte sie geschwiegen und ihre Seele an einen schwarzen Dolch verkauft. Toma hatte Titel vergessen ja, doch nicht, weil er sie missachtete, sondern weil er es nicht gewusst hatte. Weil niemand es gewusst hatte. Sie alle hatten sie verkauft und die Wanderin hatte ein Geschäft daraus gemacht. Sie wusste, wer ihr Prinz war.
Die Gemeinschaft Genuas hatte sich geteilt, da man sie im Krieg verheizt hatte und dieser blutende Riss wurde nun offenbar, da mit einem Mal eine Wanderin in den Reihen der Lasombra stand. Als wäre sie dort schon immer gewesen. Nicht weit genug, um sich tatsächlich in erster Reihe treffen zu lassen und doch so deutlich, dass ihre Wahl unmissverständlich war.

Die Ausrufe dann ließen sie wieder lächeln. Mild, wie man die Aussagen von Kindern belächelte, die etwas eben nicht wussten.
Sie wussten nicht, was sie gesehen hatte. Sie kannten den Schrecken nicht, der hier lauerte. Keiner von ihnen hatte gesehen, was sie gesehen hatte … Sie, Sousanna Kantakuzenos von Sizilien hatte ihre Würfel geworfen und nun würden sie zeigen, was sie ihr brachten.
Was kümmerten sie noch die Rose oder die Vernichtung Ajax‘. Eide waren gebrochen und Genua würde brennen. Sie hatte es gewusst. Hatte es immer gewusst.
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
Lasst, o Parzen, lasst die Schere tönen,
Denn mein Herz gehört den Todten an!
Friedrich Hölderlin
Gesperrt

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