[1032] Jungfräulein in Nöten [Anastasia, Sousanna]

[September '19]
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Sousanna
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[1032] Jungfräulein in Nöten [Anastasia, Sousanna]

Beitrag von Sousanna »

Ein widerwärtiger, seltsam eiskalter Regen troff von Häusern und benetzte die Wege Genuas. Um ehrlich zu sein, verwandelte er sie in Bahnen aus klebrigen Schlamm, über dessen Bestandteile man besser nicht zu genau nachdachte.
Das änderte jedoch nichts daran, dass das Leben im Hafen weiter ging. Die Nachtschwärmer kümmerten sich nicht um die eisigen Wassermassen. Sie nahmen ja auch Massen mindestens ebenso unangenehm riechender Flüssigkeit zu sich. Man soff und spielte und hurte.

Und wer sich nicht zu hüten, der würde so enden wie die junge Frau in einer der dunkleren Gassen. Vermutlich war es ihr einziger Fehler gewesen, des Nachts noch unterwegs zu sein. Wusste Gott, was sie dazu getrieben hatte.
Doch nun war sie in der misslichen Lage von drei Burschen, kaum älter als sie belästigt zu sein. Die Tränen rannen ihr über das hübsche Gesicht, dass sich vor Hilflosigkeit gerötet hatte, während ihre Kleider auf der Suche zerrissen wurden und man nach Wertsachen suchte, wo sie doch sicher keine hatte.
Gewiss war sie eine Kaufmannstochter, denn ihre Kleidung war gut und ihr Entsetzen im Blick der großen Rehaugen schien ehrlich. Dazu zeugte ihr Flehen von einem Mangel an Italienischkenntnissen, worüber man sich schamlos lustig machte.

So wartete Sousanna während man sie wieder und wieder in den Schmutz stieß und sie grob allem beraubte, worauf eine Frau stolz gewesen war. Sie wartete darauf, dass jemand sie rettete. Jemand von dem sie hoffte, dass er oder sie interessant genug für diesen Aufwand war. Doch früher oder später ging einem immer jemand ins Netz. Und wenn es nur ein dummes Menschlein war, das vielleicht etwas nützlich sein konnte.
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
Lasst, o Parzen, lasst die Schere tönen,
Denn mein Herz gehört den Todten an!
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Anastasia
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Re: [1032] Jungfräulein in Nöten [Anastasia]

Beitrag von Anastasia »

"Oh nein, Schwester?! Oh sie ist es nicht. Nein, lasst die Finger von mir! Nein!"
Ein kleines Mädchen, mit einem Schleier vor dem Gesicht, war herbeigeeilt, als sie ihren Fehler endeckte, war aber schon der schwächste der Gruppe bei ihr, aufgeheizt von dem Spiel der anderen, drängte sie gegen eine Wand um ihren Rock hochzuschieben. Sie reckte ihren Hals, wohl um noch schreien zu können, aber er drückte seine Schulter gegen ihr Gesicht. Schon bald stöhnt er sehr laut, lässt nach einer Weile von ihr ab, lehnt an eine Wand, scheinbar glücklich mit sich und der Welt.
Der zweite lässt ebenfalls von der Schönheit ab, um sich der einfacheren Beute zu nähern, und die Chance zu nutzen, nicht warten zu müssen, bis der Anführer fertig ist.
I saw a creature, naked, bestial,
Who, squatting upon the ground,
Held his heart in his hands,
And ate of it.
I said, "Is it good, friend?"


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Sousanna
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Re: [1032] Jungfräulein in Nöten [Anastasia]

Beitrag von Sousanna »

Ein Fächer dunklen Haars lag über den Zügen der Unschuld, während ihr Peiniger von ihr abließ und sich ein leises Lächeln auf das hübsche Gesicht stahl. Sie erhob sich, den schönen Leib von Schlamm und Fetzen nur dürftig bedeckt und trat ohne zu zögern und plötzlich bar jeden Ausdrucks von Angst.

Sie trat auf die beiden Männer bei dem Mädchen zu und als hätten sich mit einem Mal die Parameter dieser grausigen Welt geändert, wandte man sich ihr zu, sah das Glühen in den dunklen, einstmals kunstvoll umrandeten Augen. Ein Zischen kam über ihre Lippen, eines in einer fremden Sprache, dem Griechisch des alten, glorreichen Byzanz, das wie ein Fluch zu wirken vermochte. Hinter ihr war etwas zu sehen. Ein Schemen. Ein Teufel? Ein Dämon? Ein Geist der Wüste?*
Bebend hob sich die zarte Hand und richtete einen Finger auf die Männer als klage sie sie vor dem höchsten Gericht an. Und als wären die Kerle von einer Tarantel gestochen, als hätte eine Hexe einen bösen Zauber über sie gewirkt, ergriffen sie mit angsterfüllten Blicken die Flucht.

Es schien als wich damit die Energie aus der jungen, geschundenen Frau und mit einem Keuchen sackte sie zurück gegen die Wand. Ihr heftiger Atem hob und senkte die volle Brust und ging in ein Schluchzen über.
Erst nach einer Weile hob sie den Blick und sah ihre kleine Retterin mit tiefer Trauer im tränenverhangenen Blick an. "Schwesterlein", hauchte sie in ihrem melodischen Italienisch, das so eindeutig nicht ihre Muttersprache war. "Schwesterlein, was haben diese grässlichen Kerle nur getan?"

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**Chimäre 1
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Anastasia
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Re: [1032] Jungfräulein in Nöten [Anastasia]

Beitrag von Anastasia »

Ein leises Lachen erklingt unter dem Schleier, die schönen Augen blicken sie an und sie steht sehr behende auf.
"Anastasia, Schwesterchen, Anastasia die Verborgene. Du scheinst mir genauso wenig hilflos, wie ich es bin. Wie kommt es dich hier in solch einer Lage anzutreffen?"
Die Gestalt ist dürr, noch nicht ganz fertige Frau, klein. Ihre Arme und Beine waren wohl mal gebrochen. Ihre Kleider sind dreckig und zerrissen und waren es wohl schon vor dem Zwischenfall.
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Re: [1032] Jungfräulein in Nöten [Anastasia]

Beitrag von Sousanna »

Eine überraschend höfische Verneigung war die Antwort. Der jungen Frau schien die Eleganz einer Tänzerin innezuwohnen. Selbst wenn sie in eine derart missliche Lage geriet. Grinsend lehnte sie sich dann an die Hauswand und sah sich schließlich mit gespitzten Lippen nach den Resten ihrer Kleider um.
"Nein, das kann man so nicht sagen", gab sie zu und zuckte die schmalen, leicht gebräunten Schultern. "Sousanna, Weberin in den Nächten und Tochter von Dieben und Spielern." Stolz grinste sie und nickte dann zu ihrem verschleierten Gegenüber hinüber. "Ich hab von dir gehört."
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Re: [1032] Jungfräulein in Nöten [Anastasia]

Beitrag von Anastasia »

Anastasia versucht sich am Knicks, scheitert aber ziemlich.
"Wie.. ich bin doch relativ neu in der Stadt?"
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Re: [1032] Jungfräulein in Nöten [Anastasia]

Beitrag von Sousanna »

Ein listiges Grinsen umspielte die vollen, rosigen Lippen, während sie sich nach einem dunklen grünen Tuch bückte, dass wie durch ein Wunder verschont am Boden lag, und sich in einer geschickten Bewegung etwas daraus wickelte, das halbwegs züchtiger Bekleidung ähnelte. Auch wenn vermutlich nichts, das Sousanna trug jemals völlig züchtig auszusehen vermochte.
"Es ist meine Aufgabe, das pochende Leben in Genuas Adern zu fühlen, als wäre der Schmutz mein Blut. Und sein Putz der meine", orakelte sie und musterte die kleine verschleierte Gestalt erneut. Unverholenes Interesse lag in ihrem Blick.
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Re: [1032] Jungfräulein in Nöten [Anastasia, Sousanna]

Beitrag von Anastasia »

Anastasia lacht leise. Ein Gestank geht von ihr aus, als hätte sie länger nicht geduscht... und würde irgendwo vergammeln.
"Und was flüsstert der Dreck über mich?" Ihr neugieriger Blick versucht Sousanna ihre Geheimnisse zu entlocken.
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Re: [1032] Jungfräulein in Nöten [Anastasia, Sousanna]

Beitrag von Sousanna »

Ein halbes Lächeln huschte über die hübschen Züge, doch noch ließ es sich seine Mysterien nicht ganz entlocken. Den Gestank aber schien sie völlig zu ignorieren - selbst wenn ruhiger Atem ihre Brust regelmäßig hob und senkte.
"Die Straßen sagten bisher nur, dass jemand gekommen wäre, der durchaus nicht uninteressant sei." Breit und herausfordernd grinste sie die Kleine an. "Und für nicht uninteressante Individuen habe ich eine Schwäche."
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Re: [1032] Jungfräulein in Nöten [Anastasia, Sousanna]

Beitrag von Anastasia »

Sie lacht leise. Ihr ganzes Auftreten ist leise.
"Soviel Mühe, nur um mich zu finden?" Sie deutet mit dem Kinn Richtung geflohener Männer.
"Du siehst wie eine Kaufmannstochter aus, aber du bewegst dich nicht wie eine.
Ich meine deinen Namen auch schonmal gehört zu haben, aber... Namen sind nicht immer das, was sie scheinen."
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