[1032] Wiedersehen nach vielen Jahren [Angelique, Sousanna]

[Angelique]

Angelique lächelte scheu. "Ja, sehr gerne. Ich vergesse das meist oder bin zu faul dazu."

Sie schauderte leicht. "Ich fühle mich so schmutzig, Sousannoula", gestand sie kleinlaut. "Egal, wie oft ich mich wasche, ich fühle mich immer noch dreckig. Ich habe den Gestank der Kloake in der Nase und den Geschmack auf der Zunge. Es macht mich wahnsinnig!"

Eigentlich duftete sie sehr angenehm, konnte man finden. Offenbar hatte eine neue Facette des Irrsinns durch das Trauma in der gequälten Seele ein Zuhause gefunden.

[Sousanna]

Mit einem leichten Lächeln würde die Ravnos ihrer Freundin die Hand reichen und mit ihr in den Bauch des Schiffes gehen. Dort, wo die alten byzantinischen Muster die hölzernen Wände zierten, würde sie das Mondkind auf eine der weißen Liegen buchsieren, ehe sie einen Kamm aus dunklem Holz unter dem weichen Stoff ihres Kleides hervorzauberte, sich hinter sie kniete und sanft, aber bestimmt begann, die Locken des Mädchens zu entwirren.

Zärtlich strichen die so von Diebstahl und anderen schändlichen Dingen geübten Finger über Angeliques Haut. Der Duft ihrer Freundin würde ihr in die Nase dringen und sie umschmeicheln.
"So schlimme Erinnerungen brennen sich ein.", gab sie ruhig zurück und strich ihr liebevoll immer wieder übers weicher werdende Haar. "Ich kenne das. Aber ich kann dir versprechen, dass sie verblassen werden. Ein wenig. Zumindest soweit, dass es keine Qual mehr sein wird."

[Angelique]

"Hmm", schnurrte Angelique zustimmend. Sie genoß offensichtlich das Frisieren sehr. Wie eine kleine Katze, die man streichelte.
Verspielt liebkoste sie die Freundin im Gegenzug.

"Ich hoffe, du hast recht, Schwester. So möchte ich nicht die Ewigkeit verbringen. Wenn ich bedenke, dass ich fast bis zum Jüngsten Gericht in einer Kloake gelegen hätte..."

Sie schüttelte sich und suchte Schutz in den Rundungen ihrer Freundin vor der bösen Welt und sei es nur für eine kurze Weile.

[Sousanna]

Sacht senkten sich die Lider der Schönen während ihre Augen vor Zufriedenheit glühten. Wusste man nicht, dass sie schon lange jeder Form der Menschlichkeit abgeschworen hatte, hätte man meinen können, Sousanna hätte derlei Liebkosungen vermisst. Als dürstete ihr totes, kaltes Herz tatsächlich nach einer solchen Vorspiegelung von Frieden und Geborgenheit.
Ruhig schloss sie ihre kleine Freundin in die Arme und legte ihren Kopf auf den der Malkavianerin. So würde dieses gepeinigte Wesen in der wohlduftenden Dunkelheit ihres ebenholzfarbenen Haars eingehüllt sein, während ihre Fingerspitzen sacht den winzigen Rücken hinabperlten.

"Ich glaub es dir.", flüsterte sie und eine samtige Weichheit lag in der warmen Stimme. "Aber es ist vorbei. Du hast das überstanden."

[Angelique]

Angelique fühlte sich geborgen und genoss es eine Weile, nur so zu kuscheln.

Dann meinte sie: "Du musst mir alles berichten, was in den letzten Jahren geschehen ist. Welche neuen Kainiten in der Stadt sind. Und welche sterbliche Familien mächtig sind in den compagna. Wer gestorben ist und wer sich mit wem verfeindet und wer mit wem versöhnt hat."

[Sousanna]

Angelique würde ein sachtes Nicken spüren, ehe sich der Kopf der scheinbar älteren zurückzog und sie sich ruhig gegen eine der Wände zurücklehnte.
"Ach es gibt so viel und gleichzeitig so wenig zu erzählen.", gab sie zurück und schloss die Augen genau in jener Art, die die kleine Malkavianerin schon kannte. Es war jene Geste, mit der Sousanna sich für eine lange und ausschweifende Geschichte sammelte, in der Wahrheit, Traum und Schrecken zu einem Teppich verwoben wurden. Man mochte an Lagerfeuer zu denken, in diesen Augenblicken kurz bevor sie die Stimme hob. An den Geruch von Pferden und das Prickeln eines Diebstahls.

Und dann begann sie zu erzählen. Ausdauernd und stets mit einem Funkeln in den Augen. Dem Funkeln ihres Blutes, das Geschichten liebte. Immer wieder woben sich Stränge in ihre Erzählung, die scheinbar unwichtig waren, aber doch so gut erzählt, dass man ihnen gerne zuhörte und es ihr mit Freuden verzieh. Und obwohl sie lange sprach, kam keine Langeweile auf.

Schließlich aber hob sie mit einem Seufzen die Schultern und meinte mit einem leisen Schmunzeln: "Ja und so ist es nun einmal gewesen..."

[Angelique]

Das Funkeln war bedingt ansteckend und ein Echo blitzte in den ausdrucksstarken Augen Angeliques auf, die ja gerade so stumpf wirkten.

Ein leises Lächeln hübschte das Gesicht der Kleinen auf. Etwas mehr Leben kam in sie zurück und ihre Liebkosungen wurden weniger passiv. Ein bisschen von der alten, unverwüstlichen Angelique kehrte zurück, als sie sich als Dank für die Informationen sacht über die Ravnos hermachte.

[Sousanna]

Auch auf den vollen, roten Lippen war ein Lächeln entstanden. Sousanna liebte es Geschichten zu erzählen, doch sie liebte es genau so, welche zu erzählen. Und es gab nur wenige Tote, die so bereitwillig und aufmerksam zuhörten, wie das kleine Mondenkind es tat.
"Ich hab dich vermisst", hauchte sie, während ihre Hand sanft über den Nacken der Kleinen strich und sie sich ganz ihren Verführungskünsten hingab. "Mehr als du es glauben könntest."

[Angelique]

Angelique kicherte gedämpft zwischen den Rundungen der Schönen hervor, als diese sagte, sie habe sie vermisst.

"Ich kann ganz schön viel glauben, wie du weißt. Aber es ist schön, wieder da zu sein."

Sie grinste schelmisch. Nun wirkte sie tatsächlich fast wie die alte Angelique. "Sag, wenn du wieder das ganz spezielle Angelique speciale haben möchtest."

Unvermittelt wie immer sagte sie beiläufig. "Vergonzo und ich haben uns erkannt."
Sousanna würde wissen, dass Angelique das im biblischen Sinne meinte.

[Sousanna]

Da war wieder das Funkeln in ihren dunklen, großen Augen und ein breites, sehr sündiges Lächeln umspielte ihre inzwischen noch geröteteren Lippen.
"Wie könnte ich diesem Angebot jemals widerstehen?", raunte sie leise.

Und während sie sich seufzend diesen Wonnen hingab, lauschte sie Angeliques Worten. Ob es sie nun besonders überraschte oder nicht, war nur schwer zu erkennen, doch in jedem Fall fragte sie zwischen zwei Seufzern. "Und? Ist er ein guter Liebhaber?"