[1034] Leiden lindern [Galeno, Iulia]

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Nubis
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Re: [1034] Leiden lindern [Galeno, Iulia]

Beitrag von Nubis »

"Wenn man sich ein ruhiges Zimmer nehmen kann, schon..." meinte Galeno ruhig und wieder einmal ohne jegliche emotionale Regung. "Aber wenn euch das Elysium angenehmer erscheint. Es erscheint mir allerdings auch nicht sonderlich passend, aber es wird gehen. Ich könnte und würde euch auch zu mir einladen, der wohl passendste Ort dafür, jedoch möchte ich euch nicht den weiten Weg zumuten, des Nachts durch die Wildnis über leider noch sehr unausgebaute Handelspfade.. "
Er sah sie für einen Moment schweigend an, die Augen musterten tatsächlich ihre Konturen und für einen Moment schienen Galenos Züge doch etwas weicher zu werden. Aber dieser Moment war schnell wieder vorbei. Die Arbeit rief, die sterbende Frau war wichtiger und sowieso... irgendwas anderes noch schien ihn zu stören und schnell den Blick dann abwenden zu lassen.

"Dann in einer Woche im Elysium." Er nickte noch einmal und verschwand dann hinterm Tuch, welches das Krankenbett vom Rest des Raumes trennte.
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
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Iulia Cornelia
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Re: [1034] Leiden lindern [Galeno, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Ich nickte und verabschiedete mich dann noch einmal stumm, bevor ich einige Schritte rückwärtsging, mich der Tür zuwandte und den Raum daraufhin verließ. Nachdem ich die Tür hinter mir zugezogen hatte, stand ich kurz da und betrachtete den Nachthimmel. Dann erst sah ich zu der einen Seite und verweilte mit meinen Augen auf der Kleinen, bevor ich mich mit ernsterem Blick dem Hausherrn und den zwei Söhnen zuwandte und auf sie zuschritt.

Als ich vor dem Mann stand, erklärte ich mit gedämpfter, aber warmer Stimme: „Der Medicus ist noch bei Giada. Er hat entschieden ihr ein Mittel gegen ihre Schmerzen zu verabreichen. Ihr werdet bald wieder zu ihr können. Ich darf mich nun verabschieden. Meine Fähigkeiten als Obstetrix waren hier nie von Nöten, denn der Medicus ist ein äußerst erfahrener und resoluter Mann.“ Mein Blick aus blaugrauen Augen wanderte stumm über die Kinder, bevor er wieder zu ihm zurückfand. „Gott behüte dich, Signore. Dich und deine Familie.“

Ich spürte, wie der warme Umhang einer der Wachen um meine Schulter gelegt wurde und ich schlug die Kapuze über mein Haupt, bevor ich dem Hausherrn und seinen Söhnen zunickte, um mich mit meinen Begleitungen auf demselben Weg aus Burgus schweigend zurückzuziehen, auf dem wir gekommen waren.

~*~
Eine Woche später stand ich auf der linken Seite des Altarraums des Elysiums, mich in stummer Geduld übend und auf die Ankunft Galenos wartend, um ihn angemessen zu grüßen, sobald er eintreten würde. Wie bei unserer ersten Begegnung stand eine für ihn vertraute, weitere Gestalt bei den Wächtern. Tief im Gespräch mit ihnen versunken, aber ebenso respektvoll grüßend, sobald er eintreten würde.
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Nubis
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Re: [1034] Leiden lindern [Galeno, Iulia]

Beitrag von Nubis »

Der Grobian von Ehemann schnaufte tief aus, war aber durch ihre Aufmerksamkeit ihm gegenüber wieder etwas ruhiger geworden. Es ging also voran, nur in welche Richtung?
So nickte er und bedankte sich sogar noch knapp mit „Danke, gute Heimreise.“
Als sie die Szene verliess, wartete die Familie noch immer, ehe dann irgendwann die Tür sich öffnete und sie hereingebeten wurden.
-*- Es war beinahe Mitte der Nacht, als zwei Herren das Elysium betraten. Beide zogen ihre Kapuze herab und zum Vorschein kamen der kleine, junge Galeno und sein Ghul, der hübscher geworden war, als wäre er jünger geworden, vielleicht aber auch sein jüngerer Bruder?
Der Begleiter blieb in der Nähe des Eingangs, gesellte sich aber nicht zu jenem, der bei den Wachen stand. Galeno, höflich wie immer, grüsste alle, auch die Wachen und eben auch den ihn bekannten Begleiter Iulias und schritt weiter in Richtung Altar. Er nickte ihr zu, doch ignorierte sie danach für einen Moment, senkte den Blick, wickelte den Rosenkranz vom Handgelenk und zählte in einem ruhigen Gebet die Holzperlen ab.
Erst dann wendete er sich ihr zu.

„Seid gegrüsst. Wie ist es euch in den letzten Nächten ergangen?“ sprach er leise, doch die Worte füllten den Raum mit ihrem lieblichen Klang. Hier wurde selbst ein Flüstern weit getragen.
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Iulia Cornelia
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Re: [1034] Leiden lindern [Galeno, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Ich ertrug es ignoriert zu werden ohne zu murren. Stattdessen widmete ich mich weiterhin der Tafel, mit welcher ich mich zuvor beschäftigt hatte, während ich ihn im Augenwinkel behielt, um meine eigene Tätigkeit einzustellen, sobald er nach meiner Aufmerksamkeit suchte. Als er es tat, wandte ich mich umgehend ihm zu.

„Seid auch ihr mir gegrüßt.“, erwiderte ich seine Worte gedämpft, jedoch nicht flüsternd, bevor ich mit höflichem Gesichtsausdruck meinte: „Danke für eure freundliche Nachfrage. Ich kann mich nicht beklagen oder gar beschweren. Ich hoffe der Weg hierher war nicht zu weit.“
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Nubis
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Re: [1034] Leiden lindern [Galeno, Iulia]

Beitrag von Nubis »

"War er nicht.." meinte er ruhig, dies eher beiläufig erwähnend, ohne dem eine besondere Gewichtung zukommen zu lassen.

"Es ist schade, dass ihr nicht habt mehr tun können, schade, dass dies Kind keinen Lebensfunken mehr im Leib hatte."
Diese Worte waren dagegen deutlich mit Gewicht versehen. Ein wenig Schwermut lag darin, Bedauern, aber auch die Gewissheit, dass der Tod eben zum Leben dazu gehörte und nicht zu sehr betrauert werden sollte. Das Bedauern lag wohl weniger darin begründet, dass ein oder gar zwei Leben nicht gerettet werden konnten, als darin, dass ihr Handwerk nicht zur Ausübung gekommen war.

"Ich hätte zu gern beobachtet, wie ihr neuem Leben das Licht der Welt zeigt. Doch es hat in dieser ersten Nacht nicht sein sollen. Vielleicht ja in einer anderen?"

Er musterte sie. War sie bereit noch einmal gerufen zu werden, oder hatte es ihr gereicht?

"Ich konnte sehen, dass ihr sehr fürsorglich mit der Kranken umgegangen seid und euch dahingehend auch Gedanken gemacht habt. Etwas, was Vertrauen schafft. Etwas, was ich gebrauchen kann..."
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Iulia Cornelia
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Re: [1034] Leiden lindern [Galeno, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Entgegen seines Schwermuts verblieb mein Gesicht geradezu ausdruckslos und meine Augen starr gesenkt, als er davon gesprochen hatte, was er als schade empfunden hatte. Auch die Aussicht auf eine Widerholung erschuf weder Freude noch Ablehnung bei mir, war es schließlich nichts, was ich beeinflussen konnte.

Als Galeno geendet hatte, meinte ich nach einer Pause: „Manches Mal sind einem einfach die Hände gebunden.“ Ich zuckte leicht mit den Schultern, konnte ich es schließlich nicht verändern, bevor ich sprach: „Habt jedoch Dank für eure warmen Worte.“
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Nubis
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Re: [1034] Leiden lindern [Galeno, Iulia]

Beitrag von Nubis »

Er wirkte tatsächlich leicht verwirrt. Er hatte Worte gewählt, die einen schönen Klang hatten, die sicherlich angenehm waren, doch als warm empfand er sie nicht. War es das, was man ihm immer gesagt hatte, dass man seinem Gegenüber mit den Worten etwas Gutes tun sollte? Dass man sie geschickt wählen sollte? Es war seiner Meinung nach eher Zufall gewesen und kam zudem sehr selten vor, dass er mal das getroffen hatte, was er in etwa ausdrücken wollte, auch wenn es am richtigen Gefühl dafür mangelte.
Iulia sah in seinen Zügen wohl eher, dass er etwas in sich gekehrt war und sinnierte, obwohl er sie trotzdem anstarrte. Beinahe in etwa so, wie ein Künstler, der ein Kunstwerk nicht verstand, oder besser gesagt, nicht verstand, warum er dieses gerade geschaffen hatte und kein anderes.

"Mhh..."
Die ersten Worte waren nur ein Ton, ein leichtes Murmeln. Dann bewegten sich die Augen weg von ihr zu jener Tafel, nahe der sie standen. Er betrachtete sie nicht wirklich, sondern nutzte den neuen Fixpunkt zum Sammeln. Schlussendlich schlossen sich die Lider und er verharrte einen Moment in vollkommener Ruhe.

"Meint ihr, dass wir noch zu positiven, menschlichen Gefühlen in der Lage sind, oder dass jene, die sie einst verdrängt oder von sich gestossen haben, diese wieder erlangen können?
Macht es Sinn, oder wäre es reine Zeitverschwendung dem nachzugehen? Benötigen wir sie, oder sind sie eher nur Laster und Schwächen?"

Noch so in sich gekehrt, fragte er sie scheinbar aus dem Blauen heraus. Vielleicht konnte sie ihm Antwort geben, vielleicht aber auch nicht.
Und er öffnete währenddessen seine Augen wieder und musterte Iulia neugierig mit seinen bernsteinfarbenen Augen.
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Re: [1034] Leiden lindern [Galeno, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Meine Stirn runzelte sich bei seinen Fragen, bevor ich schließlich bewusst den Kopf schüttelte. „Wir sind keine Menschen mehr.“, stellte ich ruhig aber auch bestimmt fest, bevor ich fortfuhr: „Ich glaube, dass man Gefühle grundsätzlich nicht für immer verdrängen oder von sich stoßen kann. Womöglich ist es aber auch etwas, was letztlich unweigerlich kommt, je älter wir werden.“

Ich zuckte mit den Schultern, als ich erklärte: „Ob Gefühle benötigt werden, Zeitverschwendung, Laster oder Schwächen sind, kann ich nicht beurteilen. Sie machen uns ohne Zweifel angreifbar und auch ein Stück weit verletzlich, aber für mich waren sie immer ein Teil der Musik und somit unweigerlich ein Teil meiner selbst. Ich bin dankbar dafür zu Gefühlen in der Lage zu sein, denn ich wüsste nicht, wie ich ohne sie singen könnte. Wie ich Freude, Liebe, Überraschung, aber auch Ärger, Angst, Ekel, Scham und Traurigkeit ausdrücken sollte, ohne diese überhaupt zu kennen. Wie ich Andere berühren sollte und könnte, ohne selbst dabei und davon berührt zu sein.“

Nach kurzem Schweigen fragte ich höflich: „Haltet ihr selbst denn Gefühle für unnötig, Zeitverschwendung, Laster oder gar Schwäche?“
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Re: [1034] Leiden lindern [Galeno, Iulia]

Beitrag von Nubis »

"Nein, Menschen sind wir keine," bestätigte er ihre Worte in einem sachlichen Ton.
"Gänzlich verdrängen und von sich stossen kann man die Gefühle vermutlich nicht, aber man kann sie verlernen. Ja, es mag eine Frage des Alters sein, aber auch der generellen Erlebnisse, der Erziehung, die man genoss, der Wege, die man anstrebt."

Nachdenklich musterte er sie und schüttelte dann leicht mit dem Kopf.
"Wer sie hat und fühlen kann, sollte sie womöglich behalten und bewahren, so lange es möglich ist."
Seine Stimme klang plötzlich recht sanft und voll Verständnis. Wie ein Lehrmeister, der die Lektion als besonders wichtig empfand und dies auch auf gutem Weg einem Schüler beizubringen versuchte. Und doch schwang Schweremut mit. Ein bitterer Klang, ein Gefühl von Trauer oder Hoffnungslosigkeit.

"Sie können einen schwächen und seltsame Entscheidungen treffen lassen, wenn sie einen überkommen und den rationalen Gedanken gänzlich zur Seite werfen. Doch ist diese Erfahrung keine Zeitverschwendung, sofern man ihrer auch wieder Herr wird."

Er brach ab und lächelte.

"Ihr legt also eure Gefühle in euren Gesang? Könnt ihr andere damit auch bewegen, die Gefühle von euch auf ihn übertragen?"
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Re: [1034] Leiden lindern [Galeno, Iulia]

Beitrag von Iulia Cornelia »

Interessiert hörte ich Galenos Ausführung zu, doch weder nickte ich, noch schüttelte ich den Kopf oder stellte selbst weitere Fragen hierzu, zumal er abgebrochen hatte. Stattdessen zuckte ich leicht mit den Schultern, als ich erklärte: „Ob ich andere damit auch bewegen kann, vermag ich nicht zu beurteilen. Musik kann heilende Wirkung entfalten und Herzen berühren, doch man muss sich selbst dafür öffnen und es auch zulassen. So ich singe, bin ich in erster Linie stets ganz bei mir und mir allein. Was ich dabei fühle, spiegelt sich in meinem Gesang wider und was ich singe, das fühle ich auch selbst. Das war schon immer so bei mir.“ Meine langjährige Begeisterung für den Gesang hatte sich auf meine Stimme übertragen und ich strahlte förmlich, als ich davon gesprochen hatte. „Ich weiß nicht, woran es genau lag, aber manches Mal sprang der Funke dann einfach auf andere mit über.“, erklärte ich abschließend und mit einem fröhlichen, unbeschwerten Lächeln auf den Lippen.
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