[1034] Frostnächte [Alain, Zoe]

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Alain le Beau
Tzimisce
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[1034] Frostnächte [Alain, Zoe]

Beitrag von Alain le Beau »

Selbst im sonst so lieblichen Ligurien kann der Winter mit Sturm und Regen hereinbrechen. Dann prasseln die Wassermassen auf die Dächer der Hütten, die Straßen verwandeln sich in unwegsame Sumpflandschaften und wer kann, der zieht sich in die eigenen vier Wände zurück - oder zumindest in die nächste Taverne. Heute ist so eine Nacht. Während draußen die Welt scheinbar untergeht, sitzt eine fröhliche Gesellschaft von Reisenden und Stammkunden im Gasthaus vor den Toren und sucht das Vergessen. Der tosende Wind wird ebenso ausgeblendet wie die Schrecken des vergangenen Jahres, das Blut und die Toten, die Kämpfe geradezu vor der Haustür. Staglieno, das kleine Dorf vor dem Stadttor, es erholt sich auf seine Weise.

In der vollen Schankstube eilen junge Dinger mit voll beladenen Tellern und gefüllten Krügen hin und her, sammeln fleißig Komplimente, unzüchtige Berührungen und jede Menge klingende Münze. Der junge Wirt steht hinter dem Tresen und hört sich verständig nickend das Leid geplagter Ehemänner an, während sein Vater in der Ecke sitzt, noch immer die Spuren einer unschönen Begegnung im Gesicht. Gelegentlich zieht sich einer der Gäste zum Schlafen zurück, doch das Gasthaus ist dafür bekannt, seine Lichter oft bis in die späten Abendstunden brennen zu lassen und so kommt noch gelegentlich der ein oder andere Zecher hinzu, füllt die entstandenen Lücken wieder auf.

An einem der Tische geht es besonders fröhlich zu. Hier sitzt ein junger Edelmann mit seinen Kumpanen zusammen und wirft die Knochen. Wann immer einer der Würfel besonders günstig fällt, ertönt ein lautes "Ohhhh!" oder "Ahhh!" aus der Menge. Dreckige Witze und scherzhafte Beleidigungen runden die atmosphäre ungezügelter Männlichkeit ab. Bei all dem Schulterklopfen, den Fauststößen und anderen alkoholbegünstigten Formen der Zuneigung fällt es kaum auf, dass die Hand des Edelmanns gelegentlich zwischen die Beine seines Nachbarn wandert und diesem ein leises Stöhnen entlockt. Kurz gesagt, es ist eine freudige Runde, die dort das halbe Gasthaus unterhält, insbesondere, als eine Stimme ein deftiges Liebeslied anstößt und die anderen aus voller Kehle mitsingen...
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Zoe Karezi
Brujah
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Re: [1034] Frostnächte [Alain, Zoe]

Beitrag von Zoe Karezi »

Als würde sie ihn als eine Art schützende Mauer vor Wind und Regen nutzen, lief das junge Mädchen direkt hinter dem Mann, der an Masse und Große wohl das Doppelte von ihr hatte. Auch noch als der Mann, der genauso gut ihr Vater sein könnte, die Tür zur Taverne öffnete, folgte sie ihm nahezu mit kaum einer Armlänge an Abstand. Es war voll, es war laut und alles Leben schien sich unter diesem Dach versammelt zu haben. Einst hatte sie große Freude daran haben können sich mitten in diesem Trubel zu befinden. Im Moment war sie allerdings nur froh, dem Sturm draußen entkommen zu sein. Wenn auch nur für eine Weile, damit sich ihr Begleiter aufwärmen konnte. Es zog ihn direkt in die zu einem der Tische, in der Nähe einer Gruppe an Männern die gerade besonders viel Spaß zu haben schienen. Sie zog es ihm hinterher. Ob das nun die optimale Stelle zum Rasten war, war eine andere Frage. Gerade für jemanden wie sie. Aber viele Optionen hatten sie nicht gehabt. Zudem konnte sie gar nicht anders als neugierig durch die Menge zu blicken, während der Mann im mittleren Alter die Gewänder die sie vor dem schlechten Wetter schützen sollte, zum Trocknen geschickt aufhing.
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Alain le Beau
Tzimisce
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Re: [1034] Frostnächte [Alain, Zoe]

Beitrag von Alain le Beau »

Als sich die Tür öffnet und die kleine Gruppe eintritt, ebbt der Lärmpegel in der Taverne langsam ab - ungefähr in dem Maß, wie sich Augenpaare auf die Neuankömmlinge und insbesondere die schlanke Gestalt in ihrer Mitte richten. Zoe kann offene Münder sehen, aus denen noch ein Rest des dicken, körnigen Bieres tropft, einen Mann, der seinen selig schlafenden Sitznachbarn kräftig in die Seite stößt und auffällig unauffällig auf sie zeigt, sowie den Wirt, welcher der kleinen Gruppe bereits entgegeneilt. Einzig die Gruppe der Würfelnden singt unbeschwert weiter. Doch Zoe fällt etwas auf: Der junge Edelmann, ein schwarzgelockter Schönling, singt nicht mit. Stattdessen liegen seine Augen auf ihr, ein beinahe stechender Blick, in dem Neugier und Lust zugleich liegen. Seine Zunge fährt über seinen Eckzahn...

"Kann ich euch etwas bringen, werter Herr, junge Dame?" Die Stimme des Wirtes reißt die Brujah aus ihren Beobachtungen. Er scheint noch ziemlich jung, hat dreißig Lenze noch nicht erreicht, wenn sie nicht völlig falsch liegt. Offenbar hat er sie unter die Kategorie 'meine Besseren' einsortiert, denn sein Gebahren ist beinahe schon unterwürfig. "Wir haben ganz vorzüglichen Wein, frisch erwärmt und mit duftenden Kräutern, noch heute geschnitten von..." Hier blickt er den vermeintlichen Vater an "...den jungen Händen hübscher Sammlerinnen." Denn obgleich die Tochter eine Augenweide sein mag, sie ist doch nur eine Frau.
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Zoe Karezi
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Re: [1034] Frostnächte [Alain, Zoe]

Beitrag von Zoe Karezi »

Die Atmosphäre änderte sich spürbar als sie in die Taverne gingen und auch wenn es nicht in ihrem Sinne war, zogen sie natürlich Aufmerksamkeit auf sich. All die Blicke und Aufmerksamkeit schienen das Mädchen allerdings näher heran an den Rücken ihres Vaters zu drängen. Doch spätestens als sie saßen und ihre Sachen ablegten, schien das Vorhaben ohnehin vollkommen sinnlos gewesen zu sein. Obgleich sie sich eben noch versucht hatte sich zu verbergen, war sie nun diejenige die neugierig ihre Umgebung und die Gäste der Taverne beobachtete. Zumindest bis ihre Augen bei einer der Personen zum Ruhen kamen. Etwas Verwunderung lag in ihrem Blick als sie den des schwarzgelockten Edelmannes wahrnahm. Und als wäre sie plötzlich unglaublich verschüchtert, wandte sie den Blick direkt wieder von ihm ab und sah zum Wirt auf, der ihnen, oder eher ihrem Begleiter den Wein anpries. Kurz tauschte sie mit ihrem vermeintlichen Vater Blicke aus und ein kaum merkliches Lächeln legte sich auf die Lippen des jungen Mädchens.

Zoe hatte nie verstanden weswegen manche Männer glaubten, dass wenn junge hübsche Frauen etwas taten es besser schmecken oder sein sollte. Vermutlich war es auch in diesem Fall irgendeine rundliche Mutter oder Großmutter, die sich ein paar Groschen dazu verdiente. Aber… es regte wohl die Fantasie an und auch die Augen ihres Begleiters leuchteten kurz auf. Ob es die Vorfreude auf den Wein war, oder die Vorstellung, dass junge hübsche Hände die Kräuter berührt hatten, blieb für sie gerade im Verborgenen. So genau wollte sie es dann aber doch auch nicht wissen. „Dann bringt uns den Wein.“, stimmte ihr Vater dem Angebot des Wirtes zu und sie wussten Beide, dass nur er ihn trinken würde, was ihn nicht weniger zufrieden stimmte. Im Gegenteil. Sei’s drum.
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Alain le Beau
Tzimisce
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Re: [1034] Frostnächte [Alain, Zoe]

Beitrag von Alain le Beau »

Den beiden wird ein Tisch in der Ecke zugewiesen und kurz darauf wird der Wein in zwei Becher eingeschenkt und herangetragen. Auch wird ein Tonkrug zum Nachfüllen dazugestellt. "Seid ihr Reisende?" fragt der Wirt freundlich, während er den Becher vor dem 'Vater' platziert. "Wir haben ganz ausgezeichnete Zimmer, auch für den erlesenen Geschmack. Im Hinterhof, fern vom Lärm der Gaststube. Und günstiger als die Zimmer in der Stadt allemal." Er stellt auch Zoe den Becher hin und nickt ihr zu. "Und natürlich fern von den Blicken der Betrunkenen. Ich vermute kaum, dass sich eine Dame wie ihr den Boden mit Handwerksgesellen und Handelsgehilfen teilen möchte."

Wieder erhascht Zoe einen Blick an dem Wirt vorbei, auf den Edelmann. Dieser scheint für den Moment auf seine Würfel konzentriert. Doch gerade, als ihre Augen weiterwandern wollen, hebt er den Kopf, fängt ihren Blick auf. Und lächelt. Es ist ein warmes Lächeln, das einer Sterblichen sicher das Herz hätte schneller schlagen lassen.
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