[1012] Ein Spiel voller Unschuld [Simon]

[September + Oktober '18]
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Sousanna
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Re: [1012] Ein Spiel voller Unschuld [Simon]

Beitrag von Sousanna »

Zart rannen ihre Berührungen über seine Haut wie die warmen Tropfen eines Sommerregens. Ihr Lächeln selbst schon bittersüße Liebkosung.
Dann aber schüttelte sich der Kopf der jungen Schönheit ganz sacht. "Dichter, Denker und Dummköpfe sind mir gleich heute Nacht.", flüsterte sie und sacht malten ihre Finger kleine Kreise auf seinen ergrauten Schläfen. "Königinnen, so stolz und mächtig sie anderswo sein mögen, auch."
Zarte Küsse trafen ihn erneut. Fanden nicht mehr nur sein Gesicht. "Mein guter Simon kümmert mich." Dunkler war die Stimme geworden, vielleicht hatte sich auch ein rauerer Ton darin eingeschlichen, doch wer wusste das schon.

Sacht, aber machtvoll richtete sich ihr schlanker Leib wieder auf, zog ihn, nein lockte ihn mit sich auf die Knie, um ihm erneut ins Gesicht zu sehen. "Heute Nacht ist gemacht, um zu vergessen und neu zu beginnen." Und damit begann der kunstvolle Tanz ihrer Finger mit der Schnürung ihres Mieders, noch mehr Sinnlichkeit zu verbreiten.
Ach! es sey die letzte meiner Thräne,
Die dem lieben Griechenlande rann,
Lasst, o Parzen, lasst die Schere tönen,
Denn mein Herz gehört den Todten an!
Friedrich Hölderlin
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Simon
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Re: [1012] Ein Spiel voller Unschuld [Simon]

Beitrag von Simon »

Wenn jemals Zweifel an ihrer Stärker und ihrer Sinnlichkeit bestanden hatten, so waren sie nun wie ausgelöscht. Simon lauschte dem Timbre ihrer Stimme, als sie diese süßen Worte sprach. Er schmeckte ihre Lippen, als sie auf die seinen trafen, und mit dem Blick folgte er dem Tanz ihrer Finger.
Er saß mehr, als dass er kniete, blickte Sousanna in die Augen, während ihre Hände dahinglitten, die Finger sich bewegten, und legte den Kopf schief, als würde er nach etwas lauschen, einer Stimme, die mit diesem Duft nach Orient einherging, um ihm zu sagen, was als nächstens geschehen sollte. Ein Orakel aus Düften gedämpftem Licht.
Seine Hände lagen auf seinen Oberschenkeln. Er saß dort wie eine Statue, wie gebannt von dem, was sie ihm zu zeigen versprach, wie das Echo einer herrlichen Erinnerung, das nun mehr Gestalt annahm und ihn ganz in den Bann zog, als hätte er nur für diesen Augenblick existiert, nur für das Glück, nein, die Ehre, diese herrliche Gestalt betrachten zu dürfen und einzutauchen in dieses Meer aus Zärtlichkeit und stummer Lust. Das Braun seiner Augen - die eine Rehs - verbargen kaum noch die Wildheit, die dahinter lag, eine urtümliche Seele, die sich mit dem eines Menschen vermischte und eine einzigartige Leidenschaft hervorbrachte, wie sie ein einfacher Mensch sich nicht einmal zu träumen wagte.
"Wir können den Wind nicht ändern", flüsterte er sanft und in einem melodischen Griechisch, das selbst der Schönen vor ihr Gänsehaut bereiten musste, "aber wir können die Segel richtig setzen." Er lächelte wie ein Poet, der nun den letzten Vers geschrieben hatte auf jenes herrliche Pergament der Leidenschaft. "Sehen wir, wohin wir uns treiben lassen."
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Sousanna
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Re: [1012] Ein Spiel voller Unschuld [Simon]

Beitrag von Sousanna »

Der Sänger sah wie sich die Wellen der freudigen Erwarten sich über die honigfarbene, warme Haut gossen. Was auch immer sie war, ihr Körper war so völlig menschlich wie es nur der einer jungen, schönen Frau sein konnte.
Zu seinen Worten begann sich ihr Leib sacht zu wiegen, wie zu einer dezenten Melodie. Es war der Tanz des Orients. Das Wogen byzantinischer Wellen. Das Schimmern des Sandes, wie das Meer darüber glitt, so glitten die schillernden Stoffe elegant von der weichen Haut.
Mit sachter, natürlicher Eleganz fassten ihre Hände die seinen und zogen sie mit in diesen stummen Tanz ruhiger und doch so ungezähmter Leidenschaft.

Und während draußen das Gewitter ausbrach und der Regen den Dreck der Straßen fortspülte, lagen zwei Reisende beieinander ohne zu erkennen, dass sie doch beide Jünger der schmutzigen Straßen und guten Geschichten waren.

Schließlich lag die Schöne in den Armen des Poeten und unter den schweren Lidern lag nun das zarte Glühen stillen Friedens. Das sanfte Lächeln lag auf ihren vollen, warmen Lippen. Noch immer malten ihre Finger sanfte Muster auf seine kühle Haut.
"Simon" Ihre Stimme war beinahe ein Schnurren und die Lippen flüsterten so dicht an seiner Haut, dass er immer noch den falschen Atem fühlen würde. "Willst du mir nun verraten, wer du bist? Damit ich weiß, wer mich da bald besuchen kommt?"
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Simon
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Re: [1012] Ein Spiel voller Unschuld [Simon]

Beitrag von Simon »

Er lag da, die Augen geschlossen, die Lippen leicht geöffnet wie zu einem Lied, zu einem Vers, der niemals ausgesprochen werden würde. Auch kein Lied, das er jemals gehört hatte, wurde dieser Erfahrung mit ihr gerecht. Er lag da, überlegte sich eine Antwort, doch was er auch denken mochte, in seinem Gesicht zeichnete sich deutlich die Entscheidung ab, bei der Wahrheit zu bleiben.

"Ich suche etwas", gab er zur Antwort, "doch geht es mir seit Langem ab. Ich bin auf der Suche nach einem Heim, einem Ort, an dem ich mir nicht immer Gedanken um die nächste Nacht machen muss. Ich will ..." Hier stockte er, öffnete plötzlich die Augen und blickte in ihre. "... nun ... leben. Frei sein. Wieder ..." Erneut suchte er nach Worten, rang nach den richtigen Ausdrücken. "Ich will nur Simon sein und als solcher geliebt werden."
Ein Lachen, so leise, dass es sich mit dem Regen vermischte, kam über seine kühlen Lippen. "Deswegen sagte Isabella, ich sei ein Narr. Dieser Art Menschlichkeit hinterherzulaufen, sagte sie, wäre reine Torheit."
Er ergriff Sousannas Hand, drückte sie wie ein Liebender, der gerade erst erfahren hatte, welch Geschenk ihre Gegenwart war.
"Ein Narr besucht dich, meine Liebe. Aber einer, der wenigstens nicht stehenbleibt, weil es ihm angenehmer ist."

Wieder Schweigen. Dann, als hätte er entschieden, dass nichts ungesagt bleiben durfte, sagte er in seinem nativen Italienisch, das ohne Schnörkel und Zier war: "So wirst du mich wiedersehen. Aber nur du. Wenn du es denn erlaubst."
Er streichelte sanft ihre Wange und hauchte einen Kuss darauf. Vielleicht der letzte für diese Nacht.
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Sousanna
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Re: [1012] Ein Spiel voller Unschuld [Simon]

Beitrag von Sousanna »

Mit sanfter Geste strich die fremde Schöne über die Nase des Mannes, der sich so gerne einen Narren scholt. Ihr Lächeln war zart und rein und doch so wissend.
"Wenn du das willst, darfst du dieses Haus hier Heim nennen.", hauchte sie und lächelte ehrlich bei seinem Kuss. Dann richtete sie sich halb auf und sah sanft auf den Sänger hinab. Wie ein Wasserfall aus Mahagoni goss sich das lange Haar über ihre schmale Schulter. "Fürs Erste in jedem Fall. Ich weiß wie schwer es ist hier anzukommen." Sie seufzte und ihr Blick wandte sich zu dem auf seltsame Weise noch immer rosigen Licht hinter den Vorhängen. Tiefe Melancholie lag in den großen Rehaugen voller Unschuld. "Vor allem, wenn uns die Menschlichkeit auf die eine oder andere Weise so anhängt."
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Re: [1012] Ein Spiel voller Unschuld [Simon]

Beitrag von Simon »

"Liebste Sousanna", sagte er leise und lächelte. "Ich danke dir." Er nahm ihre Hand, betrachtete ihren herrlichen Körper, vergeistigte sich den Strom aus dunklem Haar und richtete sich gleichfalls auf.
"Wir sind was wir sind", flüsterte er sanft und küsste einmal ihren Hals, dann ihre Wange und ihre Lippen. "Doch können wir so viel mehr sein. Gemeinsam." Auch wenn er sie nicht wärmen konnte, so umarmte er sie dennoch. "Diesen Weg können wir zusammen bestreiten und womöglich das finden, was wir beide suchen."
Er suchte ihren Blick. "Uns mag vieles anhängen, meine Liebe - meine Sofia. Doch definiert es uns nicht. Sage mir, was ich für dich tun kann, und ich werde es tun." Ein ehrliches Lächeln, wieder die Berührung der Finger, die ihre umschlossen. "Nur ein Wort genügt."
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Sousanna
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Re: [1012] Ein Spiel voller Unschuld [Simon]

Beitrag von Sousanna »

Zart schmiegte sie sich an ihn. Beinahe als wäre ihr Leib dazu geschaffen, an der Seite eines Mannes wie Simon zu liegen. Die zarten Finger ließen sich umschließen, doch ihr Lächeln war genießerisch, doch eine tiefe Traurigkeit lag in den dunklen, riesigen Augen.
"Sag es nicht", hauchte sie und eine ehrliche Zerbrechlichkeit war in ihrer warmen Stimmen. "Die Welt, in der wir wandeln ist kalt. Und man sollte keinem Krallenvogel Versprechungen machen, die bitter werden können."
Noch einmal fanden ihre Lippen die seinen. "Ich will Sousanna sein, Simon, nicht Isabella. Ich will, dass du Simon bist, kein Narr."
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Simon
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Re: [1012] Ein Spiel voller Unschuld [Simon]

Beitrag von Simon »

Er erwiderte den Kuss und schwieg, wenngleich seine Lippen leicht geöffnet waren. Er blickte in ihre Augen, sah, was sie meinte, und streichelte wieder durch ihr Haar.
Eine Antwort blieb er zunächst schuldig. Wie zuvor traten leicht die Falten in sein Gesicht, während das rötliche Licht, das durch die Fenster dran, ihn noch blasser wirken ließen. Nein, sie war nicht Isabella, das konnte sie in seinem Gesicht deutlich ablesen. Doch sah sie auch die Sorge, die Erinnerungen, das, was gewesen war vor ihr, vor ihrer Begegnung.
"Eine Nacht", sagte er und kehrte ins Griechische zurück, damit kein Wort verlorenging, "kann nicht viel ändern. Sei Sousanna. So wie ich Simon bleibe." Er blickte zu Boden, betrachtete ihren flachen Bauch, ihre wunderschönen Oberschenkel, zwischen denen es so herrlich gewesen war. "Glaube mir: Bitterer Versprechen mache ich keine."
Er schloss die Augen und nahm noch einmal ihren Duft in sich auf.
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Sousanna
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Re: [1012] Ein Spiel voller Unschuld [Simon]

Beitrag von Sousanna »

Zart strichen ihre Knöchel über seine Wangen. Sie schien seine unnatürliche Blässe nicht wahrzunehmen. Zart fanden ihre Lippen erneut seinen Hals, schienen die einstigen Adern seines Lebens zu finden, sie mit ihrer Wärme zu liebkosen. Ihre sachten Finger fuhren die Falten voller Sorgen nach und ein so sachtes Lächeln lag auf ihren Lippen, dass sie die Bosheit der Welt damit hätte bekämpfen können.
"Eine Nacht ist Anfang und Ende der Welt.", flüsterte sie leise und schüttelte mit einem freudigen Lächeln den Kopf. "Aber jetzt musst du dich ausruhen, damit du wiederkommst."

Mit einem Seufzen setzte Sousanna sich auf. Das Meer aus Mahagoni floss über ihre Schultern nach vorne, bedeckte ihre Blöße. Sogar in den dunklen, Augen lag pure Wärme. "Ich halte dich für einen guten Mann mit Verstand. Kehre jederzeit in mein Haus zurück, nenne es Heim und rufe wenn es nötig ist, Sousanna Kantakuzenos von Byzanz und Genua, neugeboren im Blute der Wanderer, Harpyie Genuas, Beisitzerin des Senats unter dem Monde, Weberin in den Nächten, liebreizende Herzogin dunkelster Gassen, Kind von Caspar, Ancilla des Clan der Wanderer, Fürst und Erretter der Thrakischen Lande an deine Seite." Ein verschmitztes Funkeln lag in ihren Mundwinkeln bei dieser Offenbarung. Eines, das noch immer nicht im Geringsten boshaft schien.
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Simon
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Re: [1012] Ein Spiel voller Unschuld [Simon]

Beitrag von Simon »

Wäre er nicht solange auf Wanderschaft gewesen und hätte in seinem - bisher recht kurzen - Unleben nicht bereits solche Darstellungen von Schönheit, Macht und Selbstsicherheit gesehen, er wäre wie ein verängstigtes Kaninchen zur Türe hinausgerannt. Wie der Mann aber, der vor diesen vielen süßen Stunden in ihr Heim gekommen war, das Sousanna ihm nun als das seine anbot, legte er erneut den Kopf schief und schien die Offenbarung in sich aufzunehmen, während er ihre Liebkosungen willkommen hieß. Überraschung lag in den halb geschlossenen Augen, Ehrfurcht auf den leicht offenen Lippen und Respekt in seiner Haltung.
"Dann sei mir erneut gegrüßt", sagte er dann auf ihre Rede, "Sousanna von Byzanz und Genua. Simon der Suchende, Neugeborener aus Verona, Kind Isabellas, entbietet dir seinen Respekt und seine tiefste Dankbarkeit." Tatsächlich verneigte er sich ohne jede Ironie, und jede kleineste Bewegung zeugte von lang eingeübten, ernst gemeinten Gesten, die einem Adelshof würdig waren.
"Dein Angebot", sagte er schließlich bedächtig und auf Griechisch, "nehme ich mit Freuden an. Ich werde mich dankbar erweisen, denn niemand soll sagen, der Poet sei nur ein Landstreicher."
Er hob den Kopf und betrachtete das Meer aus zarten Haar, das ihren geschmeidigen Leib umgab. Statt nach seinen Kleidern zu greifen, streckte er die Hand aus und streichelte ihrerseits über ihre hübsche Wange. Kurz blitzte der Schalk in seinen Augen, die von einem merkwürdigen Lächeln berührt wurden, und er ließ es sich nicht nehmen, noch einmal diese süßen Lippen zu kosten.

Schließlich nahm er doch seine Kleidung auf, zog sich an und blieb noch einmal an der Türe stehen, die wieder in die Nacht und in das Gewirr der alten Stadt hinausführte. "Hier drin", sagte er leise in klarem Italienisch, "sind und waren wir immer ohne Titel ..." Er lächelte und drückte die Tür auf, nahm die Gerüche des Schankhauses in sich auf, das Krakelen der wenigen, die zu diesem Zeitpunkt noch da waren, und ging hinaus.
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