[1014] Küsse, Bünde, Blut (Roger, Livia)

[Livia]

Judiths Züge erhellten sich, als der fremde Mann positiv reagierte - auf sie reagierte.
Ein weiser Mann... er nannte sich selbst so, doch diese Aussage, sie war es auch. Wie konnten so viele Männer jenen Nutzen nicht erkennen? Aber der Burgunder konnte es...

Kurz folgte Judith dem Blick des Mannes, blieb auf dem Pagen ruhen, bezog sich jedoch rasch wieder auf sich selbst... auf den Mann vor ihr.

Augenblicke vergingen, ewig oder nicht, menschlich. Da sank der Ritter vor ihr auf die Knie. Judiths Hände hoben sich zu ihrem Mund, die Augen weiteten sich, der Gesichtsausdruck gefror einen Augenblick.
"Eine neue Zeit, eine neue Sitte, eine neue Sippe..." Murmelte sie nach seinen Worten, fast zu sich, fast zu ihm, fast zu jenem Monde.

Mit schwacher Stimme aber doch einer gewissen Überzeugung antwortete sie dann. Ihre jugend fokussierte sich zu einem Blick von Hoffnung.
"Chevalier d'un ecu Roger de Arles, ich, Judith, die Tochter von Welf, antworte euch hiermit: Ich will euer Weib sein, euch als meinen Ehemann ehren, euch viele Söhne schenken und eu... unserer Familia treulich dienen."

Sie lächelte schüchtern, dann reichte sie dem Ritter ihre Hände, den Ring und seine Hand anzunehmen...
Ihr Puls schlug wild, sie war nervös, gerötet, aber auch.... Sicherer als zuvor. Ihre pure Angst vor dem heutigen Abend war gewichen, ihr angekündigter Ehemann hatte sich als kultiviert herausgestellt... fast so wie er... wirklich nur fast? Das Bild vor ihrem inneren Auge wurde schwächer - sie sah Roger.
Sie sah Roger an. Lächelte scheu.

[Angelique]

Ein Echo ferner Sehnsucht war auch auf dem Gesicht des Mannes. Er wirkte erleichtert und glücklich.

Derweil schaute sich Angelique, die natürlich der Page war, sich neugierig nach Livia um. Wohnte auch sie dem Treffen bei? Sicher hatte sie sich nicht einfach offen dazu gestellt. Aufmerksam schaute die kleine Vampirin sich um, ob mit Verdunklung verkleidet oder gar unsichtbar ihre Freundin sich in der Nähe aufhielt. Eagl das niedliche Schlängelchen sich verstellen konnte, dem Auge Angeliques entging nichts und niemand.

[Livia]

In der tat gelang es Angelique nach kurzem eine kleine weitere Gruppe an Reisegeleit zu erspähen, da standen vier schwere Reiter und eine junge Adlige - Livia.
Sie schien nur Augen für das Geschehen zu haben - aber ihre Sinne waren mit denen Angeliques ja auch keineswegs vergleichbar.

Judith hingegen sah nun erwartungsvoll zu Roger. Irgendwie... musste jetzt doch etwas passieren? Oder nicht... war es jetzt weder Sache der Männer und sie aus dem Geschehen?

[Angelique]

Tatsächlich reichte Roger seinen Handschuh dem Mädchen. Nahm sie ihn an, so bekräfigte sie das Heiratsversprechen. Zudem ließ er sich eine Schriftrolle reichen, die den Muntvertrag enthielt und auch die rituelle rechtsförmlichen Handlungen, mit denen er seinen Anspruch bekräftigte, wie Handergreifung, Kniesetzung und Fußtritt führte er aus. Was er aber eher heiter und mit Frohsinn und mit viel Wein, Bier und gutem Essen tat und das formelle Aufgebot beider Seiten sich fröhlich vermischte.
Es schien eine ausgelassene Verlobungsfeier zu werden.

[Livia]

Judith nahm den Handschuh an, sie blickte intensiv auf das Stück, dann hielt sie es an ihre Brust und lächelte irgendwie verzaubernd.

Wenig später traf die kleine Gruppe auf die restlichen Gruppen und schlussendlich war es ein regelrechter Umzug, der in das Anwesen des Brautvaters zog um dort zünftig zu feiern.

Irgendwann standen nur wenige Figuren fast isoliert - eine der jungen adligen Damen war eine davon. Sie hatte lange lächelnd all das Zeremoniell und die menschlichen Traditionen betrachtet, jetzt lag ihr Blick auf dem Knappen...

[Angelique]

Der kleine Knappe machte lächelnd eine Verbeugung und überreichte der schönen Dame seinen Handschuh. Die Sterblichen, die dies sahen, amüsierten sich köstlich bei der Parodie, wie der Kleine die Unerreichbare hofierte wie ein Erwachsener.

[Livia]

Die Adlige grinste breit, sie musste sich zusammenreißen, nicht Judiths Reaktion zu parodisieren und ihren kleinen Schatz damit zu verstören.
Dementsprechend parodisierte sie eher die Darstellung der oberflächlichen Dame - wedelte mit dem Handschuh, sah ihn kritisch prüfend an, schnupperte Daran und akzeptierte dann nickend.

Wie um der kleinen Parodie eins drauf zu setzen, neigte sie sich auf das Knie herab zu dem Kleinen!

Und nahm ihn dann bei der Hand, um grinsend 'im Nebenraum zu verschwinden'. Wie man bei ernsterer Umgebung wohl raunen könnte.

[Angelique]

Angelique spielte das Spiel wie eine echte Vollblutschauspielerin. Sie ging in der Rolle auf und versuchte die Dame zu verführen. So perfekt war ihre Verstellung, dass sie in jeder, aber auch jeder Hinsicht wie der Junge war, den sie spielte.

[Livia]

Und wäre sie nicht bereits unter den Toten, jeder hätte der jungen Dame ansehen können, dass des Knaben Spiel nicht wirkungslos an ihr vorbei ging...

Angelique hatte schon immer eine überwältigende Wirkung auf Livia gehabt, nicht im sapphischen Sinne, aber abseits dessen...

"Mein Herzensritter.
Wie ist uns dieser Streich gelungen?"
Fragte sie dann - unter sich und in Diskretion - voller Freude und Heiterkeit.
"Sind sie nicht wunderschön?"

[Angelique]

"Ja, wirklich wohl geraten", bestätigte Angelique mit heller Knabenstimme. "Aber sag, Judiths Gedanken schweifen manchmal zu einem anderen ab. Wer ist er? Du in Verkleidung?"