[1014] Vom Glaube der Heiligen [Galeno, Angelique]

[Nubis]

Eines Nachts suchte Galeno, nachdem einige Jahre ins Land gezogen waren, erneut nach Angelique. Er sollte mit ihr reden, hielt es mittlerweile allerdings auch selbst noch einmalfür eine gute Idee. Schliesslich war Angelique wahrscheinlich die einzige, die ihn in bestimmten Belangen am besten verstehen konnte.

Die Hände in seiner Robe zusammengesteckt, sodass die Ärmel sie komplett überdeckten, ging er zum Hafen Genuas, betrachtete dort eine gewisse Zeit lang das Meer. Ein paar Seevögel waren jetzt sogar noch aktiv und auf der Anlegestelle stritten sich zwei um einen Fischkadaver. Die See war ruhig und eine leichte, frische Brise wurde von dort aus ans Land gespült und verbreitete das Aroma der See.

Galeno wandt sich ab und schritt weiter des Weges, nicht zu hastig, eher flanierend. Einige Huren boten sich in der Nähe des Hafenbeckens an, doch er ignorierte sie. Ein betrunkener Mann, denn eine Schänke ausgespuckt zu haben schien, schlief seinen Rausch einfach, an einer Häuserwand sitzend, aus.
Auch ihn ignorierte er.

Er wurde natürlich wieder von Bruder Luciano begleitet, der natürlich ebenso von den leichten Mädchen adressiert wurde und mit einem Kopfschütteln ablehnte.

Sie kamen irgendwann zu den Schaustellern, die Avelina beschrieben hatte und Galeno sah sich nach einem Mädchen mit Teufelsmaske um. Er kannte Angelique ja bereits, auch ohne und suchte natürlich auch nach diesem Gesicht. Galeno wusste nicht so recht, wie er nach ihr fragen sollte, doch wahrscheinlich würde es ohnehin auffallen, dass zwei Mönche des Nachts eine Gruppe Schausteller beobachteten, sogar etwas zu suchen schienen. Sehr wahrscheinlich würde man sie fragen, oder vielleicht würde besagte Person sich sogar selbst zeigen.

[Angelique]

An diesem schönen Abend war die Bretterbühne leicht zu finden. Viel Volk hatte sich eingefunden und lachte, gröhlte und jubelte dem Stück zu. "Der Paff im Kaskorb", "Sire Fackler" und vielerlei Possen mehr mit dem kleinen Teufelchen als Rahmenerzähler und Mitspieler erfreuten Stammzuschauer und zufällige Gäste gleichermaßen. Der Harlekin machte eine verstörend gute Figur und mancher fargte sich wohl, ob es immer derselber Zwerg war, der da eine Vorstellung bot. Für ein Kind waren Leistung und Charisma unvorstellbar.

Eigentlich war es eine perfekte Tarnung für das ewige Kind. Es war Toma für die Idee mit der Maske unendlich dankbar. Hier konnte Angelique sein, wie sie war und keiner war schlauer ob ihres Zustands.
Und so lief sie auch heute mit Schauspielerei, Faxen und Gesang zu Höchstleistung auf. Jeder ließ sich in eine Wahnwelt voller Dämonen, überzeichneter Stereotypen und Gesang- und Tanzeinlagen entführen. Eine verkehrte Welt, in der der kleine gefallene Engel schlauer, weiser und geschickter war als all die großen Herren und er ein Riese der Wilde Jagd war.

Charisma + Vortrag:
Olol rolled 39. (4 + 9 + 3 + 3 + 9 + 5 + 6 = 39)

Galeno und Luciano wurden wie alle anderen auch gnadenlos durch die Vierte Wand gezogen und Opfer schlüpfriger Zoten, die mit dem Schatten der Kirchtürme zu tun hatten, der, kaum fiel er auf eine Frau, diese schwängerte.

Dumme Geistliche redeten dagegen und machten sich zur Zielscheibe weiteren Spotts. Schlaue spielten einfach mit. In jedem Fall wahrte Angelique die Stille, gerade in dem sie die beiden Kirchenmänner nicht ignorierte, sondern zum Teil der Herde machte.

Nach der Vorstellung, während die Hüte rumgingen, tauchte dann ein nichtssagendes Gossenkind, barfuß und mit dem gelben Schal der Huren, neben den Männern auf. "Schiavo", krähte es.

[Nubis]

Es war ein gar sonderbares Schauspiel und ziemlicher Tumult, bei dem Galeno und Luciano mitspielten, wenn auch auf unterschiedliche Art und Weise. Luciano schien es durchaus zu gefallen, war er ja auch der Lebemann schlechthin, wenn auch nicht zu grossen Sünden bereit, aber kleinere waren schon ab und an möglich, wie übermässiger Genuss von Bier oder dergleichen.
Galeno dagegen war etwas zurückhaltender, versuchte aber sein Bestes, um ebenfalls die Stille zu wahren.

Als das Ganze vorbei war und Hüte umgingen, in die ein kleiner Obolus fiel, tauchte ein Kind auf, welches zum Grusse Worte krähte.
Luciano war noch ein wenig von dem Schalk angetan, der geherrscht hatte und grüsste das Mädchen mit einem fröhlichen "Schiavo!" zurück, während Galeno lediglich leicht nickte. Sein Bruder hatte ja schon gegrüsst, also bekräftigte er dies nur noch.

[Angelique]

"Seid Ihr zufällig hier oder wolltet Ihr wen treffen, Hochwürden?", wollte das Mädchen wissen. Leiser raunte es: "Wollt Ihr etwas mit mir besprechen, dann sollten wir uns zurückziehen. Neutraler Boden wäre die Ala Murra von Sousanna oder die Thermen. Ich kann Euch auch zum Turm des Roger am Hafen einladen und bewirten."

Lauter meinte es wiederum keck: "Ich kann auch auf Okzitanisch oder auf Griechisch beichten, wenn Ihr wollt. Aber Beichten für zwei gelichzeitig ist teurer und auf Griechisch auch."

Für Umstehende war das ein Gespräch so normal wie über das Wetter in einer Zeit, wo die Vergebung der Sünden am nächsten Tag nur wenige Münzen und Gebete erfernt lag.

[Nubis]

"Ich ..." er verdrehte leicht sie Augen. In dieser Stadt gab es tatsächlich unzählige Gelegenheiten Sünden zu begehen. Und diese nahmen viele auch mit Freuden wahr. Und da die Kirche stets ein wachsames Auge besass, hatte man sich wohl sehr viele Umschreibungen zu eigen gemacht, die vor Zweideutigkeit nur so strotzten.

So säuselte er ihr entgegen, dass der Turm wohl die bessere und nächste Wahl wäre, eine bestimmte Kirche aber auch neutraler Boden sei.

Für andere offensichtlich tat er so, als habe er ihr gerade den Namen oder eine Beschreibung desjenigen gegeben, den er suchte.
"Wenn du ihn gesehen hast, dann würde ich mich freuen, wenn du mich hinführen könntest," sprach er laut und blickte zu Luciano, dem etwas die Röte ins Gesicht geschossen war, peinliche Situationen hatten ab und an solch eine Wirkung auf ihn. Gut, dass Galeno seine Kapuze trug, sodass seine unnatürliche Blässe gegenüber Lucianos derzeitigem Gesicht nicht all zu viel auffallen konnte.
Dann machte Galeno eine zur Führung einladende Geste mit seiner Hand und wartete ab.

[Angelique]

Der besagte Turm war deutlich näher und Angelique führte die Mönche sogleich dorthin.
Söldner aus dem Zuschauerpulk folgten, gingen auch zu dem Turm und so fiel das auch überhaupt nicht auf.

Ein kurzer, aber sehr steiler Anstieg unter den wachsamen Augen der Armbrustschützen des schlanken Bauwerks und schon waren sie da. Die steile Treppe hinauf und ein wuchtiges mit Eisen verstärktes Tor öffnete sich. Sichernd blieben die Söldner am Fuß der Treppe zurück.

Angelique führte leichtfüssig die Mönche in eine Kammer des Turms, wo man bereits Speis und Trunk bereit gestellt hatte, und flätzte sich auf den beschnitzten Stuhl mit hoher Lehne, als sei sie eine große Dame und kein freches Gör.

"Was kann ich für Euch tun, wohlwerter Hochwürden?"

[Nubis]

Galeno selbst wars etwas unbehaglich, dass Söldner scheinbar mit kamen und dann auch den Turm zu bewachen schienen. Aber er folgte der Kleinen, trat die Stufen mit hinauf in das Zimmer und sah sich etwas um.
Er nickte ihr alsbald zu und runzelte etwas die Stirn.
"Sind wir einander schon begegnet? An einem Sühnestein vielleicht?"

Er war noch etwas vorsichtig, denn so wirklich sicher, ob er bei der Richtigen war, war er sich noch nicht.
Allerdings nutzte sie das wohlwert, was sonst keiner verwendetet...ihm gegenüber erst recht nicht.

"Ihr seid eine Künstlerin der Maskerade, werte Angelique..." meinte er dann, sich nun doch dazu entscheidend, die Vorsicht etwas mehr fallen zu lassen.
"Es ist eine Weile her, dass wir uns begegneten und es war gar nicht zu einem so ausführlichen Kennenlernen gekommen, was ich auch gern nachholen würde. Natürlich nur, wenn es sich auch um gegenseitiges Interesse handelt. Ich wollte zudem noch danken, dass ihr mir geholfen habt, meine Visionen etwas mehr zu verstehen. Mittlerweile ist es mir selbst ein Interesse, sie näher deuten zu können und auf Hinweise zu achten, die hier auf Inhalte der Visionen schliessen lassen und darauf, ob sie eintreffen könnten."

Er und Luciano blieben weiterhin stehen. Probleme hatten sie damit nicht, waren sie es doch gewohnt. Aber es war auch unhöflich, sich einfach so zu setzen.

[Angelique]

"Setzt Euch doch, bitte", sagte das Mädchen. "Leider kann ich nur den guten Menschen bewirten, da ich auf Euer kommen nicht vorbereitet war. Es sei denn Ihr würdet Blut von Juden geschächteter Tiere trinken wollen, so wie ich es gerne tue. Nichts kommt demütigem Fasten bei ungesäuertem Brot so nahe der schale Geschmack geistloser Kreaturen."

Ein sommersprossiges Mädchen huschte hin und her und tafelte gutes, kräftiges Essen, wie Krieger es bevorzugten, auf und guten Wein.
Düstere Gepanzerte stellten sich rechts und links vom Thronsitz auf. Ein gigantischer schwarzer Hund legte sich wie ein lebender Teppich unter Angeliques nackte Füßchen und wärmte diese.

"Redet frei, alle hier im Raum teilen die Kommunion mit mir."

[Nubis]

Er setzte sich, lehnte aber sonst dem Angebot dankend ab.
"Nein, danke, nicht nötig. Ich bin auch nicht hier her gekommen, um mich verköstigen zu lassen."

Das Mädchen wurde gemustert, auch von Luciano, der sich ebenfalls setzte und auch erst einmal nichts anrührte, doch Galeno nickte ihm alsbald freundlich zu, weswegen er dann doch das eine oder andere nahm und sich aber noch einmal demütig bei Angelique bedankte. Es war nicht immer üblich Ghule zu bewirten.

"Sagt, werte Angelique, was stellt ihr die Nächte hier in Genua so an? Das interessiert mich doch sehr. Und wie lange verweilt ihr schon hier? Habt ihr auch den Krieg erlebt, von dem mir schon ein paar der unsrigen erzählten?"

Er ignorierte es einfach, dass eigentlich ein kleines Kind vor ihm sass. Sie war Kainitin und wahrscheinlich viel älter als er. Also behandelte er sie auch so. Respekt hatte nichts mit der Grösse oder dem vermeintlichen Aussehen zu tun.

Etwas argwöhnisch beäugte er den Hund, er mochte keine Tiere. Amalias Hunde gingen mittlerweile, die waren auch Ghule, aber ansonsten...beruhte es ja auf Gegenseitigkeit. Aber solange dieser bei den Füssen schlief, war alles gut.

[Angelique]

Es klirrte, als die beiden Krieger ob dieser unglaublichen Beleidigung des Gastrechts nach ihren Waffen griffen. Doch Anglique lächelte nur milde und winkte mit der Hand ab. Sofort wurden die halbgezogenen Klingen wieder in die Scheiden gestoßen. Unter den Nasalschutz und den Kettenmasken funkelten wütend die Augen der Krieger.

"Vergebt Ihnen", bat die kleine Hausherrin, "sie kommen aus dem Norden. Da nimmt man es mit Ehre und Etikette genauer als im lockeren Genua. Und sie verstehen auch nicht die Sonderrechte des Klerus. In ihrer Heimat unterscheidet einen Krieger vom Geistlichen, dass der eine ein Schwert und der andere einen Streitkolben führt und beide ein Kettenhemd zum Schutz brauchen und keine Soutane."

Sie überging den Fauxpas, als hätte er nie stattgefunden, und plauderte weiter. "Sicher möchte ich Euch näher kennenlernen. Ich bin schon recht lange in Genua - viele Jahrzehnte. Ich sah viele zu Knochen werden, manche sogar zu Asche. Und mein Geschäft ist das Jagen von Sündern. Und die Bereitstellung von Söldnern."