[1023] Alte und neue Masken [Achilla]

[Februar '19]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Toma Ianos Navodeanu
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[1023] Alte und neue Masken [Achilla]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Als Antwort auf den Brief: https://forum.genua-bei-nacht.de/viewto ... =83&t=3314

Die beiden Boten trafen auf dem Platze vor der Villa, die nicht wie ein gewöhnliches Gasthaus wirkte, aber scheinbar auch dies nicht sein wollte, auf einige Wachen, die sie kritisch musterten, aber soweit in Ruhe ließen, bis sie zur Tür kamen.
Einer der beiden Wachhabenden dort fragte sie nach ihrem Namen und Begehr und ließ sie sodann ein. Innen mussten sie für einen Moment in der weiss-geflißten Halle warten, wo ihr Blick auf ein enormes Fresko auf der gegenüberliegenden Wand gelenkt wurde.
Ein Meer, aufschäumend und gewaltig, dass sich an einer Küste in Gischt brach.
Es waren bereits ein paar Kerzen entzündet, auch wenn es noch Tag war, doch hier im Inneren wo die Sonne nicht herein kam, blieb es sonst dunkel.

Ein junger Mann trat zu den beiden. Johann von Ebersberg sein Name und mit einem höflichen Lächeln, nahm er das Schreiben entgegen. Händigte ihnen ein anderes Pergamnt dann auch einige Tage später wieder aus.

Gesiegelt war es mit einem runden Symbol in dem in verschiedenen Tiefen Berge und Meer geschnitzt waren. Davor zwei zum Himmel geöffnete Hände die Werkzeug und Schriftrolle hielten. Über dem Ganzen spannte sich ein Bogen wie das Himmelszelt mit dem Namen des Herolds eingraviert.

Auf den Pergament, das ein wenig besser war als das Achillas, aber scheinbar auch schon einmal benutzt wurde stand sodann folgendes:
Werte Signora Achilla,
Neugeborene vom Blut der Verborgenen,

hiermit seid ihr zur Vorstellung eurer Person gemäß der zweiten Tradition ins A Tarda Ora geladen. Findet euch zum achten des November dort ein und bedenkt, dass euch das Nähren innerhalb der Mauern bis zu eurer Aufnahme untersagt ist und das Führen von Waffen im Sesterie Broglio verboten.

gez.
Toma Ianos Navodeanu,
Erster Herold Genuas.
Neugeboren im Blute der Drachen,
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Signora Achilla
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Re: [1023] Alte und neue Masken [Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

Im frühen November kroch die Nacht schon spürbar früher heran. Die Signora nutzte die nach dem italienischen Sommer mit seinen langen Tagen stets so kostbar scheinende Zeit, um sich präsentabel zu machen.
Das Ergebnis ließ sich durchaus sehen, als sie, in Begleitung eines großgewachsenen, kräftigen Mannes, am A Tarda Ora eintraf. Das Kleid hatte Saum und Zier nach neuer Mode, die Haube wirkte kunstvoll gesteckt, Gürtel und Schuhwerk fein und sauber trotz des Weges durch die Stadt.
Befremdlich oder einfach seltsam könnte wohl wirken, dass die Signora eine Maske trug. Mit gesenktem Kopf und zurecht gezogenem Schal fiel es in der Dunkelheit nicht unbedingt sofort auf, doch diese Maske war keine schlichte. Sie war geschickt gefertigt und fein verziert.

Bild

Für so manchen könnte es wohl wirken wie eine feine und extravagante Dame mit ihrer Begleitung. Es war auch unschwer zu erkennen, dass sie es war und nicht ihr Begleiter, die den Ton angab und letztlich mit einer sanften Geste bestimmte, zur Villa herüber zu gehen und um Eintritt zu ersuchen. Es war der Mann, der anklopfte und den zuvor gesendeten Brief bereit hielt, um ihn zu präsentieren, wenn dies nötig würde.
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1023] Alte und neue Masken [Achilla]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Er musste nicht klopfen. Vor der Tür standen zu jederzeit zwei Wachen, die die Gäste auch kritisch musterten, als sich die Gruppe ihnen näherte.
Sie bedachten vor allem Achilla sehr abschätzig und fragten nach ihrem Begehr. Immerhin ihr Name sagte ihnen etwas, sonst hätten sie wohl anders reagiert.
Sie ließen die beiden ein und dort wo zuvor ihr Bote schon gewartete hatte, wurde auch Achilla abgestellt, bis der junge blonde Mann neben ihr stand, der auch ihr Schreiben entgegen genommen hatte.

"Seid gegrüßt verehrte Signora Achilla. Mein Name ist Johann und ich darf euch im A Tarda Ora willkommen heißen. Mein Herr erwartet euch. Wünscht ihr eine Erfrischung? Von der Vene oder Kelch?" Sein Blick fiel auf den Mann neben ihr. "So euer Begleiter ein Mensch ist würde ich ihm Gesellschaft leisten während er wartet und ebenso Speiß und Trank anbieten." Nicht einen Moment schien er irritiert ob ihres Auftretens oder besonders fasziniert. Etwas unemotional brachte er seine Begrüßung vor und wartete nach seiner Verneigung einfach nur stoischknapp an ihr vorbei blickend darauf, was sie antworten würde.
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Signora Achilla
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Re: [1023] Alte und neue Masken [Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

Natürlich konnte die Maske keine Regung zeigen, doch die Signora schien all dies mit einer gewissen Zurückhaltung zu beobachten. Die abfälligen Blicke, der vermutlich vielgeübte, glatte Empfang, das Haus selbst in seiner Pracht - sie nahm sich die Momente Zeit für alles davon.
“Mein Begleiter ist ein Mensch”, erklärte sie letztlich milde. “Er ist nicht von Stand. Er ist Geduld gewohnt. So wird er warten.” Der Mann, über dessen Kopf auf diese Weise einfach gesprochen wurde, schien dazu nun auch keine sonderlichen Einwände zu haben. Er sah sich mit hochgezogenen, buschigen Augenbrauen die Pracht des Hauses an und behielt seine großen Hände bei sich.

“Ich danke dem Gastgeber für seine Großzügigkeit in der Gastfreundschaft - sowohl die in Zeit als auch in Blut.” Hier setzte sie eine kleine Pause, beinahe, als wäre hier irgendwo ein geheimer Scherz verborgen, über den sie sich nun amüsierte. “Die Vene. Kostbarkeiten sollten nicht geschmälert werden und sowohl Großzügigkeit als auch Gastfreundschaft sind eben dies.”
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1023] Alte und neue Masken [Achilla]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Der Mann verneigte sich vor ihr und wies dann mit einer Armbewegung zur Seite ihm zu folgen. Er führte Achilla und ihren Begleiter in den Gang zur rechten Seite in dem sich fünf Türen befanden. Am Ende des Ganges stand eine Wache und verneigte sich kurz.
"Euer werter Begleiter darf hier Platz nehmen..." erklärte Johann und öffnete die erste Tür auf der linken Seite in dem sich eine Schreibstube wohl befand, aber nebem dem Schreibtisch auch ein gewöhnlicher mit zwei Stühlen daran. "Ihr, verehrte Signora Achilla, bevorzugt ihr ein bestimmtes Geschlecht oder anderen Merkmal eures...Gefäßes?" Es schien ihm noch etwas unangenehm so zu sprechen. "Ich kann jedoch nicht versprechen dass wir jeden Wunsch erfüllen können."

"Ich werde es euch dann bringen. Ihr könnt bereits zu meinem Herren treten."
So klopfte er dann nach ihrer Antwort an die zweite Tür auf der linken Seite und öffnete sie, hielt ihr die Tür offen und kündigte sie an.

"Mein Herr, Toma Ianos Navodeanu, Erster Herold Genuas, neugeboren im Blute der Drachen und Kinde Navod Sorinescus, Ancilla der Drachen...
euer Gast, Signora Achilla, vom Blut der Verborgenen, ist eingetroffen."


Der Raum in den sie geführt wurde war mit kunstvollen weissen plastischen Verzierungen an den Wänden geschmückt und ein runder Tisch stand darin, um den sich vier Stühle reihten.
Von einem trat ein Mann näher auf sie zu, der eine schwarze Tunika trug, aber weder Beinkleider noch Schuhe dazu. Sein Haar war lang, schwarz und glatt und die Augen von eisigem blau. Er nickte ihr zu.

Neugierig betrachtete er sie.
"Willkommen, werte Achilla. Ihr müsst euer Gesicht nicht verbergen vor mir." Sein Lächeln war echt, mitfühlend, etwas das man wenig bei ihm sah. Aber er wusste nur zu gut wie es war eine Maske tragen zu müssen.
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Signora Achilla
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Re: [1023] Alte und neue Masken [Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

Die Signora neigte zu der Nachfrage Johanns ein wenig den Kopf und machte eine beschwichtigende Geste, so als wollte sie ihm die Hand sacht auf den Unterarm legen um ihm die Sorge zu nehmen. Doch sie führte die Geste nicht zuende und berührte ihn nicht.
Stattdessen sagte sie: “Jemanden aus Genua, so dass diese Heimat ihr oder ihm im Blute liegt.” Der Vorschlag klang genussvoll.

Sie folgte dem Mann daraufhin auch und als sie letztlich vor dem tatsächlichen Gastgeber stand, sah sie ihn mit derselben Sorte Neugier an. Die Maske verbarg ihr Gesicht zwar, doch die Haltung und der Blick machten die Regung doch deutlich genug.
Sie machte einen formvollendeten Knicks, ein wenig verspielt mit einer verschnörkelten, kleinen Geste der linken Hand.
“Habt Dank für Euer willkommen”, sagte sie. Sie hielt eine kurze Weile inne, wie um sich die Worte darauf zurecht zu legen: “Die Maske, da sprecht Ihr wohl wahr, ist oft ein Schutz für alle übrigen, die nicht sehen wollen oder ertragen können, was dahinter liegt. In meinem Fall jedoch ist es auch eine Wahl, denn ich nehme mir die Entscheidung zurück, wie diese Welt auf mich sieht.”

Es wirkte beinahe kokett, wie sie dann den Kopf ein wenig neigte. “Jedoch bin ich Euer Gast in diesem Haus und an diesem Abend und Euer Wort ist klar. Wenn Ihr wünscht, dass ich die Maske fallen lasse, werde ich es tun.” Sie setzte hier eine kleine Pause und legte einen ihrer behandschuhten Zeigefinger an das Kinn der Maske.
“Es ist selten, dass in unserer Welt tatsächlich wahre Gesichter gezeigt oder gesehen werden.”
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1023] Alte und neue Masken [Achilla]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

"Oh." erwiderte Johann auf ihren Wunsch. "Nun das ist kein Problem." Tatsächlich wäre es bei weitem schwieriger gewesen ihr jemanden zu bringen der nicht aus Genua war. All jene waren von Geburt an Genuesen und würden auch hier sterben.

---------

"Und wie sieht sie auf euch?" fragte Toma neugierig. "Nimmt sie euch schöner war? reizvoller, mysteriöser? Oder bleibt ihr eine Ausgestoßene, die ihr für die Menschen nun mal seid?" den Kopf hin und her neigend betrachtete er sie wie ein besonders interessantes Exemplar Tier.

"Ich will nicht eure Maske sehen die ihr denen zeigt, die nicht dahinter blicken können, ich will euer wahres Gesicht sehen." sagte er entschieden und bedeutete ihr die Bewegung zu Ende zu führen, die Maske abzunehmen.

"Anders als andere unserer Welt verstehe ich was es heißt eine Maske zu tragen. Sich zu verstecken. Auch wenn es für euer Blut noch schwieriger sein muss..."
Jahrzehnte hatte er eine Maske getragen, weil er es musste und nun er hatte sie nie abgelegt. War Holz schlicht zu Fleisch geworden? Aber hieße das nicht dass er blieb was er immer war?

Mit einem seltsam traurigen Blick schaute der Drache in ihr entstelltes Angesicht.
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Signora Achilla
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Re: [1023] Alte und neue Masken [Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

“Das ist der schlecht verborgene Scherz daran”, sagte sie und unterbrach sich, um ihre behandschuhten Finger behutsam hinter die Maske zu haken. Jetzt konnte Toma auch erkennen, warum und wie diese Maske so perfekt sitzen konnte: sie war mit Riemen und Ösen befestigt, entweder in der Haut der Signora selbst oder etwas wie Leder, das sich um ihren Hinterkopf schmiegte.
Sie löste die Verschnürung, begleitet von einem staubigen, trockenen Geräusch - ein wenig wie morscher Stoff, der reißt. Der untere Teil der Maske ließ sich offenbar vom oberen trennen, denn jetzt fielen sie auseinander. Toma konnte das Lächeln der Signora zuerst sehen.
Auf eine Weise war es schöner als das der Maske: Es war weniger gleichgültig und es hatte eine gewisse, zynische Schärfe. Auf offensichtliche Weise war es schrecklicher als die Maske: Die Haut um Kinn, Wangen und Mund war grau und verfallen, in Teilen aufgeplatzt oder in ihre verschiedenen, dünnen Hautschichten aufgetrennt und beinahe durchsichtig. Man konnte die feinen Muskeln der Lippen viel zu klar sehen, wie sie sich formten und mit den anderen Muskeln des Gesichts verbunden waren.

“...die Welt schert sich in Wahrheit nicht darum, wie wir in sie sehen. Wir können die Zähne blecken und sie verfluchen…” Sie tat eben dies, für einen kurzen, bizarren Moment mit gesplitterten, nadelspitzen, scherbenscharfen Zähnen. “...ihr einen Kuss zuwerfen und Liebe verheißen…” Der Anblick so bloßer Lippen, die zärtlich einen Kuss in die Luft hauchten, konnte schauderhaft und zugleich seltsam intim sein.
“...oder unsere Tränen zeigen.”
Endlich gelang ihr, auch den oberen Teil der Maske abzunehmen. Ein Teil ihrer grauen, pudrig zerfallenden Haut hing noch daran und wurde, als sie die Hand mit der Maske langsam senkte, abgezogen. Es war als wären Maske und Gesicht irgendwie verwachsen und nun rissen sie auseinander. Ein Streifen der Haut schälte sich los, wurde mitgezogen und nahm letztlich das linke Augenlid der Signora mit.
“Es macht keinen Unterschied für die Welt. Entgegen all unserer Eitelkeiten ist sie gleichgültig.”

Sie ließ die Hände mit den beiden Teilen der Maske sinken und sah Toma nun an. “Hat man dies einmal verstanden, ist es eine Befreiung. Menschliche Eitelkeiten, die so viele noch mit sich tragen, können einfach fallen gelassen werden. Sie werden zu Werkzeugen anstatt zu Notwendigkeiten und Lasten.”

Behutsam bot sie ihm die beiden Teile der so wunderschön gefertigten Maske an. Jetzt konnte Toma ihr Gesicht auch zur Gänze sehen. Vielleicht war es in der Tat einmal schön gewesen, doch nun war es verrottet und staubig grau eingefallen. Das eine Augenlid fehlte nun und ebenso auch ein guter Teil der Nase - beides war wohl mit einigen anderen Streifen Haut in der Maske kleben geblieben.

Es war schauderhaft und bizarr und doch war dies noch nicht alles. Irgendetwas in diesem Gesicht bewegte sich noch, dicht unterhalb der Haut. Toma konnte dunkle Umrisse dort kriechen sehen, wo sich die Haut pergamentdünn spannte. Wo sie am linken Auge aufgerissen worden war, kroch etwas hervor, noch ganz zart und feucht, wie frisch geschlüpft: Eine Motte. Das winzige Tier bahnte sich seinen Weg ins Freie wie eine graubraune, lebendige Träne im Augenwinkel der Signora. Es kroch bis auf ihre Schläfe, um dann auf dem hohen Wangenknochen sitzen zu bleiben und die jungen, noch faltigen Flügel zum Trocknen auszubreiten.
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Re: [1023] Alte und neue Masken [Achilla]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Er hatte erwartet, dass sie keinen menschlichen Maßstäben entsprochen mochte, hatte es sogar erhofft, doch wäre er nicht darauf gekommen das zu sehen, was sie ihm hier offenbarte.
Haut, die schon jetzt, wo sie noch am Körper hing beinahe zu Staub zerfiel.
Die sich ablöste, nicht mehr am Körper sein wollte oder konnte. Sie war tot, so viel mehr als seine oder die anderer Kainiten.
Gerade wollte er die Hand nach ihr ausstrecken, diese Haut berühren, diese dünnen zerbrochenen Schichten. Vor allem die herausscheinenden Muskeln hatten seinen Blick gefangen.
Da kroch das Tier aus ihrem Auge und überrascht hielt er inne, betrachtete dieses Schauspiel fasziniert und auch ein wenig angewidert. Aber trotz dessen empfand er es als erstaunlich. Eine Motte hatte unter ihrer Haut gelebt, war dort geschlüpft? …nicht nur dass das Tier keine Angst vor ihr hatte, es suchte auch noch ihre Nähe. Nutzte ihren Körper.
Waren da noch mehr?
Voller Neugier stupste er die Motte an, die daraufhin weg flog.

„Für gewöhnlich hebe ich mir die körperliche Untersuchung für nach dem Gespräch auf, aber ihr reizt meine Neugier.“ Sprach der Drache sodann und nun berührten seine Finger tatsächlich ihre Haut.
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Signora Achilla
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Re: [1023] Alte und neue Masken [Achilla]

Beitrag von Signora Achilla »

Die freiwillige Nähe schien die Signora zu überraschen, vielleicht sogar kurz zu überrumpeln. So nah konnte er die kurze Anspannung spüren, die Bestie, die sich unruhig regte, war nicht so weit entfernt.

“Ha”, machte sie, wie um der Überraschung Laut zu geben. Für einen kurzen Augenblick schmiegte sie die Wange in seine Hand. Die Berührung war kühl und trocken wie tote Haut, wie modernde Pergamentseiten oder vielleicht wie trockenes Laub. Die Anspannung war geblieben - das war kein harmloses Liebkosen. Sie atmete seinen Geruch ein und spürte nach seiner Haut vielleicht ebenso wie er nach ihrer.
In dem Moment und von nahem konnte er es auch sehen. Da war mehr Leben unter der Haut, im Fleisch, hier und da auch verborgen in den Falten der Stoffe, die sie trug.

Die Signora wechselte die Teile der Maske, die er nicht genommen hatte, in die eine Hand und hob die andere, um sie an sein Handgelenk zu legen. “Forsch seid Ihr. Und ich hatte eine sehr förmliche Vorstellung erwartet.”

“Nicht, dass ich Förmlichkeit vermisse”, ergänzte sie dann. “Doch Eure Wissbegier scheint mehr Eure eigene zu sein und nicht die Notwendigkeit eines Herolds oder die Sitte einer Domäne…?”
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