[1026] Genußvoll (Alain, Achilla)

[März '19]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Signora Achilla
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Re: [1026] Genußvoll (Alain, Achilla)

Beitrag von Signora Achilla »

“Achilla”, erklärte sie geziert und reichte ihm die schlanke, behandschuhte Hand hin. “Nach einem Helden ohne gleichen. Oder wie er als Frau verkleidet in der Ferne. Oder vielleicht nur als Erinnerung daran, dass, ganz gleich wie unsterblich wir uns wähnen, selbst die einfachsten Dinge uns niederstrecken können.”

Das klang charmant, beinahe philosophisch und womöglich sogar einigermaßen gebildet, wenn man etwas auf die alten Schreiber und Geschichten gab und sie nicht als heidnische Vergangenheit verteufelte. So kam es wie ein harscher und sehr plötzlicher Gegensatz, als sie mit ihrer Handgeste auf einmal einen Schritt näher heran trat. Das war eine Spur zu forsch, um nahtlos zu dem Charme von zuvor zu passen. Eine Art von Herausforderung vielleicht?
“Wenn dies bereits Eure neue Erfahrung für die Nacht war, vielleicht habt Ihr auch eine zu zeigen. Wie ist Euer Name?”
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Alain le Beau
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Re: [1026] Genußvoll (Alain, Achilla)

Beitrag von Alain le Beau »

"Ich bin Alain, meine schöne Dame", sagt der Jüngling galant und verneigt sich mit stilvollem Schwung. "Und in der Tat weiß ich viele Freuden zu bieten. Ich bin ein exzellenter Trinkgenosse, ein begeisterter Liebhaber, ein Poet, mein Humor ist exzellent..." Während der Geck so fortfährt, fällt Achilla sein melodischer Akzent auf. Ein Akzent, der dieser Zurschaustellung von Selbstüberzeugung einen gewissen Charme verleiht. Ohnehin hat die Nosferatu das Gefühl, dass Alain sich nicht so ganz ernst nimmt.

"...und ich kann hellsehen!", schließt er die Aufzählung ab und holt sie mit diesem interessanten Faktum in das hier und jetzt zurück. "Auch wenn ich mit dieser Gabe nicht unbedingt hausieren gehe. Wollt ihr es erproben?" Er zwinkert. "Ihr müsstet mich allerdings euer Gesicht berühren lassen. Die Maske könnt ihr aufbehalten - ich verspreche euch, ich werde sie nicht herunterreißen!"
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Signora Achilla
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Re: [1026] Genußvoll (Alain, Achilla)

Beitrag von Signora Achilla »

Der Vorschlag schien die Signora zugleich zu erfreuen wie auch zu reizen. “Ein Mann, der sich nicht vor dem eigenen Glanz fürchtet und nicht einmal vor dem eigenen Schneid und Lachen…”, sagte sie schmeichelnd. “Das ist selten genug. Und noch dazu ein Hellseher! Dies ist wahrhaftig der Platz der Wunder!” Sie war sich nicht zu schade dafür, ihm für seine Worte Bewunderung zu zollen - mit einer Prise Gelächter darin, seinem eigenen Humor ganz ähnlich.

Sie neigte sich etwas zu ihm. “Ihr könnt dies wagen und mir Eure Gabe beweisen, doch wir sollten den Trubel dafür verlassen. Eine echte Wahrsagerei sollte nicht über Trommeln und Schellen gerufen werden.”
Sie wendete sich halb ab und winkte ihn mit sich. Es war nicht eben so, dass es irgendwo auf dem Platz und zu dieser Stunde vollkommen ruhig war, doch gab es hier und da ein paar stillere Ecken, in welchen nicht schon andere sich drängten. Eine solche fand die Signora für dies.

Es handelte sich eigentlich um eine Art Sonnenzelt, das an der Seite eines bemalten Wagens gespannt worden war. Wirklich abgetrennt von allem oder sonderlich geschützt, war dies nicht, aber immerhin lief nicht einfach jedermann mitten hindurch. Etwas weiter hinten war ein einäugiger, untersetzter Mann mit etwas Werkzeug am Wagen zugange, doch er ließ sich von einer Handgeste der Signora vertreiben und ließ die rußige Laterne, in deren Licht er gearbeitet hatte, sogar zurück.
Hier konnte man die Musik und das wilde Treiben immer noch gut genug hören, aber man musste sich nicht mehr allzu sehr anstrengen, um ein Gespräch zu führen. Es war genug Platz, dass selbst die Bewacher nicht gleich irgend etwas umreißen würden, sofern sie sich denn von dem hübschen Mädchen und dem Trubel trennen wollten.

Signora Achilla lehnte sich ein wenig gegen ein paar aufgestapelte, roh zusammengezimmerte Kisten. Von schräg oben schien bunt eingefärbtes Kerzenlicht herein, wohl eingefärbt durch bunte Pergamentstreifen. Es flackerte und wackelte unstet, weil doch wohl immer einmal jemand von der anderen Seite her gegen den Wagen stieß oder daran ruckte.
Die Signora wandte sich zu Alain um und machte eine Geste zu ihrer Maske hin. “Dies is das Gesicht des Weisen und des Magiers. Ihr solltet es wirklich nicht herunter reißen, denn wer verliert schon gern den Anschein von Weisheit und Zauber? Doch ich will Euch den Griff unter die Maske gewähren, wenn Ihr mir dafür Eure Gabe beweist.”
Sie machte eine kleine Pause, hakte dann aber mit einer kleinen Spitze im Tonfall nach: “Was wollt Ihr tun, wenn Ihr Eure Gabe nicht beweisen könnt? Würdet Ihr etwas setzen wollen?”
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Alain le Beau
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Re: [1026] Genußvoll (Alain, Achilla)

Beitrag von Alain le Beau »

Tatsächlich folgte der junge Herr der Schaustellerin, offenbar im sicheren Glauben daran, dass seine Leibwächter ihn schon beschützen werden. Diese bleiben draußen vor dem Zelt stehen, in Hörweite, wenn auch nicht in Sicht. Drinnen reibt er sich die Hände. "Etwas setzen? Warum nicht." Mit einem Griff an den Gürtel befördert er seine Geldbörse hervor. "Hier - wenn ich versage, dann sind meine Vergnügungen für diesen Abend beendet. Schließlich habt ihr dann all mein Geld."

Der Betuchte faltet die Arme übereinander. "Ich werde die Maske nicht herunterreißen, keine Sorge - aber was bietet ihr?" Seine Wangen sind von der Vorfreude gerötet.
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Signora Achilla
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Re: [1026] Genußvoll (Alain, Achilla)

Beitrag von Signora Achilla »

Kurz warf die Signora einen Blick auf diesen Geldbeutel. Natürlich war so der Inhalt auch nicht besser abzuschätzen, doch der Jüngling war schon zuvor nicht eben geizig gewesen und wer sich zwei Bewacher und so großzügiges Handgeld leisten konnte, war dann wohl auch auf den letzten Schritten nicht plötzlich ein Geizkragen.
Dennoch… es gab immer etwas zu gewinnen, selbst beim Verlieren.

“Wenn Ihr gewinnt…”, begann die Signora und man konnte ihre Spannung ebenso aus den Worten heraushören wie ihr Lächeln, “...dann geselle ich mich zum Jüngling und zum Geist hinzu, für das weitere Vergnügen in dieser Nacht.”

Wie um diese Worte zu untermauern, zog sie ein fein gewobenes Tüchlein hervor wie es sonst eher Edeldamen hatten. Dieses war fast ebenso edel, hatte jedoch wohl schon deutlich bessere Tage gesehen. Die Farben waren schon ausgewaschen und der Stoff ein wenig ausgefranst am Rand oder ein bisschen fadenscheinig in der Mitte. Eine fette, graue Motte flatterte aufgescheucht daraus hervor, als die Signora es einmal schüttelte und wie als einen Unterpfand neben den Geldbeutel legte.
“Abgemacht?” Sie hielt ihm die behandschuhte Hand hin.
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Alain le Beau
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Re: [1026] Genußvoll (Alain, Achilla)

Beitrag von Alain le Beau »

"Oho!", sagt der junge Mann fröhlich. "Und wer sagt mir, dass ich nicht die Katze im Sack kaufe, mh? Ah, aber ich bin schon immer ein Glücksspieler gewesen. Ich nehmen an." Er schlägt in die Hand der Signora ein. Dann hebt er beide Hände. "Und nun haltet ganz still. So still wie ihr könnt!"

Die schlanken Finger nähern sich dem Gesicht der Maskierten...
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Signora Achilla
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Re: [1026] Genußvoll (Alain, Achilla)

Beitrag von Signora Achilla »

“Das sind wir offenbar beide”, erwidere die Signora mit einem kleinen, perlenden Lachen. Sie stützte sich mit den Händen auf den Kisten ab, auf denen sie halb saß und an denen sie halb lehnte. Auf die Weise konnte sie sich kokett ein wenig strecken, nahezu einladend mit den weiblichen Kurven, die sich unter dem Stoff ihrer Kleider abzeichneten.

Von außerhalb des Sonnenzeltes her lärmte es. Musik, Gelächter, Nachtluft, Duft von Räucherwerk und Gestank von der Gosse - dort draußen ging die wilde Feierei ungehemmt weiter. Doch im schwachen Licht der Laterne hier und jetzt wartete die Signora.
Oh, wie sie diesen Moment genoss.
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Re: [1026] Genußvoll (Alain, Achilla)

Beitrag von Alain le Beau »

Nun berühren die Finger ihre Maske. Aber entgegen eventueller Erwartung wird diese nicht abgenommen. Die Spitzen gleiten über das Holz, langsam, zärtlich, während der junge Mann sie intensiv anstarrt. Er runzelt die Stirn ein wenig, dann wandern seine Hände an eine andere Stelle der Maske. So, als würde er jeden Zentimeter einzeln erforschen wollen. Ob er wohl eine seltsame Vorliebe für Maskierte hat?

Die Signora hat bereits im Geist bis 100 gezählt und dennoch: Nichts ist passiert, ausser dass die Finger weiter und weiter geglitten sind, immer über die Maske - oder, in ihrem Fall vielleicht passender, die Larve - und er sie mit diesem schon fast unangenehm drückenden Blick ansieht.
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Signora Achilla
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Re: [1026] Genußvoll (Alain, Achilla)

Beitrag von Signora Achilla »

Die Maske war keine allzu besondere. Sie war aus dünnem Holz gemacht worden, das in Wasser, Hitze und mit Ölen und Harzen gebogen worden war. Die eigentlichen Teile waren klein, aber sie waren geschickt zusammen geleimt. Streifen von gewachstem Leder stützten das Ganze ab und boten den Rahmen für ein größeres Ganzes, das auf den ersten Blick aussah wie ein einziges Stück.
Was von außen zu sehen war, war das bemalte, verzierte Gesicht des Weisen oder des Magiers. Der trug einen schwarzen Bart aus Pferdehaar, lose geflochten und mit ein paar Holzperlen verziert - vermutlich, weil es eindrucksvoll und besonders aussah.

Die Farben waren vor nicht allzu langer Zeit erneuert worden und überlagerten ältere Schichten. An den Rändern war das zu sehen. Jede Schicht hatte wohl ihre Märkte und Vorstellungen gesehen, Umzüge und Possenspiele. Jede Schicht war vermutlich von zahllosen Augenpaaren gesehen worden, gaffend, neugierig, verächtlich, gelangweilt, belustigt, betrunken, hellwach und alles andere auch.

Die Signora trug die Maske unabhängig von Geschlecht oder Alter. Eine Rolle war eine Rolle. Wer auch immer die Maske trug, der spielte die Rolle und tat die Dinge und sagte die Worte, die dazu gehörten. Wenn der Weise auftrat, dann erfüllte er auch die Erwartungen, die an ihn gestellt wurden. Genau so war es auch mit den anderen Masken und Rollen.
Es war wohl ein Scherz ganz für sich, dass der Weise oft auch der Magier oder Weissager, Sterndeuter oder Prophet war. Sonst war diese Maske dafür da, hellseherisch zu sprechen.

Ein dunkler, eher grober Stoff rahmte das ganze ein. Er half auch, zu verbergen, dass diese Maske fester saß als es sonst bei den Schaustellern üblich war.
Die Signora störte sich nicht daran, was Alain da trieb - zumindest nicht für eine Weile. Doch je länger er brauchte, desto mehr stieg die Erwartung und die Ungeduld.

“Für einen Hellseher steht Ihr recht lang im Dunkeln und schweigt”, bemerkte sie.
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Re: [1026] Genußvoll (Alain, Achilla)

Beitrag von Alain le Beau »

Die Reaktion darauf ist, dass der junge Mann weiter im Dunkeln steht und schweigt. Er scheint ihre Frage nicht einmal gehört zu haben. Dafür zeigen sich auf seinem Gesicht ganz unterschiedliche Ausdrücke. Erst runzelt er die Stirn, dann lächelt er leicht, dann, plötzlich, verzieht er den Mund höchst angewidert. Seine Finger springen von der Maske zurück und ein trockenes Würgen entringt sich seiner Kehle. Er hebt die Hände - sie zittern ein wenig - und dann kehrt langsam Ruhe auf seinen Zügen ein.

"Das war... intensiv" bringt er langsam hervor. Seine Zunge fährt über seine Lippen und wieder verzieht er das Gesicht.

Schweigend betrachtet er das seltsame Mysterium vor sich, dieses verhüllte Wunder. Schließlich hebt er die Hände erneut, offenbar diesmal in der Absicht, die Maske der Signora zu entfernen.
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