Schlammige Pfade [offen]

[Januar '16]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Melissa
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Re: Schlammige Pfade [offen]

Beitrag von Melissa »

Melissa ergriff die ihr dargebotene Hand nicht, blickte bloß fragend die jünger scheinende Vampirin an. Ihre hübsche, weiße Stirn zog sich kraus. Eine Augenbraue wanderte skeptisch in die Höhe. Ihr ganzes Verhalten sprach deutlich ein Wort, dem sie nur des Anstandes wegen kein Leben einhauchte: Unangemessen.

Stattdessen wanderte sie einen Schritt bloß neben Angelique her, die Hände keusch vor dem Schoß verschränkt, den Blick ein wenig gesenkt. Dennoch betrachtete sie weniger die Untote an ihrer Seite, als vielmehr die Gassen und Straßen. Es würde wohl eine Weile dauern, ehe sie sich zurecht fand, aber sie konnte gleich damit anfangen. Sie bewegte sich mit einer gewissen Grazie und Feingliedrigkeit, setzte ihre nackten Füße sicher in den Matsch und hielt wohl jede Geschwindigkeit, die das Kind anschlug.

"Hab vielen Dank für deine freundliche Hilfe. In vielen Städten und Dörfern, in denen ich war, war die Kunst der Gastfreundschaft unbekannt. Es erleichtert mich, dass es hier nicht so ist", sagte Melissa mit einem kurzen Seitenblick.
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Angelique
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Re: Schlammige Pfade [offen]

Beitrag von Angelique »

Angelique winkte bescheiden ab. "Ich kann nicht für den Prinzeps Genuas sprechen. Darum mußt du dich selbst kümmern, fürchte ich. Aber bis dahin kann ich dir in meinem bescheidenen Revier Gastfreunschaft und Obdach geben. Es ist nicht viel und ich bin selbst noch recht neu in der Stadt, aber was ich dir geben kann, will ich dir gerne geben." Angelique glaubte nicht, dass Melissa zu den heidnischen Monstern gehörte, die gegen ihre eigene christlichen Klangeschwister in Byzanz Krieg führten. Sie vertraute mit nie völlig sterbendem kindlichen Vertauen darauf, dass Melissa nicht gekommen war, um Genua im Namen der teuflischen Voivoden der Bulgaren und Ungarn anzugreifen oder auszuspionieren.
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Melissa
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Re: Schlammige Pfade [offen]

Beitrag von Melissa »

"Dein Angebot ehrt mich", sagte Melissa. "Und ich werde sicher gehen, es dir in drei Tagen zurück zu zahlen. Ich komme ohne böse Absicht aus freiem..."
Einen Augenblick lang zögerte die Tzimisce, verzog die Lippen zu einem schmerzvollen Ausdruck. Dann fuhr sie fort:
"Ich ging nicht aus freien Stücken, doch aus freiem Willen komme ich in dein Land und bringe weder Feuer noch Schwert mit mir."

Obwohl sie aus dem Mund Melissas kamen - leise und zart gesprochen, so wie alle anderen Worte auch - wirkten sie...anders, als die anderen. Ritueller, so als spräche nicht wirklich die Neugeborene selbst in diesem Augenblick, sondern etwas älteres, böseres, diese Worte, die so tief in ihr Wesen eingegraben waren.

"Gibt es...gibt es Gegenden, die ich meiden sollte?", fragte sie. Ihre Stimme bebte nur ein wenig.
Auf die Gedanken der Malkavianerin ging sie nicht ein.
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Angelique
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Re: Schlammige Pfade [offen]

Beitrag von Angelique »

Angelique seufzte. "Oh, da gibt es viele Reviere und viele Regeln. Sie haben die ganze Stadt aufgeteilt, wie ein Schlachter eine verhungerte Kuh. Es hat auch viele Veränderungen in letzter Zeit gegeben. Aber wenn du in meinem Revier bleibst, gibt es wenig, mit dem ein oder sogar zwei Perfecti nicht fertig werden könnten."
Feierlich fügte sie hinzu: "Ich gestatte dir in meinem Bezirk zu verweilen und dich zu nähren, bis die Offiziellen etwas anderes entscheiden oder du die Tradtionen verletzt."
Etwas weniger feierlicher, fast flehend, sagte sie noch: "Solltest du zu töten pflegen, wenn du speist, so bitte ich dich, dir Sünder zu suchen, die es verdienen. Und sage mir bitte darüber bescheid. Ich helfe dir gerne auch, die Leiche aufzuschneiden, mit Steinen zu füllen und der See zu übergeben."
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Melissa
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Re: Schlammige Pfade [offen]

Beitrag von Melissa »

"Tun sie das nicht immer?", fragte Melissa, ohne große Trauer zu zeigen. "Sich wie Kinder über das Gebäck streiten, bis sie es vollständig zerrissen haben und nichts mehr davon übrig ist, meine ich.
Darf ich fragen, welchen Teil der Stadt du als dein Revier betrachtest? Ich möchte mich nicht zufällig dorthin verirren...später, meine ich. Falls ich..."


Als Angelique ihre Verfahrensweise mit Leichen beschrieb, schnellte Melissas Kopf zu ihr herum. Die Augen weiteten sich entsetzt, einen Moment lang zog sie nutzlos Luft in ihre Lunge.
"Ich würde nie...", begann sie, atemlos keuchend, schüttelte dann bloß den Kopf und konzentrierte sich wieder auf den Weg. Ihre Stimme sank zu einem enttäuschten Flüstern herab.
"Was für eine Verschwendung das wäre", seufzte Melissa.
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Angelique
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Re: Schlammige Pfade [offen]

Beitrag von Angelique »

"Na, Gott sei Dank!" rief Angelique erleichtert aus. "Ich hatte schon das schlimmste befürchtet nach all dem, was böse Zungen über deinen Klan erzählen. Ich halte es auch für eine Verschwendung, Menschen zu töten. Wie sollen sie denn ihre Lektionen lernen, wenn sie sich nicht bessern können, weil sie tot sind?" Wie üblich musste sie sich bremsen, näher ihre komplizierte Philosophie von Wiedergeburt und allmählicher Verbesserung zu erläutern.
Aber in der Tat hatte sie fast erwartet, eine Tochter der fleischtöpfernden Tzimisce würde Leichenberge hinterlassen und der Tradition der Stille ins Gesicht lachen. Ihre Erschafferin hatte immer voller Ehrfurcht vom sechsten Haus der Rabisu gesprochen. Unermesslich tief gefallen und trotzdem stolz auf ihre dämonische Unmenschlichkeit.
"Oh, wie gesagt, ist mir egal, ob du in meiner Domäne bist, wenn du dich benimmst. Trink, amüsier dich, reise hindurch, tu wie dir gefällt. Errege einfach kein Aufsehen." Sie grinste breit. "Mein Revier ist allerdings nur dieser Hafenbezirk und sein heruntergekommenes Völkchen. Wie ernährst du dich, wenn ich fragen darf?"
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Melissa
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Re: Schlammige Pfade [offen]

Beitrag von Melissa »

"Das finde ich auch", sagte die Tzimisce.
Melissa klang nicht, als hätte sie wirklich verstanden, was Angelique ihr damit sagen wollte. Sie schien aber zufrieden damit, der allgemeinen Richtung der Gedanken zuzustimmen. Auf Angeliques Frage hin dachte sie erst eine Weile nach und sagte schließlich nur:
"Wie alle anderen auch."

Es dauerte nicht lange, da kamen das seltsame Gespann an ein Badehaus, das eine Badehaus, die Therme. Ein in der Tat verruchter Ort. Das Lachen und die Lust aus den hinteren Räumen hallte bis in den Eingangsbereich. Noch war niemand sonst zu sehen, aber Melissa blieb wie angewurzelt stehen.
Sie warf nur einen Blick durch die Tür und blieb darin stehen, versperrte Angelique den Weg hinein.
Schließlich wandte sie sich um und trat wieder in den Matsch der Straße. Die Hände noch immer im Schoß und den Blick keusch gesenkt haltend, murmelte sie:
"Ich kann da nicht rein."
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Angelique
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Re: Schlammige Pfade [offen]

Beitrag von Angelique »

Angelique rieb sich überlegend das Kinn. Keusch, traumatisiert, verrückt, viele Möglichkeiten so zu reagieren.

"Du machst es mir schwer, eine gute Gastgeberin zu sein. Aber ich weiß einen nahen Brunnen. In den bin ich immer früher gehüpft, wenn das Sonnenlicht mich zu überraschen drohte. Dort könnten wir den Schmutz von uns waschen - wenn es auch eher ein kaltes und spartanisches Bad wäre."

Angelique hatte überhaupt keine Mühe mit den ständigen Stimmungsschwankungen der Tzimisce. Brimir hätte schon frustriert den Mond angeheult und Maximinianus Gesichtshaut wäre wie Pergamant gerissen, so hoch hätte er seine Brauen in Missfallen gehoben.
So also fühlte es sich also an, wenn man sie selbst bei ihren Gedankensprüngen erlebte.
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Melissa
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Re: Schlammige Pfade [offen]

Beitrag von Melissa »

Es schien kaum möglich, dass die Frau sich noch beschämter fühlte, aber ihre Stimme sank noch weiter herab. Ihr Kinn ruhte bald auf der Brust und ihre Blick wanderte an der eigenen, kläglichen Gestalt herab.
Wäre ihr Fleisch noch von Blut durchdrungen,wäre sie wohl errötet.

Melissa vollführte einen kleinen, schüchternen Knicks vor dem Mädchen.
¨Hab Dank für die Geduld¨, sagte sie und hob den Blick, um Angeliques zu begegnen. ¨Ich bin weit gereist in den letzten Jahren und für mich geblieben. Es ist schwer, nach vielen Jahren in der Wildnis in die liebenden Arme der Gemeinschaft zurückzukehren und die Gepflogenheiten fremder Orte zu lernen.
Sei versichert, dass ich die Regeln der Gastfreundschaft noch kenne, wie mein eigen Blut, und dich aussöhnen werde.¨

Der Blick, den Angelique empfing, war eine Seltenheit, ganz wie eine blühende Nelke im Winter oder ein im Sommer gefrorener See.
Melissens Stirn war unschuldig und glatt, ihre Lippen einen Spalt breit geöffnet, um ihre Worte hervor zu lassen, die süß und sanftmütig klangen und verlegen wie die eines Mädchens. Ihr Knicks war in langen Jahren einstudiert, ihre Haltung voller Anstand und Zurückhaltung. Ihre Augen aber...ihre Augen ließen daran zweifeln, ob irgendeiner der letzten Töne in ihrem Lied der Wahrheit entsprach. Es waren die kalten, flammenden Augen eines Jägers.

Einen Augenblick lang nur dauerte das Schauspiel, dann senkte Melissa den Blick wieder und folgte Angelique zu dem nahe gelegenen Brunnen.
¨Mich stört die Kälte nicht mehr. Ich würde viel darum geben, sie wieder zu spüren. Oder die Hitze.¨
Dort angekommen lehnte sie sich über den schlichten Rand aus Steinen, sah in die dunkle, düstere Tiefe.
¨Ich mag die trockenen Brunnen lieber¨, sagte sie, ehe sie den Eimer hinab ließ und mit langen Bewegungen des rauhen Seils wieder hervor holte. ¨Es gehört sich einfach nicht, unter Wasser schlafen zu können.¨
Als wäre es ein Verbrechen, Nutzen aus dem Fluch zu schlagen.
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Angelique
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Re: Schlammige Pfade [offen]

Beitrag von Angelique »

"Vor allem macht es die Haut schrumpelig," erwiderte Angelique trocken.
Sie mit ihrem Waschzwang entkleidete sich und reinigte sich übermäßig gründlich, obwohl, nur ihre Füsse vom Schlamm besudelt waren. Sie kleckerte ungern beim Speisen und Kleidung war ja so teuer! Nur ihren Dolch und ihr Antoniuskreuz behielt sie beim Waschen am Körper.

"Sag, Tante Melissa," wollte sie wissen,"soll ich dich bei einem der Liktoren, die ich kenne, vorstellen? Die Nacht ist noch jung. Oder willst du erst speisen und ich soll dich dafür allein lassen. Wir könnten uns bei diesem Brunnen wieder treffen."
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