Große und kleine Schatten (Acacia)

[Juni '16]
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Alerio
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Große und kleine Schatten (Acacia)

Beitrag von Alerio »

Die kleine Gestalt in ihrer dunklen weiten Kleidung, mit der Kapuze tief ins Gesicht gezogen, näherte sich der beleuchteten Kirche, die nachts, wie stets so still und unheimlich da lag.
Er betrat das Gebäude durch die Seitentür, wie es für seinesgleichen gedacht war. Schenkte der Wache davor jedoch keine Aufmerksamkeit, gab auch keine Waffen ab.

Im Inneren zog der Lasombra die Kapuze vom Kopf und schritt lautlos durch die Kirche. Schauend ob er seine Schwester hier antreffen würde.
Sollte dies nicht der Fall sein, würde er etwas warten.
Schweigend, still, in Gedanken versunken. Sonst gab es auch nicht viel zu tun.
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Acacia
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Re: Große und kleine Schatten (Acacia)

Beitrag von Acacia »

Kaum war das Tor hinter Alerio mit einem dumpfen Laut zugefallen, als ein leises Wispern durch die Stille der Kirche trug. Leise Schritte von Ledersohlen über Steinboden. Weiter hinten in der Kirche, dort wo die Schatten langsam so undurchdringlich wurden, dass selbst Kainiten ihres Blutes Mühe hatten etwas zu erkennen, öffnete und schloss sich eine Tür. Die Stille, die daraufhin folgte, schien noch allumfassender zu sein, als die davor. Man ließ das Monster im Körper eines Jungen in Ruhe und doch ruhten dutzende, von der Dunkelheit verborgene Blicke auf ihm.

Es war schwer zu sagen wie viel Zeit verstrichen war, doch schließlich öffnete sich erneut die Tür, die zu den privaten Gemächern des Priesters führen mochte. Das leise Rascheln von Seide auf Damast war zu hören, während sich die schlanke, hochgewachsene Gestalt der Hüterin aus den Schatten schälte. Ihren Umhang hatte sie bereits abgelegt, so dass der Blick auf das tiefe schwarz des Kleides sichtbar wurde. Den Blick fest auf Alerio gerichtet überbrückte sie den Raum zwischen ihnen bis sie vor dem so klein und unschuldig wirkenden Kainiten stand. „Alerio“, grüßte sie ihn der schweren Stille in der Kirche angemessen leise und doch schien ihr Respekt eher dem elysären Boden zu gelten, als der Tatsache, dass dieser sich zufällig in einem Haus Gottes befand.
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Alerio
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Re: Große und kleine Schatten (Acacia)

Beitrag von Alerio »

"Acacia, guten Abend" erwiderte er und lächelte freundlich.

Er musterte die erhabene Erscheinung seiner Schwester. In ihrem tiefschwarzen Kleid wirkte sie wahrlich edel und düster. Eines Schatten würdig, anders als er. Aber eigentlich konnte er das schlecht beurteilen, er konnte sich ja selbst nicht sehen.
War es nicht auch für sie bitter? Zu wissen, dass sie unfassbar schön war und es aber selbst nicht sehen konnte?
Er verzog ganz kurz mitleidig die Lippen, dann kam er zu seinem eigentlichen Anliegen.

"Ich sehe es geht dir gut?" stellte er fest und doch hing noch ein fragender Unterton daran.
"Ich wollte nur sehen, ob du nicht von Assamiten überfallen wurdest." Er lächelte leicht, aber falsch, als wäre es ein Scherz, aber nicht lustig.
"Offensichtlich nicht" antwortete er sich daraufhin selbst und ließ kurz den Blick schweifen, nachdenkend, bevor er ihn wieder auf Acacia legte.

"Aber wenn ich schon mal hier bin..." begann er erneut und sein Lächeln wurde hart.
"Wollen wir nicht darüber reden, was ihr mit Antigonos und Platealonga vor habt?" Seine Stimme schien oberflächlich freundlich, doch da war auch eindeutig ein schneidender Unterton zu hören.
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Acacia
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Re: Große und kleine Schatten (Acacia)

Beitrag von Acacia »

„Guten Abend.“, erwiderte sie seinen Gruß und ließ ihren Blick dabei kurz eingehend über seine kleine Gestalt schweifen. Seine Worte ließen ihre Mundwinkel für einen Moment nach oben zucken. Ein leiser Hauch von Spott. „Nein, keine Sorge, mir geht es gut und ich denke nicht, dass ich ein bevorzugtes Ziel der Assamiten wäre.“ Ihre Hand beschrieb eine leichte Geste, die die stillen Wächter an den Seiten der Kirche umfasste. „Es gibt lohnendere Ziele, die deutlich weniger schwer bewacht sind. Aber es freut mich, dass es auch dir gut ergangen zu sein scheint.“

Still wartete die ältere Lasombra ab, während Alerio offenbar seine Gedanken sammelte. Eine schmale, fein geschwungene Braue hob sich leicht bei dem Ton, den er anschlug. „Ich nehme an, du meinst die Mitglieder der via regalis?“, erkundigte sie sich eher rhetorisch.Wir haben gar nichts mit Antigonos vor. Allerdings hat er – wie seit Jahrzehnten bekannt ist – eine Fehde mit Godeoc. Diese betrifft jedoch nur die beiden und ich habe damit nichts zu tun.“ Gelassen lag ihr Blick auf dem deutlich kleineren Alerio. „Was Plateolonga angeht …“ Ihr Blick wurde nachdenklich und sie ihre Lippen spannten sich an, als würde es sich nicht glücklich stimmen, was sie als nächstes zu sagen hatte. „Die Könige beanspruchen dieses Gebiet vollkommen für sich.“ Interessanter Weise schien Acacia diese Entscheidung nicht eben gut zu heißen. Für einen Moment schwieg sie und schien zu überlegen. „Ich weiß, dass du große Anteile in diesem Bereich der Stadt hast, aber ich glaube nicht, dass ich weiterhin verhindern kann, dass die anderen vom Weg anfangen dagegen etwas zu unternehmen.“
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Alerio
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Re: Große und kleine Schatten (Acacia)

Beitrag von Alerio »

Alerio schaute offen skeptisch. "Nur die beide, ja? Das muss euch ja aber gelegen kommen, wo ihr alle doch Platealonga für euch beansprucht. "
Er glaubte ihr nicht. Wollte sie ihm wirklich weißmachen, dass sie Godeoc nicht dabei halfen?

"Und das der Hauptmann von Domus Godeoc mit Menschen füttert in dem er die Bettler dorthin schickt? Dass der Gerichtshof überhaupt in Clavicula positioniert wurde? Gut, das lege ich nicht unbedingt dir zur Last. Dennoch. Viele Gesetze die direkt oder indirekt negativ auf uns auswirken, wurden vom Senat beschlossen. In dem mit Sicherheit auch deine Diener sitzen." Er wurde spürbar wütender.

"Mit welchem Recht und aus welchem Grund nehmt ihr euch überhaupt Platealonga? Antigonos und auch ich waren schon länger dort, als ihr. Und Ferruccio damals auch noch. Und dennoch habt ihr einfach systematisch angefangen Teile zu übernehmen. Was wollt ihr mit Platealonga dass es euch unmöglich macht uns dort zu dulden?"

Er stoppte sich. Versuchte sich zu beruhigen und schüttelte den Kopf.
"Weiterhin verhindern? Willst du sagen, du hättest mich bisher vor deinen "Freunden" beschützt?"

Er hatte eigentlich nicht vorgehabt einen Streit vom Zaun zu brechen, doch er konnte das alles auch nicht länger mehr einfach so hinnehmen.
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Acacia
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Re: Große und kleine Schatten (Acacia)

Beitrag von Acacia »

Alerio wirkte beinah niedlich, wie er sich immer mehr in seinen Zorn hinein steigerte und ihr dabei knapp über die Hüfte reichte. Dennoch erschien kein amüsiertes, nachsichtiges Lächeln auf den Zügen der Lasombra. Stattdessen wurden ihre Züge schärfer und man konnte so etwas wie Ungeduld in den dunklen Augen erkennen, die beinah ebenso schwarz wie die dunkelsten Schatten im flackernden Dämmerlicht der Kirche wirkten. Dennoch ließ sie Alerios Wortschwall über sich ergehen und wartete bis der Junge fertig war.

„Wenn es dir nicht passt wie der Senat handelt, dann nimm Einfluss auf ihn. Du bist ein Kind Lasombras und mit seinen Gaben gesegnet. Nutze sie, denn sonst bist du sie nicht wert.“ Die dunkle Stimme der blassen Schönheit klang gereizt und als wäre sie beinah am Ende ihrer Geduld angelangt. Womit auch immer Alerio diese strapaziert haben mochte. „Clavicula ist ein Schandfleck in dieser Stadt und könnte ich es niederbrennen, würde ich es tun.“ Für einen Moment blickte sie Alerio still an und sprach erst dann weiter, wie um zu verdeutlichen, dass dieses Thema beendet war.
„Was deinen – oder Antigonos – angeblichen Anspruch auf Plateolonga angeht: Lange bevor du auch nur den Namen dieser Stadt gekannt hast, habe ich dort meine Fäden gesponnen. Lange bevor du diese Stadt betreten hast war Maximinanus dort und hat die Kirchen gesäubert und die mit Schätzen gefüllt und lange bevor auch nur eines unserer untoten Herzen in Richtung Genuas geblickt hat, hat Godeoc hier geherrscht. Also hast du kein Recht Plateolonga als dein zu bezeichnen. Ebenso wenig wie Antigonos, der nicht einmal in der Lage ist einfache Regeln der Höflichkeit zu befolgen.“ Trotz der leidenschaftlichen Worte, blieb die Stimme der Lasombra kalt und hart. „Und ja ich habe den Blick der Könige auf andere Ziele gelenkt, habe ihnen geraten nicht dich anzugehen, denn du bist von meinem Blut.“, fuhr sie fort. „Und sie sind nicht meine ‚Freunde‘“, beinah verächtlich sprach sie jenes letzte Wort aus. „Sie sehen die Welt nur ebenso wie ich und verstehen dass Ordnung allen zu Gute kommt … vor allem deinen geliebten Menschen.“
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Alerio
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Re: Große und kleine Schatten (Acacia)

Beitrag von Alerio »

Sein Ausdruck wandelte sich von ungehalten zusammengekniffenen Augen zu einem überraschend heben der Augenbraue, als Acacia sich gegen Clavicula aussprach. Doch anscheinend wollte sie darauf nicht weiter eingehen.

Mit Godeoc als damaligen Herrscher hatten sie natürlich recht.
In wiefern aber sie oder Maximinianus tatsächlich ihre Finger in Platealonga hatten, konnte er nicht sagen, also belies er es dabei.

"Verzeih meinen Unmut. Ich habe mich etwas gehen lassen. Aber Platealonga ist irgendwo auch mein zuHause. Das erste Viertel in das ich meinen Fuß gesetzt habe und etwas aufgebaut habe."

Wo er die ersten Kinder getroffen und ausgebildet hatte. Es hatte für ihn nicht nur einen materiellen Wert oder einen generellen Nutzen, sondern auch einen emotionalen.

"Und ich habe nicht Jahre lang Geld und Zeit aufgewendet, damit ihr jetzt einfach alles haben könnt." Stellte er entschieden fest und blickte seiner Schwester missmutig und unnachgiebig entgegen.
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Il Canzoniere
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Re: Große und kleine Schatten (Acacia)

Beitrag von Il Canzoniere »

Auf die Entschuldigung Alerios hin neigte sie leicht den Kopf. Zwar war ihre Miene weiter streng, aber irgendetwas schien sich doch zu verändern. Erst später sollte Alerio gewahr werden, dass es die umliegenden Schatten waren die ein Stück weit Schwärze, Unruhe, verloren hatten.

"Das haben wir gemeinsam." erwiderte sie, als er erwähnte das Platealonga der erste Distrikt war in dem er in Genua sein hiesiges Leben neu gerichtet hatte.

"Und ich kann deinen Ansatz verstehen. Es wäre ein Verlustgeschäft für dich. Natürlich erzürnt dich das. Aber die beiden Älteren werden nicht nachgeben. Insbesondere Godeoc." ihr Blick glitt einen Moment zur Seite, als ob ihr nicht gefallen würde das dies auf Kosten ihres Blutes ginge.

"Was würdest du dazu sagen wenn ich dir anböte deine Geschäfte in Platealonga zu kaufen? Du könntest deine Leute vor Ort lassen. Sie weiter nutzen wie bisher. Ich selbst bin nur an den Profiten die sie abwerfen interessiert. So wären sie vor den anderen Königen geschützt, es würde in der Familie bleiben und niemand hätte einen schlechten Schnitt gemacht. Offiziell hättest du dich aus Platealonga zurückgezogen und wenn du zusätzlich alle dortigen Operationen gegen sie einstellst könnten wir Gras über alles wachsen lassen." mit mildem Interesse betrachtete sie die Reaktion Alerios auf die präsentierte goldene Brücke.
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Alerio
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Re: Große und kleine Schatten (Acacia)

Beitrag von Alerio »

Er dachte über ihr Angebot nach und lies sich durchaus Zeit dabei. Das war keine Entscheidung die man überstürzen sollte. Er fragte sich auch ob sie überhaupt wusste, Also ließ er sie warten. Nach einer gefühlten Ewigkeit gab er dann aber doch seine Antwort.

"Ich danke dir für dein Angebot, aber ich bin damit nicht wirklich zufrieden. Was bringt es mir meine Leute weiterhin zu nutzen, wenn ich nichts von ihrem Umsatz habe und sie auch nicht im Hafen einsetzen kann, weil ihr Könige dann ja behaupten könntet ich hätte gegen euch gearbeitet, weil ja alles im Hafen den Königen gehört?" Den letzten Satz sprach er mit offenem Hohn.
"Den einzigen Vorteil den du mir bietest ist es nicht von den anderen Königen gewaltsam entfernt zu werden." Er schüttelte den Kopf.
Er machte eine kurze Pause dann machte er seinerseits ein Angebot.

"Ich verlange mehr. Du kannst einige meiner Leute kaufen und ich ziehe mich aus Platealonga zurück, komplett. Dafür kennt ihr Könige Ravecca als mein Territorium an. Nicht Domäne, das kann natürlich nur die Prinzessin, aber ihr werdet euch alle aus Ravecca fern halten. Keine Geschäfte dort führen, außer ich habe davon Kenntnis und keinen Einfluss im Senat unterhalten. Nicht mal einen Fuß hineinsetzen, außer ich gestatte es."

Er wartete. Wie würde sie die Forderung aufnehmen?
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Acacia
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Re: Große und kleine Schatten (Acacia)

Beitrag von Acacia »

Sie ließ ihn nachdenken und wartete geduldig auf seine Antwort. Zeit war etwas, dass sie im Überfluss besaß und die Entscheidung war wirklich nicht leicht. Als er dann jedoch sprach, malte sich erst Bedauern und schließlich ein wenig Ungläubigkeit auf ihren Zügen. Vielleicht hätte sie gelacht, wenn Alerio nicht so furchtbar ernst gewesen wäre. So jedoch seufzte sie leise und hob eine Hand um sich die Nasenwurzel zu reiben. Für einen Moment schwieg sie mit geschlossenen und blickte den kleinen Schatten dann wieder an.

„Glaubst du, wenn ich zwei Ancillae befehlen könnte und sie es tun würden, wäre ich noch Neugeborene?“, erkundigte sie sich erstaunlich sanft. „Ich habe mich bereits für dich eingesetzt, Alerio. Godeocs Vorschlag war deine Leute einfach zu ermorden, ebenso wie jeden, den er auch nur im Verdacht hat zu dir oder einem Nicht-König zu gehören.“ Der Blick aus den schwarzen Augen war ernst und eindringlich. „Hast du Godeoc schon einmal getroffen? Es hat mich einiges gekostet ihn davon zu überzeugen, dass es ressourcenschonender wäre dich auszubezahlen. Für ihn ressourcenschonender. Du hast also nicht wirklich die Wahl. Du kannst mit meinem Geld und meiner Unterstützung gehen oder aber die Ancillae nehmen sich was ihnen gefällt.“ Das war die harte unerbittliche Wahrheit und für einen Moment fragte sie sich ob Alerio vielleicht ähnlich jung an Jahren war, wie sein Körper es assoziierte. Immerhin bedurfte es einer gewissen Kunst sich solch eine Naivität zu erhalten.
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