Wölfe in der Nacht (Maria)

[Juni '16]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Alerio
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Wölfe in der Nacht (Maria)

Beitrag von Alerio »

Es war ruhig am Hafen, auch wenn man von fern, den Lärm des Lebens aus den Kaschemmen und Wohnhäusern hören konnte. Der Tag war warm gewesen und hatte die Stadt aufgeheizt, die nun immer noch nicht ruhen wollte. Doch am Hafen brachte das Wasser eine angenehme Kühle mit. Ein paar wenige Menschen hielten sich zu dieser späten Stunde noch dort auf. Neben Seefahrern, waren es nur wenige Bewohner, die einfach nur die kühle Nachtluft genießen wollten. So viel auch der kleine Junge nicht besonders auf, als er auf der Kaimauer entlang spazierte. Spielerisch darauf entlang balancierte.

An der Stelle angelangt, wo er damals Fabrizio und die Nonnen getroffen hatte, schaute er sich um. Niemand war in unmittelbarer Nähe. Also lies er sich an einem Pfosten, der dort aus dem Wasser ragte, hinab und befestigte etwas nahe der Wasseroberfläche.
Der seltsame kleine Tierschädel, den die Frauen ihm gegeben hatten.

Danach kletterte er wieder behände hinauf auf die Mauer und verschwand ungesehen in die Nacht.
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Maria Penthesilea
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Re: Wölfe in der Nacht (Maria)

Beitrag von Maria Penthesilea »

Welche Kraft auch immer dem seltsamen Totem innewohnen mochte; ob es überhaupt magischer Natur war oder nicht: Am nächsten Abend stand Maria Penthesilea am Hafen. Aber man musste zweimal hinschauen, um sie zu erkennen, ja, um überhaupt zu erkennen, dass es sich um eine Frau handelte.

Sie trug abgehalfterte Seemannskleidung. Gott allein wusste, woher sie die hatte, aber sie schien sich an den Hosen nicht zu stören. Eine Art gebundenes Tuch verdeckte die langen Haare, ein Sonnenschutz, auch wenn Alerio Maria Penthesilea noch nie bei Tage gesehen hatte. Ihre Füße waren bar jeder Schuhe und in ihrem Gürtel steckte ein langes Messer.

Die Nonne - oder besser gesagt, der "Seemann" - lehnte an einem der Pfosten. Ruhig und abwartend. Die anderen Nonnen waren auf den ersten Blick nicht zu sehen, was nicht hieß, dass sie nicht anwesend waren...
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Alerio
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Re: Wölfe in der Nacht (Maria)

Beitrag von Alerio »

In der nächsten Nacht kam er wieder zu der Stelle, doch, dass dort ein Seemann anstatt eine der Frauen stand, irriterte ihn erst und er beobachtete den vermeintlichen Mann aus der Ferne, bis er nach genauerem Betrachten, dann doch nicht mehr sicher war, ob das nicht doch eine Frau war.

Er kam näher und erkannte dann auch Maria Penthesilea hinter ihrer Verkleidung.
"Guten Abend, Maria Penthesilea. Eine gute Verkleidung." begrüßte er sie.

"Ich würde gern mit euch über ein paar Ereignisse reden, die in den letzten Jahren stattgefunden haben. Die Wolfsnächte." Das letzte Wort flüsterte er verschwörerisch, so wie es auf den Straßen voller Angst gemunkelt wurde.
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Maria Penthesilea
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Re: Wölfe in der Nacht (Maria)

Beitrag von Maria Penthesilea »

"Haa!" Sie grinste. "Ja. Ein Jäger passt sich an. Grün und Braun im Unterholz. Seemann im Hafen." Sie schien erfreut darüber, dass sie ihm einen Teil ihrer Weisheiten vermitteln konnte. Und sie verbarg es auch nicht. Dann lauschte sie, was er noch zu sagen hatte.

Als er die Wolfsnächte erwähnte, weiteten sich ihre Augen leicht und ein Blick der Verzückung trat auf ihr Gesicht. Sie nickte langsam und flüsterte ehrerbietig: "Wolfsnächte, ja! Die wilde Jagd!" Dann runzelte sie die Stirn. "Willst du teilnehmen, Wiesel? Du scheinst nicht bereit. Aber wenn Brimir zugestimmt hat..."
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Alerio
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Re: Wölfe in der Nacht (Maria)

Beitrag von Alerio »

"Macht Brimir dabei mit?" Er hatte nur Gerüchte gehört und nur welche die von Frauen sprachen, doch nun wo er sich bestätigt sah, dass die Nonnen dahinter steckten, war es natürlich auch nicht abwegig, dass Brimir auch dabei war.

"Nein, ich möchte nicht teilnehmen. Ich möchte euch bitten eure Jagd in Platealonga und auch Ravecca zu unterlassen. Ich habe Pläne, denen ihr mit diesen Tötungen im Weg steht." gab er zu und schaute die Jägerin gespannt an, wie sie darauf reagieren würde.
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Maria Penthesilea
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Re: Wölfe in der Nacht (Maria)

Beitrag von Maria Penthesilea »

Die Jägerin runzelte die Stirn. "Es ist die wilde Jagd!", sagte sie, als würde das alles erklären. Sie verschränkte die Arme. Blickte ihn nachdenklich an. "Brimir hat dir nichts davon erzählt", stellte sie dann fest. "Alerio..." Sie blickte ihn ernst an. "Du musst mehr lernen. Setz dich zu mir." Sie ließ sich am Kai nieder und ließ die Füße über das Wasser baumeln.

Ihre Hand lud ihn ein, es ihr gleichzutun.
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Alerio
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Re: Wölfe in der Nacht (Maria)

Beitrag von Alerio »

Er zögerte kurz. Eigentlich hatte er jetzt keine Lust auf Geschichten, aber was sollte er sonst tun?
Also setzte er sich neben sie auf die Kaimauer und schaute sie fragend an. "Also gut, was ist die wilde Jagd?"
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Maria Penthesilea
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Re: Wölfe in der Nacht (Maria)

Beitrag von Maria Penthesilea »

Die Jagdnonne runzelte die Stirn. "Ah... Worte. Es ist schwierig." Sie dachte nach. "Wir sind selbst nicht sicher. Altes Wissen, uralt. Wenn sich Jäger treffen, wenn Jäger sich messen, wenn sie in der Jagd verbunden sind, dann... fühlen sie den Ruf. Die ersten Winternächte. Der Ruf der Jagd. Er ist stärker als alles andere. Und er wurde gehört, in Genua gehört. Von Brimir... und von uns."

Sie schüttelte den Kopf. "Die Jagd kennt keine Domänen. Sie kennt nur Reviere. Und Reviere werden verteidigt - oder sie sind keine Reviere. Hat Brimir dir das erklärt? Ein Jäger schützt sein Revier. Wer dazu nicht fähig ist..." Ihr Blick war ernst. "Stell dir die Sturmflut vor. Der Damm hält - oder er hält nicht. So ist die Jagd. Sie schwemmt hinweg."

Dann faltete sie die Arme. "Wir versuchen, sie zu lenken. In Bahnen. Nur die Verbrecher. Wie von der obersten Jägerin erlaubt. Aber sie aufzuhalten..." Maria Penthesilea seufzte.

"Willst du die Sturmflut aufhalten?"
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Alerio
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Re: Wölfe in der Nacht (Maria)

Beitrag von Alerio »

So ganz verstand er es nicht. Das mit dem Ruf. Vielleicht weil er noch kein richtiger Jäger war. Vielleicht war es aber auch nur Unsinn.
Er schüttelte den Kopf.
"Ich will sie gar nicht aufhalten.
Ihr sagt selbst, dass ihr sie in Bahnen lenkt. Dann lenkt sie doch in andere Siesteri."

"Oder auf Leute, die es wirklich verdient haben, anstatt kleine Diebe."

Was brachte einem diese Jagd, wenn sie völlig wahllos agierte?
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Maria Penthesilea
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Re: Wölfe in der Nacht (Maria)

Beitrag von Maria Penthesilea »

"Tscha!" Der Zischlaut klang frustriert, wütend. "Wir versuchen, sie zu lenken." Sie sah ihn an, als wolle er nicht begreifen, was sie sagte. "Die Jagd braucht Beute. Sie zieht aus - sie fragt nicht lange. Sie sieht ein Opfer. Sie jagt!" Maria Penthesilea rieb sich die Stirn. Schüttelte dann den Kopf.

"Du kommst zu mir. Ich soll dein Revier schützen. Ein Jäger schützt sein Revier selbst!" Eine abschätzige Geste. "Deine Interessen dort: Sind sie die Jagd?" Es klang nicht so, als würde sie das erwarten. "Wenn nicht, sind sie unwichtig. Für die wilde Jagd."

Die Hände zusammengelegt schien sie angestrengt nachzudenken. Dann nickte sie langsam. "Aber vielleicht... ist ein Weg? Ja. Du willst Jäger werden. Geh den nächsten Schritt. Erkenne deinen Rang. Vielleicht bist du stärker. Dann werden deine Viertel respektiert. Vielleicht schwächer. Aber Teil der Jäger. Dann auch Respekt."

Sie rieb sich das Kinn. "Das Ritual der Rangfolge. Sehr wichtig. Nicht ungefährlich. Aber notwendig."
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