Wie Katzen sterben [Maria]

[Juni '16]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Fabrizio
Lasombra
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Re: Wie Katzen sterben [Maria]

Beitrag von Fabrizio »

Es war an der Zeit, für die Jagd.
Fabrizio Begado, Triarch der Magdalena, schob sich ohne besonderes Aufhebens an den gaffend trunkenen Massen auf dem Platz der Wunder vorbei. Wunder die ihn heute nicht interessierten. Schnell ließ er das lebendige Treiben hinter sich. Zielstrebig doch ohne Hast schritt er bald einsam die Strata Romana entlang. Rechter Hand immer das kloakige Geschwür Claviculas vor Augen, links die miefigen Häuser von Domus. Schließlich stieg die Straße leicht an und begann sich zu öffnen hin zu den sanften Hügeln Broglios. Unwillkürlich wurde der Seefahrer langsamer und blieb dann stehen. Hier hatte er endgültig sein Revier verlassen.
Aufmerksam tastete er mit seinen Blicken in die Dunkelheit die sich hier zwischen Broglio und Domus direkt vor ihm erstreckte. Unwillkürlich nickte er, sich selbst bestätigend. Dann ging er einfach weiter, jetzt beinahe spazierend. Kaum merklich veränderten sich seine Bewegungen, er wurde leiser, dezenter, vorsichtiger.
Bis er schließlich auf dem Kirchplatz vor San Ambrosio eine Gruppe von Bettlern hocken sah, zusammengedrängt mit Decken in einem windgeschützten Winkel. Die Menschen waren zu arm um betrunken zu sein und zu kränklich um gut zu schlafen, im gequälten Halbschlaf hörte der Lasombra sie unstet seufzen.
Lange Momente blieb er völlig unbewegt im Schatten stehen und taxierte die Menschen. Dann löste er sich vorsichtig und ging schnurstracks auf sie zu. Seine Hand spielte nervös mit dem kühlen Metal. Die Bewegungen waren jetzt bewusst deutlich, ungezwungen und vernehmbar. Als der vorderste, ein hager knochiger Mann, ihm gewahr wurde - flog bereits die Münze auf ihn zu, direkt auf Höhe seiner müden Hände.

"He! Du da." Durchbrach die Stimme des Kapitäns auf einmal befehlsgewohnt die unruhige Stille der Nacht. "Hab mich wohl verlaufen hier in diesem verwinkelten Labyrinth von einem Hühnerstall. Versuche schon die ganze Zeit den Weg zum Nonnen-Konvent zu finden der hier irgendwo in der Nähe sein muss, Orden der Uberto-Schwestern vom kostbaren Blut nennen die sich. Von gehört? Jedenfalls muss ich da hin und wenn du mich jetzt auf direktem Weg hin führst bekommst du noch so eine."
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Maria Penthesilea
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Re: Wie Katzen sterben [Maria]

Beitrag von Maria Penthesilea »

"Danke, danke..." stotterte der Mann überrascht. Dann hörte er sich Fabrizios Worte an. Schließlich leckte er sich die Lippen, kam unsicher auf die Beine und kratzte sich am Hinterkopf. "Nonnen, ja? Hab welche gesehen... aber die reden nicht mit unsereins. Haben das Haus von der Familie Giglio bezogen und die sind dafür in das Geisterhaus."

Er trippelte unruhig auf und ab. "S'ist nicht klug, von solchen Dingen zu sprechen." Gier und Furcht kämpften in seinem Gesicht miteinander. "Ich kann euch nich' bringen. Mein Bein ist lahm..." Der folgende Monolog war Fabrizio schon oft vorgetragen worden. Er zählte all die mitleiderregenden Wehwehchen des Mannes auf. Wenn Fabrizio ihn nicht unterbrach, würde er mit: "...darum kannich nicht! Aber ich sag' euch gern den Weg."

Es folgte eine Wegbeschreibung, die Fabrizio von der Hauptstraße in die Nebengässchen führen würde. Ein ganz normales Wohngebiet der Stadt, nicht zu elegant, nicht zu ärmlich. Das Haus würde er schon erkennen, versicherte ihm der Mann.
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Fabrizio
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Re: Wie Katzen sterben [Maria]

Beitrag von Fabrizio »

Fabrizio hasste es sich immer wieder dieses Geschwafel schwacher Männlein anzuhören, deshalb unterbrach er ihn tatsächlich ziemlich schnell.
Plötzlich tauchten gleich zwei weitere Münzen metallisch schabend zwischen den Fingern des Kapitäns auf und funkelten in den Augen des Mannes.
"Bring mich trotzdem hin." Die Stimme des Kapitäns klang freundlich, aber auch irgendwie ziemlich bestimmend, so als würde er keinen weiteren Widerspruch dulden.
"Dann kannst du mir auf dem Weg auch gleich noch ein bischen von diesem Geisterhaus erzählen, vielleicht wird mir dann der Weg etwas kurzweiliger..." Erklärte der Seefahrer noch mit leicht schiefem Grinsen.

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Maria Penthesilea
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Re: Wie Katzen sterben [Maria]

Beitrag von Maria Penthesilea »

Der Mann überwand angesichts des unerwarteten Reichtums seine Ängste und führte Fabrizio in die Nebengassen von Broglio. Auf dem Weg dahin erzählte er ihm, eher widerwillig und mit vielen Blicken über die Schulter, die Geschichte: Das Haus habe einer Diebesbande gehört und manche sagen, die Mitglieder hätten einen Pakt mit dem Teufel geschlossen.

Es gab dazu wohl allerlei Gerüchte, eines fantastischer als das andere. Erst hätten die Türen des Hauses nachts geschlagen, dann habe der Teufel selbst einen der Diebe geholt. Man habe nur noch seine Fingerknöchelchen gefunden, an die Tür gelagert. Aber sein Kopf sei den anderen Dieben erschienen und hätte sie vor der Hölle gewarnt. Dann seien diese eines Tages einfach verschwunden gewesen, vielleicht geflüchtet, aber wahrscheinlich doch allesamt zur Hölle gefahren.

In jedem Fall habe die Familie Giglio dann das Haus übernommen und sich damit ziemlich verbessert, also, natürlich nur platztechnisch, denn wer wisse schon, ob der Teufel nicht immer noch seine Augen auf das Haus werfe. Aber bisher sei wohl nichts passiert.

Den Nonnen hätten sie dann ihr altes Haus gespendet, was ja eine gute und christliche Sache sei und damit dann wohl auch der Grund, warum der Teufel ihnen nichts anhaben könne. Im Übrigen seien sie ja jetzt da - der Mann wies auf ein kleines, völlig unscheinbares Haus vor ihnen - und er hätte jetzt gerne sein Geld und würde dann wieder verschwinden, wenns dem Herrn nichts ausmache, es sei ja auch schon spät und überhaupt.
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Fabrizio
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Re: Wie Katzen sterben [Maria]

Beitrag von Fabrizio »

Der Geschichte hörte Fabrizio teils interessiert teils eher nur mit einem Ohr zu. Hin und wieder fragte er nach, wie: Denen ist wirklich nur der Kopf erschienen? Und das haben alle felsenfest geschworen?
Doch wichtiger schien ihm eher zu sein nebenher aufmerksam auf ihre Umgebung zu achten. Vielleicht hatte ihm die Geschichte von Geistern und Teufeln das ganze wohl doch etwas mulmig gemacht, aber vielleicht auch einfach die Erkenntnis, dass es hier Diebe geben könnte.

Vor dem Haus blieb der Kapitän neben seinem neuen Begleiter stehen und sah sich ersteinmal skeptisch um.
Halblaut erklärte er dann "Könnte ja irgendein Haus sein, sieht nicht umbedingt nach Nonnen aus hier. - Klopf* an. Du bekommst dein Geld erst, wenn hier wirklich die Nonnen wohnen die ich suche."

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Maria Penthesilea
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Re: Wie Katzen sterben [Maria]

Beitrag von Maria Penthesilea »

"Ich weiß nich, ob sie geschworen haben. Ich habs auch nur von andern gehört". Der Mann zuckte mit den Schultern. Dann trat er an die Tür und klopfte, während er verwundert auf seine eigene Hand starrte. Fabrizio konnte die Schauer sehen, welche den dürren Körper durchliefen.

Es dauerte nur wenige Sekunden, dann öffnete sich die Tür langsam. Eine Frau im Nonnengewand schaute hinaus. Sie blickte auf den Bettler, runzelte die Stirn - Fabrizio konnte sehen, dass sich der Mann einnässte - dann schaute sie den Kapitän selbst an.

"Guten Abend euch, mein Herr?" Ihr Ton war fragend. Ihr Gesicht war ihm fremd.
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Fabrizio
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Re: Wie Katzen sterben [Maria]

Beitrag von Fabrizio »

Fabrizios Züge entgleisten ein bischen zwischen Zufriedenheit und Ekel.
Am Ende ergab sich darauß Erleichterung - dass tatsächlich eine Nonne aufgemacht hatte und er dieses andere erbärmliche Geschöpf nun wieder in seine Gosse entlassen konnte.
Energisch drückte der Kapitän dem Bemitleidenswerten die beiden Münzen fest in die Hand.
"Da sind wir wohl richtig, kannst jetz verschwinden."

Abwartend starrte der Lasombra dem Mann hinterher ohne die Nonne aus dem Augenwinkel zu lassen. Dann erst trat er selbst noch etwas näher heran, dass nicht die ganze Nachbarschaft mithören würde, und wendete sich direkt an die ihm unbekannte Nonne.

"Ich bin Jäger Fabrizio, aus dem Clan des Kleinen Wiesels. Ich suche den Kult der Jagd."
Fabrizio war selbst überrascht, dass er sich ein fettes Grinsen voll und ganz verkneifen konnte.
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Maria Penthesilea
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Re: Wie Katzen sterben [Maria]

Beitrag von Maria Penthesilea »

Die Nonne zog die Augenbraue hoch, blickte hinter sich in den Raum, wo die Worte offenbar gehört worden waren. Fabrizio hörte eine Tür zuschlagen, dann öffnete sich der Eingang für ihn. Im Raum verteilt saßen die Bewohnerinnen. Zwei von ihnen waren in Leder gekleidet, Jagdleder, dem Anschein nach. Andere trugen ihren Habit.

Er hörte, wie die Tür hinter ihm geschlossen wurde. Diejenige Nonne, die ihm aufgemacht hatte, sah er jedoch nicht. Sie musste nach draußen gegangen sein. Ob sie ein Wort mit seinem Führer wechseln wollte?

Maria Penthesilea, die Nonne, der er bereits mit Alerio am Hafen begegnet war, stand auf und trat auf ihn zu. Sie blickte ihn von oben bis unten an, dann sprach sie leise, mit einem amüsierten Unterton. "Jäger Fabrizio. Auf der Suche nach 'erbärmlichen Caitiff'?" Sie runzelte gespielt die Stirn, sah sich um. "Ich sehe hier keine."

Dann wurde sie ernst. "Oder suchst du nach Wahrheit? Wahrheit könntest du hier finden."
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Fabrizio
Lasombra
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Re: Wie Katzen sterben [Maria]

Beitrag von Fabrizio »

Zögerlich trat Fabrizio durch die geöffnete Tür. Jetzt war ihm das ganze wohl doch nicht mehr so geheuer.
Kaum merklich zuckte der Kapitän zusammen als die Tür hinter ihm ins Schloß viel.
Nervös zählte er mit huschenden Blicken die strategisch im Raum verteilten Nonnen durch, ob in Leder oder ohne. In alter Gewohnheit zählte er dabei reflexartig mit den Fingern am Gürtel nach, für jede Nonne streckte sich ein Finger der angespannten Hand und half ihm die Übersicht zu bewahren wie im Gefecht auf schwankender See. Eins, zwei, drei...
und dann noch mit etwas Abstand ein letzter für die Nonne von der Tür. Die waren recht gut organisiert, fiel ihm auf. Verstärkung wäre spätestens jetzt aufgefallen.

Die Worte der Oberschwester, oder Oberjägerin? Maria holte ihn dann wieder auf die Planken des verbalen Schlagabtausches zurück. Der Lasombra straffte sich und zuckte dann unwissend mit den Schultern. Schließlich räusperte er sich noch gekünstelt, was ihm die Zeit verschaffte seine Stimme zu ordnen.

"Schwester Maria." Er nickte Penthesilea knapp zu. "Erbärmliche Caitiff werden von Brimir gejagt. Aber Brimir hat respektvoll von euch und dem Kult der Jagd gesprochen. - Ich sehe hier also auch keine." Er zwang sich ein kühles Lächeln auf.
Dann wurde auch er sehr ernst und kam direkt zum Punkt.
"Ich suche Wahrheiten über die Jagd. Denn ich werde mich auf eine begeben."
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Maria Penthesilea
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Re: Wie Katzen sterben [Maria]

Beitrag von Maria Penthesilea »

Die Nonnen um ihn herum nickten verstehend, anerkennend. Maria Penthesilea lächelte. "Es ist weise. Zu uns zu kommen ist weise. Wir wissen viel über die Jagd." Dann legte sie den Kopf schief. "Aber nicht viel über dich. Nicht gerade freundlich. Aber das ist egal. Ein Jäger ist nicht freundlich. Er ist ein Jäger."

Sie wies auf eine kleine Reihe von Bänken, vor einem schlichten Altar. Daneben stand eine Figur, die Fabrizio als Hubertus (oder Uberto) identifizieren mochte. Die Kelche auf dem Altar waren schlicht, aus Holz und Horn gefertigt.

Die Atmosphäre dieses Schreins war seltsam, heidnisch, uralt.

"Was willst du uns erzählen?" fragte Maria Penthesilea, die sich neben ihn gesetzt hatte. Er hörte, wie die anderen Nonnen begannen, diversen Arbeiten nachzugehen - aber er sah auch, dass sie die Ohren gespitzt hielten. Neugier war hier offenbar keine Todsünde.
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