Der Katzenherr [SL]

[Juli & August '16]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Maria Penthesilea
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Der Katzenherr [SL]

Beitrag von Maria Penthesilea »

Eine seltsame Einladung war ausgesprochen worden. Schwarzes Fell hatte sich gesträubt, grüne Augen hatten gefunkelt. Jäger hatte Jäger gegenübergestanden. Der Kult hatte die Katze mit Respekt behandelt, mit Fleisch gefüttert, zu ihrem Herrn zurückgeschickt. Und die Antwort ließ nicht lange auf sich warten.

Und so zog eine Prozession aus drei Nonnen - Maria Penthesilea, Maria Thermodosa und Maria Polemusa - zur Grenze von Clavicula und Domus, der Katze hinterher.

Die Nonnen trugen keine Waffen, zumindest nicht über ihrer Ordenstracht. Trotzdem verrieten ihre Blicke ihre Wachsamkeit, ihre geschmeidiger Gang die stete Bereitschaft zur Flucht. Oder zu anderen Dingen.
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Il Canzoniere
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Re: Der Katzenherr [SL]

Beitrag von Il Canzoniere »

Eilig huschte die schwarze Katze voran. Am Rande der Straße, durch enge Gassen und über kleine Zäune. Nur hin und wieder blieb sie stehen und warf einen strafenden Blick über die Schulter, warum man denn so derart lange für eine solche Strecke brauchen könnte. Das Tier schien auch nicht zu verstehen das manche der Öffnungen in Zäunen zu klein für die Prozession Nonnen, die ihm folgte, war.

Der beschwerliche Weg, teilweise von ungeduldigem miauzen begleitet, falls ein Haus umgangen werden musste statt einfach den direkten Weg über das Dach zu gehen, führte ein gutes Stück durch Domus. Das Ziel des irgendwie räudig aussehenden Dings war ein kleines Fleckchen Land - der äußerste Nordzipfel Claviculas...oder der südlichste von Domus, je nachdem wen man fragte. Wie eine Insel lag der Wohnblock mitten auf der Straße die die beiden Sestieris eigentlich trennte - und die nach dem gut ein Dutzend Gebäuden wieder zusammenführte.

Der enge Baustil Claviculas spiegelte sich in den hier stehenden Häusern wieder. Enorm dicht, mit Eingängen und Ausgängen in alle Richtungen standen sie trostlos da. In die Mitte der kleinen Gruppe Häuser schien man jedoch lediglich zu gelangen wenn man es wirklich drauf anlegte. Kein kleines Seitengässchen führte auf den geschützten Innenhof. Der einzige Pfad den man nehmen konnte führte durch eine - offenbar leer stehende - Hütte mit angelehnter Tür. Innen wurde man von dutzenden, gelblich leuchtenden Katzenaugen begrüßt. Hatte man die schmale Hütte durch die Hintertür verlassen gelangte man auf den Innenhof. Untypischerweise war dieser nicht völlig zugebaut worden. Nur ein einzelner, hässlicher, hölzerner Schuppen der schon lange nicht mehr für die Schweine genutzt wurde für die er gebaut worden war stand hier.

Geschlitzte Augen folgten den Schritten der Nonnen wachsam. Vierbeinige, dunkle Geschöpfe lauerten in den Hauseingängen, den Fenstern, den Rinnsteinen und thronten erhaben auf den umliegenden Dächern. Miauen, Katzenmusik und andere, eigenartigere Geräusche waren zu vernehmen. Einige der Tiere wagten sich ohne Scheu hinaus, schlossen die Prozession ein. Begleiteten sie.

Ziel der führenden Katze schien der Schuppen auf dem Innenhof zu sein. Nur ein Spalt der Tür war offen. breit genug für jede Katze. Die Nonnen jedoch konnten nur seitlich und nacheinander eintreten. Ein ungutes Gefühl ergriff sie und gesellte sich zu dem stechenden Geruch der aus der Türöffnung zu kommen schien.
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Maria Penthesilea
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Re: Der Katzenherr [SL]

Beitrag von Maria Penthesilea »

Obgleich die drei zu den erfahrensten Jägerinnen des Kultes gehörten, konnten die Nonnen nicht verhindern, dass ihnen die Nackenhaare zu Berge standen. Das hier gemahnte zu sehr an die Höhle eines Raubtieres. Ein Raubtier, das sie nicht kannten, das sie nicht sehen konnten. Das sie jederzeit anfallen konnte.

Aber die Nonnen WAREN Jägerinnen. Und sie hatten schon einigen Raubtieren gegenübergestanden. Herausfordernd in die Augen der Katzen blickend, schoben sie sich in den Schuppen hinein. Auf Maria Penthesileas Gesicht stand sogar ein füchsisches Lächeln, ihre Augen waren leicht geöffnet. Die Antizipation der Jagd - der Moment, in dem sie sich wahrhaft lebendig fühlte.

Sie schauderte. Aber nicht aus Angst, sondern in freudiger Erwartung.
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Il Canzoniere
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Re: Der Katzenherr [SL]

Beitrag von Il Canzoniere »

Dunkelheit erwartete sie. Die Scheune schien, bis auf den schmalen Türspalt durch den sie gekommen waren, kein Licht hinein zu lassen. Keine noch so kleine Ritze im Holz und auch keine Fackel oder Laterne die erhellte was sich hier befinden mochte. Miauen, fauchen und kreischen das nur auf die Anwesenheit von mehreren dutzenden, schwarzen, huschenden Katzen hinweisen mochte. Hier direkt am Eingang wie auch weiter entfernt, im Dunkeln. Hier und da sah man auch neugierige Augen aufleuchten die die Eindringlinge interessiert beobachteten.

Mit so wenig Geräuschen und beinahe nichts sichtbarem war der Gestank, der sich außen schon angedeutet hatte, umso erschlagender. Ein widerliches Potpourri aus altem Erbrochenen, Katzenurin, Eiter und blutigem Rotz, nässenden Wunden und krankem Fleisch reizte jede noch so resolute sterbliche Nase zum zusammenziehen und jeden Hals zum würgen. Es roch wie ein seit Monaten benutztes Lazarett in dem die einzige Lüftung ein kleines Fensterchen, das täglich vier Stunden geöffnet wurde, war.

Das ausgerechnet die angeblich mit so gutem Geruchssinn und einem Sinn für Reinlichkeit ausgestatteten Katzen sich nicht darin störte musste einen düsteren Grund haben...
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Maria Penthesilea
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Re: Der Katzenherr [SL]

Beitrag von Maria Penthesilea »

Maria Penthesilea zog den Schleier vor den Mund. Sie hörte, wie Maria Thermodosa hinter ihr hustete - wohl um ein Würgen zu übertönen. Maria Polemusa hingegen übergab sich geräuschvoll, was die Luft in dem Schuppen kaum verbesserte.

Wütend runzelte die oberste Jägerin die Stirn. "Genug damit." Ihr Zorn entsprang nicht allein dieser wenig gastfreundlichen Behandlung. Auch dass jemand die Katzen dazu zwang, unter solchen Bedingungen zu leben, schürte ihn. "Diese Spielchen... wertlos. Zeige dich. Oder wir gehen."
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Il Canzoniere
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Re: Der Katzenherr [SL]

Beitrag von Il Canzoniere »

Ein klatschendes Geräusch ertönte. Dann fauchten einige Katzen, andere miauten aufdringlich. Es gluckste, aus dem hinteren Teil. Und irgendetwas bewegte sich. Es musste massig sein, denn es schlurfte hier und dort gleichzeitig. Ein hohes Gurgeln, welches auf keinen Fall einer tierischen Kehle entsprungen sein konnte übertönte einen Moment das ächzen und die schnaufende Antwort aus dem Dunkel.

"Besucher. Was für eine erfreuliche Nacht. Besucher." mit den gesprochenen Worten erreichte die Nonnen eine abstossende, nach faulen Eiern und Unrat duftende Komposition aus Mundgeruch, Katzenräude und Abfall.

"Willkommen willkommen. Seid gegrüßt in meinem bescheidenen Heim. Il Ghiotto mein Name. Wie kann ich euch helfen, Frau...?"

Das undurchsichtige Vergnügen in der gurgelnden Stimme des Mannes klang durchaus durch. Und kam, gemeinsam mit einem Geräusch näher, das nach auf dem Boden schleifenden Fleisch klang.
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Maria Penthesilea
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Re: Der Katzenherr [SL]

Beitrag von Maria Penthesilea »

"Wir sind der Kult der Jagd", sagte Maria Penthesilea. "Ich bin Maria Penthesilea. Ich spreche für den Kult." Sie blickte sich in der Finsternis um, versuchte, schemenhafte Umrisse zu erahnen in dem wenigen Licht, dass durch den Spalt fiel.

"Deine Katzen. Sie führten uns zu dir. Wir wollten mehr wissen. Daher sind wir hier... Jäger." Das letzte Wort kam etwas zögerlich.
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Il Canzoniere
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Re: Der Katzenherr [SL]

Beitrag von Il Canzoniere »

Ein blubberndes Glucksen ertönte, das schlurfende Geräusch endete. Anhand der Stimme und noch viel mehr anhand des Geruchs konnte die Nonne erahnen das die Stimme im Dunkeln nicht mehr sonderlich weit von ihr entfernt stand. Das beinahe völlig fehlende Licht gab nur den Eindruck frei das der Körper der zu der Stimme gehörte riesig sein musste. Ein wahrer Berg, ungekannten Ausmaßes. Die unappetitlichen Details jedoch die solch ein Geruch versprach, die blieben dankbarerweise verborgen.

"Jäger? Das wäre zuviel der Ehre. Ich bin eher ein Sammler. Ja, so könnte man das sagen." ein wenig Amüsement schlich sich in seine Stimme, als würde er sich über seine eigenen Worte freuen.

"Kult der Jagd sagt ihr? Maria Penthesilea, hm? Drüben aus Broglio, was? Schön schön. Was kann Il Ghiotto denn für euch tun hm? Das Kätzchen flötet etwas von ner Kiste. Und ner Stimme. Kann mir schon denken was das soll. Habt ne Menge Fragen oder? Na dann mal los...hehe." die Freude in seiner Stimme war kaum zu überhören. Obwohl er sich über ihren Besuch mindestens genauso zu freuen schien wie darüber das er selbst so lustig war.
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Maria Penthesilea
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Re: Der Katzenherr [SL]

Beitrag von Maria Penthesilea »

"Fragen?" Maria Penthesilea zog die Augenbraue hoch. "Wovon redest du... Sammler?" Das Wort schien ihr nicht zu behagen, im Gegenteil. "Deine Katzen waren überall. Wir wollten dich kennenlernen." Sie legte den Kopf schief. "Dich sehen. Einschätzen. Sammler."

Die anderen Nonnen rückten dichter hinter ihr zusammen. "Wer nur denkt, kann falsch denken", sagte sie unverbindlich. "Denken und Handeln. Denken und Sehen. Gehören zusammen." Sie schielte in die Dunkelheit. "Wo ich gerad davon spreche..."
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Il Canzoniere
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Re: Der Katzenherr [SL]

Beitrag von Il Canzoniere »

Ein langgezogener, irgendwie feucht klingender Ton der einem unappetitliche Bilder ins Gedächtnis rief erklang. Erst nach einigen Momenten wurde klar das es ein schniefen war. Wie von einer laufenden Nase.

"Von der höflichen Sorte isser, der Kult der Jagd. Richtig nett von euch, sowas. Aber Licht kann ich euch nicht machen. Mag kein Feuer. Ihr würdets auch nicht mögen. Bin keine Schönheit. Wahrlich nicht. Aber im dunkeln, da gehts." ...wenn man einmal von dem auf allem lastenden, atemberaubenden Gestank absah. Es hatte nicht nur Nachteile, vom Kainsfluch getroffen worden zu sein.
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