Ein Gespräch unter vier Augen [SL]

[Juli & August '16]
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Melissa
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Re: Ein Gespräch unter vier Augen [SL]

Beitrag von Melissa »

Melissa neigte den Kopf mitsamt dem Oberkörper nach vorne, eine ungelenke, aber demütige Haltung, die einer Verbeugung im Sitzen gleich kommen sollte.
"Ich verstehe, warum ihr der Seneschall seid", sagte sie, als sie sich wieder erhob. "Ihr seid ein scharfer Beobachter.

"Offensichtlich würde ich es begrüßen, wenn ihr das Viertel nicht in Brand stecken würdet. Ich habe zu viel Arbeit hinein gesteckt, um es einfach aufzugeben.
Unabhängig davvon, welchen Weg ich wähle: Ich beabsichtige voll und ganz, das Problem der Gewalt in Kürze in den Griff zu bekommen. Die Miliz wird einverleibt und reformiert werden, die übelsten Gruben der Verbrecher ausgehoben und bereinigt."

Ihre Lippen wurden schmal. Bittnernis schlich sich in ihre Stimme.
"Der Kult vernichtet."

Sie räusperte sich, entfernte die Verachtung und die Schwere aus ihrer Stimme und bemühte sich, auf das selbe plauderhafte Niveau des Ventrue zu kommen.
"Was schwebt euch als Kooperation vor?", fragte sie.
Das Spiel hatte sie eröffnet, aber der Seneschall führte.
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- Giovanni Faldella
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Il Canzoniere
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Re: Ein Gespräch unter vier Augen [SL]

Beitrag von Il Canzoniere »

Ein knappes Nicken ließ erkennen das er ihre Bemühungen durchaus wahrnahm, auch wenn er die ganze Situation offenbar deutlich düsterer sah als die Tzimisce.

"Ich hatte an eine punktuelle Kooperation bei organisatorischer Autarkie gedacht. Quasi ein bipersonales Abkommen oder, etwas versimplifizierter: ein Maßnahmenkatalog den wir im vorhinein gemeinsam festsetzen und ihn auch gemeinsam abarbeiten. Jeder investiert ebensoviel wie der andere. Darüber hinausgehende Investitionen in die genannten Maßnahmen schlagen in Gefallen für die andere Seite zu buche. Der Teminus Investition kann dabei durchaus weiter gefasst werden: Geld, Männer, Informationen, Stimmen. Was eben nötig ist. Dafür verlange ich jedoch eine Priorisierung der dort festgelegten Punkte vor allem andere. Wir benötigen schnelle Ergebnisse."

Abkommen und Verträge schienen etwas zu sein in dessen Umfeld sich der Ventrue wohlfühlte wie ein Fisch im Wasser. Vielleicht auch der Punkt weshalb sein Reden immer mehr in die übliche Vertragssprache - Latein - abglitt.
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Melissa
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Re: Ein Gespräch unter vier Augen [SL]

Beitrag von Melissa »

Es dauerte eine kleine Weile, ehe die Tzimisce vollständig durchstiegen hatte, was der Seneschall ihr vorschlug.
Einerseits, weil sie weder Latein noch Juristerei verstand. Andererseits, weil er sich überaus kompliziert ausdrückte. Sie überlegte also eine Weile hin und her, suchte in ihrem Kopf nach der Bedeutung einiger komplizierterer Worte, verglich sie mit denen, die sie kannte und spürte allem mit einer feinen Nase für politische Winkelzüge nach.

Schließlich hob sich eine ihrer Augenbrauen.
"Ihr wollt also schlicht vertraglich festhalten, wozu ein jeder von uns sich verpflichtet?"
Das alles schien ihr unnötig kompliziert für eine doch recht einfache Angelegenheit zu sein und ihre Stimme verriet durchaus, wie misstrauisch sie über diese Dinge war.
"Welcher Art wären dies Maßnahmen von eurer Seite aus?", fragte sie recht unverblümt. Er würde wissen, was er von ihr erwartete.
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Il Canzoniere
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Re: Ein Gespräch unter vier Augen [SL]

Beitrag von Il Canzoniere »

Er beobachtete sie beim nachdenken als ob er daraus etwas lernen könne. Als sie ihrer Meinung nach soweit war und versuchte seine Worte stark zu vereinfachen, schüttelte er den Kopf.

"Ich sprach lediglich von einem Abkommen. Auch wenn ich durchaus auch zu einem Vertragsabschluss bereit wäre." eine anbietende Geste unterstrich seine Worte bevor er sich ihrer zweiten Frage zuwandte.

"Konkrete Punkte die ich euch anbieten kann sind folgende: Die Kirche weiht zwei von euch ausgesuchte Mann zum Priester, dem einen wird die Schirmherrschaft über das Broglioer Armenhaus zugesprochen, der andere baut im östlichen Teil Broglios eine Gemeinde auf und bekommt kurz darauf die Erlaubnis dort eine Kirche zu errichten. Im Gegenzug verpflichten sich die beiden Priester kirchenpolitischen vollständig meinen Anordnungen Folge zu leisten und mich über kirchenpolitische Entwicklungen auf dem laufenden zu halten. Den Terminus Kirchenpolitik können wir gemeinsam definieren. Weiterhin verpflichtet ihr euch alle nicht kirchenkonformen Kulte, wie etwa den Kult der letzten Tage, einzudämmen und wenn möglich zu zerschlagen, sobald sie das Gebiet Broglios erreichen. Auch sonst steht eine Förderung solcher Praktiken außer Frage.

Zweiter Punkt wäre eine Kooperation bezüglich künftiger Gesetze. Ich unterstützte in Zukunft von euch genannte Anträge mit den mir zur Verfügung stehenden Stimmen und andersherum. Sollten wir beabsichtigen entgegengesetzt zu stimmen enthalten sich auf beiden Seiten eine gleichhohe Anzahl an Stimmen bis zum Maximum einer Seite.

Dritter Punkt ist die Broglioer Miliz. Ich bringe Brimir dazu sie euch zu überlassen. Im Gegenzug zieht ihr bei einer Reformierung der genuesischen Milizen zur Stadtwache mit, die eine verstärkte Zusammenarbeit aller Milizen zur Folge haben wird. Weiterhin beendet ihr alle Unruhen zwischen konkurrierenden Milizen und Banden Broglios und schiebt alle illegalen Bettler nach Ravecca ab. Zumindest solange bis Ravecca seine Durchsetzungspraktiken ebenfalls verschärft. Danach schließt ihr euch den bis dahin offiziell verabschiedeten Umgangsrichtlinien mit solchem Gesindel an.

Viertens bin ich bereit dazu euren Domänenanspruch auf einen von euch ausgesuchten Teil Broglios zu unterstützen. Im Gegenzug stellt ihr einen freundschaftlichen Kontakt zwischen mir und der Domäne Ravenna beziehungsweise eurem Erzeuger her und berichtet mir soviel wie ihr über die dortigen Verhältnisse wisst. Außerdem meldet ihr mir jeden Agenten des verehrten Benedettos den ihr ausfindig macht. Ganz egal in welchem Sestieri.

Ein weiterer Punkt den wir klären sollten ist der Status Luca Fieschis, seiner Leute und seiner Stimme im Senat."
dafür das er vorhin noch überrascht ob ihrer Anwesenheit war, schien er ziemlich konkrete Vorstellungen zu haben.

"Von eurer Seite gibt es sicher noch Ergänzungen zu diesen Punkten?" fragend legte sich der kühle Blick des Ventrues auf sie.
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Melissa
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Re: Ein Gespräch unter vier Augen [SL]

Beitrag von Melissa »

Die Tzimisce hatte den Vorschlägen des Ventrue ruhig zugehört. Sie war still geblieben, sehr still, und hatte fast nur gelauert in ihrer höflichen, etwas starren Haltung.
Obwohl bei seiner Erwähnung einer Domäne ihre Augen gierig geblitzt hatten und sie sich nach vorne gelehnt hatte.

"Zu den Punkten zwei und vier gibt es von meiner Seite aus nichts hinzuzufügen. Sie sind angemessen und großzügig", sagte sie zunächst vorsichtig, legte sich wohl vorsichtig die Worte zurecht, mit denen sie weiter verhandeln wollte.

"Was Luca Fieschi angeht...nun, er und seine Angehörigen sind recht vertraut mit mir. Ich würde meinen sie sind ebenso ein Teil von mir wie Valentino, wie Isaia Magro oder der junge Renzo Serpico. Jetzt, da ich von eurer Nähe zum Sindaco und wahrscheinlich auch seiner Familie weiß, verstehe ich aber eure Sorgen", sagte sie und erinnerte sich gut daran, dass der Seneschall ihr nie offiziell mitgeteilt hatte, aus welchen Familien sie sich fern zu halten hätte.
"Ich werde ihn selbstverständlich aus allen Familienangelegenheiten heraus lösen. Ihr müsst euch keine Sorgen machen, dass die Fieschi kompromittiert würden durch schwarze Schafe."

"In Sachen der Miliz aber...Herr Seneschall, ihr habt mich meines Geschickes wegen gelobt und auch deswegen diesen Pakt vorgeschlagen - der durchaus attraktiv ist, versteht mich nicht falsch.
Aber ihr wisst auch, dass Lucca Fieschi ein Gesetz eingebracht hat in den Senat, das vor wenigen Wochen erst bestätigt wurde. Dass die Milizhauptmänner auf mein Bestreben durch die Kompanien eingesetzt werden - und wieder enthoben. Und ihr wisst, dass die Kompanie von Broglio mit einer Ausnahme vollständig mir ergeben ist.

Ich bitte euch also: Die Miliz wird mir zufallen. Nicht so leicht, nicht so schnell und mit deutlich mehr Aufwand - mehr Chaos, wie ihr sagtet. Ich verstehe nicht viel von Recht, aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis Lo Scudo wegen Korruption, Amtsmissbrauchs und sicherlich der ein oder anderen Perversion seines Amtes enthoben und verurteilt wird.
Von der Signalwirkung, die diese Farce mit Clavicula hat, einmal ganz zu schweigen.
Wie sähe es denn aus, wenn die korrupteste Bande der ganzen Stadt überall Verhaftungen ehrbarer Bürger anfordern könnte, die die Unterstützung aller Händler und Handwerker haben? Selbst wenn diese Bande weder mit den ehrbaren Bürgern - mit den Söhnen und Neffen ehrbarer Männer in Broglio - noch mit den angeblichen Straftaten irgendetwas zu tun hat? In einem Klima, in dem meiner sogenannten Straßenbande von den Bürgern deutlich mehr Vertrauen entgegen gebracht wird, als der Miliz, die seit Jahren selber mordet?"


Sie ließ die Implikationen ihrer Aussage einen Augenblick im Raum stehen, wie um zu unterstreichen, dass sie nicht dumm war, bloß weil Juristik und Latein über ihren Verstand gingen. Sie lächelte auch.
Kein arrogantes Lächeln, das sie über den Seneschall stellte. Aber dasjenige Lächeln, das sie zu Beginn ihres Gespräches gezeigt hatte. Das wusste, wie gut ihre Karten waren - und wie schlecht.

"Dennoch - ihr macht ein überau verlockendes Angebot. Ich habe lediglich zwei Ergänzungen, um den Frieden schnell und reibungslos zu gewährleisten und dieses Problem zu beseitigen.

Erstens - Brimir wird meine widerrechtlich fest gesetzten Männer freilassen. Unverzüglich. Oder ich werde mich an seiner Miliz schadlos halten für jedes Unrecht, das mir angetan wird. Ich wünsche keinen Streit mit ihm. Doch ihr unterschätzt mich, wenn ihr glaubt er könne mich mit ein paar Verhaftungen einschüchtern. Das Volk von Broglio steht auf meiner Seite, ihr Glaube an eine tiefsitzende Korruption in der Miliz wird durch diesen Vorfall nur bestärkt werden.
Lässt er meine Leute gehen, so wird auf der Stelle jegliche Feindseligkeit beigelegt werden. Ihr habt mein Wort.

Zweitens - ihr gewährt mir für einige Jahre die Wahl der Mittel, wie ich mit dem Bettlerproblem umgehe. Das Ergebnis wird das selbe sein: Bettelei, Kriminalität und all dies wird eingedämmt werden. Wenn es euch in zwei Jahren nicht weit genug voran geschritten ist, so gebt mir das Zeichen und ich werde es so tun, wie ihr es wünscht.
Aber Alerio ist ein Freund und ich schulde es ihm, das Problem nicht einfach zu ihm zu schieben."
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Re: Ein Gespräch unter vier Augen [SL]

Beitrag von Il Canzoniere »

Regungslos folgte er ihren Ausführungen und Erläuterungen. Er hörte dabei recht gespannt zu, als ob er aus ihren Forderungen herauslesen können wie sie denke oder zu bestimmten Themen stehen würde. Dann und wann blinzelte er, als ob er etwas das sie gesagt hätte in eine andere Schublade schob als die anderen Dinge.

Als sie fertig war beugte er sich beim sprechen leicht vor. Ihr entgegen. Wie als Versinnbildlichung dessen was er tat.

"Zuerst sollte ich erläutern das die Vorschläge überlappend angelegt sind. Das heißt, da man zwei unterschiedliche Dinge unmöglich absolut gleichwertig aufwiegen kann, einige der Punkte besser für euch und andere besser für mich sind. Im Ergebnis sollte es jedoch für uns beide ausgewogen und fair sein. Das ihr zwei der Punkte annehmt und an zwei zu kritisieren habt ist daher verständlich. Falls wir jedoch einzelne Vorschläge ändern oder ganz streichen müssen andere Vorschläge unter Umständen ebenfalls minimal angepasst werden." fügte er hinzu wie jemand der soetwas dauernd tat und nun einer unerfahrenen, aber intelligenten Schülerin erklärte wie die Wege des Vertragsrechts in kainitischen Gefilden gehandhabt wurden.

"Ich gehe also der Reihe nach vor: Falls der erste Punkt für euch uninteressant ist können wir ihn streichen, falls ihr euch dazu verpflichtet in diesem Fall die Kirche Broglios, ihre Priester und ihre Unternehmungen völlig außen vor zu lassen. Da ich in diesem Fall meine eigenen Leute gegen den grassierenden Kult einsetzen muss kann nicht ausgeschlossen werden das sich unsere Interessen hier und da begegnen. Auch wenn ich damit nicht sonderlich häufig rechne.

Zu Punkt drei: das von Luca Fieschi in den Senat eingebrachte Gesetz erlaubt den Kompanien ihre Milizhauptleute selbst zu ernennen. Nicht die bisherigen abzuberufen. Das wäre ansichtlich der bisherigen Vorgehensweise ein Schlag ins Gesicht für alle Milizionäre, die ja ihre Hauptleute selbst und unter sich gewählt haben. Solch ein Gesetz wäre aus taktischen Erwägungen niemals durch den Senat gekommen, es hätte zu Gehorsamsverweigerungen und einem massiven Vertrauensbruch geführt. Euer Problem ist also etwas komplizierter als ihr annehmt. Adalberto Damiano 'lo scudo' Valenti ist nämlich erst 975 anno Domini zum Hauptmann Broglios ernannt worden. Also vor acht Jahren. Orientieren wir uns an seinem Vorgänger steht ihm noch eine Amtszeit von etwas über dreißig Jahren bevor. Ihr müsst ihn also absetzen. Da er gleichzeitig Mitglied des Senats ist fallen die meisten eurer Möglichkeiten auch gleich wieder weg. Denn eine Senatsmehrheit des kompletten Senats müsste einer Strafverfolgung zustimmen. Bliebe sein Tod. Den sich der fähigste Liktor Genuas ziemlich genau ansehen würde... ein Liktor der enorm ungeduldig ist und sich nicht richtig unter Kontrolle zu haben scheint... der vor wenigen Jahren einen doppelt so alten Lasombra vernichtet hat, weil dieser nicht auf ihn hören wollte. Dessen Philosphie es ist seinem in ihm wohnenden Monster gelegentlich mal etwas Auslauf zu gönnen. Und diesem Mann wollt ihr dann seinen wichtigsten Ghul ermorden und damit durchkommen."
er schüttelte leicht den Kopf "....das würde ich mir noch einmal gut überlegen."

Ohne Luft zu holen wechselte er das Thema. Als sei es tatsächlich nur eine Liste die er abhandele:"Was Luca Fieschi betrifft. Ich habe ihn zum Erben seines Vaters gemacht. Was meint ihr wer sich alle Kinder des alten Sturkopfes angesehen hat? Wer entschieden hat das Luca erbt? Wer seine Brüder andersweitig nutzt? Er ist mein Werk. Ihr scheint allerdings vorzuhaben die Ernte einzustreichen. Aufgrund seiner territorialen Gebundeheit mag das auch Sinn ergeben, ich verlange jedoch eine Kompensation von euch. Eine andere Stimme im Senate Genuas. Einen Arduinici der noch niemandem anderen gehört. Euer Angebot ihn herauszulösen ist akzeptabel. Und aufgrund der Kompensation ist auch gegen eine Herauslösung seiner Güter nichts einzuwenden nehme ich an.

Und zu euren Ergänzungen: Brimir hat eure Leute nicht widerrechtlich festsetzen lassen. Vielleicht haltet ihr es - wie ich übrigens auch - für ein durch und durch abgekartetes Spiel. Aber rechtlich sieht es gut aus für den Gangrel....und den Nosferatu. Ich sehe jedoch worauf euer Vorschlag abzielt. Sollten wir uns einig werden verspreche ich mich für die Freilassung eurer Leute einzusetzen, wenn nötig mit einem Gefallen gegenüber Brimir.
Eure zweite Anmerkung finde ich akzeptabel. Ihr bekommt zwei Jahre. Solltet ihr in dieser Zeit wesentliche Fortschritte gemacht haben lasse ich es euch sogar völlig auf eure Weise lösen."
ein kurzes zögern folgte, dann fuhr er, mit etwas verändertem Tonfall, langsam und etwas leiser fort.

"Was Alerio angeht habe ich eine Warnung für euch, ganz unter uns, abseits des Abkommens: Seid vorsichtig. Brimir hat mir verraten das der kleine Lasombra sich auf den Weg des Tiers begibt. Das er sich von seiner lange gewahrten Menschlichkeit abwendet. Hin zu dem dunklen Wesen in seinem Herzen. Dies wird sein Denken, sein Handeln und seine Loyalitäten verändern. Es wird ihn gleichgültiger gegenüber den Menschen, die er bisher immer zu beschützen versuchte, machen. Ihr nennt ihn heute Freund. Morgen aber, da könnte euer Freund sich verändert haben. Was mich jedoch am meisten bekümmert: das verlassen des via humanitas ist ein....unmenschlicher Akt. Er erfordert Grausamkeiten die dem tiefsten Kern des via humanitas widersprechen. Wenn ich mir also diese Werwolfmorde in Broglio ansehe und höre das dort Menschen aufs brutalste zerstückelt wurden...dann habe ich die Befürchtung das es vielleicht keines von Godeocs Mordkommandos dahinter steckt..." er lehnte sich wieder ein Stück zurück, die Stimme immernoch etwas rauer als während der müden Sachlichkeit des Abkommens.

"Da ihr ihn einen Freund nennt... würde ich euch bitten auf ihn aufzupassen. Es ist eine schwierige Zeit für ihn, nehme ich an." einen Moment blitzte soetwas wie Mitgefühl durch die Augen des Ventrues, als ob er sich an sein eigenes verlassen des via humanitas erinnerte.
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Melissa
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Re: Ein Gespräch unter vier Augen [SL]

Beitrag von Melissa »

"Oh, durchaus", sagte Melissa und nickte auf die Erwähnung der Gefahren des Gangrel hin. "Ich bin mir vollends bewusst, dass Brimir gefährlich ist. Ebenso wie sich der sehr verehrte Herr der Tiefen, Lydiadas, dieses Umstandes bewusst ist. Man hat mir gesagt man nenne ihn auch den blutigen Jäger. Ein durchaus passender Titel für einen Inquisitor vom Hof der Schatten, wenn auch etwas...nun ja, blutrünstig. Ich glaube er wird auf dem nächsten Hof dem Gangrel den Prozess machen für eben diese Gefährlichkeit, nicht?"

Das Lächeln, das die Tzimisce dieses Mal zeigte, war dagegen überheblich. Eine dünne Spur ihrer bleichen Zähne schien durch ihre Lippen, die sich zurück zogen. Schadenfreude.
"Wie ich höre wird er bei dem Kind des Kindes eines alten Bekannten unterkommen während dieser Zeit."
Es folgte eine Kunstpause, während derer sie keusch nach unten blickte und das Kreuz auf ihrer Brust zurecht rückte. Dann, mit süßer Stimme, sah sie auf und sagte:
"Wenn ihr erlaubt, dass ich euch meine bescheidene Empfehlung ausspreche, Herr Seneschall? Ihr solltet einen Gefallen von Brimir dafür verlangen, seinen Streit mit mir zu schlichten. Nicht andersherum. Ich bin sicher der Älteste wäre verzückt, außerhalb des Gerichtshofes ein paar Geschichten über den Gangrel zu vernehmen...Wo er seine Ghoule versteckt...Wer noch etwas gegen den getöteten Ancilla hatte und vielleicht...nur vielleicht mit diesem Gangrel seitdem gemeinsame Sache macht, um weitere Freunde der Lasombra zu diskreditieren?"

Sie faltete wieder die Hände im Schoß, dachte nach. Das Lächeln war verschwunden, sie hatte sich ihre Fassung zurück erobert und die Schadenfreude wieder sorgsam verschlossen.
"Ich akzeptiere euer Angebot mit der Kirche. Wie es der Zufall so will habe ich bereits zwei Jungen im Auge, die für diese Aufgabe hervorragend geeignet wären. Euer Angebot mit der Miliz ist - im großen und ganzen - akzeptabel für mich. Solange meinen Kindern und Dienern nichts geschieht und sie bald wieder freikommen, habt ihr mein Wort: Die Waffen werden ruhen.
Eure Einschätzung der Angelegenheit mit den Fieschi schmerzt mich"
, sagte sie, "Aber ich verstehe eure Beweggründe. Ich werde es geschehen machen. Solange mir die Wahl des Arduinici überlassen bleibt.

Was den Anspruch der Domäne angeht"
, fuhr Melissa dann fort, so als wäre es nicht der für sie wichtigste Punkt auf der Liste, als würde nicht ihr Herz fast anfangen zu schlagen bei dem Gedanken daran, "So würde ich die Nordhälfte Broglios beanspruchen. Von der Porta Soprana entlang der Mauer und der Grenze zu Domus bis hinunter zu jener Straße, die sich gabelt und sowohl nach Clavicula als auch nach Domus führt. Inklusiver der Strata Romana und der Piazza am Tor.
Acacia und ihre Kirche würden nicht berührt, der Ancilla von Clavica nicht direkt vor den Kopf gestoßen durch solch ein Unterfangen."
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Il Canzoniere
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Re: Ein Gespräch unter vier Augen [SL]

Beitrag von Il Canzoniere »

Schweigen. Der schwere Blick des Ventrues ruhte eine ganze Weile auf der Tzimisce, das glatte Gesicht des Ventrues blieb dabei stumm wie die See kurz vor einem Sturm, dann nickte er knapp. In seiner Stimme waren Spuren von Verärgerung zu hören. Das Lydiadas herkommen würde? Das er Brimirs Fährte aufgenommen hatte? Oder das Melissa von all dem wusste und er keinen Gewinn mehr daraus schlagen konnte?

"Das bedeutet ihr nehmt das vorgeschlagene Abkommen in den Punkten eins, zwei, drei und vier mit soeben erläuterten Ergänzungen an?" das schien seine Stimmung ein wenig zu heben. Was sich jedoch mehr durch die Art wie sich das Licht in seinen Augen brach als durch aussagekräftige Mimik offenbarte.

"Die Wahl des Arduinicis im Senat, der noch unter niemandes Kontrolle steht, soll die Eure sein. Jedoch erwähne ich, um uns beiden etwas Zeit zu sparen, das derjenige in Domus bereits vergeben ist." mit einem kurzen Nicken schob er die Informationen wie als kleines Geschenk über seine Zunge.

"Bezüglich der Domäne: Ihre Majestät wir keiner Domäne zustimmen die das Haupttor der Stadt oder eine der Hauptverkehrsstraßen beinhaltet, das kann ich euch bereits sagen. Ich werde solch einen Anspruch also ebenfalls nicht unterstützen können. Was ich jedoch unterstützen könnte, wäre der Norden des Sestieris. Vom Porta Soprana der Mauer folgend rechts und links der Straße, bis zur San Ambrosio im Westen und dem 'Herz Broglios zum Süden hin. Ohne das von euch genannte Herz selbst. Die strata romana selbst würde eure Domäne dann in zwei Hälften teilen, da sie selbst nicht dazu gehört." er warf der Tzimisce einen abschätzenden Blick zu was sie davon halte würde, fügte jedoch noch einen Hinweis hinzu: "Ihr solltet andere Kainiten die sich in diesem Gebiet niedergelassen haben von dort vertreiben und sicherstellen das ihr die dortigen sterblichen Institutionen beeinflussen könnt. Wenn es jemanden gibt der euch das Territorium streitig macht, dann wird ihre Majestät die ihre Entscheidung erfahrungsgemäß vertagen." offenbar schien er so seine Erfahrungen damit zu haben wie man so eine Domäne korrekt beanspruche.

"Außerdem werdet ihr einen Rückhalt unter den anderen Kainiten Genuas brauchen. Eure Domäne muss geachtet werden. Falls dem nicht so ist müssen Konsequenzen folgen. Gegen entsprechende Gefälligkeiten könnte ich euch hier behilflich sein. Und einige Leute dazu bringen... euren Anspruch zu bekräftigen. Zudem kann ich euch anbieten Neuankömmlingen eure Domäne als de facto Domäne bekannt zu machen, jedoch erst nach eurer offiziellen Beanspruchung dieser. Diese Dinge würden jedoch den üblichen Preis kosten." offerierte er ihr das weitergehende Angebot. Offenbar hatte er über diese Sache bereits eine Weile nachgedacht.
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Melissa
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Re: Ein Gespräch unter vier Augen [SL]

Beitrag von Melissa »

Melissa ertrug seinen Blick. Nicht, dass er ihr sehr gefallen hätte oder es ihr leicht gefallen wäre.
Aber sie bekam, was sie wollte. Nicht alles, nicht auf der Stelle. Aber mehr als sie hätte hoffen dürfen.
Jetzt erst begab sie sich in die gefährlichen Wässer. Die der Politik. Als Spielstein hätte sie sicherer gelebt.

Dann aber:
"Eure Ratschläge sind weise. Gern will ich sie befolgen. Ich denke, ich habe bereits einige Vorstellungen, wie genau dies geschehen soll. Wenn ihr erlaubt, werde ich ihn zwei Jahren meine Fortschritte mit euch besprechen - mit der Säuberung der Straßen wird eine der Nacht einher gehen. Mit eurer Weihung von Samuele und Giovanni Fieschi zu Priestern wird es mir ein Leichtes sein, fremde Elemente ausfindig zu machen."

Einen Augenblick lang schwebten ihre Worte in der Luft, klangen noch etwas nach, so als könnte die Tzimisce sie noch immer im leisen Rascheln des Kamins hören. Sichtlich kostete sie diesen Moment aus.

"Alle Bedingungen sind annehmbar.
Jedoch: Mich wundert, was ihr von der Domäne sagt. Natürlich ist es verständlich, mir nicht die Hauptstraßen anvertrauen zu wollen. Durchaus, ich akzeptiere das. Das Vertrauen ihrer Majestät in Neugeborene muss erschüttert sein, so miserabel wie sich bislang darum und um den Frieden gekümmert worden ist.
Mich wundert lediglich, dass ihr mir die kleinste Fläche zugestehen wollt, die es in Broglio gibt. Das Zentralstück ist von Bedeutung, da dort die Fäden zusammenlaufen, die Ordnung und Stabilität in dem Viertel garantieren.
Ohne es fehlt der Platz für die neue Miliz, der Platz für die Kirche, das Armenhaus und dergleichen Dinge mehr. Das nördliche Viertel an der Stadtmauer ist ein dünner Streifen von Barracken und Hütten, kaum mehr als ein Elendslager, mit dem sich nichts anfangen lässt."
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Re: Ein Gespräch unter vier Augen [SL]

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Er nickte leicht, legte den Kopf kaum merklich schief als sie zustimmte - und gleichzeitig eingrenzte. Einen Moment überlegte er, dann neigte er sich erneut ein wenig vor.

"Falls ihr lieber das Herz Broglios....und zwar nur das Herz... beansprucht ist mir das auch recht. Ich gebe jedoch zu bedenken das dies aus strategischer Sicht erst dann von Vorteil ist, sobald ihr das Sestieri auch tatsächlich kontrolliert.... was ihr, wenn ihr das Herz wählt, niemals tun werdet.

Wählt ihr das Herz seid ihr umzingelt. Vor euch Clavicula, aus dem die Korruption einsickert. Im Norden ein, wie ihr es nennt, Elendslager, wo sich der Nosferatu bekanntlich wohl wie ein Fisch im Wasser findet. Und im Süden Ravecca, wo er ebenfalls operiert. Dazu im Rücken das Tor... und somit - im für euch ungünstigsten Fall - einen wütenden Liktor. Wählt ihr hingegen den Norden habt ihr die Mauer im Rücken, ein potentielles Gefahrengebiet direkt unter eigene Kontrolle gestellt und nur eine einzige Richtung aus der ihr Probleme erwarten müsst: aus Südwesten. Vielleicht nicht das was ihr habt wollt. Aber das was ihr haben könnt.

Außerdem hat diese Anordnung etwas gutes für uns alle: es verringert die Gefahr das ihr euch in eurer Domäne verschanzt. Ihr sollt ganz Broglio schützen. Nicht nur einen abgesteckten Teil. Befinden sich Miliz, Kirchen und Armenhaus außerhalb dieses Bereichs, hege ich die Hoffnung das ihr auch dort aktiv bleibt."
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