Broglio bei Nacht [offen]

[September '16]
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La Vedova
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von La Vedova »

Die Straßen Mascharanas waren menschenleer, als die Witwe in einen langen dunkelgrünen Mantel gehüllt an den prunkvollen Stadtpalästen vorbei lief. Immer wieder warf sie einen Blick hinter sich, als sie vorsichtig das rutschige Kopfsteinpflaster der steilen Straße hinunterkletterte. Es war wirklich unheimlich, noch nie hatte sie eine solche Stadt erlebt, in der ein ganzes Viertel nachts wie ausgestorben lag. Und so sauber war hier alles, keine Tiere, sie sich an Straßenabfällen gütlich taten und auch der Geruch nach Urin, der den ärmeren Vierteln der Stadt anhaftete, war hier vom scharfen Wind, der durch die steinernen Gassen zischte, fortgeblasen.
Als sie gerade um eine Ecke biegen wollte, hörte sie dort Stimmen und blieb hinter dem Haus verborgen stehen. Es waren die Stimmen zweier Männer, die sich auf Italienisch unterhielten, und noch dazu in fremdem Dialekt, weshalb sie kaum etwas verstand. Ein Mann ging mit etwas Abstand voran, ein Diener wohn, der sich unbehaglich umsah. Wie sehr wünschte sie sich, jetzt Gaius bei sich zu haben, doch dieser hatte sich diese Nacht die ärmeren Viertel ansehen wollen und ihr war nicht danach gewesen, sich gleich in einer der ersten Nächte schon durch en Schmutz der Gosse zu wühlen.
Als der junge Mann, der Diener, an ihr vorbei ging, fiel ihr seine gute Kleidung auf, dann konnte sie den Blick auf die beiden ihm langsam hinterher schlendernden Männer erhaschen, Adlige dieses Viertels? Wohin sie wohl zu dieser Stunde unterwegs waren?
Unschlüssig blieb die junge Nordländerin stehen, ging von den Männern Gefahr aus? Zwei junge Männer, die gut gelaunt die Gasse hinunterliefen? Sie konnte nur Wortfetzen verstehen, gab sich einen Ruck und löste sich aus den Schatten. Nicht zu schnell, um die Herrschaften nicht zu erschrecken, aber auch nicht zu langsam, dass sie nicht dachten, sie habe etwas zu verbergen. Die Kapuze streifte sie sich vom Kopf, sodass die langen roten, lose zusammengebundenen Locken darunter zum Vorschein kamen. Sie hoffte, es war dunkel genug, dass sich die Herrschaften an ihrer ungesunden Hautfarbe nicht störten.




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Fabrizio
Lasombra
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von Fabrizio »

"Mantua, ja?" Er überlegte kurz. "Muss ziemlich weit weg vom Meer sein, kenn ich nicht. Aber ich war öfter in Ferara, vielleicht kommt ihr mir deshalb direkt wie ein Landsmann vor. Liegt Mantua dann in der Nähe von Milano?"

"Auch meine Vorfahren kommen aus der Lombardei!" Lacht er dann noch erfreut und klopft Mateo aus Mantua brüderlich auf die Schultern.

Wenig später bereits schlenderten sie auch schon vorbei an eben jener scheinbar so verlassenen Gasse Mascaranas...

Und wer sich dann erschreckte, das war tatsächlich der vorweggehende Ludovico.
Wie ertappt zuckte der Mann in seiner unpassenden Lederrüstung zusammen und brauchte einen sehr langen Moment, um dann direkt energisch herumzufahren und dabei sein altes Schwert zu ziehen. Was ihn dann aber eher dümmlich erscheinen ließ, als er sich so der rothaarigen blassen Witwe gegenüber sah, die hinter ihm und den zu beschützenden Herren still aus dem Hausschatten der Gasse getreten war.
Aber vielleicht würde auch die Witwe sich erschrecken, denn hinter ihr war noch ein vierter Mann, der der Gruppe in einigem Abstand folgte und dem sie offenbar noch nicht gewahr geworden war. Denn da war immerhin noch der übernächtigte Gherardo, der Wächter Mateos, der ebenfalls gerüstet ihren Rücken decken sollte.

"Bist ja ne tolle Wache Ludovico, hast wohl geträumt was?" Äzte Fabrizio seinem Mann halb im Spaß entgegen, sobald er erkannte, dass sie offenbar nicht direkt angegriffen wurden. Wohl auch um einfach nur etwas das Eis zu brechen.
"Das Schwert kannst du dann wohl wegstecken. Die Dame möchte uns doch gewiss nicht ausrauben." Ein Blick zu der Frau, nein er kannte sie definitiv nicht, dann zu Mateo, vielleicht eine Bekannte von ihm? Meinte er nicht, er wohnt hier irgendwo?
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La Vedova
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von La Vedova »

Als der Diener seine Waffe zückte, wich die junge Dame intuitiv ein Stück zurück und hob die Hände. Nein, wie ein Straßenräuber sah sie wirklich nicht aus, sie schien nicht einmal bewaffnet zu sein. Ihr Blick huschte zwischen den Männern hin und her und blieb an dem bedrohlich wirkenden Vierten hängen. Ihn hatte sie tatsächlich nicht gesehen. Ausrauben? Das Wort verstand sie.
"Nein...", sagte sie abwehrend, beinahe flüsternd. "Nein, ich bin kein Räuber. Keine Angst, Herrschaften. Salve...bonne nuit? buona notte? ", offenbar war Italienisch nicht ihre Muttersprache, die Worte klangen zu hart, zu überlegt. Ein vorsichtiges Lächeln glitt über ihre Lippen "Nur auch eine ....Wandernde, ein...Nachtfalter wie ihr?"

Neugierig musterte sie die beiden Adligen jetzt näher. Der eine war ein wirklich schöner Mann, wie sie es selten gesehen hatte, der andere, der gesprochen hatte, wirkte verwegen. Sie musste sich eingestehen, dass ihr das gefiel und als ihr das bewusst wurde, senkte sie etwas verlegen den Kopf.
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Matteo
Toreador
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von Matteo »

Matteo war definitiv auf der Hut, was er sich zwar nicht anmerken ließ, aber eine anscheinend fremdländische Frau, ganz allein bei Nacht, das war ungewöhnlich. Sein Blick ruhte auf der Fremden, seinen Diener würde er nicht tadeln, schon gar nicht öffentlich, denn dessen Unachtsamkeit war ein verständlicher Fehler... aus der Perspektive eines Sterblichen.
"Guten Abend werte Dame, Ihr mögt recht haben auch wir sind gewissermaßen Nachtschwärmer." sagte Matteo mit leichtem Lächeln und einer angedeuteten Verbeugung.

Die Doppeldeutigkeit ihrer Worte machte den Toreador vorsichtig und neugierig zugleich, seine Sinne schärften sich als er die nächtliche Wandern musterte. (Auspex 1)
"Die Sonne lehrt alle Lebewesen die Sehnsucht nach dem Licht. Doch es ist die Nacht, die uns alle zu den Sternen erhebt." - Khalil Gibran
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La Vedova
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von La Vedova »

Nachtschwärmer, ja ein solches Wort hatte sie gesucht. Es gefiel ihr, der Mann wusste mit schönen Worten umzugehen, und Manieren hatte er auch.


Den geschärften Sinnen des Toreador entging die auffällig fahle Hautfarbe der jungen Frau nicht.Wo sie im Leben sicherlich schon blass gewesen war, glich ihre Haut nun aschenem Marmor, den sie wohl durch ihre starke Minik zu beleben versuchte. Die Augen, die so tief in den Höhlen langen, huschten unruhig umher wie die eines Tieres, auch wenn sie das unter ihrem gesenkten Blick verbergen wollte. Auch ihre langen bleichen Finger, die sie jetzt ineinander verschränkte waren fahl und wiesen kleine Tintenspuren auf. Keine Atemwölkchen bildeten sich vor Mund und Nase, wie es zu solchen nächtlichen Temperaturen vielleicht der Fall sein sollte. Sie war von einer natürlichen Schönheit mit ihren vom Wind aufgewirbelten Locken und den vollen Lippen, jedoch schien sie sich dessen nicht sonderlich bewusst. Wie ein rostfarbenes Herbstblatt, das von einem Wndhauch durch die Gassen getrieben wurde, stand sie dort. Einfach herbeigeweht, unschlüssig-
Ein leichter Duft von Weihrauch, Kerzenwachs und Rauchkraut ging von ihr aus.


Einen Augenblick zu lang schwieg sie als es die Höflichkeit geboten hätte und das war ihr wohl auch bewusst, weshalb sie etwas unbehaglich einen Vorstoß versuchte. "Ihr seid von hier?" und dann, "Verzeiht, ich möchte euch nicht...belästigen."
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Fabrizio
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von Fabrizio »

Ludovico hatte das Schwert weggesteckt und versuchte nun besonders wachsam zu wírken.

Während Fabrizio ersteinmal zu Mateos freundlicher Aussage zustimmend nickte, nur um die exotische Frau ungeniert anzustarren. Die hatte weder Zuhälter noch Anstandsdame bei sich.

"Nachtfalter..." Wiederholte er dann ihr Wort und ließ es sich auf der Zunge zergehen. Wie die Motten zum Licht? Schon der Zweite Falter den er hier zufällig einfing? Oder doch zwei Assamiten die mit ihm spielten?
"Aber das ist nicht dein Name. Wie heißt du denn? Und aus welchem goldenen Käfig hier bist du ausgebrochen?" Er versuchte trotz seiner Skepsis einigermaßen charmant und freundlich zu klingen. Aber mit dem Charmanten schwang etwas durchtriebenes mit, während das Freundliche einen tick zu bestimmend war. Kein Vergleich wohl mit dem eleganten Mateo neben sich.

Und dann fiel ihm plötzlich wieder ein, warum ihn gerade diese roten Haaren so faszinierten, da war doch was gewesen. Und das ließ seine Skepsis, oder Paranoia? nicht gerade sinken.
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La Vedova
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von La Vedova »

Wie ungeniert die beiden sie anstarrten! Trotzig hielt sie dem Blick des Poeten stand, pustete sich einige verirrte Haarlocken aus dem Gesicht und stämmte die Hände in die Hüften.
„Goldener Käfig? Mon dieu! Messieurs….Ich will doch bitten!“, je schneller sie sprach desto verwaschener waren die Worte, desto stärker brach der französische Akzent durch. „Kein Käfig ist meine …Heimat. Außer ihr wollt eine Abtei einen Käfig nennen?“ Ja, das wäre diesen beiden Lebemännern wohl zuzutrauen! Sie wartete keine Antwort ab „Wenn es euch interessiert, zuletzt lebte ich in der Abtei zum Heiligen Kreuz in Portiers. C´est comme ils l´appellent…heutzutage.“, sie stutzte und rang mit ihrer Beherrschung. Was für eine Frage? Doch noch viel beunruhigender, weshalb brachte dieser Mann sie so auf?
„Und mein Name…Nein, nicht Nachtfalter, auch wenn das in der Familie läge. Sie nennen mich La Veuve...La Vedova.“, die letzten Worte fügte sie erklärend hinzu, als nähme sie an, dass die beiden kein Französisch sprachen.
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Matteo
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von Matteo »

Fabrizios forsche Art liess Matteo schmunzeln, der Venezianer sprach fast schon ungebührlich, doch Matteo ging davon aus, dass der Lasombra damit irgendeinen Zweck verfolgte. Die Witwe wurde sie genannt, was Matteo zu denken gab, doch war dies nicht der höchste grad an Freiheit den eine Frau in der Welt der Sterblichen erlangen konnte?

"Meine Dame, bitte verzeiht. Ich würde eine Abtei nie als ein Gefängnis bezeichnen, denn es ist ein Ort des Glaubens."
Er verneigte sich erneut höflich, immerhin brachte man einer Witwe Respekt entgegen dort wo er herkam.

"Wobei mein Weggefährte sogar recht hätte, wenn er sie so nennen würde, denn Abteien dienen oft der Unterbringung von unliebsamen oder unbotmäßigen Verwandten der Mächtigen." Fügte der schwarzgewandete Adlige achselzuckend hinzu.
"Die Sonne lehrt alle Lebewesen die Sehnsucht nach dem Licht. Doch es ist die Nacht, die uns alle zu den Sternen erhebt." - Khalil Gibran
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Fabrizio
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von Fabrizio »

Damit verneigte Fabrizio sich ebenfalls höflich, wenn auch ein gewisses Grinsen nicht verschwand ob ihres Ausbruchs.
Aber dann wurde er dennoch kurz ernst. Vielleicht gab es ihm zu denken was für ein dramatisches Schicksal wohl hinter so einer jungen Frau stecken musste wenn sie sogar ihren Namen ablegte nur um sich gänzlich über den Tod eines Mannes zu identifizieren. La Vedova!

"Verzeiht meine Worte, Schwester... Witwe. Werte Frau Witwe." Er kam wohl etwas ins Stocken bei dieser seltsamen Benennung.
Allerdings lag das durchaus auch daran, dass ihm gerade in den Sinn kam, dass er mal eine Hafenhure gekannt hatte die sich genau so nannte. Nun ja, allerdings hatte das wohl etwas anders gelagerte Gründe...

"Also, ihr fragtet ob wir von hier sind? Und selbstverständlich belästigt ihr uns keineswegs. Wie können wir euch helfen? Habt ihr euch etwa gar verlaufen?" Kurz nur räusperte er sich. "Ich bin Fabrizio, hab nen Schiff im Hafen, und da kenn ich mich auch ganz gut aus. Und mein galanter Weggefährte hier heißt Mateo, aber der kann sich sicherlich viel angemessener selber vorstellen." Dabei knufft er diesen unverschämter Weise beinahe brüderlich mit dem Ellenbogen leicht in die Seite.
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La Vedova
Kappadozianer
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von La Vedova »

Kaum dass die beiden Männer sich entschuldigt hatten, verpuffte ihre Aufregung. Verlegen nahm sie die Hände von den Hüften und verschränkte sie vor der Brust.

„C´est malheueusement vrai, werter Herr“, nickte sie dem Adligen zu „Wie oft werden die Mauern unserer heiligen Kirche für andere Dinge genutzt als bloß für…piété.“ Es sah aus, als habe sie noch mehr dazu zu sagen, hielt sich jedoch zurück.

Sie wandte sich Fabrizio zu als dieser ins Stocken kam. „Ich bin keine Suora, keine Nonne, mon seigneur, auch wenn das Ableben meines geschätzten Gemahls durchaus einer der Gründe war, weshalb ich mich entschloss, nach Portiers zu gehen und einen Lebensabschnitt als Novizin und Dienerin der heiligen Jungfrau zu verbringen…“, sie sagte das als erzähle sie gerade, morgen auf dem Markt Blumen kaufen zu wollen. Keinerlei Bedauern, Trauer oder Klage lagen in ihrer Stimme, jedoch konnte man ein schmales Lächeln erahnen. Zu dem Namen sagte sie nichts weiter, keine Geschichte, die auf der Straße erzählt werden wollte…wenn überhaupt.

„Ich habe mich nicht verlaufen…glaube ich.“, sie sah sich auf der Straße um „Ich war auf der Suche nach der Kirche San Nazareth, man sagte mir, sie länge im Westen des Viertels…Jedoch habe ich das Gefühl, dass dieses Viertel nachts nicht sehr…belebt ist?“
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