Broglio bei Nacht [offen]

[September '16]
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Matteo
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von Matteo »

Die Sprache der Franken war Matteo fremd und einem aufmerksamen Beobachter mochte dies womöglich auch auffallen, aber im Kontext der Unterhaltung war es wohl auch nicht nötig, dass er diese Sprache verstand.

"Belebt ist des Nachts tatsächlich nur sehr wenig in diesem Viertel." Die Doppeldeutigkeit war wohl durchaus beabsichtigt. "Ich selbst habe die Kirche zwar noch nicht besucht, doch wenn mein Weggefährte nichts dagegen hat, könnten wir euch dorthin geleiten."

Ihr marmorner Hautton liess eigentlich wenig Interpretationsspielraum, was Matteo in bestimmter Hinsicht neugierig stimmt... la Vedova stand nicht auf der Liste die Maximinianus ihm ausgehändigt hatte.
"Die Sonne lehrt alle Lebewesen die Sehnsucht nach dem Licht. Doch es ist die Nacht, die uns alle zu den Sternen erhebt." - Khalil Gibran
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Fabrizio
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von Fabrizio »

Dass sie keine Nonne war, schien sie dann doch wieder interessanter zu machen für Fabrizio.

"Selbstverständlich, gerne. - Aber unter einer Bedingung..." er grinste erneut "Lasst uns an eurer Geschichte teilhaben. Eine Fremde Frankenwitwe die mitten in der Nacht dringend nach San Nazaret muss, hat bestimmt einiges zu erzählen."

Wie beiläufig schob er noch hinterher.
"Außerdem liegt San Nazaret nahe der Klippen. Also nicht herabstürzen oder soetwas bitte, La Vedova."

Dann wandte er sich direkt richtung Süden, und recht sachlich an seinen Ludovico.
"Wie gehen einfach direkt am Kirchplatz vorbei vor den Pforten der großen Santa Maria, kein großer Umweg zu den Klippen."
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La Vedova
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von La Vedova »

Erfreut nickte die Witwe und lächelte dem eleganten Mann zu "Das wäre mir eine Freude, merci", sie hielt kurz inne und blickte zu seinem Weggefährten, ob dieser keine Einwände hatte. "Natürlich nur, wenn ich euch damit nicht zu sehr von Eurem eigentlichen Ziel fernhalte?"

Als Fabrizio nach ihrer Geschichte fragte, hob sie eine Braue. Nun, Zurückhaltung konnte man diesem Herren wohl nicht nachsagen. Jedoch machte seine charmante Art das wieder wett und sie musste sich eingestehen, dass es ihr Freude bereitete, ihm zuzuhören, auch wenn sie wegen seines Zungenschlags nicht alles ganz verstand. Langsam setzte sich sich in Bewegung und folgte der von ihm vorgegebenen Richtung.
"Das ist aber eine lange Geschichte, Monsieur, und so dringend ist es gar nicht. Eigentlich bin ich auf der Suche nach frommen Frauen in dieser Stadt, Nonnen, wenn ihr wollt. Dienerinnen der heiligen Jungfrau,unabhängige Geister", die letzten Worte betonte sie etwas merkwürdig. "Bisher wurde ich jedoch nicht fündig."
Sie schenkte Fabrizio ein seltsames Lächeln "Eine Frankenwitwe bin ich gar nicht, bitte verzeiht die Verwirrung...Ich war einem Dänen angetraut, eine Verbindung, die am fränkischen Hof nicht ungewöhnlich ist, herrschen dort doch die Nachfahren Rollos persönlich."

Sie sprach nun wieder langsamer, mit weniger französischem Einschlag, doch weiterhin mit Akzent und wandte sich an den anderen"Ihr seid von hier, mein Herr? Aus Genua? Eine schöne Stadt, die Ihr Eure Heimat nennt.", sie stockte, gab sich einen Ruck und fragte mit offenkundigem Unbehangen: "Sagt, darf ich nach Eurem Namen fragen, verzeiht meine forsche Art.."
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Matteo
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von Matteo »

Ihr Mann war Däne gewesen? Waren dies nicht auch Nordmannen? Matteo würde Brimir fragen wenn er ihn wieder träge. Die Geschichte der Witwe schien allemal hörenswert, auch wenn ihn die Gleichsetzung von Nonnen und unabhängigen Geistern verwunderte.

"Bitte verzeiht, ich vergaß mich vorzustellen. Mein Name ist Matteo Floravante di Ventura und ich stamme ursprünglich nicht von hier, obwohl ich das schöne Genua mittlerweile als meine Heimat betrachte, kommt meine Familie eigentlich aus Mantua."

Er gab seinem Gefolgsmann ein Zeichen worauf hin dieser sich etwas entfernte und wieder die Nachruf bildete.

"Wenn ihr mir nun meinerseits meine Neugier verzeihen mögt... Was für unabhängige Geister sucht ihr unter den frommen Schwestern?" Das schien ihn wirklich zu interessieren, zumal er auch bei seinen noch unvollständigen Kenntnissen der Verhältnisse Genuas davon ausging, dass Klerus und Orden in der Stadt unter Einfluss des einen oder anderen Kainiten standen.
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La Vedova
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von La Vedova »

"Mantua?", ihre Augen wurden groß "Die Stadt, die nach dem etruskischen Fährmann, dem Herrscher der Untwelt, diesem démon de mort benannt ist?", sie konnte ihre Begeisterung kaum verbergen. "Ich habe mich seit ich davon hörte gefragt, weshalb man seine Stadt wohl nach dieser faszinierenden Legendengestalt benennen mag? Auch wenn ich zugeben muss, noch nicht ganz verstanden zu haben, wie man ihn sich vorstellte...", ihre Stimme wurde leiser, beinahe verschwörerisch "Mehr als tierhaften démon oder als tatsächlichen Begleiter auf dem letzten Weg...was meint ihr?",

In ihrem Kopf überschlug sich alles. Viel zu lange hatte sie schon keine Bibliothek mehr gesehen, viel zu lange keine philosophischen Diksurse mehr geführt. Sie griff gierig nach diesem Tropfen, es hatte nur das Stichwort gebraucht, um ihren Wissensdurst zu wecken. In ihren Gedanken galoppierten griechische und römische Unterweltgötter umher, zogen Walküren mit scharfen Schwingen ihre Kreise, ließ Proserpina des Frühlings Knospen erblühen und Hel diese welken... die Legenden ihrer Kindheit vermischten sich mit all den Geschichten der frommen Schwestern.

Ein fieberhafter Glanz war in ihre Augen getreten.
Nur schwer konnte sie ihre Gedanken von den Mythengestalten fortreißen zurück in das Hier und Jetzt.
"Unabhängige Geister...fromme Schwestern? Oh oui...Frauen, die gewillt sind, neue Wege zu gehen, Monsieur, neues Aufzubauen, aus Trümmern neue Bastionen des Glaubens zu errichten..."
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Fabrizio
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von Fabrizio »

Etwas irritiert hatte Fabrizio zugehört, während sie bereits wieder in richtung ihres neuen Zieles schlenderten. Lauter Sachen die ihm fremd waren und die er nicht verstand.

"Für eine Frau wisst ihr ziemlich viele seltsame Dinge, La Vedova. Das werden viele Leute gefährlich finden. Ein mutiger Weg den ihr da geht. - Wer ist denn euer Vormund hier in Genua, ich hoffe er weiß euch vor solchen Untiefen zu bewahren?" Eine Mischung aus Skepsis und eigenwilliger Besorgtheit stand ihm ins Gesicht geschrieben.

"Vor kurzem erst hat ein unabhängiger Geist hier ordentlich für Ärger gesorgt. Eine Frau hat dem Senator Claudio Sultana seinen Harem entführt. Eine Frau die kämpfen konnte und die Sklavinnen angeführt hat. - Ich hoffe es sind nicht solche Freien Geister die ihr sucht? Es heißt übrigens die Frau hatte rote Haare, so wie ihr. Seltsamer Zufall, nicht wahr?"
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La Vedova
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von La Vedova »

Die Witwe sah ihn lange an und nickte dann schlicht "Effectivement, ein seltsamer Zufall.", ihr Blick wurde hart. "Behüte deine Zunge vor Bösem und deine Lippen, dass sie nicht Trug reden, so steht es in der heiligen Schrift", noch immer sah sie ihn an "Was zum Munde eingeht, das verunreinigt den Menschen nicht, sondern was zum Munde ausgeht, das kommt aus dem Herzen..."

Sie sah Fabrizio mit gerunzelter Sttrn an "Diese Frau klingt, as halte sie die christlichen Werte hoch. Ein Schritt gegen die Vielweiberei, das ist doch nichts Verwerfliches? Oder seid Ihr etwa ein Vertreter des Polygamie und Vielehe?", als sie das sagte, klang es mehr als ein Scherz denn ernst gemeint.
"Bildung nennt ihr gefährlich? Ja, Wissen kann manchmal eine mächtige Waffe sein...Weshalb man sie uns Frauen gerne vorenthält, n´est-ce pas?"

Sie schritt etwas aus, schüttelte den Kopf und seufzte "Ich bin ein gebranntes Kind, was üble Nachrede betrifft, meine Herren und zögere nicht, den üblen Samen im Keim zu ersticken." Ihre Stimme war ruhig, doch die Körperhaltung sprach das Gegenteil.

"Dass ihr Männer immer glaubt, eine Frau brauche einen Vormund. Habt ihr noch nicht verstanden, dass ich mich vor keinem verantworten brauche, außer vor meinem Weg und Gott selbst?" ihre Hände ballten sich zu Fäusten, sie sie in den Stoffen ihrer Roben versenkte "Ich bin eine stolze Nordfrau, ich trage das Blut der ersten Menschen in mir, das Blut der rois de la mer. Gemischt mit dem Blut meiner Ahninnen, die sich zurückverfolgen lassen bis zur heiligen Agnes selbst und noch weiter..."

Sie presste die Lippen fest zusammen und starrte Fabrizio aus ihren tiefliegenden Augen entgegen.
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Matteo
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von Matteo »

Matteo fand die Erwähnung dieser kämpferischen Sklavenbefreierin äußerst interessant, hatte er doch bisher nichts davon gehört. Aber allzu lang verweilte er selbst ja noch nicht in Genua.
Die Empörung der Witwe über Fabrizios Worte ließ Matteo schmunzeln. "Oh, ich für meinen Teil denke keineswegs, dass jede Frau einen Vormund braucht und ich denke Fabrizio hier denkt auch nicht wirklich so... Denn immerhin dienen wir doch einer Dame." Ja in dieser Hinsicht Unterschied sich die kainitische Gesellschaft doch von der der Sterblichen.

"Über Mantua und seine Legenden habe ich mir eigentlich noch nie wirklich Gedanken gemacht... etwas das ich wohl nachholen sollte. Ihr scheint mir eine belesene Frau zu sein, vielleicht könnt ihr mir eines Tages diese Legende in aller Ausführlichkeit erzählen? Es wäre mir eine Freude." Das wäre es wirklich, da ihm die Folklore seiner alten Heimat immer willkommen war.
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La Vedova
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von La Vedova »

Als dieses erlösende Geständnis von Matteos Lippen kam, nahm die Witwe es entgegen wie ein Geschenk. Verlegen griff sie sich an den Kopf, lachte sogar erleichtert auf „Ihr dient einer Dame…ich hoffe, wir denken an dieselbe?“, noch immer war sie sich nicht ganz sicher, mit wem sie es zu tun hatte. Einige offene Worte hatte sie versucht zu finden, doch interpretierte sie seine Antwort richtig?

Sie schenkte ihm einen langen Blick, der nicht so leicht zu deuten war und nickte dann „Ich kenne die ein oder andere Geschichte, Legende…Ich bin Forscherin, vor allem was das erwähnte Gebiet betrifft…La Transition, Die Schwelle, der Übergang zwischen Leben und Tod…“, sie war ein Stück näher an ihn heran getreten „Es ist immer ein zweischneidiges Schwert, nicht wahr? Der Umgang mit Wissen…“, mehr zu sich selbst denn zu ihm flüsterte sie: „Wo viel Weisheit ist, da ist viel Grämnis und wer viel lernt, muss viel leiden…“ dann sah sie ihn wieder an. „Ich kann Euch gerne die ein oder andere Geschichte erzählen, Monsieur, es wäre mir eine Freude“, sie sah sich auf der Straße um „Doch wärt ihr bereit, sie mit derselben Währung aufzuwiegen?“
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Fabrizio
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von Fabrizio »

Fabrizio biss sich dezent auf die Lippen, die Rote Frau hatte Feuer. Er spürte förmlich das kalte Feuer des rauen Nordens in ihrem Blick. Etwas zu lange zögerte er mit einer möglichst schlagfertigen Erwiederung - da war Mateo bereits in die Bresche gesprungen.

Und Fabrizio traute nicht recht seinen Ohren. Immerhin dienen wir doch einer Dame? Wusste der Begleiter mehr als er selbst oder war ihm nach Spielchen die gefährlich enden konnten?
Sichtlich überrascht und skeptisch starrte Fabrizio den Adligen einen langen Moment an, während die Witwe schon auf das Spiel einstieg.

Schließlich zuckte Fabrizio nur, mehr für sich selbst, mit den Schultern. Sie war entweder eine von ihnen oder würde ab jetzt die Nacht sowieso nichtmehr überleben. Insgeheim freute er sich bereits auf ihr exotisches Blut.

"Die Währung der belesenen Frau ist also das Leid. Ein stolzer Preis. - Mein edler Begleiter hier hat recht, wir dienen einer Dame. Einen freieren Geist als ihren werdet ihr Land auf Land ab nicht finden, und auch auf all meinen Fahrten fand ich nichts was ihr annähernd nur entspricht."
Dann raunt er ihr beinahe zu wie ein sündiges Geheimnis: "Wir dienen nämlich der weißen Prinzessin, müsst ihr wissen."
Gesperrt

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