Broglio bei Nacht [offen]

[September '16]
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La Vedova
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von La Vedova »

Die Witwe lächelte nachdenklich als Fabrizio von Schiffen sprach. Sie liebte seit jeher das Meer, die Brandung, die unergründliche Tiefe der See. Auch jetzt als sie langsam auf die Klippen zugingen und das Salz ind er Luft zunahm, wünschte sie, die Meeresluft wieder so spüren zu können wie früher...
Weshalb sich dieser Fabrizio wohl so zierte, von seinem Schiff zu erzählen? Ein wenig amüsant war es schon, sie ließ sich auf das Spiel ein und begann zu raten:
"Bei Eurem Schiff handelt es sich aber nicht zufällig um die Ghisela?", hakte sie dann neugierig nach und beobachtete Fabrizion Reaktion aufmerksam von der Seite "Ich habe gehört, der Kapitän sei ein eindrucksvoller Herr, seid Ihr das etwa, Monsieur?"
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Fabrizio
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von Fabrizio »

"Die Ghisela?" Fabrizio lachte ungläubig und irgendwie affektiert. "Das ist die Seemannsbraut einer Krämerseele. Haltet ihr mich also für einen Krämer." Aus dem Grinsen wurde ein Schmunzeln, offenbar hatte auch Fabrizio seinen Spass.
"Die Ghisela ist wohl höchstens eindrucksvoll für Bauernmädels die das erste mal Salzwasser schlucken. Gilt auch für den Kapitän übrigens." Dabei zwinkert er der Witwe zu.

Dann winkte er nocheinmal ab und gab das Spiel wohl auf.
"Wenn ihr meine Magdalena schon mit der Jungfer Ghisela vergleichen wollt, dann ist sie wohl ungelogen ein Wolf unter Schafen. Nicht ohne Stolz darf ich behaubten, dass mein Schiff das schnellste und gefährlichste in diesem Hafen ist. Der Capitano del Mare Genuas würde sich die Lippen nach so einem Schiff lecken, denn in seiner kleinen Armada könnte nicht ein einziges ihr das Wasser reichen!"

Während der Kapitän so wortreich und leidenschaftlich beginnt das Bild seines Schiffes zu entwerfen, ließen die drei nächtlichen Wanderer bereits die letzten Mauern der Mascharanen Villen hinter sich. Vor ihnen, ein kleines Stück abseits gelegen, auf den eher zahmen Klippen, die Genua hier im Süden begrenzten, hob sich die Struktur einer kleinen Kirche vor dem Nachthimmel ab. Wohl eher eine kleine Kapelle, für besondere Anlässe stattn den großen Gesellschaften. Die Basilika war sogar nur einschiffig angelegt.
Ein schmaler in den Stein gehauener Weg führte jetzt noch ein paar Schritte hinauf auf das kleine Plateau, welches der Kirche als Fundament diente. Bei der Kirche würde mutmaßlich ein wundervoller blick von den Klippen, über die Bucht von Genua und den niedriger gelegenen Hafen locken. Hinter der Kirche stieg die Erhebung noch weiter an und bildete schließlich die Grundmauern des protzig kantigen Bischofskastells in ihrem Rücken.

Fabrizio räusperte sich und blieb einen Moment stehen bevor sie den Weg nach oben gingen.
"Triarch Fabrizio Begado. Und um eure Frage zu Beantworten verehrte Witwe: Mein Schiff, die Magdalena, eine schnelle leichte Dromone, ähnlich wie die kaiserliche Flotte vor Konstantinopel sie einsetzt. Hundert Ruder und eine erfahrene Besatzung. Stets zu euren Diensten, die Dame."
Wie ein ehrenwerter Kapitän verbeugte Fabrizio sich, dann zeigt er beiläufig hinauf.

"Und dies hier ist San Nazaret. So wollen wir?"
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La Vedova
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von La Vedova »

Sie bemühte sich, möglichst unbeteiligt dreinzublicken, als er sie schmunzelnd danach fragte, wofür sie ihn hielt. Eine Witwe genoss und schwieg, während die seinen Ausführungen lauschte und ihn unauffällig betrachtete, als erinnerte er sie an jemanden. Nein, sie war kein Bauernmädel und mit Salzwasser kannte sie sich aus und mit diesen tosenden Wogen wollte sie sich gerne anlegen, wie erfrischend!

Als er begann, zu erzählen, wurde ihr Lächeln breiter. Das war ja einfacher als gedacht! Aber auch spannend. Ein Kriegsschiff also, Magdalena…wie die Gefährtin Jesu, jene, die in der heiligen Schrift so oft mit dem Licht in Verbindung gebracht wurde, wie ironisch. Ihr gefiel Fabrizios Humor. Vielleicht spielte er aber auch auf ihre Rolle als Sünderin an, ja, das passte schon eher. Seine selbstgefälligen Lobhudeleien ignorierte sie einfach…sie erkannte sie als puren Stolz eines Seemannes auf ein Schiff, das für einen wahren Kapitän mehr war als bloße Planken und Ruder, ein solches Schiff war Geliebte und Familie, Heimat und Sehnsucht vereint unter einer Flagge.

„Ist Euch die Legende von Sainte-Maries-de-la-Mer bekannt?“, fragte sie nachdenklich „Maria Magdalena soll dort mit dem heiligen Lazarus selbst gelandet sein, nachdem man sie auf einem segellosen Schiff ausgesetzt hatte…“, sie warf einen Blick zu den Klippen und folgte dann in Richtung der hübschen Kapelle. „Ich habe die Legende geliebt. Sie erinnerte mich immer an die Geschichten meines Vaters, die er erzählte als ich noch klein war.“ Sie räusperte sich und lauschte weiter seinen Ausführungen.

Als er seinen Rang nannte, schien sie nicht ganz zu wissen, was sie damit anfangen sollte. Als er zur Erklärung ansetzte, hob sie bewundernd die Brauen und lauschte gespannt.

„Eine Dromone?“, wiederholte sie nachdenklich „Mit ein oder zwei Ruderreihen?“, während er erzählt hatte, waren vor ihrem inneren Auge auch schon wunderbare Bilder entstanden von einem majestätischen Rumpf, der sich druch die Wogen pflügte, von rhytmischen Ruderschlägen und vollen Segeln und einem gefährlichen Rammsporn unter der Wasseroberfläche, der dort lauerte wie ein Raubfisch und nur darauf wartete, seine Gegner zu erlegen. Ihre Augen leuchteten bei seiner Beschreibung, sodass sie kaum einen Blick für die kleine Kapelle hatte als sie ihn die Stufen hinauf folgte.

„Konstantinopel…stammt Ihr von dort?“, fragte sie weiter neugierig , als sie zu dem Portal gelangten. Ihr Blick folgte den schlichten Verzierungen an den Seiten des Toren hinauf zum Tympanon, das Christus umgeben von den vier Tieren der Evangelisten zeigte. Mit ganzer Kraft stemmte sie sich gegen das schwere Holzportal, das mit symmetrischen Schnitzereien geschmückt war und betrat den Kirchenraum. Weihrauchschwangere Luft schlug ihnen entgehen, die nicht viel von dem brausenden Wind an an den Klippen vermuten ließ. Nur einige wenige Kerzen flackerten vorne in Richtung des Altares und warfen ein sehr spärliches Licht auf die Fresken oberhalb der Säulenarkaden, deren Kapitelle mit unterschiedlichen Fantasiewesen geschmückt waren. Der Raum war abgesehen von dem Taufbecken leer, keine Bänke standen darin, keine Möbel, nur der nackte, schmucklose Altar und dahinter eine aus dunklem Holz gefertigte Darstellung der stehenden Mutter Gottes mit dem Kind in ihrem Arm, deren Umrisse sich nur schemenhaft aus dem Dunkel der Apsis schälten.
Die Schritte der Witwe klangen stumpf auf dem Boden aus großen Steinplatten. Erst auf den zweiten Blick erkannte man diese als Grabplatten, allesamt. Die darauf eingravierten Namen waren aufgrund der vielen Fußsohlen, die zum Altar geschritten waren schon kaum mehr lesbar.

„Und er kam gen Nazareth, da er erzogen war …“, murmelte sie leise. Die Witwe hob ihren Blick zu den Fresken an der Seite des Kirchenschiffes, jedoch nicht, ohne Fabrizio mit einem Blick weiter ihre Aufmerksamkeit zu signalisieren.
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Fabrizio
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von Fabrizio »

Ludovico war bereits vorgegangen und wartete oben beim Portal, während die Kainiten jetzt leise plaudernd hinzukamen.

"Zwei Reihen." Erklärte Fabrizio noch Stolz, so als wäre das ja garnicht anders denkbar. Aber zumindest in seinem Blick zeigte sich daneben auch wachsender, Respekt? Wohl zumindest darüber, dass sie sich tatsächlich ganz gut auszukennen schien.

"Nein nein, ich bin kein Grieche. Ich stamme aus Venezia." Auch hier schwang wieder ein wenig stolz mit.

Der Geschichte über die heiligen war er nur wortlos aber interessiert gefolgt. Vielleicht hörte er sie soagr tatsächlich das erste mal. Nach Details fragte er trotzdem nicht nach, sondern ließ die Witwe vorgehen zu dem Portal des Gotteshauses, welches ihr Ziel sein sollte.

Erst mit etwas Abstand trat Fabrizio nach der Frau in die Kapelle und sah sich vorsichtig um. ER blieb stumm neben dem Eingang stehen und beobachtete, lauschte.
Sein GHul ludovico hingegen blieb wie selbstverständlich draußen vor dem Eingang und versuchte Wache zu halten.
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Matteo
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von Matteo »

Der schweigsame Toreador war aufmerksam dem Gespräch gefolgt, zwar kannte er sich mit Schiffen wenig aus, doch würden diese bei der Ausweitung seiner Unternehmungen sicherlich eine wichtige Rolle spielen. Es gab viel zu lernen.
Lediglich einmal erhob er voller Interesse das Wort:

"Sagt werter Fabrizio, was genau ist ein Triarch und was mich vor allem interessiert, wo wurde euer Schiff gebaut?"

Matteo selbst betrat die Kapelle ebenso und wartete bei Fabrizio, während sein Diener es dem Ghul des Lasombra gleich tat, draußen blieb und dort leise eine Melodie summte. Insbesondere behielt Gherardo diesen Ludovico im Auge, er traute ihm nicht.
"Die Sonne lehrt alle Lebewesen die Sehnsucht nach dem Licht. Doch es ist die Nacht, die uns alle zu den Sternen erhebt." - Khalil Gibran
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La Vedova
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von La Vedova »

Nun ja, Zumindest galt Venedig ja als Tor nach Konstantinopel. Ein wenig enttäuscht war die Witwe schon, hätte sie doch gerne mehr über die legendäre Stadt am Bosprus gehört, von ihr berichtet worden war. Sie biss sich auf die Lippen, eine Italienerin hätte diese dumme Frage sicherlich nicht gestellt, hätte sie seinen venezianischen Akzent doch erkannt, aber ihr Italienisch ließ sie wohl wieder im Stich.

Die Stadt, die den Löwen im Wappen trug, wo momentan an dem Dom gebaut wurde, um den Reliqien des heiligen Markus eine angemessene Stätte zu schaffen. Armer Theodor, wäre das Krokodil doch ein viel passenderes Stadtwappen für die Stadt in der Lagune gewesen…Doch nun hatte er weichen müssen. Welches der beiden Tiere passte besser zu ihrem Seefahrer hier? Das würde sie wohl noch herausfinden müssen…
Sie lauschte den Gespräch der beiden Männer, während sie den Kirchenraum begann zu erforschen. Sie schlang sich einen Schal um den Kopf, der jedoch nicht in der Lage war, ihre Lockenpracht ernstlich zu verbergen.

Langsam schritt sie die Kapelle ab und betrachtete die Fresken an den Wänden, sie zeigten einige Szenen aus dem Marienleben und der Kindheit Jesu. Begonnen mit Mariae Verkündigung am Eingang folgte sie der Geschichte weiter in den Raum hinein. Dort zeigten die Malereien der Heimsuchung, dem Weg nach Bethlehem, der Geburt Christi in der Apsis und dann wieder auf der anderen Arkadenseite die Flucht nach Ägypten, den Jesusknaben in Nazareth mit seinen Eltern und schließlich die Auffindung des Knaben bei den Schriftgelehrten im Tempel.
Bei diesem letzten Bild blieb die Witwe stehen und betrachtete den klugen Knaben zwischen all den Schriftrollen und weisen Männern, wie er mit seinen gerade mal zwölf Jahren alle in Erstaunen versetzte. Ja, beinahe wie ihr Liebling.

Eine Welle der Melancholie überkam sie als sie dieses Bildnis der Ablösung des Knaben von seinen Eltern vor sich sah. Dass dies die Gottesmutter geschmerzt hatte wie ein Schwert in der Brust, ja das konnte sie nachvollziehen. Nein, das würde ihr nicht geschehen! Ihre Hände hatten sich zu Fäusten geballt, die sie nun sorgfältig wieder aus den Falten ihres Kleides sortierte.
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Fabrizio
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von Fabrizio »

Leise flüsterte Fabrizio mit Mateo, so als wolle er die Witwe nicht stören, oder dass Gott es nicht höre, oder warum auch immer.

"Der Triarch befehligt ein Schiff zur Schlacht." Mehr sagte er dazu nicht, wollte die Aura des Bedeutsamen nicht verlieren vielleicht.
"Wir haben die Magdalena selbst am flachen Strand der Ägäis gebaut. Ziemlich aufwendig, hat ziemlich lange gedauert und war ziemlich teuer." Die drei Punkte zählte er gestikutiv an den Fingern mit.
"Und ohne korrupte Fachleute aus Ostrom braucht man mit so etwas garnicht erst anfangen."

Währenddessen folgte er der Witwe mit seinen Blicken. Die bildhaften Darstellungen sagten ihm ziemlich wenig. Irgendwelche tote Heilige oder sowas. Waren die nicht in jeder kirche gleich? War ihm unverständlich wie man sowas interessant finden konnte.
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Matteo
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von Matteo »

Im Flüsterton erkundigte Matteo sich noch nach Einzelheiten über die Magdalena: War sie eher robust oder schnell? War das Schiff nur für den Krieg gebaut oder taugte es auch zum Handel? Dann würde der Toreador den Worten Fabrizios lauschen und geduldig auf die Witwe warten um sich zu verabschieden. Es sei denn eines der beiden Kainskinder würde noch etwas von ihm wollen.
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Fabrizio
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von Fabrizio »

Bereitwillig ließ Fabrizio sich auf das Flüstergespräch mit Matteo ein. Fachsimpelte ein bischen. Das Schiff sei eher leicht und schnell gebaut. Ladung könne man schon einiges Aufnehmen, aber nicht so viel wie die dicken Handelspötte sicherlich. Aber von Vorteil wäre trotzdem der schnellere Transport natürlich... und so weiter...

Aber auch Fabrizio würde sich dann verabschieden, so bald Matteo dies täte.
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La Vedova
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Re: Broglio bei Nacht [offen]

Beitrag von La Vedova »

Die junge Frau trat schließlich wieder auf die beiden Herren zu,wirkte beunruhigt und warf beiden lange Blicke zu.
"Ich danke euch für die Gesellschaft in dieser Nacht und hoffe euch bald wiederzusehen. Es war mir eine Freude, doch all die Gedanken an das Meer haben mich aufgewühlt. Manchmal denke ich, ist unsere ganze Existenz wie die See." sie blickte sich noch einmal in dem Kirchenraum um, bevor sie das Tor aufstieß. "Es braucht immer beides, Ebbe und Flut, Geben und Nehmen, Leben und Tod. Alles was existiert muss doch auch zugrunde gehen, nicht? Was wäre das Licht ohne Schatten... Meine Herren, was sind wir? Ebbe? Welches ist unsere Rolle?"
Sie stürmte aus dem Kirchenschiff hinaus in Richtung der Klippen.
"ich weigere mich zu akzeptieren, dass die Ebbe unser einziges Schicksal sein soll...", rief sie dem Sturmwind entgegen, ließ die Worte von ihm davon tragen, öffnete die roten Haare und stapfte mit geballten Fäusten der in der Luft treibenden Gischt entgegen.
Gesperrt

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