Mondscheinbetrachtungen [offen]

[September '16]
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Maria Penthesilea
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Mondscheinbetrachtungen [offen]

Beitrag von Maria Penthesilea »

Maria Polemusa lag auf dem Rücken und lächelte. Von diesem Dach aus konnte sie die Straßen beinahe ungesehen im Auge behalten - eine nützliche Sache - und vor allem konnte sie den Wolken dabei zusehen, wie sie vor dem Mond daherglitten. Diese dort erinnerte sie an einen Fuchskopf. Eine andere glich einer Pfeilspitze. Und da, war das nicht ein Eulengesicht?

Sie setzte sich auf und blickte die kleine Gasse hinunter, wo Dinge geschahen, Dinge, bei denen ein Eindringling nicht besonders willkommen gewesen wäre. Vielleicht waren sie schon geschehen. Man konnte nie wissen. Diese Bettlerschwemme und der Streit der Milizen hatten ihre nächtlichen Aktivitäten nicht gerade vereinfacht. Die Nonne gähnte.

Dann runzelte sie die Stirn. Hatte sie etwas gehört? Kam dort jemand? Flach auf dem Dach liegend, unsichtbar von der Straße dort unten, beobachtete sie den Weg. Und stieß dann einen Vogelruf aus - das Gurren einer Taube, zweimal kurz, einmal lang - um ihre Schwestern zu warnen.

Jemand war in die Gasse eingetreten. Polemusa wartete.
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La Vedova
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Re: Mondscheinbetrachtungen [offen]

Beitrag von La Vedova »

Es war eine wundervolle Nacht, rings Stille. Nur leises Wehen wie Flügelschläge von Nachtfaltern in dieser frischen Winternacht. Bleich lang die Pracht des Tages im dämmrigen Dunkel vor ihren Füßen, als sie mit ihren Lederstiefeln durch den Unrat der Gassen stapfte. Die Wolken schimmerten silbern über der Stadt, in Mondlicht getaucht zogen sie wie Seidenstoff über die dunkle Himmelsbahn, die sich über Genua spannte wie eine tiefblaue Stoffbahn aus Samt.
Süß drang Moderduft an die empfindliche Nase der Witwe, verlockende Verwesung, jede Gasse barg ein Geheimnis, jede Straße neue Sünden.
Als die junge Frau um die Ecke bog, zögerte sie einen Augenblick. War dies die richtige Richtung? Sie fand sich in den engen und verwinkelten Gassen des Viertels noch nicht ganz zurecht.
Sie trug die langen Locken zu einem dicken Zopf geflochten, der ihr auf den Rücken fiel, sowie ein Kleid in französischer Mode, in einem schlichten dunklen Grün gehalten. Darüber einen halblangen Mantel aus grober Wolle. Sie schien auf der Suche nach etwas zu sein.
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Maria Penthesilea
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Re: Mondscheinbetrachtungen [offen]

Beitrag von Maria Penthesilea »

Die Witwe sah die Nonne auf dem Dach nicht. Aber sie sah einen Hauch von Weiß vor sich in der Gasse. Dort war eine weitere Nonne aus einem Seitenwinkel getreten und sah sich um. Als sie die neu hinzugekommene Frau entdeckte, wandte sie sich ihr zu und lächelte.

Natürlich wirkte sie deplatziert, hier, mitten in den Gassen, mitten in der Stadt. Aber sie bewegte sich mit der Selbstsicherheit von einer, die genau wusste, wo sie war und warum sie dort war. Der Witwe mochten ihre geübten, wohlplatzierten Schritte auffallen oder der füchsische Zug ihres Mundes.

"Gott zum Gruß... werte Dame", sagte sie, während sie die Grüngekleidete studierte. Wie auch immer ihr Urteil ausfiel, sie runzelte die Stirn leicht. "Was führt euch um diese Zeit hierher?"
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La Vedova
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Re: Mondscheinbetrachtungen [offen]

Beitrag von La Vedova »

Die Witwe blieb in gebührendem Abstand stehen und lächelte der Nonne freundlich, ja fast schon erleichtert zu.

„Buonanotte Suora, Euch muss der Himmel geschickt haben... quel bonheur! Ich dachte schon, ich würde die euren nie finden. Ich muss wohl in den falschen Vierteln gesucht haben.“, sie sprach fließendes Latein, nur ab und zu durchbrochen von französischen Worten und wirkte ernsthaft erfreut.

„Mein Name ist Seinfreda, Ich habe schon gehört, dass es in dieser Stadt einen Orden barmherziger Frauen geben soll, zwar hieß es eigentlich außerhalb der Mauern, jedoch…“, sie durchbrach ihren Redefluss und meinte dann entschuldigend „Ich hoffe, ich belästige euch nicht?“
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Maria Penthesilea
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Re: Mondscheinbetrachtungen [offen]

Beitrag von Maria Penthesilea »

"Aber nein, aber nein..." Die Nonne lächelte gezwungen. "Ihr habt... geistige Frauen gesucht? Es ist etwas spät dafür." Sie trat auf die Witwe zu und zeigte auf das Ende der Gasse, von dem diese gekommen war. "Ich bringe euch zu einem Gasthaus. Es ist nicht sicher im Viertel. Verbrecher, Bettler... Kein Ort für euch."

Maria Polemusa legte die Hand vorsichtig auf ihren Bogen. Sie sah sich das Schauspiel interessiert an und grinste. Eine reiche Dame, das war keine besonders gute Beute. Andererseits, wer so dumm war, aus Mascharana heraus und nach Broglio hereinzuspazieren, der durfte sich nicht wundern, wenn er mit einem Dolch im Rücken in der Gosse endete.
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La Vedova
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Re: Mondscheinbetrachtungen [offen]

Beitrag von La Vedova »

„Es ist nie zu spät, wenn es um den wahren Glauben geht, meint Ihr nicht, Schwester?“, die junge Frau sah sich noch einmal aufmerksam in der Gasse um, lauschte in die Dunkelheit.(Auspex I )


„Zu welchem Orden gehört Ihr, wenn ich fragen darf? Wo ist euer Kloster?“, noch immer machte sie keine Anstalten, die Gasse zu verlassen oder der Nonne gar den Rücken zuzudrehen. „Das Angebot mit dem Gasthaus nehme ich gerne an, dort können wir uns sicherlich besser unterhalten, was meint Ihr? Ich bin neu in der Stadt und ich sehe, Ihr kennt Euch gut aus, traut Ihr Euch doch genau wie ich als Frau nachts alleine in diese Gassen… Vielleicht könnt Ihr mich an eurer Erfahrung teilhaben lassen? Denn Weisheit zu erwerben ist besser als Gold und Einsicht erwerben edler als Silber…“
Dann musterte sie die Nonne vor sich noch einmal genauer mit einem freundlichen Lächeln, um zu erkennen, was gerade deren stärkstes Gefühl war und ob ihre Aura blass war.

Auspex II
[dice seed=51760 secure=74733a15_0]6d10[/dice]
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Maria Penthesilea
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Re: Mondscheinbetrachtungen [offen]

Beitrag von Maria Penthesilea »

[Auspex I erleichtert Würfe, aber den Wurf auf Wahrnehmung & Aufmerksamkeit musst du schon machen ;) ]

"Zum Ubertinerinnen-Orden vom heiligen Blut", sagte die Nonne, nun freundlich lächelnd. "Unser Ordenhaus liegt hier. In Broglio. Wir haben uns erst kürzlich niedergelassen... Aber wir führen. Helfen. Die Menschen respektieren das." Sie schaute die Witwe nachdenklich an. "Es hilft, arm zu sein. Oder so auszusehen. Reiche sind hier wenig willkommen."

Sie zuckte mit den Schultern. "Gasthäuser... nun, am besten in Mascharana. Ein ruhigeres Viertel. Broglio war einst schöner. Heute... nicht mehr. Verbrecher. Auf offener Straße."
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La Vedova
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Re: Mondscheinbetrachtungen [offen]

Beitrag von La Vedova »

[dice seed=64681 secure=07359391_0]5d10[/dice]gegen 4


Die Witwe runzelte die Stirn, überlegend, schüttelte dann jedoch den Kopf "Euer Orden sagt mir nichts, Suora. Ist er noch jung oder einfach über die Grenzen hinweg nicht bekannt? Eure Mildtätigkeit ist jedoch sehr lobenswert. Gerade in diesem Sistieri scheint das bitter nötig zu sein. Ich würde gerne mehr über euch erfahren, wenn Ihr nichts dagegen habt. Auch ich habe einige Zeit in einem Stift verbracht, müsst Ihr wissen.", sie stockte und griff sich dann an den Kopf, kurz stockend.

"Diese Verbrecher würdes es doch wohl nicht wagen,sich an einer Braut Gottes zu vergreifen?", ergänzte sie dann leicht entrüstet...und weltfremd? "Die Menschen respektieren euch, sagtet ihr, ja? Wo Barmherzigkeit gesäht wird, wächst die Nächstenliebe wie ein guter Baum. Wer Gutes sät, wird Gutes ernten...", sie zuckte mit den Schultern "Das steht doch so in der Bibel, oder nicht? Ich finde es bewundernswert, dass Ihr Euer Leben dieser Sache widmet, die verloren zu sein scheint."
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Maria Penthesilea
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Re: Mondscheinbetrachtungen [offen]

Beitrag von Maria Penthesilea »

Ihre übernatürlichen Sinne erfassten die Umgebung schärfer, als es die einer Sterblichen je gekonnt hätten. Der Geruch von Kot und Schmutz drang in ihre Nase, ließ sie beinahe erbrechen. Sie roch altes Holz, Blut, Lehm... was von dem Geruch der Nonne konterkariert wurde. Als würde ein kleiner Wald vor ihr stehen. Holz, Moos, Gras, Humus, all das nahm sie wahr. Und den leichten Geruch von Schweiß, von Leben.

Im selben Moment merkte sie, dass sie zwei Atemzüge hörte. Nicht allein den der Nonne vor ihr, sondern auch von einem Dach in der Nähe. Stoff rutschte über Stroh, ein beinahe unhörbares Geräusch, aber wenn sie sich konzentrierte, konnten ihre Ohren... "ICH BIN MARIA PENTHESILEA...", dröhnte es wie ein Paukenschlag in ihr Ohr, wie die Stimme einer Göttin. Ein Crescendo sondergleichen, ein Gebrüll, mit dem sie kaum gerechnet haben mochte.

Dabei hatte die Nonne wohl in völlig normalem Tonfall gesprochen.
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La Vedova
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Re: Mondscheinbetrachtungen [offen]

Beitrag von La Vedova »

La Vedova zuckte zusammen und riss den Blick nach Oben in Richtung des Daches. Die Worte brannten sich in ihre Gedanken ein, pochten durch ihren Körper.
Intuitiv machte sie einen Sprung zurück, die Hand glitt an den Dolch an ihrem Gürtel. Es war dunkel, sie konnte nichts erkennen, fixierte dann die Nonne vor ihr mit aufgerissenen Augen.
„Was…“, flüsterte sie leicht panisch „Wer seid Ihr, Schwester? Gesandte der dunklen Herrin, Begleiterinnen auf dem Pfad in die Unterwelt, Dienerinnen der Verborgenen? Welchen Kräften dient ihr? Des Schutzes und Heils oder zum Schaden der Menschen?“, sie blitzte die Nonne aus ihren tiefliegenden Augen an „Sagt, seid Ihr überhaupt wahre Dienerinnen des Herrn?“
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