[Fluff] Komm und folge mir nach [Seresa]

Geschichten über Monster
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Seresa
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[Fluff] Komm und folge mir nach [Seresa]

Beitrag von Seresa »

1003 AD: Genua (heutiges Italien)

~*~ Das Bild, welches sich dem geneigten Beobachter zeigt, wirkt wie eingefroren in Zeit und Raum. Kein Geräusch scheint die Stille, welche hier herrscht zu durchbrechen. Kein Geräusch bis auf ein sanftes Rascheln. Ein sanftes Klingeln, welches nur der Verstand wahrzunehmen scheint. In der Mitte des hellerleuchteten Raumes, der sich in alle Richtungen in die Unendlichkeit zu erstrecken scheint, steht Seresa. Ihre Hand schützend ob der Helligkeit vor ihre Augen haltend. Ein Wesen aus strahlendhellem Licht steht vor ihr. Seine Form und seine weichen Züge wirken bekannt. Ungemein vertraut. Doch wo ein fester Körper sein sollte war keiner. Als Seresa an sich hinabblickt erkennt auch sie, dass sie ähnlich verschwommen aussieht wie das Wesen vor ihr.

„Wer seid Ihr?“

Der erwartete Nachhall ihrer Stimme bleibt aus, während das Wesen vor ihr, nur den Kopf schräg legt und sie anlächelt, bevor es fast vergnügt in die Hände klatscht und sich die Szene ändert.

„Was… was war das? Wo… wo sind wir?“

Seresa blickt sich um. Wo vor einigen Momenten noch ein leerer, heller Raum war, sieht nun sowohl sie, wie auch der geneigte Beobachter dieser Szenerie, die verschwommenen Umrisse eines Weges. Mehrere glatte, dunkle Steine scheinen auf dem Weg zu liegen, während zu ihrer linken eine hohe Wand zu sein scheint. Unbewegte dunkle Statuen stehen auf ihr, während in der Mitte des Bildes zwei Gestalten stehen. Ihre Konturen sind die einzigen, welche das Bild, mit ihrem bleichen Licht erhellen. In einiger Entfernung scheint ein Durchgang zu sein, vor welchem zwei dunkle Statuen stehen. Ähnlich jenen auf der Wand. Hinter den Beiden hellen Flecken scheinen sich ebenfalls in einiger Entfernung zwei dunkle Statuen zu befinden. Während alles andere stillzustehen scheint, bewegt sich Seresa durch die Szenerie.

„Ich… ich kenne diesen Ort. Ich war hier schon einmal.“

Sie blickt zu dem Wesen neben sich, welches nickt und auf die Gestalten in der Mitte dieser Szene deutet.

„Ich… ich fürchte ich verstehe nicht ganz, was Ihr von mir wollt.“

Jetzt, da das Lichtwesen auf die beiden blassen Lichtquellen deutet, sieht Seresa, dass es sich um sie selbst handelt. Sie selbst und ihn. Seresa berührt das Abbild ihrer selbst, doch außer einem kurzen Flackern, welches nur der geneigte und aufmerksame Beobachter dieser Szene war nimmt, geschieht nichts. Seresas Abbild hat die offenen Hände gehoben. Ihr Umhang ist hinter ihre Schultern zurückgeschlagen, wohl um zu zeigen, dass sie unbewaffnet ist. Das Lichtwesen deutet auf die zweite bleiche Gestalt der Szene. Seresa seufzt und schüttelt leicht den Kopf.

„Das ist schwierig zu erklären.“

Die Lichtgestalt verschränkt ihre Arme und blickt abwartend auf Seresa.

„Ihr… ihr wollt, dass ich es Euch erkläre?!“

Seresa atmet schwer, während das Wesen auf die erhobene Hand des Mannes deutet. Angst spiegelt sich in Seresas Gesicht wieder. Sie schließt für einen Moment die Augen. Beißt sich auf die Unterlippe, bevor sie zustimmend nickt.

„Gut… Gut, ich erzähle Euch, was passiert ist.“

Die Brujah öffnet die Augen und blickt sich um.

„Ihr wisst, wo wir sind, schließlich habt Ihr mich hierher gebracht?!“

Die Lichtgestalt nickt dem Mädchen zu, welches sich neben sich selbst stellt und dabei die leuchtende Gestalt ihres Gegenübers betrachtet.

„Das Letzte was ich in diesem Moment dachte, war das Wort Drohungen. Ich hatte ihm nicht drohen wollen. Es wäre das Letzte gewesen, was ich jemals hätte tun wollen. Nach all den Anstrengungen in der Nacht, war es mein größtes Glück gewesen, ihn hier anzutreffen. Eine Chance. Eine Möglichkeit. Eine Hoffnung.“

Seresa schüttelt leicht den Kopf, bevor sie fortfährt.

„Ich war mir unsicher, ob er wirklich verstanden hatte, was ich ihm gesagt hatte. Ich gestehe, ich hatte nicht mit ihm hier gerechnet. Was ich tat - was ich sagte - entsprang der Hoffnung und der Verzweiflung zu gleichen Teilen. Womöglich hatte ich zu viel geopfert in jener Nacht. Womöglich war ich schlicht zu unkonzentriert. Womöglich hatte ich einfach nicht damit gerechnet, dass meine Hoffnung tatsächlich wahr wurde. Womöglich hatte ich es mir gewünscht und war dann selbst zu überrascht und überfordert davon. Womöglich spielte er deshalb mit mir. Womöglich war er auch einfach um so viel versierter in diesem Spiel, als ich selbst, so dass ich es letzten Endes war, die nicht verstanden hatte, was er wirklich sagte.“

Die Brujah schüttelt leicht den Kopf.

„Ich weiß es nicht. Er hatte seine Hand gehoben. Ein stummes Zeichen. Sowohl für die Schützen, als auch für mich. Vor Schreck hatte ich die Augen geschlossen und seine Stimme war nicht mehr besonders freundlich als er sprach. Doch der erwartete Schmerz von Pfeilen blieb aus. Als ich meine Augen öffnete, sah ich seine Hand. Sah ihn. Verstand meinen großen Fehler. Ich hatte Hoffnung in ihn gesetzt. Hatte an ihn geglaubt. Ich fühlte mich schuldig. Schmutzig. Ich war es, die ihn gerade enttäuschte. Ich wollte mich vor ihm zu Boden werfen, doch ich hatte Angst, dass ich in dem Moment, in welchem ich mich nur geringfügig bewegen würde, Pfeile auf mich einprasseln würden. So blieb ich stehen. Lieferte mich ihm aus. Gestand ihm meine Unfähigkeit. Gestand ihm meine Schuld. Bat ihn um Verzeihung. Bat ihn um mein Leben.“

Seresa blickt zu dem Lichtwesen neben sich, welches aufmerksam die Brujah zu beobachten scheint.

„Sie irren sich in ihm. Sie irren sich, denn ich habe in dieser Nacht wahre Gnade erfahren. Sie irren sich, denn ich habe wahrhaftigen Großmut gesehen.“

Das Wesen vor ihr, nickt und lächelt sie an, bevor es erneut in die Hände klatscht und sich die Szene ändert.

~*~
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Re: Komm und folge mir nach [Seresa, Fluff]

Beitrag von Seresa »

~*~ Seresa blickt sich um. Sie, wie auch der geneigte Beobachter, stellen fest, dass sich die Szenerie verändert hat. Es befindet sich nun nur noch eine bleiche Gestalt im Zentrum. Genauer gesagt auf dem Zentrum, denn die Gestalt scheint auf einem viereckigen Würfel zu liegen. In einiger Entfernung sind zwei größere Quader zu sehen. Wände befinden sich rechts und links. Die Brujah nähert sich einem der schwarzen Quader. Als sie versucht ihn zu berühren, gleitet ihre Hand durch das Nichts und nur der geneigte Beobachter der Szene merkt erneut dieses leichte Flackern. Seresa blickt unsicher zu ihrer Begleiterin.

„Das war in der Nacht zuvor.“

Das Lichtwesen taucht direkt vor Seresa auf und schüttelt den Kopf. Ihre Hand deutet auf kleinere Quader in ihrer Nähe. Seresas Blick wird nachdenklich, bevor sie nickt.

„Ihr habt recht, das war in der Nacht darauf. Hättet Ihr nicht auf die kleineren Formen gezeigt, wäre es mir womöglich nicht einmal aufgefallen.“

Seresa schweigt für einen kurzen Augenblick.

„Ein erschreckender Gedanke.“

Die Brujah schüttelt leicht den Kopf.

„So viele starben sinnlos in beiden Nächten. Wer wohl den glorreicheren Tod hatte? Jene, die verzweifelt für Genua kämpften und versuchten das zu schützen, was bereits verloren war?! Die kämpften, trotz der Tatsache, dass die Anderen ihre Blicke abwandten?! Diejenigen, die einen schnellen Tod fanden, durch die Klingen der fremden Mächte, ohne ihnen selbst wirklich zu schaden. Oder Jene, die in der Gewissheit starben, dass einige der fremden Angreifer mit ihnen zusammen den Tod finden würden.“

Seresas Blick spiegelt wieder, wie angewidert sie von der Vorstellung ist.

„Ich habe Beides gesehen und ich weiß, dass es keinen glorreichen Tod gibt. Sie sind nicht mehr als unwissende Opfer im Spiel der Mächtigen. Im Spiel Jener, die bereit sind das Leben so vieler Unschuldiger zu opfern, sofern es nur Ihnen selbst hilft.“

Das Lichtwesen zeigt auf einen der größeren Quader. Als die Erinnerung aufkeimt, fahren Seresas Fangzähne instinktiv aus. Seresa weicht von dem Quader einige Schritte zurück und schüttelt den Kopf.

„Ich weiß es nicht.“

Die Gestalt zeigt auf Seresa, dann auf den Quader.

„Was ich getan hätte, wenn ich dort gewesen wäre?“

Seresa betrachtet den Quader lange schweigend.

„Ich… ich gestehe, weiß es nicht. Ich…“

Die Brujah zieht den Umhang enger um ihren schmalen Körper, während ihr Blick gesenkt ist.

„Ich… ich hätte meine Hoffnung… mein Vertrauen in ihn gelegt.“

Unsicher blickt sie auf und ab. Dann seufzt sie schwer und ihr Körper scheint sich im gleichen Moment zu entspannen. Ihre Fangzähne verschwinden, während sie das Lichtwesen anblickt und offen mit ihr spricht.

„Ich hätte ihn um Vergebung gebeten.“

Ihr Gegenüber deutet in Richtung Osten. Seresa, wie auch der aufmerksame Beobachter, müssen sich nicht umdrehen, um zu wissen, auf was das Lichtwesen zeigt. Seresa schüttelt den Kopf.

„Nein. Nein, ich denke nicht, dass er es war. Er hätte nichts derart Unkluges getan.“

Seresa blickt das Lichtwesen fast fragendend an, als würde es womöglich etwas wissen, was sie nicht weiß. Doch der Blick ihres Gegenübers bleibt ausdruckslos und nichts sagend, während Seresa den Kopf schüttelt und den Umhang noch enger um sich zieht.

„Oder sind wir auf ewig dazu verflucht Monster zu sein?!“

Das Wesen betrachtet Seresa ausdruckslos, bevor es erneut in die Hände klatscht und sich die Szene ändert.

~*~
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Re: Komm und folge mir nach [Seresa, Fluff]

Beitrag von Seresa »

~*~ Seresa blickt sich erneut um. Langsam scheint sowohl sie, wie auch der geneigte Beobachter des Geschehens sich auf den Wechsel der Umgebung eingestellt zu haben. Auf einem hohen Quader scheint erneut die blasse Gestalt von Seresa zu liegen, während in einiger Entfernung eine weitere blasse Gestalt auf dem Boden kniet. Vor ihm, eine schwarze Statue stehend. Ihre Hand über ihn haltend. Seresa nähert sich der Szene und wirft einen Blick auf ihre Lichtbegleitung.

„Ilario.“

Die Brujah schüttelt leicht den Kopf.

„Ich wusste zu diesem Zeitpunkt nicht, wer er war. Ich hatte ihn erst viele Monate später kennengelernt.“

Seresa scheint die schwarze Statue berühren zu wollen, entscheidet sich dann jedoch dagegen.

„Ich gestehe, ich weiß nicht, wer es ist. Hätte ich den Lasombra früher gekannt, hätte ich mich womöglich genähert.“

Das Mädchen blickt auf die blasse Gestalt, die in einiger Entfernung auf einem der Quader liegt.

„Aber so blieb ich in der Ferne. Ich hatte nicht verstanden, was sie miteinander gesprochen hatten. War ich schlicht zu weit davon entfernt. Beobachtete weiter stumm die Dinge, vor sich gingen. Was hätte ich denn auch sonst tun können?!“

Das Wesen setzt ein wissendes Lächeln auf, bevor es in die Hände klatscht und sich die Szene ändert. Seresa blickt sich um. Ihr blasses Abbild steht vor einem schwarzen Quader. Die Hand zur Faust erhoben.

„Toma.“

Ein amüsiertes, wenn auch gequältes Lachen von Seiten der sich bewegenden Brujah. Nachdenklich betrachtet sie die eingefrorene Szene.

„Ich hatte ihn aufgesucht. Wollte ihn um Hilfe bitten. Doch ich traf ihn nicht an.“

Die Lichtgestalt blickt Seresa fast vorwurfsvoll an, während sie die Augen rollt und den Kopf schüttelt.

„Ja, ich weiß selbst, ich hätte ihn am Hafen nicht anlügen sollen. Aber was hätte ich sonst tun sollen?!“

Erneut ein Klatschen und die Szene ändert sich.

~*~
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Re: Komm und folge mir nach [Seresa, Fluff]

Beitrag von Seresa »

~*~ Seresa betrachtet die Szene, die sich ihr und dem noch immer gewillten Beobachter bietet. Ein Feld voller schwarzer Statuen. Gebeugt oder gekrümmt. Groß und Klein. Allesamt dünn und zerbrechlich. Zwei hellere Gestalten stehen abseits der Gruppe. Eine trägt einen Stab in der Hand, die andere einen zylinderförmigen Gegenstand unter ihrem Arm. Sie scheinen sich zu unterhalten. Die sich bewegende Seresa blickt fast wütend zu der Lichtgestalt, die sie in jenes Szenario zurückgeführt hatte.

„Ja, ich weiß selbst, dass ich sie ihm ausgeliefert habe.“

Die Brujah zieht ihrem Umhang enger um den schmalen Körper.

„Ich wusste nicht von ihm. Ich hatte das sogar das überaus hohe Risiko auf mich genommen, nur um sie zu schützen. Ich hatte es überprüft, dass wisst Ihr doch, scheint Ihr Euch schließlich frei in meinen Erinnerungen bewegen zu können.“

Das Lichtwesen nickt.

„Es war niemals meine Absicht gewesen, sie bewusst in Feindeshand zu führen oder sie in Feindeshand zu wissen.“

Seresa schweigt für einen Moment.

„Ich weiß nicht, was danach geschehen ist. Es macht so vieles keinen Sinn, aber ich werde es herausfinden. Ich brauche Gewissheit und sei es nur um meiner eigenen Seele willen. Sollte es wahrlich meine Schuld sein, dass ich sie in den Tod geführt habe.“

Die Brujah umschlingt ihren schmalen Körper mit ihren Armen. Blickt für einen Moment stumm die Lichtgestalt an.

„Ihr Blut würde wahrlich an meinen Händen kleben. Auch wenn er es war, welcher mich ihm ausgeliefert hatte. Welcher mich zwang das zu tun, was ich tat.“

Stumm blickt die Lichtgestalt Seresa an, die sich daraufhin wütend abwandt und einige Momente schweigt. Das klatschende Geräusch hinter ihr, lässt die Brujah zusammenzucken.

~*~
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Re: Komm und folge mir nach [Seresa, Fluff]

Beitrag von Seresa »

~*~ Seresa blickt sich um, doch nicht mehr als dunkelste Schwärze ist für sie oder den gewillten Beobachter zu erkennen. Erst als das Lichtwesen auf den zartleuchtenden, hellen Fleck in der Mitte zeigt, erkennt Seresa sich selbst wieder. Auf Knien in mitten der Finsternis. Wage könnte man ein zweites, blasses Leuchten in der Dunkelheit erahnen. Doch ob es wirklich da ist, ist sowohl Seresa, wie auch dem gewillten Beobachter unklar. Zu dicht ist die umgebende Dunkelheit. Seresa schüttelt leicht den Kopf. Betrachtet sich selbst kniend.

„Ihr verwehrt mir also meinen Wunsch? - waren die Worte zuvor gewesen. Ich wollte nicht verwehren. Konnte es nicht verwehren.“

Seresa zieht den Umhang enger um ihren schmalen Körper, als sie die Worte wiederholte, die scheinbar gesprochen worden waren, bevor sie sich knieend in der sie umschließenden Dunkelheit auf dem Boden wiedergefunden hatte. Seresa wendet sich ab. Senkt fast reumütig den Kopf und schweigt. Erneut erklingt das Klatschen.

Als sich Seresa umblickt, sieht sie sich erneut selbst. Vor ihren Füßen zwei kleine schwarze Steine liegend, während sie gerade den dritten zu packen scheint und zu ihren Lippen führt. Sowohl sie, wie auch der gewillte Beobachter sehen die Kaltblütigkeit in den Augen und im Ausdruck der in der Zeit eingefrorenen Brujah. Seresa wendet sich erneut ab. Erträgt den Anblick offensichtlich nicht. Das Klatschen hinter ihr, verheißt dass ihre Begleitung sie noch mehr sehen lassen will, ob Seresa das nun gefällt oder nicht.

Sowohl Seresa wie auch der Beobachter der Szene sehen die beiden bleichen Gestalten voreinander stehen. Das Kreuz auf der Brust der zweiten Person ist im Gegensatz zum Rest der Gestalt deutlich zu erkennen.

„Der Vorwurf der Todsünden.“

Seresa schweigt für einen Moment.

„Gulas, die niederste Form der Völlerei. Acedias, die Feigheit. Die faulende Frucht. Die Trägheit des Herzens. Es machte keinen Sinn, dass sie mir vorgeworfen wurden. Handelte ich schließlich einzig und alleinig aus Liebe, Ordnung und Geduld. Keine der anderen Sünden wurden mir vorgeworfen. Nur Gulas. Acedia.“

Die Brujah blickt zum Lichtwesen.

„Gaius. Acacia. Ist es nicht verwirrend, wie ähnlich es klingt. So verwirrend wie alles damals klang. Da war soviel Wissen. Soviel Wissen über Dinge, die niemand sonst wusste. Dinge, die niemand hätte sehen oder wissen können, sind und waren sie in meinem Innersten verschlossen. Und dann die Worte: „Der Herr hat uns nicht umsonst an einem solch unwahrscheinlichen Ort zusammenkommen lassen.“ Die Worte: „Folge mir und ich tilge deine Unwissenheit mit den Worten des Herren.““

Seresas Blick ist fragend auf die Lichtgestalt gerichtet.

„Was hätte ich in einem Moment wie diesem sonst tun sollen?! Ich musste herausfinden, was wahr ist.“

Das Lichtwesen bleibt stumm. Angewidert ob dessen Stummheit, wendet sich die Brujah ab. Doch sie entkommt nicht dem Klatschen, welches dafür sorgt, dass sich erneut die Szene ändert.

Eine schwarze Wand erscheint zu dessen Fuße das blasse Abbild Seresas liegt. Hilflos und scheinbar wehrlos. Das Gesicht verzerrt unter den offensichtlichen Schmerzen, während ihr Blick fragend in den Himmel gerichtet ist. Ehe die Brujah sich weiter umsehen kann und sie oder gar der gewillte Beobachter des Szenarios tatsächlich verstanden haben, was passiert ist, erklingt erneut das Klatschen.

Seresa und der gewillte Beobachter sehen das bleiche Abbild Seresas. Eine feine Schnur verlässt einen schwarzen Quader und versinkt im Nichts. Ein großer Quader befindet sich in der Nähe. In einiger Entfernung ist ein zweiter Quader zu sehen. Das Abbild Seresas spiegelt Angst, Unwissenheit und Überforderung wieder. Zwei schwarze Statuen sind neben ihr ausdruckslos in der Zeit eingefroren.

„Weshalb zeigt Ihr mir das?!“

Wütend funkelt Seresa das Lichtwesen an. Die Hände sind zu Fäusten geballt.

„Woher hätte ich es wissen sollen?! Es ist nicht meine Schuld!“

Seresas Hand deutet auf den Quader.

„DAS…“

Der Hall ihrer Stimme ist nicht vorhanden, doch ihre Fangzähne funkeln bedrohlich in Richtung des Lichtwesens, welches sie stumm und ohne jegliche Regung betrachtet.

„DAS IST NICHT MEINE SCHULD!“

Ein wütendes Fauchen liegt in Seresas Stimme, bevor ein weiteres Klatschen erklingt.

~*~
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Re: Komm und folge mir nach [Seresa, Fluff]

Beitrag von Seresa »

~*~ Die Szene wechselt in das Szenario zurück, in welchem Seresa wehrlos am Boden liegt. Ein wiederholtes Klatschen. Die Szene mit der Gestalt vor ihr taucht erneut auf. Ein Klatschen. Die Szene, welche ihre brutale Kaltblütigkeit zeigt erscheint. Klatschen. Die Szene, als sie kniet taucht auf. Klatschen. Die Szene mit den zahllosen Statuen erscheint. Klatschen. Die Szene mit der zum Todesurteil erhobenen Hand erscheint und verweilt länger. Seresa schluckt schwer, während ihr und dem gewillten Beobachter wiederholt Szene für Szene vor Augen geführt wird.

Klatschen.
Angst.
Klatschen.
Schmerz.
Klatschen.
Versuchung.
Klatschen.
Mord.
Klatschen.
Intrige.
Klatschen.
Verrat.
Klatschen.
Urteil.
Klatschen.

Wieder und wieder beginnt die Schleife der Bilder für Seresa, wie auch für den gewillten Beobachter von vorne. An jenem Punkt beginnend, als sie unwissend den Quader anstarrt. Hin zu dem Punkt, als die Hand richtend über sie erhoben ist. Jedes Mal, wenn Seresa sich abwenden will, wechselt die Szene erneut. Der Brujah und dem gewillten Beobachter wird das Geschehene mit aller Gewalt gnadenlos in einer endlos scheinenden Schleife vor Augen geführt.

Der Beobachter, der bis zu jenem Punkt in der Geschichte noch immer gewillt war, jenes ganz und gar seltsame Geschehen, dass sich ihm oder ihr hier bot, mitzuverfolgen, sieht wie die nicht ein der Zeit eingefrorene Seresa langsam auf die Knie sinkt. Sie schlägt die Hände über den Kopf. Rollt sich ein. Macht sich klein. Schließt die Augen.

„Gnade.“

Die Stimme der Brujah ist zitternd. Fast flehend. Der Lichtgestalt scheint dieses Wort nicht bekannt zu sein, denn das Klatschen erklingt erneut und die Szene ändert sich.

„Bitte.“

Seresas Stimme ist gepresst, während erneut das Klatschen erklingt. Wieder und wieder wechseln sich ihre Worte der Bitte und der Gnade mit dem Klatschen ab. Gewährt wird ihr die Gnade jedoch nicht.

Ein überaus unangenehmes und unerträgliches Gefühl mag sich nach und nach immer mehr bei dem noch immer gewillten Beobachter einschleichen. Ein Gefühl, dass dies hier bis in alle Ewigkeit andauern wird. Gefangen in jenen Szenen. Gefangen in jenen Tagen. Gefangen in den Erinnerungen des Krieges. Gefangen in ihrer Schuld. Gefangen auf ewig.

Über Seresa Wangen rinnen rote Tränen, doch das Klatschen endet nicht. Ihr Körper zittert, doch die Lichtgestalt gewährt ihr keine Pause. Keine Erlösung. Keine Gnade. Seresa scheint zu kämpfen. Mit der Situation. Mit sich selbst. Mit allem. Scheint sich dagegen zu wehren. Dann jedoch endet ihr Zittern. Sie gibt auf. Beendet ihren Schutz. Beendet ihren Kampf.

Seresa legt sich flach auf den Boden, streckt die Arme seitlich von sich und drückt ihre Stirn in den Staub. Das erbarmungslose Klatschen hört für einen Moment auf. Das Lichtwesen wirkt interessiert, ob der Handlung der Brujah. Sie schwebt zu der auf dem Boden liegenden. Etwas, was nur der gewillte Beobachter in diesem Moment sieht. Seresas Augen sind auf den Boden unter ihr gerichtet. Ihre Stimme klingt rau, ob der vergossenen Tränen.

„Pater si vis transfer calicem istum a me verumtamen non mea voluntas sed tua fiat.*“

Das Lichtwesen legt den Kopf schief, scheint jedoch gewillt zu sein, der Brujah weiter zuzuhören.

„Ich bitte um Vergebung. Ich gestehe, ich war unsicher. War verzweifelt. Sah so viel Leid. So viele Tote. So viele Menschen, die ob der Gefahr nicht wussten was zu tun. Nicht wussten wohin. Was ich erhoffe ist Hilfe. Ich gestehe, ich war niemals zuvor in solch einer Situation. Ich weiß nicht was sagen, um Euch zu besänftigen. Mein Leben liegt in Eurer Hand. Ich bitte um Verzeihung. Bitte lasst mich ihnen helfen. Verschont mein Leben, so es Euch beliebt.“

Seresa schweigt und kein weiteres Klatschen erklingt. Sie und der gewillte Beobachter sind in der Szene, in welcher die erhobene Hand richtend über der unbeweglichen Seresa verweilt. Liegend blickt Seresa zöglicher und unsicher zur der Lichtgestalt auf, welche neben der zweiten bewegungslosen Gestalt steht. Wie er, scheint auch sie zu überlegen. Ein Klatschen und sowohl Seresa wie auch der gewillte Beobachter sehen eine neue Szene. Eine Szene, die nur wenige Momente später stattgefunden hat, denn die Hand ihres Gegenübers ist gesenkt, während sich die Brujah in der Zeit eingefroren tief vor ihrem Gegenüber verneigt. In ihrem Gesichtsausdruck spiegelt sich unendliche Dankbarkeit wieder. Seresa schließt die Augen. Die angestauten Gefühle überwältigen den Körper der jungen Brujah.

~*~ ---
* Vater, willst du, so nehme diesen Kelch von mir, doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!
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Re: Komm und folge mir nach [Seresa, Fluff]

Beitrag von Seresa »

Seresa schreckte aus ihrem Tagschlaf auf. Ihr Ghul saß bereits neben ihr und betrachtete sie besorgt. Seine Finger strichen über Seresas kalte Wange und betrachteten das Blut, welches sich auf seinen Fingerkuppen gesammelt hatte. Seresas Fangzähne fuhren bei dem Anblick aus und verwirrt fasste sie sich an dieselbe Stelle. Sie weinte. Eine Erkenntnis, die dafür sorgte, dass sich ihr Körper verkrampfte. Dann sah sie auf ihren Ghul, der sie noch immer stumm und besorgt anblickte.

„Bitte verzeih mir, Raffaele. Ich hätte dich niemals an einen Ort wie diesen mitnehmen sollen.“

Die Brujah hatte ihren Blick gesenkt. Sie fühlte sich schlecht. Schuldig. So vieles lastete auf ihrer Seele. Dann spürte sie die Wärme ihres Ghuls, der sie sanft umarmte. Seine Lippen auf ihrer Wange, die das Blut ihrer Tränen wegküssten. Seresa seufzte schwer, als sie die Augen öffnete und ihn anblickte.

Sie war ein Monster, doch er sah es nicht.

Es war Zeit das Richtige zu tun.

Seresa packte ihren Ghul an den Haaren. Riss seinen Kopf in den Nacken. Überstreckte seinen Hals. Bedrohlich glitzerten ihre Zähne im Licht der Fackel. Mit einer schnellen Bewegung schlugen ihre Zähne in seinen ungeschützten Hals.
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Re: Komm und folge mir nach [Seresa, Fluff]

Beitrag von Seresa »

1003-1004 AD: Genua (heutiges Italien)


Misstrauen in ihn

Gelbe Punkte. Verteilt auf dem Boden. Ehemalige kleine Sterne am Firmament. Ein gequälter Schrei. Ein dumpfer Schlag. Gelbe Punkte regnen in der Finsternis der Nacht. Fallen vom Himmel. Schlagen auf der Erde ein.

Erschöpft sank Seresa auf die Knie. Ihre wunden Hände gegen das raue und abgeplatzte Holz des dicken, alten Baumstamms gepresst. Der Kopf gesenkt nach vorne, während sich ihre Hände in die Reste der Borke verkrallten. Rote Tropfen fielen neben die Wurzeln des Baums.

Da war niemand, um sie zu schützen. Das Tiefe und ewigwährende Knurren war lauter geworden. Lauerte geduldig wartend auf sie und ihre Schwäche. Sie würde nur noch einen kleinen Schritt weitergehen müssen. Ein Schritt mehr und es würde die Kontrolle über sie übernehmen. Würde sich liebevoll ihrer Gedanken, ihrer Angst und ihrer Verzweiflung annehmen. Würde sie ins schützende Rot führen. Den Punkt an dem sie nichts mehr tun musste. In dem sie zu einem stillen Beobachter seiner wahren Macht werden würde. Das Tier würde führen. Sie müsste es nur gewähren lassen. Sie müsste nur bereit sein ihren Widerstand endlich aufzugeben. Bereit sein ihm zu folgen in die erlösende Dunkelheit.

Ihre Finger lösten sich aus der Verkrampfung. Rutschten entlang des Stamms nach unten. Fanden ihren Weg in das grüne Gras, während ihr Blick starr auf das Blut vor ihren Knien fiel. Ihre eigene Vitae. Vergossen aus tiefster Verzweiflung und Machtlosigkeit heraus.

Er wollte ihr entfliehen, doch sie hatte es nicht bemerkt. Er hatte sie angeknurrt. Tief. Grollend. Bedrohlich. Er hatte sie weggeschickt.

Seresas Blick fiel auf das Holz neben ihrer vergossenen Vitae. Fiel auf den kleinen Rosenkranz, der noch immer unbefleckt war, trotz ihrer Handlungen. Die Brujah betrachtete ihn stumm. Sie schien es nicht zu wagen ihn anzufassen. Seresa schloss die Augen.

Er hatte gesagt, sie solle wiederkommen. Nachdem sie in allen Kirchen Genuas gebetet hatte. Doch wie sollte sie jemals wiederkommen?! Nachdem was sie getan hatte. Nachdem was sie ihm zugemutet hatte. Nachdem sie zwar unbeabsichtigt, aber dennoch eine solch bedeutende Grenze übertreten hatte. Eine Grenze, die einen von ihnen beiden womöglich das Leben gekostet hätte. Sie hätte ihn beinahe mit in ihre Dunkelheit gerissen, wäre seine Selbstbeherrschung in diesem Moment nicht größer gewesen als die Ihrige. Er hatte sie weggeschickt, um sie beide zu schützen. Doch sie wusste nicht, wie sie ihm jemals wieder unter die Augen treten konnte. Sie solle beten. Doch was, wenn sie sich geirrt hatte?! Wenn es keine Erlösung für sie gab?! Wenn sie für immer nicht mehr als eine verfluchte und verdammte Sklavin ihres Tieres war?!

Ihre Faust schlug hart gegen den Stamm des Baumes, dessen Borke weiter abplatzte und sich auf dem Boden vor ihr verteilte. Das erwartete und erlösende Rot blieb jedoch aus. Seresa öffnete fast ungläubig die Augen und blickte auf den Rosenkranz. Stumm und für lange Zeit. Dann wischte sie das Blut von ihren Händen und nahm ihn vorsichtig zwischen ihre Finger. Seresa zögerte, dann berührte sie jedoch das kleine Kreuz und leise lateinische Worte fanden ihren Weg über ihre Lippen. Perle um Perle wanderte zwischen ihren Fingern hindurch, während der Mond schützend über sie wachte.


Misstrauen in den Plan

Seresa zog den Umhang enger um ihre Schultern und verschwand in die Nacht. Doch nicht lange und sie kehrte zurück. Sie stand verborgen in einer der Gassen, in der Nähe von Tomas Haus. Betrachtete es schweigend und stumm.

Was, wenn es Gottes Wille war, dass ihr euren Weg zu mir fandet? Warum lässt er meinem Blut die Möglichkeit Körper zu ändern, wenn es nicht in seinem Sinne wäre? Warum führte er euch zu mir? Immer wieder.

Die Brujah verließ den Ort und ging schweigend durch die Stadt. Als sie aufblickte, fand sie sich am Hafen wieder. Ihr Blick war in die weite Ferne des Meeres gerichtet, welches durch die Hafeneinfahrt zu sehen war.

Was wenn es euer Schicksal sein sollte euch zu ändern durch mich?

Seresa senkte ihren Kopf und ging weiter schweigend durch die Stadt. Als sie erneut aufblickte sah sie die Mauer und instinktiv fuhren ihre Fangzähne, ob der Erinnerung die sie überkam, aus.

Woher glaubt ihr so genau zu wissen was sein Plan für euch ist?

Sie zwang sich den Ort anzusehen. Zwang sich, dass die Erinnerung sie einholte und schließlich überholte. Ihre Fangzähne fuhren ein und sie schüttelte den Kopf. Dann ließ sie ihn schließlich sinken und zog den Umhang enger um ihren Körper, bevor sie weiter durch die Dunkelheit der Nacht schritt.


Misstrauen in den Herrn

Sie kniete, während sie ihm huldigte.

Ihm, der alles zerstört hatte, auf dass sie aus dem Nichts neugeboren wurde. Ihm, der ihr alles genommen hatte und ihr nun den Kelch voll einschenkte. Er, der ihr mehr gab, als sie ertragen konnte und doch weniger, als dass sie tatsächlich daran zerbrach.

Ehrfurcht durchfloss ihren ausgelieferten und geschundenen Körper. Ihre Augen suchten ihn aus tiefster, aufrichtigster Dankbarkeit im Dunkel der Nacht.

Sie war sein, denn er hatte sie wahrhaft erlöst. Er hatte unbarmherzig den Schleier von ihren Augen gerissen und ihren Blick geklärt. Er hatte sie in brutalster Weise sehen lassen, was wahrhaft wichtig ist und was nur eine Phantasie ihres Geistes gewesen war. Er hatte ihr die Wahrheit und die Herrlichkeit gezeigt. Er hatte ihr keine Wahl gegeben, ob sie sich selbst fügen wollte, sondern willentlich über ihr Heil und ihre Zukunft bestimmt. Er hatte sie gnadenlos auf ihre Knie vor ihm gezwungen. Er war nun ihr Herr und es sollte keine anderen Herren neben ihm geben.

Seresa verweilte freiwillig auf Knien. Sie gab ihren Widerstand auf und unterwarf sich seinem Willen. Die Brujah gab sich ihm ganz und gar hin.


Misstrauen in den Glauben

Sie war nun die Seinige.
Mit Leib und Seele.
Ewiglich.

Deus propitius esto mihi peccatori!
(Herr, sei mir Sünder gnädig!)
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Re: Komm und folge mir nach [Seresa, Fluff]

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1004 AD: Genua (heutiges Italien)

Raffaele: „War das falsch, Seresa?“

Seresa saß da und blickte ausdruckslos auf den Tisch. Dann schüttelte sie geistesabwesend den Kopf.

Seresa: „Nein, Raffaele.“

Die Brujah erhob sich langsam und ging zu ihrem Begleiter. Sanft und liebevoll strich sie ihm über die Wange.

Seresa: „Sei unbesorgt. Alles ist gut. Du hast richtig gehandelt und dich richtig entscheiden.“

Sie gab ihm einen Kuss auf die Stirn.

Seresa: „Nun leg dich schlafen, Raffaele. Ich werde vor Anbruch des Tages wieder zu dir kommen.“


~*~
Der Geruch von feuchter Erde umringte Seresa. Klebte an ihren Händen. Ihren Haaren. Ihrer Kleidung. Dunkelheit umgab sie und nichts als Stille. Sie hatte lange gegraben. Mit bloßen Händen. Immer weiter. Unaufhörlich. Wie lange tatsächlich, dass wusste sie nicht. Sie hatte es vergessen. Ignoriert. Die Wut wollte gelenkt werden. Wollte eine Richtung finden. Wollte einen Ausweg haben.

Das Loch war tief geworden. Es war für ihn gedacht gewesen. Ihn, der sie verraten hatte. Ihn, der sie betrogen hatte. Ihn, der sie hintergangen hatte. Nun lag sie selbst darin. Ruhig. Unbeweglich. Tot. Sie lag auf dem Rücken und hatte die Augen geschlossen. Die Wut auf ihn war verflogen. Geblieben war die Wut auf sich selbst. Die Verzweiflung. Die Hoffnungslosigkeit.

Seresa richtete sich langsam auf und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Erde. Sie zog ihre Knie eng an ihrem Körper, bevor sie ihren Kopf darauf ablegte. Es war ihre eigene Schuld. Sie war nach Genua gekommen in der Hoffnung, dass die Suche verändern würde, wer ihr Erzeuger war. Dass sie mehr und besser wäre als das verdorbene Blut, dass durch ihre Adern floss. Stattdessen wiederholte sich die Geschichte, in einer verdrehten und pervertierten Art und Weise. Mit einem kurzen Ruck riss Seresa das Lederbeutelchen vom Hals und starrte es an.

Sie war dem Irrglauben an den Herrn aufgesessen. Wie hatte sie nur so schrecklich naiv sein können?! Er hatte sie und ihren Glauben benutzt. Sie waren alle gleich. Sie beteten laut und in der ersten Reihe, damit die Welt sie sah. Letzten Endes waren sie alle nur Monster.

Seresa: „Eli, Eli, lama asabthani?“

Ein wütendes Schnauben verließ Seresas Nase. Als ob er jemals dagewesen wäre und es ihn interessiert hätte, was aus ihr werden würde. Er war auch nicht besser als die anderen Männer, die sie auf Knien vor sich sehen wollten. Die von ihr angebetet, verehrt und verherrlicht werden wollten. Denen sie zu Diensten sein sollte. Zu Diensten sein musste. Da war niemand, der sie retten würde. Da war niemand, der sie erlösen würde. Da war niemand, der sich wahrhaft dafür interessiert hätte, was sie wollte.

Seresas Finger schlossen sich zur Faust um das Lederbeutelchen herum, um es mit aller Wucht gegen das andere Ende des Grabes zu werfen. Doch das Geräusch des Aufpralls blieb aus. Stattdessen blickte Seresa starr in die Dunkelheit. Ihr Erzeuger hatte recht gehabt. Sie hätte sich nicht widersetzen und das Knie beugen sollen, als sie noch die Wahl hatte. Ihr Widerstand hatte es für sie nur schlimmer gemacht. Ein schuldhafter Ausdruck lag auf Seresas Gesicht.

War er deshalb noch hier?! Hatte er sie deshalb nicht verlassen?! Seresa blickte erneut auf das Lederbeutelchen. Irrten sich die Monster?! Irrten sie sich, wie sie sich in ihr irrten?! Waren sie so blind?! War es tatsächlich möglich?! Und wenn es möglich war, wie war es möglich?! Die Brujah verweilte einige Momente unbeweglich. Dann knotete sie das Lederbeutelchen um ihren Hals und kletterte aus dem tiefen Loch. Sie benötigte eine Antwort.

~*~

Wenig später schlich Seresa leise zu Raffaele ins Zimmer. Unruhig wälzte er sich im Schlaf hin und her. Erst als Seresa sich neben ihn gelegt hatte, schienen seine Alpträume abzunehmen. Die Brujah strich dem alten Mann sanft über den Kopf und ein trauriges Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie kannte seine Träume. Sie kannte seine Furcht. Er hatte ihr nie alles erzählt und sie hatte ihn nie dazu gezwungen. Sie wusste jedoch von den Dämonen, die ihn in der Dunkelheit der Nacht heimsuchten. Von dem großen, allesverschlingenden Feuer. Sie sah wie er litt. Sie sah wie er verzweifelte. Sie sah wie er von ihr loskommen wollte. Sie sah wie er gezwungen wurde dennoch zu bleiben. Sie sah wie sie ihn zwang, sein Leben und seine Freiheit zu opfern für sie. Seresa schloss die Augen und kuschelte sich an den Körper des alten Mannes.

Sie war selbst nicht mehr als ein selbstsüchtiges Monster. Wie konnte sie nur hoffen, dass ihr Bruder im Blute anders wäre?! Wie konnte sie annehmen, dass er sie jemals wieder freigeben würde?! Er hatte ihre Schicksale wissentlich und willentlich aneinander verwoben. Er konnte sie nicht gehen lassen, selbst wenn er es gewollt hätte. Nur die endgültige Vernichtung würde das Band lösen. Alles andere war nicht mehr als ein Wunschbild, welches nie in Erfüllung gehen würde.

Seresa legte ihre Hand auf Raffaeles Brust. Ihr Begleiter war schwach geworden, doch das war nicht sein Fehler gewesen. Sie hatte vor Jahren - wie ihr Bruder im Blute mit ihr - sein Schicksal an das ihrige gewoben. Ob Raffaele deshalb die Träume heimsuchten?! Weil es ihr Blut war, dass ihn vergiftete?! Ja, sie hätte ihn heute Nacht töten müssen für seinen Verrat. Doch was hätte es geändert?! Sie hätte seine Seele dem Teufel übergeben und es wäre nicht mehr als ein verschwendetes Leben gewesen, in das Seresa bereits zu viel investiert hatte. Zumal ihr Begleiter trotz allem für sie noch immer nützlich war. Ein ruhiges Lächeln umspielte ihre Lippen.

Sie war ein selbstsüchtiges Monster.
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Re: Komm und folge mir nach [Seresa, Fluff]

Beitrag von Seresa »

1005 AD: Genua (heutiges Italien)

Rot und zäh klebte das Blut an ihren Händen wie dunkler Honig. Der stumme Zeuge bedeckte ihre helle Haut. Sein Ursprung lag unter ihr. Die Augen weit vor Angst aufgerissen und um Gnade flehend zum Himmel gerichtet. Er hatte gekämpft. Ein guter Kampf, soviel musste man ihm lassen. Einige Male hatte er sie schwer mit seiner Klinge getroffen. Tiefe Treffer, welche für einen Menschen ohne Zweifel todbringend gewesen wären. Doch sie war schon lange kein Mensch mehr und Stück für Stück verlor sie sich immer mehr. Schritt um Schritt ging sie weiter in die Dunkelheit. Mehr und mehr wurde sie zu einem Monster. Eines der vielen, welche in jenen dunklen Nächten Genua bevölkerten.

Langsam und mit einem Schmerzenslaut richtete sich Seresa auf, um ausdruckslos auf ihn hinab zu blicken. Dann wanderten ihre Augen ruhig durch die umgebende Dunkelheit. Sie lauschte nach Geräuschen. Nach Anzeichen dafür, dass ihr Tun Zeugen gehabt hätte. Doch nichts als die beängstigende Stille der Nacht lag in der Luft und der einzige Zeuge befand sich tot vor ihren Füßen. Seresa verbiss sich einen weiteren Schmerzenslaut, als sie die Klinge aus ihrem Körper zog und sie sauber am Umhang abwischte. Dann steckte die Brujah ihm die Klinge wieder zu. Einen Moment später wickelte sie den Toten in ihren Umhang ein. Nicht mehr als etwas aufgewühlte Erde und eingedrücktes Gras im Nirgendwo waren zurückgeblieben, als Seresa fertig war. Am Morgen würde nichts mehr an die Geschehnisse der Nacht erinnern. Dann schulterte sie ihn wie einen Sack Mehl und begab sich abseits der Wege in Richtung Fluss. Dort angekommen versicherte sie sich erneut, dass niemand ihr gefolgt war oder in der Nähe war. Dann warf sie den Mann achtlos ins kalte Nass.

Stumm und ausdruckslos blickte Seresa dem hinwegtreibenden Leichnam nach, der von den Wassern unbarmherzig gegen die Steine geschlagen wurde, während er zum Meer hinabtrieb. Ein bedeutungs- und namenloser Mann, der des Nächtens unterwegs gewesen war. Der beim Durchqueren des Flusses ausgerutscht und gestolpert war. Der seinen Kopf an einem der spitzen Steine im Wasser aufgeschlagen hatte, bewusstlos wurde und vom Wasser hinweggespült worden war. Das war es, was man sich erzählen würde, würde man jemals seine Leiche finden.

Seresa kniete am Fluss. Sie reinigte ihre Hände und ihre Kleidung im kalten Nass. Das Wasser verfärbte sich wieder und wieder zu einem dreckigen Braun-rot, während sie die Reste des getrockneten Blutes und der Erde aus ihrem Umhang wusch. Nachdem das Wasser klar blieb, wrang Seresa ihre Kleidung aus und legte sie wieder an. Dann nahm sie den spitzen Stein in ihre Hand. Das Blut des Mannes klebte noch immer daran. Seresa sah mit einem abfälligen Blick darauf, bevor sie ihn achtlos ins Wasser warf. Er war nicht mehr als ein wertloser Mensch gewesen und sie war dabei wieder ein wahrliches Monster unter Monstern zu werden. Wieder einmal die Dunkelheit zu umarmen und willkommen zu heißen. Genua hatte das Monster geweckt. Wer war sie, es ihnen zu verweigern?! Sie würde ihre Nemesis werden.
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