[Fluff] Zeugnisse des Todes [Galeno]

Geschichten über Monster

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Nubis
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[Fluff] Zeugnisse des Todes [Galeno]

Beitrag von Nubis »

Der Mond hatte sich hinter ein paar Wolken verkrochen und sein silberner Glanz erhellte die Ränder des sich sonst dunkel am Himmel abzeichnenden Flauschs.
Grillen zirpten ihr nächtliches Lied, in der Hoffnung einander zu finden.
Ein laues Lüftchen strich über die Gräser der Wiesen und irgendwo in der Ferne heulte ein Wolf.

Von alle dem war allerdings hinter den dicken Klostermauern nichts zu erkennen. Nicht einmal die Wolken und den Mond konnte man von hier aus durch die Fenster sehen, nur die weite Fläche Land, die sich zwischen dem Kloster und Genua erstreckte.

Aber auch die interessierte den kleinen Mönch nicht, welcher zusammen mit seinem älteren und um einiges grösseren Bruders an einem grösseren Tisch sass. Der grössere Bruder sortierte Pflanzen und legte sie bereit, während der kleinere ein Tischschreibpult vor sich stehen hatte, um in einer leichten Schräge an dem Schriftstück zu arbeiten, an dem er gerade sass.

Vor ihm lag eine Kamille und er betrachtete sie genau, ehe er sich wieder dem Schriftstück zuwandt und dann feine Linien zog. Sein Federkiel war besonders fein geschnitten, sodass dieser dünne Linien zaubern konnte und er ein paar Feinheiten dem Bild hinzufügen konnte. Auch nutzte er Farben, gelb und grün jetzt vor allem, aber auch kleine Fläschchen mit rot und blau standen auf dem Tisch, sogar ein gemischtes Lila, welches er noch verwenden würde.

Gerade zeichnete er das Merkmal, welches die echte Kamille von der flaschen unterschied und was gut erkennbar war, wenn man wusste, dass man dafür die Blüte halbieren musste. Einen Querschnitt fertigte er somit an. Die Feder glitt über das Pergament und die Tinte wurde von der zarten, dünn geschabten Haut aufgenommen.

Während des Zeichnens, während Linien dem, was er darstellen wollte, Form und Farbe verliehen, kreisten Gedanken in seinem Kopf umher. Vorwiegend solche, die sich um Gespräche mit Amailia rankten.

Kürzlich war er zu ihr gegangen, um ihr davon zu erzählen, dass er sich mit Ajax treffen wollen würde und dass er Angst hätte. Sie hatte ihn getröstet und er erfuhr noch viel mehr über sie und ihre Vergangenheit. Sie hatte kein so wohl behütetes Leben gehabt, wie er.
Auch unterhielten sie sich über Loyalitäten, wie sie die ihrigen sah, wie er seine und dass ihn Politik eigentlich nicht interessierte. Auch sie fürchtete, dass Ajax ihre Loyalität als Verschoben, in die Richtung der Kappadozianer, wahrnehmen könnte.
Er hatte eine, noch ihm unbekannte Amalia kennen gelernt...

Sie waren Kräuter sammeln gegangen, eben jene, die er unter anderen nun illustrierte und beide hatten einander Gutes getan.

Er schätze das Zusammensein mit ihr, doch er musste auch zugeben, dass er sich nicht ganz sicher war, ob es das Passende war, ob sie dies so fortführen sollten.
Er wusste nicht, wie er mit ihr darüber reden sollte, zumal das Blutsband im Wege stand. Ob er einfach, ohne es ihr zu sagen, auslaufen lassen sollte?
Aber wahrscheinlich war es dann wieder das Problem, dass sie sich fragen würde, wieso er dies tat. Oder besser, das Blutsband würde sie dazu bringen.
Vielleicht sollte er sie für die Zeit einsperren?

Ein Seufzen entwich seiner Kehle und Luciano sah kurz erstaunt auf, musterte seinen Herrn.
Galeno blickte zu ihm, da er dessen Bewegung aus den Augenwinkeln mitbekommen hatte.
War es mit Ghulen einfacher? Weil sie schwächer, eben nur Menschen waren?

Er musste es irgendwie klären. Er wollte lieber mit der Liktorin auf einer eher gleichen Ebene arbeiten, nicht in einer Meister-irgendwas Beziehung. Aber auch keine Liebesbeziehung, denn da war er sich mittlerweile recht sicher. Liebe war das, was er hatte, nicht. Nicht das, was die Menschen darunter sahen. Er hatte dies nur ganz kurz erlebt, ganz kurz gefühlt, was wirklich vielleicht Liebe gewesen war, doch mittlerweile, nein.
Er nutzte sie aus und er war nicht sicher, ob er es über lange Zeit so durchhalten konnte. Es war antsrengend.
Er schätze sie, weswegen er sich auch solcherlei Gedanken machte, aber auf ganz anderer Ebene. Und das wollte er sich lieber sichern, nicht ihre Liebe zu ihm, die wahrscheinlich sowieso nur durch das Blutsband entstanden war.

Die Zeichnung war fertig und er schrib daneben die lateinische Bezeichnung "Matricaria Chamomilla", sowie die Volksbezeichnung "camomilla comune", die gemeine Kamille.
kamille.jpg
kamille.jpg (92.4 KiB) 2215 mal betrachtet
Er wartete etwas, bis es angetrocknet war, betrachtete prüfend sein Werk, nickte dann und schrieb daneben, wie sie wirkte, was verwendet wurde und wie man sie von der falschen Kamille ohne Duft unterscheiden konnte.

Nun kreisten die Gedanken erst einmal nicht mehr, denn er brauchte den Kopf für die gute Formulierung der Merkmale.
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
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Nubis
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Re: [Fluff] Zeugnisse des Todes [Galeno]

Beitrag von Nubis »

Das Band war brüchig geworden, sehr brüchig. Und damit wurde es nicht besser, sondern eher schlimmer.
Nun waren Zweifel gekommen, Einflüsterungen fanden mehr Gehör, als sonst.
Es war kompliziert und dennoch hatte er zu ihr gehalten, hatte ihr versucht weiterhin Kraft zu geben.
In der Hoffnung, sie würde nicht fallen und sich nicht den Einflüsterungen hingeben, die falsche Zunge sprachen.

Er hatte gehen müssen, es ihr ruhig erklärt, warum und dass er sie nicht verlassen würde. Es wäre nur ein Jahr, gut, vielleicht auch zwei, doch er hoffe auf ein Jahr.
Er würde ihr einen Boten schicken, ab und an.
Und sie solle versuchen zur Besinnung zu kommen, erkennen, wer sie wirklich schätzt und wer nicht. Und er hoffte, sie treffe die richtige Entscheidung.

Und so begab er sich auf die Reise, die er tun musste. Er brauchte Abstand von Genua, für eine kleine Weile, musste sich über vieles klar werden und sich selbst stärken, um nicht gleich wieder zu fallen. Mit seiner Begleitung liess er des Nachts die Stadt hinter sich und reiste gen Süden. Diesen Weg hatte er, Jahre zuvor schon einmal in anderer Richtung beschritten. Nun kehrte er zurück, aber nicht, um zu bleiben. Nein, ihn trieb das Lernen an, denn er hatte gehört, wie sich alles dort in der Region entwickelt hatte und er wollte es mit eigenen Augen sehen.

Die Nächte wurde gewandert, die Tage geschlafen, stets unter der Aufsicht seiner Begleitung. Es war beschwerlich, aber würde sich hoffentlich lohnen. Einen Brief trug er mit sich mit, versiegelt und nur für bestimmte Augen gedacht. Ihn trug er nah bei sich, damit ihn niemand Fremdes in die Finger bekommen würde. Den Inhalt kannte er nicht, hatte das Siegel nie gebrochen. Er vertraute demjenigen, der die Zeilen verfasst hatte und wollte auch dessen Vertrauen in ihn nicht gefährden.

Und dann war er da. Endlich. Zuerst meldete er sich an, bei Geissel und Herold der Stadt, dann trugen ihn seine Füsse weiter zu Bekannten, die er schätzte und die ihn ebenfalls willkommen heissen würden.
Es hatte sich einiges verändert, sogar viel, sehr viel. Die Jahre, die ins Land gezogen waren, konnte man bemerken, auch hier, an solch einem ruhigen, abgeschiedenen Ort. Und wenn es nur die Gesichter der Erwachsenen waren, die man zuvor noch als Kinder gekannt hatte oder die der Greise, die einst stattliche Burschen gewesen waren.


Im Laufe der Zeit, die er vor allem dafür nutzte, um zu studieren und sich Wissen anzueignen, unter anderem bei einem geübten Freskenmaler, der so einige interessante Materialien und Kniffe parat hielt, dachte er auch immer wieder an sie. Wie würde es ihr gehen, wenn er zurück kommen würde? Würde er seine Warnung wahr machen? Er wusste es nicht, denn er wusste nicht, was die Zukunft brachte. Düstere Ereignisse, ja, denn auch hier blieb er nicht verschont von deren Visionen, die auf ihn hernieder prasselten, aber er hoffte auch auf Gutes.
Er verfasste immer mal wieder ein paar Zeilen. Sie verrieten nicht viel, ausser, dass es ihm gut ginge und er sich noch immer um sie Sorge mache. Er würde zurück kommen, doch noch wisse er nicht, wann. Sie solle auf sich Acht geben.

Und so verging die Zeit...
Jahr um Jahr....
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Nubis
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Re: [Fluff] Zeugnisse des Todes [Galeno]

Beitrag von Nubis »

Jeder Wechsel des Weges ist anders. Jeder brennt sich aber in den Geist.
Als er fort von Menschlichkeit, hin zu seinem derzeitigen Pfad wechselte, war es grausam für ihn. Schrecken hatte er gesehen, Schrecken hatten ihn all die Zeit verfolgt, bis es dem jungen Kappadozianer beinahe verzehrt hätte. Sein erster Wechsel war begleitet worden von seinem Lehrmeister, doch ohne dessen direktes Eingreifen. Er war dort gewesen, um den Schlussstrich zu ziehen, falls es nötig geworden wäre.
Und der junge Kappadozianer hatte in den kommenden Nächten seinen Pfad verlassen, indem er erkannte, dass Forschung alles war und ein Menschenleben nur so lange zu schützen war, bis man nicht aus dessen Vernichtung Erkenntnisse gewinnen konnte. Jahre zuvor hatte er sich mehr und mehr verschlossen gehabt, seine Menschlichkeit selbst zu Lebzeiten nicht mehr deutlich werden lassen, doch dieser Akt, das Töten aus eigenem Antrieb, war bisher eine Grenze gewesen, die er nie überschritten hätte.

Doch Menschlichkeit war damals nicht mehr praktikabel gewesen und hätte ihn nur zu jenem werden lassen, was alle Kainiten fürchteten. Er hätte sich gänzlich verloren. Früher oder später.

Der goldene Käfig hatte danach die Zeit wunderbar unterstützt. Er hatte in Ruhe seinen neuen Pfad beschreiten können und diente der Forschung, seinem Clan des Todes. Fernab von Politik und anderen Zwängen.

Doch nun, da er aus diesem Käfig ausgeflogen war, hatte er sich einen Dornenstrauch ausgesucht, dessen Spitzen seine Flügel blutig werden liessen und in denen gar andere grausige Kreaturen lauerten. Er hätte sich entscheiden können, noch weg zu fliegen und sich einen anderen Ort zu suchen, doch manche Blüten dieses Strauchs waren doch so faszinierend, dass er hier nicht einfach fort konnte. Genua hatte seinen Reiz, auf die eine oder andere Art.

Und so hatte er sich umgesehen und Wege an den Dornen vorbei gesucht oder Wege, um sie abzuschneiden, sodass sie nie wieder jemanden verletzen konnten. Er hatte einen gefunden, der so wirkte, als könne er sowohl das Alte mit Neuem verbinden und eine der Kreaturen dieses Dornenstrauchs wurde jener, dem er fortan nachzueifern versuchte.



«Wozu folgst du ihm? Seine Lektionen sind wider unserer Natur!»

«Deiner Natur, ja...aber nicht der meinigen.»

«Du bist ICH!»

«Nein, sicher nicht.»

In dem kargen Raum hatte Galeno sich eingeschlossen und kam nur nach draussen, um sich zu nähren. Wenn dies der Fall war, wurde er von Wachen begleitet, die sein Mentor gestellt hatte.
Ansonsten gab es keinerlei Ablenkung und er hatte sich in sich selbst zurückziehen können, nach den letzten Antworten gesucht, die schlussendlich den Wechsel des Weges einläuten, übernehmen würden.

«Folge dem Instinkt, Wir herrschen über alles, wir sind dazu bestimmt...»

Er schüttelte mit dem Kopf, sachte und mit geschlossenen Augen.
Auf dem kalten, harten Boden war es selbst als Kainit nicht angenehm zu sitzen, doch der junge Mönch war es gewohnt und konnte sich so besser konzentrieren. Jegliche Entbehrung nutzend, um sein inneres zu finden und zu bestimmen.

Um einen Kampf auszufechten, der nötig war.

«Nicht auf deine Art.»

Innerlich bäumte sich eine Kraft auf, brüllte.

«NICHT AUF MEINE ART?! DU WEISST NICHT, WAS DU VERPASST! ICH WERDE ES DIR ZEIGEN. DEINE KETTEN SIND SCHWACH, DEIN GEIST FLACKERT! DU ZIEHST MIT MIR, DU BIST ICH! WILDE KRAFT, BLUTRAUSCH...HERRLICH! DAS IST KÖNIGLICH!»

Er konnte spüren, dass seine Fänge ausgefahren waren. Sie füllten seinen Mund. Und das Biest in ihm warf sich in seine Ketten, noch die, des alten Pfades.

«DU WEISST GAR NICHT, WAS HERRSCHEN IST!»

Und da hatte das Biest tatsächlich Recht. Er hatte keinerlei Erfahrung darin, denn Ghule zählten irgendwie nicht ganz. Sie taten ohnehin alles, was man ihnen auftragen würde und selbst da hatte er so ab und an seine Probleme gehabt. Auch ein Blutband war nicht absoluter Garant dafür, dass jeder sich dem Beugen würde.
Er dachte an Amalia und hörte Ketten krachen.

Oh … NEIN…

«DU BIST SCHWACH..hihiihi….HEHEHEHEEEE...»

Die Zähne knirschten, als er sich noch fester zusammenbiss. Wehe es brach aus, das konnte er jetzt nicht gebrauchen und noch einmal konzentrierte er seinen Geist auf das, was er wollte, auf das, worüber er mit seinem Mentor gesprochen hatte.

Herrschen...er musste damit klar kommen, dass er nun nicht einfach mehr nur Diener war, sondern auch zum Herrschen bestimmt…

Und er hatte sich Gedanken gemacht gehabt, welche, die mit seiner Überzeugung vereinbar gemacht werden konnten und sich dadurch stärker auch festigen konnten, die es leichter machten, sich einer neuen Überzeugung anzunehmen.

Doch einfach waren diese Überlegungen trotzdem nicht gewesen, nicht für einen Mönch, der sein Leben lang nichts anderes, als das Dienen für den Herrn kennengelernt hatte. Und dennoch…

Bilder fluteten seinen Geist, wie er manches Mal die Regeln gebrochen hatte, natürlich so, dass es keiner merkte, um sich in die Bibliothek zu stehlen. Das alleinige Dienen war also noch nie seins gewesen. Er hätte seinen Wunsch vielleicht sogar energischer vertreten sollen. Vielleicht hätte dann sein Leben und auch sein neues Dasein anders ausgesehen?

Doch dem Biest nachgeben? Nein, sicherlich nicht. Dessen Art zu Herrschen deckte sich nicht mit seinen Überlegungen. Würde er ihm nachgeben, dann würde es kein Zurück geben. Er musste einen Teil seiner selbst bewahren.
Seine Selbstbeherrschung würde er nie aufgeben.

«Zerfetze deine Feinde, schlage deine Fänge in sie, Herrsche wie ein Raubtier über seine Beute...mache dir jeden Untertan. Das ist unsere Natur! Meine, wie Deine!»

‹Nutzt alle Werkzeuge die euch zur Verfügung stehen werter Galeno, wohl dosiert ist auch Angst oder rohe Gewalt nützlich. Nur eben, wie ihr selbst sagt, nicht allein. Die Gewichtung, darauf kommt es an und ihr selbst bestimmt sie.›

Die Worte seines Mentors legten sich wie dämpfender Nebel zwischen ihn und des Tier, welches ihn zu bestimmen suchte, welches die wenigen Ketten nach und nach zerbrach. Der Wegwechsel war gefährlich und würde er es nicht schaffen, es wieder neu anzuketten, wäre er verloren.

Nutze alle Werkzeuge…
Angst und Gewalt sind auch nützlich…
...wenn alles andere nicht funktioniert…

«NICHTS ANDERES wird funktionieren...»

Die Brauen des jungen Gelehrten zogen sich stark zusammen, alles war fest angespannt, körperlich, wie mental und nun, da die letzte Kette des Tiers langsam zu zerspringen begann, stellte er sich ihm.

Ja, Wissen und Gerede würden das Tier nicht überzeugen, Liebe und Vernunft ebenso nicht. Es war ein Monster im eigenen Leib, welches nur eine Nachricht kannte, die seinige.

Hier war er sein eigener Herr!
Hier würde er sich nichts sagen lassen!
Nichts tun, was ein tyrannisches Monster von ihm verlangen würde…

Und auch fernab seiner kleinen Welt würde er dafür sorgen, dass die Macht des Geistes jegliche andere schlagen würde. Schritt um Schritt...Lernen, dienen, und schlussendlich andere Anleiten und selbst führen.

«Hier bin ICH Herr.. dies ist MEIN Geist, mein Körper...du...Biest, wirst mir dienen, wenn ich dich brauche! Wenn letztlich alle Stricke reissen, dann kannst du, ABER NUR DANN!»

Er stemmte sich mit seinem gesamten Willen noch einmal gegen das Biest. Ja, er würde mit der Macht seines Geistes, seiner Selbstbeherrschung, seiner Überzeugung dieses Biest in neue Ketten legen und diese festigen.

Und nach und nach brüllte das Biest gegen das Klirren neuer Fesseln an, die es hielten, die es einengten und Stunde um Stunde stärker wurden.

Der erste Schritt war getan…

Ernst öffnete er die Augen und ein erneutes Leuchten war in dem Blick zu erkennen, der Ehrgeiz zu lernen, Wissen zu mehren, an sich zu arbeiten…

...und zu führen, wenn es an der Zeit sein würde.
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Nubis
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Re: [Fluff] Zeugnisse des Todes [Galeno]

Beitrag von Nubis »

Er kehrte zurück zum Kloster, ohne seinen Bruder, den er zuvor mitgenommen hatte. Dieser hatte noch einiges zu tun. Aber es gab schliesslich auch noch andere, die man herumscheuchen konnte. Zudem hatte einer der Neuen auch noch einiges zu lernen und das schnell. So liess er sich einiges bringen, Mönchskutten, Kordeln und Kreuze.

Er selbst verschanzte sich in seinem Arbeitsraum, in dem er öfter des Nachts noch studierte oder etwas schrieb. Es war natürlich nicht nur sein Raum, aber des Nachts brauchte ihn kaum jemand. Hier hatte er Ruhe und konnte überlegen. Und zu Überlegen gab es viel.
Er hatte heute tatsächlich zum ersten mal richtig geflucht, als Nicolò ihm die Nachricht mitteilte, weswegen er einen Boten ausgeschickt hatte, um Galeno zu sich zu rufen. Damit hatte der kleine Mönch nicht gerechnet und es war erschreckend zu erfahren. Und er hatte gemerkt, wie sehr ihn das selbst doch auch mitnahm.

So holte er ein günstigeres Pergament, verfasste einige Zeilen, in denen er zwei Mönche als Ersatz für seine Arbeiten benannte, die sie fortführen sollten, da der ehemalige Mönch eben leider verhindert sei, wegen anderer, ihm zugewiesenen Aufgaben. Aber man wollte eben auch nicht gänzlich die Unterstützung abbrechen und habe nun einen guten Ersatz gefunden.
Dieses Schreiben versiegelte er mit ein paar Wachstropfen und legte es dann ab.

Sein Bruder hatte derweil die Sachen zusammengesammelt, die er noch benötigte und schnürte damit zwei Bündel. Noch in dieser Nacht schickte er den wortkargen, etwas grummeligen Mönch los, um diese noch auszuliefern. Es sollte keine weitere Nacht vergeudet werden, sodass schon morgen womöglich Nicolò etwas damit anfangen konnte.
Auch veranlasste er, dass ein Bote aus dem Kloster am Tage einfach zwei Mönche dort ankündigen würde, wo sie nun als Vertretung herhalten sollten.

Von ihm aus war alles vorbereitet und so zog er sich zurück, um über seine Möglichkeiten nachzudenken.
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Re: [Fluff] Zeugnisse des Todes [Galeno]

Beitrag von Nubis »

Er hatte teure Materialien gekauft, war in der Stadt mit Wachbüchern herumgelaufen und hatte sich die Gebäude angesehen, war bei den Klippen und hatte von dort aus skizziert. Alles meist Gekrakelt, welches nur er erkennen würde.

Katzen auf der Strasse hatte er versucht zu zeichnen und er hatte versucht, sich den Löwenthron immer wieder vors geistige Auge zu holen, auf dem Aurore geflätzt hatte.

Und nun endlich, nach jahrelangem Sammeln von Geld und Materialien, nach Stunden und Wochen von kostenintensiven Studien, nun endlich hatte er es fertig.... ein Bild, welches so manches zu seiner Zeit in den Schatten stellte...

Bild

Anmerkung: ich könnt das jetzt noch schöner malen, aber dann würde das mehr und mehr weg von der Zeit, hin zum Barock oder so wandern....
Ich wollts aber gern noch so unbeholfen mittelalterlich belassen...immerhin hat Galeno nie nen echten Löwen gesehen .... weswegen Genua an sich auch viel akurater aussieht.
Aber total hässlich wollt ich auch nicht malen XD irgendwas so zwischendrin, was eben auch die 7 Erfolge zeigen soll....
Deswegen..so in etwa stell ich mir Galenos Werk für den Hof vor :D

Bald kommt aber noch etwas, wobei er mehr Finesse zeigen wird, weil da hat er Erfahrungswerte...anders, als bei diesem Bild mit einem Löwen :)
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Re: [Fluff] Zeugnisse des Todes [Galeno]

Beitrag von Nubis »

Seine Loyalitäten waren immer klar gewesen. Genua, damit verbunden der Kastellan, sein Clan, seine Heimat.
Doch nun sass er da, umgeben von Schatten und dunklen Gestalten. Genua war geteilt und er hatte sich für eine Seite entschieden.

Doch halt, hatte er dies wirklich? War dies das, was er wollte? War dies das, was seiner Meinung nach für Genua das Richtige war?

Stoisch den Blick auf ein Mauerstück gerichtet, sass er in diesem Raum mit all diesen Monstern zusammen, war selbst eines von ihnen und die Gedanken kreisten. In sich zurückgezogen lauschte er den folgenden Worten. Er suchte nach der Art der Stille, die er mochte, die ihm half sich zu sammeln. Doch hier fand er sie nicht. Hier war sie geladen von Furcht? Als würden diese Kreaturen aus der Hölle, die ihrem Herrn gefolgt waren, diese ausfüllen und beherrschen.

"Wenn die Schatten kommen"...

Er hatte Verbündete gesucht und gesammelt. Keiner von ihnen war anwesend. Schlimmer noch, er hatte sie unwissend zurück gelassen. Avelina, Nicolo, Sofia und dann noch seine Ghule, allen voran Luciano.

"Ich habe ihr eine Laterne geschenkt"

Das Bischofskastell angreifen? Die Truppenstärke von Maximinianus Männern herausfinden? Konnte er dies wirklich oder besser SOLLTE er dies wirklich bewerkstelligen?

"Wir gehen gemeinsamer Wege, bis sie sich trennen..."

War es wirklich jetzt schon so weit, oder hatten sie noch viel mehr gemeinsam?

"Gemeinsam für den Clan..."

Was, wenn der nächste Befehl seinen Clan betreffen würde? Offensichtlich war keiner von ihnen hier. Entweder sie waren anderweitig beschäftig, wie Seinfrieda und Sofia, oder sie waren bei jenen, die zu Aurore standen.

Dort, wo man ihn auch vermutete, dort, wo man ihn womöglich vermisste.

Die Antowrt Brimirs auf Ilarios Frage. Kurz, kanpp, ohne Informationsgehalt. Nicht einmal wirklich die Frage beachtend. Für ihn klang es, als würde sich da jemand sehr sicher sein, dass sie das Kastell einnehmen würden, als brauche es keine Absprachen, keine Strategie.
Ähnlich, wie der Rest dieser Versammlung. Was hatten manche für Aufgaben? Warum gab es keine Informationen, wenigstens so viele, um sich einigermassen unbehelligt in Genua bewegen zu können. Denn sicher war es da draussen nicht.

Was, wenn er unterwegs mit einer Handlung möglicherweise sogar dem Gegner zuspielen würde, weil er nicht wusste, was noch alles laufen würde?
Und wie sollte er anbringen, was ihm wichtig war? Hier stand es ausser Frage, dass er helfen würde. Und er war sich sicher, wenn er der Aufgabe nicht nachkommen würde, würde dies auch sein Ende bedeuten.

Das Ende.

"Es heisst Überleben, denn Tote können Genua nicht beschützen"

Ja, richtig, aber konnte man damit leben, womöglich das völlig Falsche für Genua zu tun? Dieser Lasombra wirkte absolut nicht, als wäre er eine Bereicherung für Genua. Er war jemand, der mit Waffengewalt erreichen wollte, was auch mit Diplomatie gegangen wäre.

"Wir wollen nicht sterben..."
Und so meldete sich noch ein weiterer Mitspieler, seine innere Stimme. Jene, die dem Biest wohl am Nächsten kam.
Klar, es will nicht sterben. Es will herrschen. Instinktiv die Seite wählen, die besser ist, stärker und mehr Möglichkeiten anbietet.

"Wir können bekommen, wovon wir geträumt haben...."

Wenn man auf der Seite der Gewinner stand, ja, dann waren sicher Belohnungen möglich. Ein Amt, eine Haus mit Grundstück... Alles, was er sich hart erarbeitet hatte, alles, was jetzt zum Hoftag eigentlich hätte vorhanden sein können. Er hatte ein Haus. In Quinto al Mare.

Weg...

Er war so nahe an einem Amt dran gewesen. Nur noch vorstellig werden, nur noch das Anliegen vortragen, doch Lydiadas und Acacia sprengten die Veranstaltung.

Ebenfalls weg...

Und dies alles nun wiedererlangen durch die Unterstützung bei ihm? Diesem Schatten?

"Mich interessieren Prestige und Reichtum nicht, mir sind andere wichtig."
"Sie sind unwichtig, was zählt bist du..."
"Verbündete sind wichtig und betrügt man sie, wird es umso schwerer, weitere zu finden."
"Du bist zu weich. Du bist ein König! Verhalte dich wie einer."

Herrschen durch Krieg und Unterwerfung? Dies war nicht sein Ziel gewesen. Nichts hiervon entsprach ihm.
Sei den Höheren loyal gegenüber, aber welchen? Seine Höheren...waren das wirklich Ilario, Lydiadas und Acacia, sowie ihr Schosshund Brimir? Seine Höheren. Waren das nicht eher sein Prinz, sein Senechall, Karkana, Maximinianus, Benedetto und zu guter Letzt natürlich damit verbunden Aurore?

In ihm zersprang etwas. Als wolle er selbst sich in Teile zerreissen und mit jeweils einem davon zu eben jenen gehen, denen er helfen wollte.

Ketten zersprangen unhörbar klirrend...
Und die Bestie freute es...
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Re: [Fluff] Zeugnisse des Todes [Galeno]

Beitrag von Nubis »

Ruhig sah er zu, wie Asche und einige nicht verbrannte Knochen von dem Scheiterhaufen zum Kompost geschippt wurden. Diese Arbeiten fielen immer mal wieder an, seit das Haus ausgebaut worden war und seine Diener hatten sich gut immer darum gekümmert. Während er schlief, wurde grösserer Abfall so entsorgt. Am Tage weniger auffällig, als in der Nacht und erklärbar, da nicht all zu häufig und meist nur in den Sommermonaten oder im Herbst.

Man warf in das Feuer hinein, was man nicht auf dem Grundstück haben wollte. Unrat aus dem Hause, Gartenabfälle, die zu viel für den Kompost waren und natürlich auch verendete Tiere, die zum Verzehr nicht mehr geeignet waren.

Der Herr des Hauses war der festen Überzeugung, dass die Asche aus jenem Unrat wieder gut genutzt werden konnte. Ein Teil landete auf dem Kompost, ein anderer Teil wurde von Valente zu Farbe verarbeitet und wieder ein Teil landete direkt im Kräutergarten als Düngerfür den Boden.

Anders als in der Stadt, wusste man hier mit solch ungeliebten Unrat umzugehen und diesen zu beseitigen und vor allem noch einen guten Nutzen daraus zu ziehen.

Der Blick auf das Geschehen zeugte allerdings von wenig Interesse. Es gab wichtige Dinge zu regeln und dazu gehörten nicht die Feuer, die 2-3 Mal im Jahr brannten. Nein, denn diese würden sicherlich nicht gross für Ärger sorgen, ganz im Gegenteil, sie waren in vielerlei Hinsicht nützlich. Anderes dagegen....


„Silvio, wie steht es um die Lieferung der Pigmente für den grossen Auftrag?“

Der junge Mann zögerte leicht und dachte nach, antwortete dann aber sogleich sprunghaft.

„Ist erledigt. Es wird den Zielort sicher und rechtzeitig erreichen. Wann wolltet ihr aufbrechen?“

„In zwei Nächten. Ich hoffe, dann wird alles bereit sein?“

Dies wurde lediglich mit einem Nicken begleitet.

„Wie steht es um deine Aufgaben?“

Der Unterschied in der Tonlage war deutlich zu erkennen. Während Silvio mit sanft ausklingenden Worten nahezu gelobt wurde für seine Tatendrang und der Bereitschaft stets über sich hinaus zu wachsen, so war es nun anders. Der grobschlächtige Kerl mit einigen Narben im Gesicht wurde mit einer gewissen Härte in der Stimme adressiert. Kein Gefühl lag darin, nichts als Kälte lag in den Worten.

Ein abrupt sterbendes Brummeln war zu vernehmen, ehe die raue Stimme auch Worte über die spröden Lippen formte.

„Alles klar, Herr. Werd morn wegen der Lumpn schaun. Wern sich sicher freun, dasn bissl Geld inne Kasse kommt. Ham ja sonst nischt. Hab gehört, dasse sich bissl wundern, hab aber erklärt, dasses neues Zeuch is. Und dasse nisch zu viele Fragn stelln solln. Gibt Geld, solln se glücklich sein.
Oh und wechn der Arbeiter, werd ich auch schaun. Habn ja gesagt, so Weibsbilder und welche, die sonst nicht so schaffen können. Naja, Lumpn zerrupfen kann ja jeder....“

„Wenn Fragen sind, leite sie an mich weiter und ich gebe dir die Antworten, die sie suchen. Wir wollen keine schlechten Gerüchte wegen Unwissenheit. Die Arbeit ist eine ehrliche, also nichts, bei dem man keine Fragen stellen sollte. Ich habe dich dafür auch nur eingeteilt, weil dein Umgang mit jenen natürlicher ist und du einen besseren Zugang zu jenen Menschen hast. Ich kann dich aber auch jederzeit anderen Aufgaben zuteilen, welchen, bei denen du lange Zeit weit weg von Wirtshäusern sein wirst.“

Ein kräftiges Schlucken symbolisierte, dass er verstanden hatte. Keine Eigenmächtigkeiten... Und er rieb sich leicht am Arm, bei welchem noch eine Bisswunde pochte.

„Werd das zu ihrer Zufriednheit erledigen, Herr.“

Ein länger auf ihm lastender Blick liess Schweisperlen auf der Stirn entstehen und ein erleichtertes Ausatmen folgte, als sich der Herr von ihnen abwendete.

„Grins nicht so feist...“ brummte es kurze Zeit später hinter Galenos Rücken, als sich die zwei Ghule wohl in Sicherheit wägten.
„Silvio, komm mit mir, ich habe noch etwas anderes für dich. Die Arbeit hier kann auch einer alleine fertig stellen...“

Geschwind war der eben angesprochene Jüngling neben seinem Herrn erschienen und liess den anderen brummelnd zurück. Man konnte ein Strahlen in dessen Ausdruck erkennen, froh darum, etwas anderes tun zu dürfen, froh darum, einen besseren Stellenwert einzunehmen.

Und so lauschte der junge Mann aufmerksam den Worten seines Herrn und nahm gern die neue Aufgabe wahr.
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
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