[Fluff] Blutstropfen auf den heißen Stein [Livia]

[Livia]

So schlecht…
Würgend kniete die Merkurianerin vor der Statue.
Ihr war so schlecht!

Das Fest der Ankunft des Herren war vergangen und in einer der wenigen ruhigen Nächte des Jahres hatte Livia sich Zeit für ausführliche Gebete genommen.
Ganz ohne Menschen, ohne Diener, ohne jene, die sie in ihre Netze weben oder täuschen wollte – keine Repräsentation, keine Indoktrination, nur sie selbst.

Doch da war es über die Gläubige hereingebrochen:
Was hatte sie sich dabei gedacht?
Wäre ebenjene Mutter Gottes mit ihr zufrieden?
Blickte sie lächelnd auf sie herab? Wohl kaum…
Wäre ihr auferstandener Sohn zufrieden? Blickte er lächelnd auf sie herab?
Würde er sie gnädig bedenken, wenn er zum letzten Mal in die Welt der Lebenden zurück käme?
Wohl kaum!

Livia sah sich um, sie hatte ein Wunder geschaffen, von dieser Kirche aus. Dutzende waren zu den Gebeten da gewesen, Hunderte. Man verstand ihre Symbolik, man sah, was sie glaubte, jeder konnte die Hoffnung spüren, die von der Mutter und dem Kinde ausging, konnte die Auferstehung des Gottessohnes herbeisehnen und diese Hoffnung leben! Es war nicht nur eine Nützliche, es war auch eine gute Tat.

Aber was war es anderes, als ein Tropfen auf heißestem Stein?
War es genug gewesen?
War es nicht nur… die Probleme der Anderen angehen, anstatt sich den eigenen zuzuwenden, die eigene Seele zu betrachten, die eigene Frömmigkeit zu Pflegen?
Was war ein Beichtvater noch wert, der vom eigenen Blute abhängig war? Was war der geistige Beistand liebender Familie wert, wenn sie nur tanzende Puppen waren? Was war der Austausch mit fremden Kainiten wert, wenn es doch alles in die enge Rüstung von Interessen, Politik und Etikette geschlagen war?

…Und was war dieser Tropfen kaltes Wasser wert, im Vergleich zu dem Blut, das dabei geflossen war?
Vincenco war sicherlich tot… oder der Drache hatte ihm noch schlimmeres angetan. Livia dachte an die grauenerregende Szene, welche sie in seinen Laboratorien beobachtet hatte – bis in ihre bittersten Ängste verfolgte sie das Gesehene.
Drehte sich der tote Magen der Merkurianerin bei diesem Gedanken um?
War es womöglich gar nicht der leidende Blick der Mater Dolorosa, welcher sie erzittern ließ, sondern Vincenco – der schwache, wertlose, verbrecherische, nun wohl tote Vincenco?

Vincencos gefallene Brüder, Freunde, Leidensgenossen? Livia hatte sie hinschlachten lassen, für ihren Gewinn… Sie waren dem Tode geweiht, das war nicht ihre Entscheidung, aber gerade Vincencos Leid… sie selbst hatte ihn mehr übergeben, als dem Tode. Und sie hatte es genossen…
Livia atmete die falsche Luft der Kirche in sich ein. Sie ließ ihre Hand das heilige Zeichen des gestorbenen und auferstandenen Herren formen. Sie sah Vincencos Gesicht vor sich verblassen, wischte die blutige Träne von ihrer Wange und strich sie der heiligen Mutter andächtig auf die Füße.

Blut war geflossen, sie hatte es vergossen auf dem Altar ihres Strebens, ihres Strebens auch nach Glauben, in dem sie sich selbst doch vergessen hatte...

Livia war auf dem rechten Wege, aber etwas war falsch.

Das Gesicht war verblasst. Der Magen beruhigte sich.

Die Merkurianerin sprach ihre Gebete, atmete durch, ließ Vincenco für immer fahren und bannte die Gedanken der Besserung ins Morgen.
Doch da sollten sie folgen… rasende Gedanken und treue Gebete, es sollte sich ändern!

Nur Blut, das würde weiterhin fließen…

Der tote Magen ruhte wieder. Doch egal, welche Gedanken der fromme Geist der nicht mehr ganz so jungen Kainitin beschließen mochte, er wartete nur noch auf ebenjenes Blut… Der Rest lag bei ihr.



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RPBotBOTheute um 02:37 Uhr
@Livia (Cle) rolled 10.