[Fluff] Hingabe [Seresa]

Geschichten über Monster

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Seresa
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[Fluff] Hingabe [Seresa]

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1015 AD: Genua (heutiges Italien)

Hingabe

Was bedeutet es, sich Etwas kompromisslos und gänzlich hinzugeben?
Was bedeutet es, sich zu Jemandem oder Etwas zu bekennen?
Und was ist der Preis dieser Hingabe?

Hingabe bedeutet Ergebenheit und muss Jedem gegeben werden, der einem wichtig ist.
Hingabe bedeutet Loyalität über alle Widrigkeiten hinweg.
Der Preis der Hingabe lautet Verantwortung. Verantwortung zu übernehmen, nicht nur für sich selbst und das eigene Tun, sondern für das Wohl aller, welche einem nahe stehen.
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
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Seresa
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Re: Hingabe [Seresa, Fluff]

Beitrag von Seresa »

1015 AD: Genua (heutiges Italien)

Als die Söldner mit Ajax zurückkamen stand Seresa die Wut darüber förmlich ins Gesicht geschrieben und weder konnte, noch wollte sie diese Gefühlsregung verheimlichen. Die Worte der Brujah waren knapp und harsch. Befehle, die keinen Widerspruch oder Aufschub duldeten. Als Ajax in seiner Kammer war, wandte sie sich an den Anführer der kleinen Gruppe. Ließ sich berichten was vorgefallen war, bevor sie weitere Anweisungen gab. Dann erst erlaubte Seresa sich Zeit für sich zu haben. Für sich selbst und ihn.

Seresa schloss die Tür leise hinter sich und blieb im Türrahmen stehen, den Rücken zu Ajax gewandt. Ihre kleinen Finger bohrten sich in das Holz und hinterließen dort sichtbare Furchen. Ihre Fangzähne waren ausgefahren und ihr gesamter Körper war angespannt. Dann schnellte sie herum, während ihre braunen Augen den Liegenden fixierten.

Was hatte er sich nur dabei gedacht?! Dieser Narr! Dieser unendliche Narr! Sie sollte ihn blutsbinden, so wie er es einst mit ihr getan hatte! Zu seinem eigenen Besten! Um ihn weg zu bringen von diesem verrückten Irrsinn und blanken Wahnsinn, den er da verfolgte! Sie würde es tun müssen! Zu seinem eigenen Schutz!

Ihr Blick wanderte im Unterbewussten zuerst zur rechten, dann zur linken Schulter, als säßen dort ein kleines unsichtbares Engelchen und ein Teufelchen, welche ihr völlig entgegengesetzte und gänzlich widersprüchliche Dinge ins Ohr flüsterten.

Langsam näherte Seresa sich ihrem Bruder im Blute, während ihre ausgefahrenen Fangzähne im spärlichen Licht bedrohlich funkelten.

Ihr Leben gehörte einzig und alleinig ihr und es war an der Zeit es sich zurückzuholen.
Das hat der Teufel ihr gesagt! Oder war es die Einflüsterung des Engelchens gewesen?
Wer wusste in dunklen Nächten wie diesen denn noch, was wahrlich das eine oder das andere war?
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Seresa
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Re: Hingabe [Seresa, Fluff]

Beitrag von Seresa »

1015 AD: Genua (heutiges Italien)

Wütend war Seresa auf ihn zugeschritten, doch als sie vor Ajax Lager stand, zögerte sie. In ihr tobte der Kampf zwischen Recht und Unrecht. Vergebung und Rache. Freiheit und Ketten. Sie stand aufrecht über ihm. Die Macht haltend, während er regungslos vor ihr lag.

Die geschwärzte Rüstung spiegelte das orangefarbene Licht des Raumes nicht wider. Einzig an den Stellen, welche von Schwerthieben stark verbeult und von Streichen durchzogen worden waren, glitzerte der metallene Schein hindurch. Ebenso wie sein Körper, der darunter auf grausamste Art und Weise entstellt worden war. Hätte Seresa noch einen funktionierenden Magen gehabt, so hätte sie sich vermutlich in diesem Moment erbrochen. Zu schrecklich war dieser Anblick für sie, um ihn ertragen zu können.

Der Anblick auf Tomas Tisch war damals etwas anderes gewesen. Es war ein toter Sterblicher gewesen, dem sie keine Träne nachweinte, doch das hier vor ihr war ihr Clansbruder. Jemand, dessen Blut sie wiederholt freiwillig getrunken hatte. Der ein fester Bestandteil ihres derzeitigen Lebens und Daseins war, dass sie seit nunmehr elf Jahren mit ihm teilte. Ihr Blick wanderte gegen Boden ab und erneut gingen stumme Verwünschungen über ihre Lippen.

Irgendwann hatte sich die oberflächliche Wut gelegt, so dass das ständige Kopfschütteln und das Zusammenpressen der Augen langsam abklang. Die Brujah setzte sich an Ajax Lagerstätte und legte ihre Hand an seine Wange. Unendlich sanft berührte sie seine tote kalte Haut und streichelte darüber, während sie den Kopf voller Gram erneut schüttelte. Qual und Zorn vermischte sich zu lautlosen Schreien, die das Gesicht der Brujah aufs fürchterlichste entstellten. Verwünschungen und Flüche beherrschten die Gedanken der Gelehrten, während sich die Finger ihrer Hand in ihre weiche Handfläche bohrten. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis sich ihre aufwallenden Gefühle gelegt hatten und Seresa wieder klare Gedanken fassen konnte. Dann erst zwang sie sich das gesamte Ausmaß dessen anzusehen, was geschehen war und sie erschauderte.

Man sagt Blut sei dicker als Wasser, doch galt dies auch für Jemanden wie sie, die Ihr eigenes Blut derart verleugnete? Was war es, was sie nun mit Ajax tun sollte? Weshalb war er nicht mit in den Wachturm gekommen? War es seine Art von Humor oder war es schlicht seine eigene Trägheit, die ihn stehts davon abhielt das Richtige zu tun? Er hatte sie allein mit ihm gelassen, ganz so als wäre es ihm schlicht egal, was mit ihnen beiden geschah. Ganz so als wollte er ihr auf gänzlich uncharmante Art und Weise sagen: ´Das da ist nicht mein verdammtes Problem, also kümmere dich gefälligst um den Dreck hier, ich habe Wichtigeres zu tun als den Scheiß.´ Was sollte Seresa auch sonst denken, hatte kein Wort von ihm sie erreicht. Und sie selbst? Sie hatte keinen einzigen Grund, weshalb sie zu ihm gehen sollte. War sein Verhalten doch eindeutig gewesen, oder etwa nicht?! Außerdem wer sagte, dass er ihr nicht Selbiges antun würde, einfach weil er es konnte?! Letzten Endes hatte er damit erneut entschieden, wo er stehen wollte und so war es an Seresa, diese Entscheidung zu respektieren und ihre eigene Wahl zu treffen.

Langsam wanderte ihre Hand über Ajax Hals hinunter zu seiner Schulter, während geschickte Finger Bänder und Schnallen lösten. Sie befreite den gefangenen und eingeklemmten Körper vorsichtig Schicht um Schicht von seiner schweren Last, bis Ajax schließlich gänzlich schutzlos vor ihr lag. Hilflos und in seiner zerstörten, wenn auch verstörend schönen Pracht. Wie einfach es doch manchmal wäre, den Verlauf der Geschichte zu verändern.

Noch immer funkelten ihre ausgefahrenen Fangzähne, als sie sich Ajax langsam näherte.
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Re: Hingabe [Seresa, Fluff]

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1015 AD: Genua (heutiges Italien)

Es vergingen einige Tage, bis Ajaxs Diener aus der Stadt zurückgekehrt war und Seresa war sich sicher, es würde kein leichtes Gespräch werden. Dennoch wusste sie, sie musste es führen. Sie konnte und wollte den Zustand seines Herren nicht vor ihm verheimlichen. Entsprechend bestürzt und wütend war dieser als er davon erfuhr was Ajax zugestoßen war. Willens alles zu tun und Forderungen zu stellen, welche alle Maße überstiegen. Etwas, was Seresa selbst nur zu gut nachvollziehen konnte. Sie verstand ihn und die Leidenschaft, welche tief in ihm brannte nur zu gut, doch sie wusste um den Fluch des Blutes und so redete sie ihm zu. Ruhig, behutsam und doch sicher und bestimmt. Sie versicherte ihm, man würde sich danach um die Klärung der Sache kümmern, doch an erster Linie stände jetzt Ajax und dessen Wohl. Er war bereit sein Blut zu geben, doch wusste Seresa ihr Clansbruder hätte ihr dies nie verziehen und so wanderten die Verderbnis bringenden Worte auf Grund ihrer eigenen Erfahrung instinktiv ohne ihr eigenes Denken über die Lippen. Sie würden starke Ketten benötigen, sowie Jemanden entbehrlichen, so sie etwas versuchen wollten. Doch sie müssten sich womöglich ebenfalls in Geduld üben. Es hätte damals über einen Monat bei ihr gedauert, bis sie wiedererwachte. Zwei Mal in Folge. Dies sei nichts Ungewöhnliches. Zumindest versicherte sie dies dem Diener glaubhaft. Ob es stimmte, wusste sie selbst nicht. Dennoch versicherte sie, es würde alles gut werden. Dafür würde die Brujah sorgen und das meinte sie durchaus genauso, wie sie es sagte.

Seresa verstand den Ursprung der darauffolgenden Widerworte des Dieners, doch weder konnte noch wollte sie ihnen Gehör schenken. Nicht in dieser Form. Für einen Moment zögerte sie und blickte ihn ernst an. Würde sie zulassen wollen, dass ein Untergebener Ajax in einem Moment der Schwäche sah? Doch war es das in ihren Augen? Ein Moment der Schwäche? Seresa entschied nein. Ihre Art schlief einen ähnlichen Schlaf des Tages. Ajax Zustand war demnach keine Schwäche. Es war einzig eine ungewöhnlich lange Ruhe und demnach etwas gänzlich Normales. So veranlasste Seresa, dass eine Schlafgelegenheit für seinen Diener bei Ajax geschaffen wurde, damit dieser Tag und Nacht bei seinem Herren sein konnte, wenn auch unter der Auflage, dass dieser seine eigenen Bedürfnisse nicht vernachlässigte.

Erst als sich Seresa später auf ihrem eigenen Lager niedergelassen hatte und mit hinter dem Kopf verschränkten Händen zur Decke blickte, während sich der warme Körper Raffaeles an sie schmiegte, dachte sie nach. Darüber, wie Raffaele sich damals bei Titus gefühlt haben musste. Unwissend wo seine Tochter war und ob sie in Gefahr war. Seresa war unauffindbar für ihn gewesen. War dies ein Dasein grausamer als die Gewissheit seinen Herrn mit tiefen Wunden ewig schlafend vor sich liegen zu haben? Ungewiss wann und ob er jemals wieder aufwachen würde? Darauf vertrauen müssend, dass ein blutrünstiges Monster half, dem er innerlich gänzlich misstraute und das einen seiner Art als entbehrlich bezeichnet hatte. Nachdenklich strich Seresa mit ihren kleinen Fingern über das Haupt von Raffaele.

Entbehrlich. Das Wort war ihr in dieser Nacht gefühllos über die Lippen gewandert, ganz so als wäre sie durstig und hätte nach Wasser verlangt. Eine Anweisung ohne größere Bedeutung für sie. Wie musste es wohl für eine Herrscherin wie Aurore sein, welche über Sterbliche und Unsterbliche gleichermaßen herrschte? Wer war für sie… entbehrlich?
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Re: Hingabe [Seresa, Fluff]

Beitrag von Seresa »

1015 AD: Genua (heutiges Italien)

Nachts darauf versuchten sie Ajax wieder zurück unter die lebenden Untoten zu bringen. Seresas erster Versuch darin war zaghaft, vorsichtig und unsicher. Auch die Art und Weise wie sie das Blut des ängstlichen Sterblichen nahm zeugte von Umsicht. Er war gefesselt, hatte die Augen verbunden, spürte nur einzig einen kurzen Schmerz und hörte außer dem leisen Plätschern seines Blutes nichts, was ihn weiter verschreckte und nach wenigen Momenten war es bereits vorbei. Die Wunde geschlossen und nicht mehr als eine ferne Erinnerung, die zwar gefangen in einem Raum, aber zumindest mit einer warmen Mahlzeit und Wasser endete. Sie wollte ihn nicht töten und es gab keinen Grund unnötig grausam zu ihm zu sein.

Auch das zweite Mal nur knapp eine Woche später, verkraftete dieser noch gut. Erst beim dritten Versuch eine weitere Woche später spürte sie, wie der Mensch deutlich schwächer wurde, doch hielt er sich mit Mühe und Not tapfer. Seresa wusste jedoch innerlich, sie würde eine Entscheidung treffen müssen. Immer mehr und immer größer werdende Zweifel machten sich in ihr breit. Machte sie was sie tat überhaupt richtig? Würde auch Tierblut funktionieren? Musste es menschliches sein oder gar ihr eigenes? Aber wollte sie ihren Clansbruder tatsächlich in die unbarmherzigen Fesseln des Blutes legen? Konnte sie ihm dies zumuten, nachdem sie selbst nur zu gut um den Fluch dieses Zustands wusste? Wann wäre der Zeitpunkt an welchem sie aufgab und ihn gegen seinen Willen band? Eine Woche, ein Monat, ein Jahr, ein Jahrzehnt? Und wenn dies nicht half, was wäre dann? Wieviel und was war sie bereit zu opfern für ihn?

Seresa wusste wie sie selbst trank, doch fand das Blut auch unbewusst den richtigen Weg in ihren Körpern? War es zu früh gewesen zu versuchen ihn zu erwecken, weil er weitaus stärker verletzt worden war als sie damals oder hatte es noch gänzlich andere Gründe, weshalb er nicht erwachte? Den Einzigen, welchen Seresa wohl gefragt hätte und dessen unangemessenen, gar überzogenen Preis sie wohl widerstandslos gezahlt hätte, befand sich ironischerweise jedoch gerade selbst noch in diesem Zustand. Herbeigeführt durch ihren eigenen Clansbruder Ajax selbst. Würde Seresa es nicht besser wissen, so hätte sie wohl angenommen, der Herr hätte wahrlich einen überaus seltsamen und makabren Sinn für Humor.

Doch wie wollte sie weiter vorgehen? Wem vertraute sie ansonsten genügend, um ihn oder sie in diese Situation einzuweihen? Wen würde sowohl sie wie auch sein Diener nahegenug an Ajax heranlassen, um ihm zu helfen? Würden sie ihm überhaupt helfen oder würden sie die Chance nutzen, um ihn zu verraten und zu vernichten? Würden sie veranlassen ihn an einen anderen Ort zu bringen, an welchen sie die Kontrolle über das was mit ihm geschah verlieren würden? Konnte sie dies riskieren? Stand ihnen der Wunsch nach Kontrolle überhaupt zu? Sollte Seresa stattdessen Hilfe bei ihm suchen, der verantwortlich für Ajax Zustand war? Doch er hatte sich noch immer nicht von sich aus gemeldet. Fragte nicht nach. Doch was bedeutete das für sie? Wollte er überhaupt etwas mit ihnen zu tun haben oder waren sie ihm schlicht einerlei? War es ihr Problem und nicht seins? Sie hätte ein Gespräch mit ihm führen müssen. Worte, die abgefangen werden hätten können. Aufmerksamkeit, welche Ajax noch weiter in Gefahr gebracht hätten. Zumal sie sich nicht sicher war, ob sie ihre Leidenschaft unter Kontrolle hätte halten können. Und was wäre, wenn nicht? Würde sie dann neben Ajax liegen? Welche Wahl hatte sie und welche Wahl war die Richtige, wenn jede Wahl die Falsche zu sein schien?

Zum ersten Mal seit nunmehr bald sieben Jahren, in denen sie Ajax auf dessem Weg folgte, spürte sie die schwere und erdrückende Last der Verantwortung auf ihren Schultern ruhen. Nicht nur für sich selbst, ihr eigenes Leben und das von Raffaele. Auf einmal hing das Wohl der Wachstation und all ihrer Bewohner von Seresas Entscheidungen ab. Sie musste erneut herrschen, wenn auch nur über eine kleine Gruppe. Doch dieses Mal war es anders als das erste Mal als Ajax in Mailand war. Vor nur wenigen Wochen hatte Titus Ajax bloßgestellt vor allen Neugeborenen Amtsträgern. Nicht nur der Konflikt zwischen ihnen Beiden war deutlich an die Oberfläche gezerrt worden, sondern auch der zwischen Mailand und Genua. Selbst zwischen Amalia und Ajax, die sich nahestehen sollten, auf Grund ihrer gemeinsamen Vasallität. Doch auch die Könige betraf es, war das Verhältnis zwischen Ilario und Ajax offensichtlich angespannt. Genua zerbrach und zersplitterte vor ihren Augen und sie sah nichts außer vieler Scherben, die nur darauf warteten, ihren höllischen Dienst zu verrichten.

Zum ersten Mal musste sie eine bewusste und eigene Entscheidung treffen, welche sie bisher nicht treffen wollte. Sie musste entscheiden, auf welcher Seite sie stehen wollte und ob sie bereit war, den Preis für ihre Entscheidung zu bezahlen. Vor allem aber musste sie entscheiden, ob es womöglich besser war, dass Ajax wieder unter den lebenden Toten wandeln würde oder für einige Jahre weiter ruhen würde. Sein Dasein und das vieler anderer würde von Seresas Entscheidung abhängen. Doch war sie wahrlich bereit dafür diese Verantwortung zu tragen?!
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Re: Hingabe [Seresa, Fluff]

Beitrag von Seresa »

1015 AD: Genua (heutiges Italien)

Ihre ersten Versuche waren hilflos, gar verzweifelt gewesen. Das Eichhörnchen in Seresas Händen wand sich unter herzerweichenden Geräuschen und panischen Versuchen freizukommen. Tropfen um Tropfen rann aus der geschlagenen Wunde, fand ihren Weg in Seresas Mund, während sie versuchte den eigenen Reflexen zu widerstehen. Um Geduld bemüht versuchte sie die perfekte Haltung zu finden. Die perfekte Technik. Ihre freie Hand drückte ziellos tastend an und in ihrem eigenen Hals und Mund herum, während sie versuchte eine Möglichkeit zu finden, wie das Blut des sterbenden Tieres an die richtige Stelle gelangte.

Ihr gefiel nicht was sie tat. Es fühlte sich gänzlich falsch an und es widerstrebte ihr innerlich nebenbei mit dem Essen zu spielen. Es unnötig leiden zu lassen. Seresa hatte stets das getan was sie tun musste. Sie hatte gejagt und getötet. Das hatte ihr Erzeuger Fabrizio ihr einst so beigebracht. Sie bedauerte es nicht zu töten. Weder Mensch noch Tier, aber sie war niemals unnötig grausam dabei gewesen. Einzig bei Menschen hatte Uta es ihr über die Jahre wieder aberzogen. Was tot war könne man nur einmal nutzen und Menschen würden nicht schnell genug nachwachsen, hatte sie gesagt. Nun jedoch war die Situation eine andere.

Es dauerte einige Versuche, bis Seresa herausgefunden hatte, wie sie das Tier töten musste, so dass sie trotzdem noch genügend Blut aus ihm herausbekam. In den kommenden Nächten füllte sich die Schale vor ihr wieder und wieder mit dem roten Lebenssaft, den Seresa mit steigender Konzentration versuchte auf die richtige Art und Weise in sich hineinzubekommen.

Seresa kniete auf dem Boden. Vor ihr das tote Tier und die leere Schale. Wieder und wieder war sie daran gescheitert. Sie verstand nicht, wie es funktionieren musste. Fand den richtigen Weg nicht und war gänzlich frustriert. Wütend ging Seresas Blick zum Mond und sie fauchte ihn an, bevor sie ihre Augen schloss und ihre Hand auf die kleine Erhebung unter ihrer Kleidung wanderte. Sie rang mit sich sichtlich und ihre Gebete wanderten stumm zum Herrn. Doch dieser schwieg, so wie er immer schwieg. Der Herr half ihr nicht. Zumindest nie direkt. Aber er gab ihr die Stärke weiterzumachen, egal wie schwer der Weg werden würde.

So stand sie wenig später unschlüssig vor der Zelle, in welcher sie den Sterblichen hatte unterbringen lassen. Er würde einen erneuten Versuch nicht überleben und sie würden danach einen weiteren Menschen benötigen. Doch was sollte mit diesem Sterblichen hier geschehen? Sie konnte ihn nicht gehen lassen. Die Gefahr war zu groß. ´Mord verändert die Seele.´ Mahnend raunten seine Worte in ihrem Hinterkopf. ´Ich habe nicht behauptet das du einem Dämonen dienst, Seresa. Ich habe gesagt das du selbst zu einem werden wirst. Der Weg auf dem du wandelst führt geradewegs in die Hölle.´ Wütend schüttelte Seresa die Stimme aus ihrem Kopf und sie stieß die Tür vor ihr auf.

Der Mensch vor ihr zitterte und flehte, doch er war zu schwach, um sich gegen die Brujah zu wehren, als diese ihn an den Haaren nach oben zerrte. Zum ersten Mal sah er sie. Sie, die bisher gnädig zu ihm gewesen war und deren braune Augen ihn nun tot anstarrten. Die gefühllos auf ihn blickten, wie das Monster, welches sie war. Seresa hasste den Sterblichen nicht. Sie hatte nichts gegen ihn. Er war einzig zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Braune Augen blickten unbarmherzig auf ihn. ´Du hast dich von einem Weg abgewandt auf dem du gutes tun konntest - der Menschlichkeit. Du hattest zahlreiche Wege zur Auswahl, unter anderem auch jenem Gottes - der dir jede Sünde vergeben hätte - der dich umarmt hätte. Niemand hat dich hierzu gedrängt. Stattdessen wählst du den verdorbensten von allen. Auf den sie dich gepresst haben. Mit Blut und Lügen. Der für all dein Leid erst verantwortlich ist.´ Seresas Fangzähne fuhren aus und der Sterbliche erkannte die wahre Natur des Wesens, welches ihn gerade festhielt.

Sie hätte einen der Söldner beauftragen können es zu Ende zu bringen oder auch den Diener von Ajax. Ihr Gewissen und ihre Hände wäre rein geblieben, doch da war kein Gewissen mehr in ihr. Da war einzig ihre eigene, innere und tiefe Überzeugung. Es war ihrer Art bestimmt zum Wohle aller zu dienen, wie auch zu herrschen. Es war Bürde und Pflicht zu gleichen Teilen und die Brujah stellte sich dieser, denn die Sterblichen brauchten die Herrscher der Dunkelheit und Seresa würde dafür Sorge tragen, dass einer der Könige, welchen sie alle so dringend benötigten, wieder zu ihnen zurückkehren würde!

Es war ihr in diesem kleinen Moment, an welchem sie an der Klippe stand und den Abgrund vor sich sah, gänzlich einerlei, ob dies hier für sie zu einem Selbstmord werden würde oder dass sie auf Grund ihrer bewussten Entscheidung zu einem Dämon werden könnte. Sie war bereit ihren Körper zu opfern. Sie war bereit ihr Herz zu opfern. Sie war bereit ihre Seele dem Teufel zu verkaufen und ewiglich in der Hölle zu brennen, so es bedeutete, dass Ajax wieder zurückkehren würde.

Sie war bereit alles zu opfern!
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Re: Hingabe [Seresa, Fluff]

Beitrag von Seresa »

1015 AD: Genua (heutiges Italien)

Doch Ajax kehrte nicht zurück. Noch nicht. Der Mann, den Seresa allein wenig später in ihren Armen hielt, hatte die Augen geschlossen. Sein Körper war schwach und ausgemergelt von den Strapazen der letzten Wochen. Die Brujah hätte ihn zu einem Heiler bringen können, doch was hätte dieser noch tun sollen? Sie hätte ihn zwingen können, ihr eigenes Blut zu trinken, doch es wäre einzig ein Hinausschieben des Unausweichlichen gewesen. Sie wusste eines Nachts würde Ajax oder sie selbst ihn unausweichlich töten müssen. ´Ich kann versuchen das von dir zu erhalten was du einst warst.´ Ruhig lagen ihre braunen Augen auf dem Mann in ihren Armen, bevor sie den Kopf schüttelte.

„Nein... Nein, das kannst du nicht... Das konntest du noch nie.“

Ihre Worte waren kaum mehr als ein Flüstern, bevor sich ihre Reißzähne erbarmungslos und doch voller Erbarmen in den Hals des Mannes bohrten. Sie ihm damit Träume und Glückseligkeit schenkte, weit über alle Vorstellungskraft hinaus, bis sein Lebenssaft in ihrem Mund schließlich bitter wurde und sie aufhören musste von ihm zu trinken. Seresa verschloss die Zeichen ihrer Tat und für einen Moment hielt sie ihn noch immer liebevoll wie eine Mutter ihr Kind im Arm. Dann legte sie ihn auf den strohbedeckten Boden ab und schloss seine Augen, bevor sie ihm ein kleines Kreuz auf die Stirn zeichnete.

„Möge der Herr deiner Seele gnädig sein und mögen Engelsschwingen dich geleiten auf dem Weg zum Himmel.“

Dann erhob sich Seresa und öffnete eines der Fenster, so dass die Seele des Toten entweichen konnte, bevor sie sich selbst auf den Boden kniete und seine Hand nahm. Sie betete leise für ihn und seine Seele und als sie geendet hatte, wanderte der kleine Rosenkranz von Titus unter ihre Kleidung zurück und sie schloss das Fenster.

Dann ließ Seresa mehrere Feuerschalen bringen, welche dafür sorgten, dass der Raum hell erleuchtet wurde, sowie ein Messer, Leinen und mehrere Eimer Wasser. Sie wartete, bis sie wieder allein war und einzig das leise Knistern der Flammen war ihr ständiger Begleiter, als die erste Stoffbahn, welche den Körper des Toten bedeckt hatte, die Stille der Nacht zerriss. Seresa begann sich innerlich zurück an jene Nacht zu erinnern, in welcher Toma den sterblichen Körper auf dem Tisch präsentiert hatte. Wie er letzten Endes in dessen Eingeweiden herumgewühlt hatte. Dinge herausgerissen und umgebogen hatte. Ein verächtlicher Ausdruck spiegelte sich auf den Lippen der Brujah wieder. Wer hätte je gedacht, dass gerade die verhasste Beziehung zu Toma eines Nachts ihr derart nützlich sein würde? Dann trat sie zurück und entledigte sich ihrer eigenen Kleidung. War dies der wahre Grund gewesen, weshalb der Tzimisce sich derart ungern bekleidet hatte? Weil seine Forschung eine Schmutzige war? Ruhig schritt Seresa zurück und kniete sich neben den Mann.

Silbern glitzerte das Messer in ihren Händen, welches den roten Glanz der Flammen des Raumes wiederspiegelte, ganz so als wäre die Hölle in dieser Nacht im Wachturm eingezogen. Ohne große eigene Faszination beobachtete Seresa, wie eine feine Linie gleich einer roten Träne von der Seite der Lippen hinab in Richtung Ohr lief, bevor das Geräusch von Wäsche, die auf einem Waschbrett gereinigt wurde in dem Raum erklang. Seresas braune Augen folgten der Spur entlang des seitlichen Halses hin zur Brust. Stück für Stück wanderte ihr Blick weiter. Schicht um Schicht dessen was bisher verborgen geblieben war löste sich vor ihren Augen auf, während Geheimnis um Geheimnis von den geschickten Händen einer leisen Mörderin gepaart mit der brachialen Kraft eines Kriegers offengelegt wurde.

Ihre kleinen Finger wühlten, tasteten und drückten strebsam auf und in Dingen herum, die für sie keinen Namen besaßen und dessen Aufgabe sich der Brujah nicht erschloss. Dennoch erinnerte sie sich an Tomas Worte, dass sie sich ähnlich waren. Die Sterblichen und die Vertreter ihrer Art. Trotz allem was Toma und Seresa trennte, hatte sie keinen Grund seine Redlichkeit in diesen Dingen zu bezweifeln und so lernte sie. Geduldig und aufmerksam. Sie verfolgte den Weg, welchen das Wasser nahm, welches sie dem Toten vorsichtig einflößte. Wie es seinen Fluss veränderte, je nachdem wie sie den immer kühlerwerdenden Körper und den Kopf hielt. Sie nahm sich all die Zeit, welche sie brauchte, um es wahrlich zu verstehen, denn sie hatte keine Eile. Stattdessen musste sie gründlich sein. Gewissenhaft und sorgsam. So sie Ajax eines Nachts wieder an ihrer Seite wissen wollte, musste sie verstehen wie alles funktionierte. Sie durfte sich bei ihren Nachforschungen keinen Fehler erlauben. Alles hing von ihr ab. Ihrem eigenen Geschick und ihrem eigenen Verstand. Ihrem Können. Ihrer Bereitschaft. Ihrem Wissen.
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Re: Hingabe [Seresa, Fluff]

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Wochen und Monate zogen ins Land und was als Misstrauen begonnen hatte, flachte langsam ab, auch wenn die Situation, in der sie sich befanden, nicht einfach war. Stattdessen war alles zwischen ihnen zu einer gewissen stummen Routine geworden. Die regelmäßig an- und wieder abgelegten schweren Ketten, das frische Blut, die bittere Ernüchterung und Enttäuschung, dass es erneut nicht geklappt hatte und doch ihre stetige gemeinsame Hoffnung, dass es der richtige Weg war auf welchem sie schritten und Ajax Körper einzig Geduld benötigte zum heilen, war dessen Hülle schließlich schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Seresa war sich inzwischen sicher alles richtig zu machen, doch noch immer weigerte sie sich ihm ihr Blut aufzuzwängen. Es musste einen anderen Weg geben.

Und so verblieb die Gewissheit und Übereinkunft zwischen dem Sterblichen und der Unsterblichen, dass sie Ajax nicht aufgeben würden und an seiner Seite blieben. Einerlei was da kommen würde. Die nächtlichen Momente an denen Ajax Diener und Seresa neben dem ruhenden Brujah saßen wurden mehr und mehr zur Gewohnheit. Ganz so, als wäre er noch immer hier redeten sie mit ihm, obwohl Seresa selbst nur zu gut wusste, dass Ajax nichts davon wahrnehmen würde. Der Ort an dem Ajax Verstand verweilte war dunkel und schwarz. Zeit war für ihn nur ein bedeutungsloses Trugbild geworden, während sie für die Beiden, welche an seiner Seite wachten, immer weiter und weiter erbarmungslos durch die Finger rann.

Nach den ersten zwei erfolglosen Monaten hatte Seresa entschieden, dass es weitergehen musste für sie. Es gab ein Bild zu wahren. Am Anfang verabscheute sie diese Verantwortung noch, welche ihr wider ihren Willen aufgebürdet worden war, doch sie nahm sie mehr und mehr an und schreckte nicht vor ihr zurück. Wuchs gar auf erschreckende Art und Weise daran und entwickelte sich weiter.

Sie begann die Welt aktiv um sie herum zu verändern. Das Potenzial zu nutzen, welches in ihr wohnte. Die Macht zu nutzen, welche sie nun innehielt, um sie anders einzusetzen, als ihr Bruder im Blute zuvor. Ob es Reue war, die sie wahrlich dazu trieb, das zu tun was getan werden musste oder blanker Schutz vor den Reaktionen der Kappadozianer und anderer Feinde war nicht ersichtlich, doch Stück für Stück tat sie das, was Ajax nicht tun konnte. Sie beantwortete all die Gewalt und den Hass, den sie umgab, nicht mit eben jenem, sondern mit Fürsorge und Nächstenliebe. Sie begann die Welt hinter der Welt bewusst und zielstrebig zum Guten zu formen. Jeder weitere Monat, welcher erfolglos verstrich, weckte in Seresa die Frage, ob es nicht besser wäre, Ajax aufzugeben. Ihn hinter sich zu lassen. Die Welt veränderte sich. Sie selbst veränderte sich. Weshalb sollte sie noch länger bei ihm bleiben? Für die Illusion eines falschen Gefühls oder gar einer unbeglichenen Schuld, die er selbst heraufbeschworen hatte?
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Re: Hingabe [Seresa, Fluff]

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Eines Nachts war es soweit. Ajax Körper zeigte eine erste Wirkung auf Grund Seresas Bemühungen, doch es war nicht jene, welche die Brujah erwartet hatte. Die Leinenwickel verfärbten sich rot und röter, während Blut durch die gesäuberten und verbundenen Wunden drang. Der süßliche Duft seiner Vitae lag schwer im Raum und Seresa keuchte erschrocken auf, als ihr Körper - mit welchen sie ihren Bruder im Blute stützte - durch sein Blut getränkt wurde. Zitternd und unendlich vorsichtig legte sie Ajax ab und blickte auf ihre Handinnenflächen, während ihre Fangzähne ausfuhren. Die Gier nach dem Blut des Brujah stand in den Gesichtern der beiden Anwesenden geschrieben und nur schwerlich konnte Seresa dem Verlangen, dass damit einherging wiederstehen. Zu vertraut war sein Geschmack in ihrem Mund. Harsch fuhr sie den Diener an, ihr frische Leinen, Wasser und Lagermaterial zu bringen. Es war eine Anweisung, in welcher er sich nur unter Widerwillen und Androhung des Kontaktentzuges schließlich beugte.

Seresa strich über Ajax Haut. Sie hatte selbst ähnliches bei sich erlebt, doch schien dies in einem vergangenen Leben gewesen zu sein. Sie hatte damals zu viel getrunken. Mehr als ihr Körper tragen konnte. Die Brujah schluckte unbewusst, als sie auf Ajax Handgelenk blickte und panisch blickte sie auf die hervorgetretene Vitae, die seinen Körper bedeckte. Ein grausamer Gedanke brannte sich in ihren Hinterkopf. Einen, welchen Seresas Tier jubelnd und triumphierend herbeisehnte. Sie würde von ihm trinken müssen. Erneut. Willentlich. Seresa wich zurück und schüttelte den Kopf. Nein! Sie würde sich diese Hölle nicht erneut antun! Sie würde sich nicht erneut ihres eigenen Verstandes berauben lassen! Nicht erneut seine Sklavin sein, auch wenn er sie nie wie eine behandelt hatte. Sie stand inzwischen gleichberechtigt neben ihm und nicht länger unter ihm. Sie war nicht Eva. Sie war zu einer selbstbestimmten Frau geworden. Entschlossen wischte sie sich sein Blut ab, nicht wagend es zu kosten, war sie sich selbst nicht sicher, ob sie ihre eigene Schwäche überwinden könnte, so sie sich selbst erlauben würde, sich derer hinzugeben.

Einige Stunden später war der Körper von Ajax erneut von den Ketten befreit, auf frischen Leinen gebettet und in saubere Leinen gewickelt. Auch Seresa trug erneut saubere Kleidung, während sie mit Ajax Diener neben dessen Lagerstätte saß. Als sie allein mit Ajax gewesen war, hatte sie versucht ihm noch einmal Blut einzuflößen, doch es war erneut an die Oberfläche geschwemmt worden. Ruhig blickte die Brujah auf das Handgelenk ihres Blutsbruders, bevor sie einen tiefen Atemzug nahm. Der Geruch seiner Vitae reizte noch immer Seresas Tier im Inneren, doch sie war satt genug, um seine Gier in den Hintergrund zu zwängen. Ihr Blick wanderte zu dem Mann an seiner Seite, der seinen Herren besorgt anblickte. Ihre Stimme war gedämpft, als sie sprach, doch wirkte sie nüchtern und sachlich.

„Ich werde nächsten Monat meine Fänge in Ajaxs Unterarm schlagen, um seinem Körper das überschüssige Blut zu rauben.“

Ihr Blick wanderte zu Ajax Diener, der sichtbar alles andere als begeistert von der Vorstellung schien.

„Ich werde dies auch ohne deine Zustimmung tun, doch ich gebe dir hiermit die Möglichkeit dich an diesen Gedanken zu gewöhnen, dich darauf einzustellen und dich damit abzufinden. Ich respektiere deinen Wunsch deinen Herrn zu schützen, doch ich werde tun, was ich für nötig erachte. Ich gebe dir mein Wort, dass ich Ajax dabei nicht wissentlich vernichten werde, sondern einzig so viel von ihm nehmen werde, wie nötig sein wird, um ihm neues Blut einflößen zu können, auf dass wir einen neuen Versuch wagen können ihn zu erwecken.“

Seresas braune Augen ruhten ruhig auf dem Diener und diesem war klar, so er in einem Monat nicht zustimmen würde, würde die Brujah ihn von Ajax trennen. Womöglich für immer. Zwar vertraute er der Blutsschwester seines Herren noch immer nicht, doch er wusste, dass sein Herr sie wohl nicht derart lange bei sich wohnen lassen hätte, so er ihr nicht auf die eine oder andere Art und Weise vertraute.

So bewies Seresa einen Monat später erneut, dass auch ihr Güte - trotz ihrer Erbarmungslosigkeit in manchen Dingen - nicht gänzlich fremd war, denn sie schenkte Ajaxs Diener das, worauf dieser schon derart quälend lange verzichten und mit dem hatte auskommen müssen, was Seresa ihm stattdessen angeboten und selbstlos gegeben hatte. Seit gefühlt endlosen Monaten der inneren Qual rann erneut langsam das köstliche Blut seines Herren seine Kehle hinunter, während Seresa sich die Reste der Vitae ihres Bruders im Blute von den Zähnen leckte und sie die geschlagene Wunde an dessen Handgelenk verschloss.

Ein Schmunzeln fand auf ihre Lippen, bevor sie sich selbst hinter Ajax positionierte, den Blick noch immer auf dem Ghul haltend, welcher die Reste aus der Schale gierig ausleckte, während sie selbst eine andere Schale mit frischem Blut an die Lippen des noch immer Ruhenden legte. Sie hatte aufgehört zu zählen, der wievielte Versuch es war Ajax wieder zu erwecken. Seresa wusste nur eines: Sie würde nicht aufgeben, bis es ihr gelang. Eines Nachts würde Ajax wieder bei ihnen sein.
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
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Seresa
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Re: Hingabe [Seresa, Fluff]

Beitrag von Seresa »

1016 AD: Genua (heutiges Italien)

Es war über ein Jahr vergangen, seitdem Ajax von seinen Männern in den Wachturm zurückgebracht worden war. Es waren trägere Monate gewesen, denn im Gegensatz zu Ajax hatte Seresa die Männer größtenteils im Wachturm behalten und nicht eingesetzt. Sie hatte keinen Bedarf gesehen, den Konflikt mit den Kappadozianern womöglich unbewusst damit zu befeuern, waren ihre Pläne ohnehin andere gewesen und diese Pläne liefen erfreulich gut.

So war es einer dieser Abende gewesen, in denen Ajaxs Diener seinen Herren in Ketten gelegt und Seresa diese überprüft hatte, bevor sie Blut von dem Sterblichen im Raum genommen hatte, welchen sie auf Grund der Ausscheidung von Ajax Vitae, nicht über Gebühr schröpfen musste, sondern den sie an sich binden und so erhalten konnte, ohne sich um dessen zwangsweise Entsorgung kümmern zu müssen. Entsprechend positionierte sich die Brujah wenig später auf der Lagerstätte, den Körper ihres Clansbruders stützend und seinen Kopf dabei wie gewohnt fixierend für den unerwarteten Fall seines Aufwachens. Blut floss in Ajax hinein und doch war da anscheinend nichts was geschah, weshalb Seresa die Schale bei Seite stellte und den Körper ihres Blutsbruders erneut vorsichtig ablegte. Es war derart ernüchternd und unbefriedigend. Für den Diener, welcher neben Ajax Beinen saß, wie auch für Seresa, welche sich inzwischen abgewandt hatte, gleichermaßen.

Dann hörte Seresa eine schwache, aber so unendlich vertraute Stimme, die ihren Verstand durchschnitt wie ein scharfes Messer und ihr Herz beinahe zum Zerbersten brach, als wäre es von dem Schlag eines Hammers getroffen worden.

Ajax: „Wo bin ich? Wie lange war ich in Starre?“

Die Gelehrte fuhr herum. Ihr Mund war aufgerissen und sie starrte ungläubig hinab auf den Brujah, ganz so als hätte sie in diesem Moment einen Geist gesehen. In ihren Augenwinkeln bildete sich roter Glitzer und sie wandte leicht den Kopf ab, um den schwachen Schein abzutupfen, so dass Ajax Diener die sich bildende Träne nicht gesehen hatte. Dann begab sie sich zu Ajax, legte ihre Hand sanft aber bestimmt auf seine Schulter, ganz so als wollte sie ihm nahe sein und doch verhindern, dass er aufsprang. Ruhig blickte sie ihm in die Augen, während ihre Stimme leise zu ihm sprach.

Seresa: „Ein Jahr, Bruder. Du warst über ein Jahr in Starre.“

Seresa schwieg für einen Moment und ließ zu, dass Ajax diese Information für sich verarbeiten konnte.

Seresa: „Du bist im Wachturm. Du bist zuhause.“
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