[Fluff] Wie es begann [Toma]

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Toma Ianos Navodeanu
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[Fluff] Wie es begann [Toma]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Wie es begann

Auf der Flucht

Die Nacht war so dunkel, so kalt und selbst die ganzen Kleider, die er noch schnell zusammengesucht hatte, halfen nur wenig. Doch am schwersten wiegte der Beutel über seine Schulter. Schwer wiegte das Geheimnis darin...lastete auf seiner Seele.

Er ging und ging, wanderte durch die Felder, Wiesen und Wälder, abseits der Wege, fern der Städte. Doch wohin?
Er hatte kein Ziel, er wusste nicht was er tun sollte. Nur dass er nicht bleiben konnte, dass alles verloren war. Seine Familie, seine Arbeit, die wenigen Freunde die er hatte. Nur weil er sich hatte provozieren lassen. Weil er wütend gewesen war, verletzt...gedemütigt.
Das ist alles ihre Schuld. Dachte er sich. Nur ihre Schuld. Sein Gesicht verzog sich zu einer wütenden Fratze und Tränen liefen über das junge schmutzige Gesicht. Frustriert wischte er sie sich weg und stolperte dabei über irgendeine Unebenheit in dem Getreidefeld und schlug der Länge nach hin, der Beutel flog ihm aus der Hand. Fluchend rappelte er sich wieder auf, suchend tasteten seine Hände durch die Dunkelheit.

Nein...oh nein, nein nein. Panisch rutschte durch den Dreck, suchte, suchte verzweifelt nach dem Leinensack. Seine Hände wühlten durch den Schmutz und kalter Erde. Tasteten über Stein und Korn, schürften sich auf, bis sie das gesuchte endlich fanden.
Erleichtert presste er den Beutel mit seinem Inhalt an sich. Schmiegte das kugelförmige Etwas an seinen Leib. Doch warum eigentlich? Warum hielt er daran fest? Warum hatte er ihn überhaupt mitgenommen? War er wahnsinnig?

Gedankenverloren holte er das hervor, was er seit Stunden mit sich herumgetragen hatte. Nicht in der Lage gewesen war sich davon zu trennen. Strich zitternd doch zärtlich über die kalte Haut...das blutverkrustete Haar...

Nichts als totes Fleisch war geblieben. Er war froh, dass er die Augen nicht sehen konnte. Die toten braunen Augen, die ihn sonst anklagend anstarren würde.

Kälte und Trauer, Schuld und Verzweiflung, ließen seinen Körper mit heftigen Schluchzern erschüttern. Tränen liefen erneut über seine Wangen, während er immer noch den Kopf umklammert hielt. Den Kopf seiner ersten Liebe.

Und er dachte an die Nacht zurück, die noch nicht allzu lange zurück lag. Die Nacht in der er sie ermordet hatte.
Die Nacht in der er ihren Kopf von ihrem Leib trennte.
In der er Fleisch und Sehnen und Knochen durchschnitt, um den Körper verschwinden zu lassen.
Als Blut, so viel Blut, in den Boden gesickert war...
Es war in sein Gedächtnis eingebrannt, die Bilder...er würde sie nie wieder vergessen. Nie den ekligen Geruch eines entleerten Darms, nie das Gefühl der Haut und schleimigen warmen Innereien, nie den Geschmack von ihrem Blut...als er sich irrigerweise mit blutigen Händen übers Gesicht gewischt hatte.

Er war so dumm gewesen. Nichts davon hatte etwas gebracht, er hatte Angst gehabt, hatte aus Panik gehandelt und alles zerstört.

Die Hände zitterten, die Finger krallten sich in die kalte Haut und plötzlich widerte es ihn nur noch an. Angeekelt von sich selbst, warf er den Schädel mit einem Schrei von sich. Weg, irgendwo in das Korn, nur weg...weg...
Er atmete...atmete schnell, hektisch, sog die eiskalte Nachtluft gierig in seine Lungen, spürte die Panik in seiner Brust ausbreiten, spürte wie sie sein Herz umklammert...und dann rannte er, rannte durch die Nacht, durch das Feld, weiter, immer weiter. Bis er nicht mehr konnte, bis Lunge und Kehle brannten, bis die Muskeln schwach wurden, bis die Sonne aufging und im Schein des neuen Tages die Erkenntnis kam, dass er nicht entkommen konnte. Das die Schuld noch immer da war. Das die Last auf seiner Seele blieb und vermutlich nie verschwinden würde.
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [Fluff] Im Wandel

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Verzweiflung

Die Jahre vergingen. Längst war die Nacht seiner überhasteten Abreise, die Nacht seines ersten Mordes vergangen.
Er arbeitete mittlerweile als Zimmermann in einer größeren Stadt. Es war die Arbeit, die er seit jehr getan hatte. Die Arbeit die sein Vater ihm lehrte und die er auch liebte und anders als zu Hause, schätzte man hier endlich seinen Drang zu Neuem. Sein Verlangen nach Kunst und Schönheit. Die Stadt war ein ganz anderes Pflaster, als die Dörfer drumherum, dort hatte sich niemand für künstlerische Verzierungen interssiert, bzw. konnte es sich leisten. Es gab nur winzige Kirchen in der Gegend, die sich ab und an mal etwas Schnitzen ließen. Doch schon früh waren ihm die üblichen Zimmereiarbeiten, wie Holzbalken und panele zuschneiden, furnieren und einölen, Dächer decken und sondergleichen, schon zu langweilig geworden. Wenn er an Tischen, Stühlen, Schränken und Kommoden gearbeitet hatte, neigte er dazu sie zu verzieren und neue Formen auszuprobieren. Doch sein Vater war davon nicht begeistert gewesen. Unsinn, hatte er das genannt. Kein Mensch bezahlt für so etwas. Ein einfacher Stuhl zum Draufsitzen reiche doch. Ist doch alles Zeitverschwendung. Doch Toma ließ sich nicht aufhalten. Außerhalb der Arbeitszeit, wenn es seinem Vater egal sein konnte, schnitzte er hübsche Figuren oder Szenerien in Wandpanele.
Und immerhin hier in der großen Stadt schien er damit endlich auf Gegenliebe zu stoßen. Hier gab es wohlhabendere Leute und prächtigere Kirchen.

Er könnte glücklich sein, könnte ein wundervolles Leben haben, wenn da nicht immer noch die Alpträume wären, die Erinnerung, die ihn jede Nacht aus dem Schlaf riss. Und die Einsamkeit. Er war schon eine Weile alt genug zu heiraten, doch er konnte keiner Frau nahe sein ohne dass die Bilder in seinem Kopf wieder auflammten. Die toten braunen Augen ihn anstarrten...und die Angst ihn beherrschte. Angst davor, der neuen Frau das gleiche anzutun wie ihr. Angst davor, dass er mehr interssiert, als angeekelt sein könnte. Interssiert daran, was er alles so in ihrem Körper entdeckt hatte. Wie komplex das Gebilde gewesen war...und wie seltsam gut sich das warme Fleisch angefühlt hatte. Er hatte Angst davor, dass er nicht normal war. So zog er sich zurück, mied die Nähe von Frauen, aber auch Männern, so gut es ging und löste damit nur das aus, was er nicht gewollt hatte, dass sie ihn als unnormal ansahen. Seltsam...schrullig.

Er bemerkte, wie sie ihn auf der Straße ansahen und hinter seinem Rücken tuschelten. Er redete sich ein, dass es ihn nicht kümmerte, dass es ihm doch egal sein konnte, was sie von ihm dachten, solange sie ihm weiter Aufträge gaben und er davon leben konnte. Doch so funktionierte das nicht. Es war ihm nicht genug. Ihre Ablehnung schmerzte ihn und erinnerte ihn zu sehr an seine Vergangenheit. Er hatte geglaubt mit der Distanz sicher zu sein. Sich davon lösen zu können, auf lange Sicht. Doch er konnte so nicht leben. Konnte so niemals glücklich sein.
Die Arbeit reichte nicht, um seine Sorgen zu verdrängen. Mit jedem Monat der verstrich, wurde es schlimmer. Er konnte sich nicht mehr konzentrieren und war die ganze Zeit angespannt. Unglücklich, ausgestoßen...gefangen zwischen Neugier, Verlangen und dem Wunsch nach einem normalen Leben. Er musste hier weg.

Und so verließ er die Stadt von heute auf morgen. Zog weiter, weiter gen Norden, irgendwo anders hin. In dem Irrglauben, dass es dort besser sein würde.
Doch das wurde es nicht. So lief er immer wieder davon.

Immer dann, wenn es ihm in einer Stadt zu viel wurde, wenn er die Menschen nicht mehr ertrug, dann zog es ihn fort und kurz fühlte er sich frei, die Sorgen verschwanden und er war bereit für Neues, eine neue Chance. Es lies die Einsamkeit nicht verschwinden oder die Träume, doch es machte das Überleben etwas besser. Die Gewissheit einen Ausweg zu haben. Weglaufen zu können, wenn es zu viel wurde. Manchmal konnte er so wirklich glücklich sein. Doch mit jedem Male wuchs auch die Überzeugung, dass er ein normales Leben nicht haben konnte und wenn es so war, warum sich nicht darauf einlassen? Warum nicht diesen Weg gehen, wenn er ohnehin nichts zu verlieren hatte?
Warum es verleugnen, wenn es nun einmal ein Teil von ihm war?

Acht Jahre nachdem er seine Heimat verlassen hatte, erreichte er in den frühen Morgenstunde die Ländereien der Stadt Szatmárnémeti, wie man sie nannte seit die Ungarn hier Herren waren. Von weiten betrachtete er die Ansammlung von Häuschen hinter der Stadtmauer. Die Luft war immer noch kühl, das Gras glitzerte von bedeckendem Tau und im Angesicht des neuen Tages fasste er einen Entschluss. Einen riskanten. Unwissend in dem Moment, dass es tatsächlich den Auftakt zu einem neuen "Leben" bedeuten würde.
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [Fluff - Toma] Wie es begann

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Begierde

Manchmal war Entscheidungen treffen einfacher als sie dann auch wirklich auszuführen.
Und manchmal kam es dann doch anders als man geplant hatte.

So war er nun an dem Punkt, wo er mitten in der Nacht und mit klopfenden Herzen einer jungen Frau in seinem Haus gegenüber stand.
Sie war die Tochter des Holzfällers, von dem er immer sein Holz kaufte und es wurde gemunkelt, dass sie jeden ran ließ. Da sie es natürlich immer heimlich tat, damit ihr Vater es nicht erfuhr, wusste nun auch keiner, dass sie in dieser Nacht bei ihm war.

Er hatte das nicht geplant. Sie war einfach zu ihm gekommen. Vermutlich weil sie ihn interessant fand, vielleicht hatte sie es auch gerade gereizt, dass er ihre Blicke nicht erwidert hatte, dass er schüchtern wirkte.
Anders als in den anderen Städten und Dörfern hatte er hier versucht offener zu sein, doch so einfach war es nicht. Die Tatsache, dass er seit Jahren wenig soziale Kontakte gehabt hatte, hatte es nicht vereinfacht. Er war immer noch seltsam, anders und ihr Vater hatte ihr bestimmt gesagt, dass sie sich von ihm fern halten sollte.

Hätte sie nur auf ihn gehört.
Doch stattdessen, hatte dieses Verbot ihn nur noch anziehender für sie gemacht.

Er fühlte sich wieder wie der Jüngling, der er einst war, damals in seinem Heimatdorf und sofort kamen die Erinnerungen daran zurück. Die Erinnerungen an sie. Ihre Augen. Die toten Augen…Er sah sie in dem Gesicht des Mädchens und es machte ihm Angst…Es ließ ihn den Blick abwenden, woraufhin sie ihn neckte. Ihn aufforderte, sie doch ruhig anzusehen.

Und es zerriss ihn beinahe, die beiden Emotionen, der Drang zu fliehen und der Drang tatsächlich nachzugeben. Hatte er das nicht gewollt? Hatte er nicht entschieden, dass es genug war? Es war als sollte es so sein. Es war ein perfekter Moment.


Er schloss die Augen, atmete tief ein. Sie musste wohl glauben, dass er Angst vor ihr hatte und fand das amüsant, denn sie kicherte und griff plötzlich nach seiner Hand. Sie erzählte ihm irgendetwas. Doch er hörte gar nicht richtig zu. Er hörte nur seinen Herzschlag und sein eigenes schweres Atmen in seinen Ohren. Unsicher starrte er sie an, nicht wissend wie er nun am besten vorgehen sollte.

Da begann sie einfach ihr Kleid abzulegen.
Er hatte seit Jahren keine Frau mehr nackt gesehen, geschweige denn berührt. Es rief die Bilder von ihrem Körper herauf. Den toten Leib, die kalte Haut...er konnte sich daran erinnern...wie sie sich angefühlt hatte.
Er zitterte und sein Atem wurde schneller.
Sie schaute besorgt und fragte ob alles in Ordnung sei. Lächelte dann aber aufmunternd und schmiegte sich einfach an ihn.
Das war es, der Auslöser der einfach jeden Widerstand niederiss. Der letzte Rest der ihn noch aufhalten wollte, verschwand. Ein Damm brach. Alles was er sich Jahre versagt hatte, könnte er sich nun holen.


Mit einer neu gewonnen Leidenschaft und Gier griff er nach ihr, ließ seine Hände und Lippen über ihr Gesicht und Hals gleiten. Über die leicht gebräunte Haut und als die Erinnerungen kamen, die Bilder von Blut und aufgerissenem Fleisch, verklebtem Haar und das Entsetzen in ihren Augen…ließ er sich diesmal nicht davon abschrecken, ließ sich mitreißen. Ließ sie zu, ließ die Gefühle zu die dabei entstanden.
Es prasselte auf ihn ein, überschwemmte ihn, die Erregung und der Drang mehr von ihr sehen und fühlen zu wollen. Jeden Teil, jede Faser. Alles.

Er gab ihr was sie wollte, doch war ihm das nicht genug.

Er konnte die Gedanken nicht abstellen, die Vorstellung ihr die Haut vom Gesicht zu reißen, das rote Fleisch darunter zu sehen, den weißen blanken Knochen, die Adern…all das was unter dieser weichen Schicht verborgen lag. Diese Komplexität. Es hatte etwas erhabenes. Es war als würde er Gottes Schöpfung selbst aufdecken…erkennen, erkunden können.

Mit einer plötzlichen Zärtlichkeit strichen seine Hände über das junge Gesicht der Frau. Sie hatte Makel. Sie war nicht hässlich, aber ihre Nase war ein wenig schief, ihre Lippen zu schmal...Wenn man es nur ändern könnte…wie Holz das man zu einer perfekten Form schnitzen konnte. So wie man wollte. Sie könnte so viel schöner sein.
In dieser Überlegung versunken griffen seine Finger immer stärker in ihre Wangen, während er sich endlich dem Gefühl hingab, endlich ganz und gar nachgab.

Und aus dem lustvollen Stöhnen der jungen Frau wurde plötzlich ein erschrockener Schrei, als seine Fingernägel lange Kratzer durch ihr Gesicht zogen. Sie versuchte sich aufzusetzen. Da umklammerte er ihren Hals, drückte sie zurück auf sein Nachtlager.
Sie zuckte, die Augen vor Todesangst geweitet, den Mund aufgerissen, verzweifelt versuchend Luft zu bekommen, schlug sie auf seinem Rücken ein. Wand sich unter ihm.
Er hätte nicht gedacht, dass sie so viel Kraft hatte.
Unnachgiebig hielt er jedoch an ihr fest. Schnürte ihr die Luft ab. Ließ sie ersticken. Erwürgte sie.

Er sah sie sterben, sah ihr Leben gehen. Wie bei ihr, wie damals. Doch es erschreckte ihn nicht mehr, es befreite ihn. Tränen rannen über sein Gesicht.

Erleichtert sich nicht mehr zurückhalten zu müssen, nicht mehr befürchten zu müssen etwas falsches zu tun. Nicht mehr versuchen müssen hineinzupassen, wo er nicht hingehörte...
Er würde töten, wenn er das wollte, er würde sie aufschneiden und ausnehmen und erkunden.
Wenn er dafür irgendwann hingerichtet werden würde, dann wäre das so. Doch er würde sich nicht mehr selbst geißeln, nicht mehr leiden für etwas, das er nicht ändern konnte.

Und es war das erste Mal seit Jahren, dass Toma voller Freude lächelte, bevor er ihr die Haut abzog.
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [Fluff - Toma] Wie es begann

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Sei mein Gast
Die erste Nacht

Es war ein Jahr vergangen seit er die Holzfällertochter getötet hatte. Danach gab es natürlich einen großen Aufschrei, als man ihr Verschwinden bemerkte. Zum Glück hatte er nicht zu lange an ihrer Leiche festgehalten, sondern die Überreste schnell vergraben. Die Flecken, die sich in die Dielen seines Häuschens gegraben haben, ließen sich nicht mehr wirklich entfernen, doch da ihn dort ohnehin nie jemand besuchte, viel es auch keinem auf.
Es war eine Schande ihren Körper einfach so zu entsorgen. Der Gedanke bedrückte ihn, dass er sie so verschwendet hatte. Ein Leben genommen...für fast nichts. Oh er hatte einiges gelernt, doch es war dennoch so viel verloren gegangen.
So hatte er angefangen im nahen Wäldchen eine kleine Hütte zu bauen. Mehr ein Schuppen. Ein Ort wo er sie hinbringen konnte und aufbewahren, ohne dass sie jemand fand.
Am Anfang hatte er es noch nicht so gut verschlossen. Das erste Opfer fand er den Abend später von Tieren zerfressen wieder. Doch er baute es mehr aus.
Schwieriger war dagegen Opfer zu finden, daher war es umso wichtiger so viel wie möglich daraus zu machen. Das einzige was es kaum erträglich machte, war der Gestank.
Doch umso interessanter war es den Verfall eines Körpers zu beobachten. Wie er sich veränderte, immer unkenntlicher wurde, bis es wirklich nur noch Fleisch war. Vergammeltes Fleisch. Kein Mensch mehr.
....

Es war an einem späten Abend, als er den Körper eines wandernden Tagelöhners durch den Wald zog. Er war schwer, er konnte ihn nicht den ganzen Weg tragen, so schleifte er ihn hinter sich her. Es war gut, dass er ihm immerhin am Rand des Waldes begegnet war, doch es war noch ein gutes Stück und es wurde immer dunkler.

Er war nur noch wenige Meter von seinem Ziel entfernt und es war mittlerweile sehr dunkel geworden, da riss ihn plötzlich etwas von den Füßen und schleuderte ihn ein paar Meter weiter, bevor er schmerzhaft auf dem Erdboden wieder aufschlug.
Ein stechender Schmerz fuhr durch seine Schulter und Brust als er sich herumwälzte und versuchte wieder auf die Füße zu kommen, doch da trat ein Fuß auf seine gebrochenen Rippen und er schrie laut auf, als sich die gesplitterten Knochen tiefer in sein Fleisch drückten.
Über ihm thronte eine dunkle Gestalt. Er konnte sie kaum erkennen, doch...es schien nicht menschlich. Und das Etwas hatte seine Beute über der Schulter.

Bevor er reagieren konnte, packte es ihn plötzlich am Bein und zog ihn hinter sich her. Schleifte ihn einfach über den rauen, mit Steinchen und Ästen bedeckten Waldboden hinter sich her. Seine Haut wurde wund und rissig gescheuert.
Er versuchte noch sich irgendwo festzukrallen, grub seine Hände in die Erde, doch der hatte gar keine Chance. Das Wesen zog ihn mit Leichtigkeit hinter sich her und seine Finger zogen nur dünne Rillen in den Boden.

Was war das hier? Was war das? Wohin wurde er gebracht? Was war das? Oh Gott! Lass mich los! Lass mich los!

Er hatte solche Angst. Der Schweiß brach ihm aus, sein Herz schlug so stark gegen seine Brust, dass er dachte, es könnte platzen. So laut schlug auch sein Puls in seinen Ohren und rauschte sein Atem durch seine Lunge. Es schmerzte. Sein ganzer Körper war in höchster Anspannung, doch es brachte ihm nichts. Er konnte nicht fliehen, er konnte nicht kämpfen. So verzweifelt er auch versuchte sich aus dem Griff zu befreien. Er konnte nur wie ein Sack herumgeschleift werden. So wie er es mit seinem Opfer getan hatte...war das seine Strafe?
Er schrie, doch keiner hörte ihn.
...

Als sein Entführer endlich anhielt, war seine Kleidung komplett zerfetzt und von Dreck bedeckt. Seine Haut war blutig geschürft und die Wunden mit Erde verdreckt. Es schmerzte, alles schmerzte so stark.
Da wurde er hochgehoben und flackerndes Licht tanzte in seinen Augenwinkeln und vor sich...ein Ungeheuer...
Fassungslos riss er die Augen auf und starrte das Monster an. Unfähig auch nur einen Ton heraus zu bringen.
Das Wesen hatte seltsames...Geäst? Auf dem Kopf. Hörner vielleicht? Oder wie ein Geweih. Nur dass es mehr wie Haar anmutete. Wirres starres Haar, das einfach wie das Geäst eines Baumes wirkte.
Das Gesicht war lang und die Augen geneigt und schmal. Es hatte etwas tierisches an sich, auf jeden Fall nicht menschlich. Auf keinen Fall menschlich.
Die dunklen zu Krallen geformten Hände gruben sich in seine Haut.
Rötliche Augen bohrten sich in seine.

„Du tötest meine Menschen, Mensch.“ sagte das Wesen mit einer unerwarteten normalen Stimme. Das es überhaupt normal sprechen konnte überraschte Toma schon.
Toma antwortete nicht. Wusste nicht was er hätte sagen sollen, wie er reagieren sollte. Er starrte nur fassungslos zurück.
Da warf das Etwas ihn einfach wieder auf den Boden.
„Bringt ihn hinein, macht ihn sauber.“ sagte es und sogleich griffen ihn zwei Männer, die von der Seite kamen, unter die Arme und zogen ihn unsanft in ein Gebäude.
Er hatte sich gar nicht richtig umsehen können. Wo war er hier? Was war das für ein Haus?
Es schien groß. Wo stand hier so etwas? Wie weit waren sie gelaufen?
Fragen über Fragen und sein Verstand stand noch zu sehr unter Schock, als dass er die Situation richtig begriff.

Die Männer brachten ihn in ein Waschraum, wo sie ihm die Kleidung vom Körper zerrten, während eine Frau Wasser in einen Zuber füllte. Grob, wie ein Haufen alter Kleider wurde er abgeschrubbt, was seiner geschundenen Haut merh schadete als half und und ihn schmerzvoll Stöhnen ließ.
Ebenso so eilig wie er hinein geworfen worden war in das Wasser, wurde er wieder heraus gezerrt. Die ganze Zeit sprach keiner mit ihm.
Vorsichtig versuchte Toma die Männer anzusprechen. „Wer seid ihr? Wo sind wir? Was war das?“ Damit meinte er das Ungetüm, doch die Männer antworteten ihm nicht. Ignorierten ihn einfach.

„He...bitte...was tut ihr mit mir?“
Langsam setzte die Panik wieder ein. Sein Atem ging gehetzter, doch schon wurde er notdürftig mit Bandagen umwickelt, bevor er weiter durch das Haus getrieben wurde. Von den Leinenwickeln einmal abgesehen, blieb er nackt. Das war ihm äußerst unangenehm, doch er wagte nicht sich zu beschweren, es hätte vermutlich wenig Sinn gehabt. Immerhin war es von ein paar Kerzen abgesehen ziemlich dunkel in dem Haus.
Die Männer schubsten Toma in einen Raum und schlossen dann die Tür hinter ihm.

Sein Kopf ruckte gehetzt umher. Blickten zu der geschlossenen Tür hinter sich und bemerkten dann die Silhouette die sich vor ihm aus den Schatten schälte. Ein paar Kerzen warfen ein warmes Licht in den Raum.
Rot schimmerten die Augen.
Das Wesen schritt auf ihn zu und um ihn herum, musterte ihn.
Er zitterte. Immerhin unterdrückte das Adrenalin was ihn noch am laufen hielt den Schmerz fürs erste.

„Steh auf.“ verlangte es und zögerlich tat er was es von ihm verlangte. Beschämt ob dieser Musterung hielt er seine Hände vor seine Scham. Ängstlich aber auch fasziniert blickte er auf, als das Monster wieder in seinem Blickfeld auftauchte. Was war das nur?

„Ich habe dich beobachtet, Mensch. Du bist ungewöhnlich. Du hast die anderen Menschen entführt und sie aufgeschnitten...tsts“ Es lachte.
„Was hast du versucht zu erreichen? Was hast du gesucht?“ fragte das Wesen und starrte ihn an.
Toma schluckte und wandte den Blick gen Boden.
„Ich...ich....habe nur.“ begann er und stockte. Er hatte nie jemanden davon erzählt. Was würde das Wesen tun mit ihm, wenn er es sagte? Doch die Situation war so absurd...vielleicht träumte er auch nur. Vielleicht würde er einfach aufwachen...bald...

„Ich wollte sehen, was in ihnen ist.“
„Warum?“
„Weil....es unglaublich ist? So viel...alles hat irgendeinen Nutzen. Funktioniert miteinander...“ haspelte er etwas. „Schön.“ sagte er und traute sich nicht aufzusehen.
„Kaum einer weiß was da in uns ist. Anders als bei Tieren. Und ist es nicht ein Wunder? Eine wirklich schöne Schöpfung..faszinierend...Gottes Schöpfung zu bewundern...

„Ich wollte sie gern erhalten...nicht verlieren...“ setzt er nach einem Moment des Schweigens fort. Er dachte an seine einzige Liebe zurück.
„Sie sterben und dann verrotten sie, verschwinden einfach...und von all der Schönheit bleibt nichts zurück.“
Toma mochte gar nicht bemerken dass er sich bereits schon distanzierte, dass er nicht wir sagte, sondern sie. Doch Navod bemerkte es und er lachte.

Eine kalte Hand legte sich unter Tomas Kinn und hob seinen Blick.
Mit großen panischen Augen starrte er das Monster an. Solange er weggeschaut hatte, konnte er es irgendwie vergessen, aus den Augen aus dem Sinn, doch nun war es wieder in seinem Blickfeld. Blickte ihn aus roten Augen an.

„Senke nie deinen Blick, denn dein Streben ist nicht falsch und ich werde dich nicht strafen. Nicht dafür.“
Toma nickte einfach nur, nicht verstehend was hier geschah.
Die hand strich über seine Wange. „Wie heißt du?“ fragte das Wesen.
„Toma...“ antwortete er unsicher.

„Du darfst dich glücklich schätzen, dass ich dich fand, Toma.
Du wirst mein Gast sein.
Du darfst mich Navod nennen.“
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [Fluff - Toma] Wie es begann

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Sieh und lerne
Die zweite Nacht

Gast hatte er gesagt. Nein das war er wirklich nicht. Er war ein Gefangener.
Die Diener von diesem Monster hatten ihn nach dem Gespräch in ein Zimmer gebracht und ihm ein einfaches Leinenhemdchen gegeben. Nicht mehr. Keine Beinbekleidung, keine Schuhe. Immerhin hatten sie Feuer gemacht, doch er fühlte sich sehr nackt und sehr hilflos.
Immerhin konnte er sich glücklich schätzen, dass sie ihn nicht in irgendeinem Kerker angekettet hatten.
Er hatte sogar einen angenehmen Schlafplatz. Doch er durfte es nicht verlassen. Das war sein Gefängnis. So schön es auch anmutete. Es war ein Gefängnis.

Erschöpft legte er sich in dieser Nacht schlafen. Die Aufregung hatte ihn ermüdet, doch bald war er auch wieder wach. Alles was passiert war, schoss ihm durch den Kopf. Er konnte es nicht einordnen. Was geschah hier? Was wollte dieser Navod von ihm?
Er versuchte das Zimmer zu verlassen, doch die Wachen ließen ihn nicht, so verbrachte er den ganzen Tag in diesem Zimmer...in dem es nichts gab, außer eine Schale mit Wasser, seine Schlafstätte und eine Kommode in der sich keine Kleidung befand.
Ein paar mal am Tag kam jemand um ihm Essen zu bringen und den Nachttopf auszuleeren.
Er dachte daran zu versuchen zu entkommen, doch er konnte kaum etwas gegen zwei Wachen ausrichten und er wüsste nicht wohin er laufen müsste.
Mit einem Gefühl der Hilflosigkeit versuchte er immer wieder teilweise zu schlafen.
Bis er mitten in der Nacht plötzlich aufgeweckt wurde und aus dem Zimmer getrieben.
Navod wollte ihn sehen...

„Guten Abend, Toma.“ sagte das Wesen und lächelte.
Navod trug ledeglich eine kurze Hose, sonst war er unbekleidet und seine blanke Brust war mit seltsamen Mustern verziert. Die Hose schien dreckig, wies sie doch dunkle Flecken an den Seiten auf, als hätte er dort immer seine Hände abgewischt.
Was Toma jedoch viel mehr ins Auge sprang, war der nackte Mensch auf einem der drei Tische die in dem Raum standen. Es war ein Mann, ausgemergelt, der sich jedoch überhaupt nicht bewegte. Kerzen flackerten auf Regalen und Schränken an den Seiten des Raumes und spendeten so etwas Licht in diesem fensterlosen Raum. Was die Szenerie jedoch noch viel unwirklicher machte.
Doch für Toma war es auch ein sehr aufregender Anblick. Es erinnerte ihn an seinen eigenen kleinen Schuppen.
Fragend sah er zu Navod.

„Ich habe dich begrüßt, Toma. Es wäre nur höflich, wenn du etwas erwidern würdest.“ sagte er scheinbar gelassen, doch seine Stimme war kalt und es hatte die Augen etwas zusammengezogen. Was Toma das Gefühl gab, dass dieses Wesen ihm sicherlich weh tun würde, nur dafür, dass er es nicht gegrüßt hätte.
„Entschuldiung. Guten Abend, Herr Navod.“
Navod schüttelte den Kopf. „Nur Navod.“
Toma blickte Navod ängstlich aber auch neugierig an. Was war er bloß?
„Navod...darf ich fragen...was du bist?“
Da klatschte plötzlich eine Hand wie ein Peitschenhieb in sein Gesicht und ließ Toma taumeln.
„Eine wichtige Lektion, Toma. Ich bin dir überlegen. In jeder Hinsicht. Du sprichst mich also nicht wie einen dahergelaufenen Menschen an, hast du das verstanden?“
Toma hielt sich die Wange und nickte mit Schreckgeweiteten Augen.
„Was ich bin, werde ich dir zu gegebener Zeit erklären. Nun möchte ich erst einmal sehen wer du bist.“
Toma blinzelte verwirrt.
„Komm hier herüber.“

Navod ging zu dem Tisch mit dem regungslosen Menschen und Toma stellte sich daneben.
Der Mann war eindeutig am Leben, aber er bewegte sich nicht. Die braunen Augen starrten Toma entsetzt an und er versuchte anscheinend zu schreien, doch kein Laut drang aus seinem Hals.
Fragend blickte Toma zu Navod. „Was habt ihr mit ihm gemacht?“
Navod grinste. „Find es heraus.“
Toma schaute verblüfft und gab nur ein leises „was?“ wieder.

Navod breitete eine Reihe von Messern, Zangen, Sägen und Feilen neben sich aus. Sie sahen nicht sonderlich oft gebraucht aus. Waren sie erst neu?
Die dunklen grauen Hände des Wesen strichen über die Werkzeuge und mit einer geöffneten Hand Geste offerierte er sie Toma.
„Suche nach dem Problem, oder tu wozu du Lust hast.“
Toma wurde immer verwirrter. Was war das hier für eine absonderliche Situation? Er musste doch wirklich träumen...
Doch Navod sagte nichts weiter, stellte sich etwas abseits von Toma und wartete. Er beobachtete ihn.
Toma atmete ein, schloss für einen Moment die Augen...doch als er sie öffnete, war er immer noch in dem Raum, mit dem Monster und dem Mann.
Nun, wenn das ein Traum war konnte er tun was er wollte. Wenn es keiner war...dann nun ja anscheinend auch.

Es war absonderlich sich dabei zusehen zu lassen. Es war etwas Verbotenes und Falsches, was er immer im Geheimen tat. Nun traf er hier jemanden...Etwas, das ihn auch noch dazu ermutigte....
Toma nahm eines der Messer und blickte den Mann für einen Moment an. Er hatte Mitleid. Sie taten ihm immer etwas Leid, doch er versuchte sich nicht zu sehr hineinzudenken, was sie wohl für Menschen gewesen waren. Gute oder schlechte...Mütter...Väter...es war unerheblich. Er wollte es nicht wissen. Er durfte es nicht wissen.
Es war jedoch das erste Mal, dass sie noch lebten, wenn er sie aufschnitt, das hatte er bisher nicht gehabt. Er hatte sie immer vorher getötet.

Die Stummheit des Mannes interessierte Toma nun. Er konnte sehen, dass er eindeutig noch seine Zunge hatte. Doch eine fehlende Zunge würde auch nicht das Schreien verhindern, oder? Offensichtlich nicht, da er auch mit einer stumm war. Doch woher kam die Stimme eigentlich?
Er wusste, dass wenn er sprach, dass er es im Hals spüren konnte.
Er hatte sich die Kehle eines Menschen schon mal angesehen, aber damals hatte er mehr kaputt gemacht vermutlich. Da war viel Blut gewesen und er hatte zu tief oder zu weit geschnitten.
Toma setzte das Messer unterhalb des Kinns des Mannes an.

„Was tust du? Was denkst du?“ fragte Navod von weiter hinter ihm. Da zögerte Toma etwas. War sich nun unsicher. Machte er etwas falsch?
„Ich....ich dachte, dass es im Hals liegen müsste? Der Grund warum er nicht schreien kann?“
„Warum denkst du das?“ fragte das Wesen und Toma gab seine Überlegung wieder.
Navod nickte und sagte nichts weiter.
Toma hätte gern mehr Anleitung gehabt. Dieses Wesen wusste vermutlich mehr als er, aber sagte ihm einfach nichts.

Er schüttelte den Kopf und schnitt dann mit dem Messer ohne noch zu lange zu zögern.
Es war seine Chance. Was konnte er schon falsch machen? Würde dieser Mann nicht ohnehin sterben?
Toma versuchte die Stellen zu vermeiden, aus denen das Blut so stark austrat. Das hatte er schon genug erlebt. So viel Blut.
Dennoch trat natürlich trotzdem Blut aus der Halswunde.

Plötzlich konnte Toma ein Atemgeräusch ganz nah an seinem Ohr hören und ein eiskalter Schauer lief ihm über den Rücken, bevor er langsam den Kopf drehte und direkt Navods rote Augen neben sich hatte. Das Wesen hatte sich von Toma völlig unbemerkt plötzlich hinter ihn gestellt und schaute ihm nun über die Schulter und schien scheinbar zu riechen.
Seine Aufregung steig ins unermessliche. Es war ja das eine Navod vom Ende des Tisches aus zusehen zu haben, aber nun war er ihm so nah, dass seine mosntröse Ausstrahlung ihn furchtbar einschüchterte.

„Was ist? Mach weiter.“ sagte er und Toma richtete den Blick wieder auf den Mann.
Er hatte ihm nur die Haut durchtrennt. Die Röhre durch die Luft gezogen wurde, war noch intakt, so atmete auch der Mann noch panisch aber relativ normal vor sich hin, während er sie beide anstarrte: den Mann mit dem wahnsinnige Blick und das Monster hinter ihm.

Toma nahm den Blick von den Augen des Mannes. Es gab ihm ein ungutes Gefühl ihn leben zu sehen.
Doch es war sehr spannend den Körper noch arbeiten zu sehen. Wie sich der Kehlkopf des Menschen bewegte.
Toma begann zu kommentieren was er sah. Navod wollte ja seine Gedanken hören.
Er tatste vorsichtig den Hals ab, wollte die Teile besser kennenlernen.
Nach und nach schnitt er dem Menschen den Hals auseinander. Entnahm den Kehlkopf und untersuchte ihn. Nahm ihn auseinander. Sah Kehlkopfdeckel und Stimmbänder, doch wusste nicht was das war. Wozu es da war. Es waren seltsame schleimige weiche und härtere Teile. Alles Fleisch und doch so verschieden. Und so wichtig für den Körper. Und so schön in seiner eigenen Weise. Perfekt.

Nachdem er jedoch die Luftröhre geöffnet hatte, ging die Atmung des Mannes in ein furchtbares Geröchel über, das Toma noch mehr Angst machte, als Navod, der ihm im Nacken hing.
Er wollte schon aufgeben. Er wandte den Blick ab und hielt sich die Ohren zu.
Da zog Navod ihm die Arme herunter. „Sieh hin. Das ist Leben das vergeht. Siehe die Konsequenz deiner Tat und lerne.“
Und Toma biss die Zähen zusammen und sah den Mann beim sterben zu. So wie er sie hatte sterben sehen und das Holzfällermädchen und all die anderen. Doch das war schneller gewesen. Es war nicht so...grausam.
Doch er lernte daraus, lernte was es hieß eine Kehle zu durchtrennen, nicht um jemanden ausbluten zu lassen, sondern wenn die Kehle selbst verletzt wurde. Lernte, wie es zusammen hing, was es für eine Konsequenz hatte.

„Was hast du gelernt?“ fragte Navod.
„...nicht genug“ antwortete Toma, weil er wirklich nicht wusste, was er häte antworten sollen. Es fehlte noch zu viel.
„Warum?“
„Weil...weil zu viel fehlt. Ich nicht weiss, wie es aussehen müsste. Wie ein gesunder, funktionierender Hals aussieht. Ich...ich kann so nicht sagen, welches Teil was bewirkt.“
Navod nickte zufrieden.
„Gut. Genug für heute. Geh zurück in dein Zimmer.“
Der Mann war immer noch nicht tot, doch das wollte der Tzimisce auch nicht. Um den Rest würde er sich selbst kümmern.

Toma ging wie in Trance zurück in seine Zelle, flankiert von den Wachen, die ihn dort festhielten.
Er wusste immer noch nicht, ob er nicht geträumt hatte.
Als er jedoch endlich einschlief...träumte er.
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [Fluff - Toma] Wie es begann

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Schmerz
Die dritte Nacht

In der dritten Nacht, war er seltsamerweise schon ruhiger, er konnte nicht sagen, dass er wirklich gelassen war, aber er war nicht mehr so ängstlich, wie in der ersten Nacht. Viel mehr war er positiv aufgeregt. Wissbegierig. Neugierig darauf zu sehen, was das Monster heute für ihn hatte.

Er hätte sich jedoch nicht zu sehr freuen sollen.
Als Navod ihn in dieser Nacht empfing, war es zwar im selben Raum. Jedoch war kein Körper da.
Stattdessen verlangte Navod, dass sich Toma auszog. Das war ihm schon etwas unangenehm, doch er tat es. Das Monster hatten ihn ja schon in der ersten Nacht nackt gesehen. Und nach dem was hier so geschah, war das nicht das schlimmste was ihm passieren konnte.

Schlimmer war in der Tat, dass Navod ihn nicht nur ansah, sondern auch berührte. Kalt legten sich seine Hände in Tomas Gesicht, strich über seine Wangen, Nase, Mund und Augen. Jedoch in keinerweise zärtlich, sondern tastend, als würde er etwas suchen.
Toma kam sich vor wie auf dem Viehmarkt, nur noch schlimmer.
Er schloss die Augen und ließ es über sich ergehen. Es dauerte. Es dauerte länger als er es für möglich gehalten hatte...und Navod berührte ihn an wirklich allen Stellen seines Körpers.

„Warum tut ihr das?“
fragte Toma, um sich selbst von dieser erniedrigenden Prozedur abzulenken.
„Jeder Körper ist einzigartig. Jeder Körper sagt dir etwas über die Person.“ antwortete Navod und klang erfreut. „Deine Hände zum Beispiel sind rau und schwielig. Du arbeitest viel mit deinen bloßen Händen, nicht wahr? Du hast alte kleine Holzsplitter unter der Haut, demnach ist es etwas mit Holz. Du bist muskulös, also arbeitest du mit relativ schweren Dingen. Jedoch umfasst das mehr deine Arme. Deine Beine sind recht normal gebaut. Das heißt du läufst nicht übermäßig viel. Nicht mehr als jeder andere bürgerliche Mensch.“
Toma blinzelte überrascht.
„Ja...ich bin Zimmermann.“
Navod nickte und blickte Toma mit einem breiten Lächeln an. „Ein Handwerker. Ein Schöpfer.“
….

„Du wirst heute etwas neues lernen, Toma.“ sagte Navod nach einer Weile und seine Stimme war deutlich neutraler und weniger freundlich geworden, als noch zu vor. Seine seltsamen gräulichen Finger, die ebenso wie Äste anmutete, wie das Gewirr auf seinem Kopf, umfassten seinen Arm und hielten ihn wie Eisenketten umklammert. Vor allem ihre Kälte unterstrich das Gefühl.

„Schmerz, Toma, ist unvermeidbar. Man kann ihm nicht entkommen. Nie.“

Und mit diesen Worten strahlte plötzlich ein starker Schmerz durch seinen Unterarm, als hätte Navod etwas in ihn gerammt. Doch als Toma auf seinen geröteten, leicht geschwollenen Arm starrte, realisierte er dass es andersherum war, etwas bohrte sich von Innen in sein Fleisch.
Er fühlte sich verraten. Auf eine irrige Weise hatte er gedacht dass er diesem Wesen vertrauen konnte. Doch nun tat es ihm weh.
Er wimmerte und umfasste seinen Arm.
Navod nahm einfach nur ein Messer und reichte es Toma.
„Du hast kein Problem damit anderen Menschen Schmerzen zuzufügen. Dann sollte es auch dir selbst nichts ausmachen.“
War das einzige was er dazu sagte. Dann lehnte er sich an eine Wand und starrte Toma abwartend an.
Das war ein Alptraum, wie konnte es plötzlich so weit kommen?

„Was?...was soll ich denn tun?“ Er war zu geschockt, er verstand nicht oder wollte nicht verstehen.
Navod antwortete nicht, er sah ihn einfach nur abwartend an, verschränkte die Arme vor der verzierten nackten Brust und wartete.
Tomas Herz schlug stark, er verfiel schon wieder in Panik. Zitternd hielt er das kleine Messer und blickte auf seinen Arm, der rot wurde und furchtbar schmerzte. Wenn er den Arm bewegte, stach irgendetwas von innen ihn. Wie eine Nadel...nur dicker.
Er legte das Messer weg und tastete vorsichtig über seinen Arm. Eine Stelle schmerzte besonders...das musste die Quelle sein.
Irgendwas war in ihm...irgendwas, was so nicht dahin gehörte, sonst würde es nicht weh tun...es musste weg.
Toma blickte sich in dem Raum um und holte einen der Kerzenständer zum Tisch und legte seinen Arm daneben, um mehr zu sehen.
Er zögerte...
Wie bei den anderen...wie er es schon getan hatte. Es würde nicht lange dauern...redete er sich zu und setzte die Klinge an.

Er holte Luft und stach zu. Das Messer sank in seine Haut, durchtrennte sie und Toma verzog das Gesicht, gab zischende Schmerzlaute von sich, als er das Messer weiter zog. Blut floss aus der Wunde. Toma bekam nicht mit, dass Navod daraufhin schnupperte.
An seinem Unterarm war glücklicherweise nicht viel drann, sodass er nicht sehr tief schneiden musste.
Er sah was das Problem war.
Hatte Navod ihm den Knochen gebrochen? Denn ein Knochensplitter stach ihm ins Fleisch.
Toma schloss einen Moment die Augen und atmete durch. Doch er durfte sich nicht zu viel Zeit lassen. Mit zitternden Finger versuchte er den kleinen Splitter zu fassen zu kriegen und herauszubrechen. Doch es war schwierig ihn zu fassen zu bekommen. Sein Blut ließ seine Finger immer wieder daran abgleiten und es tat einfach so weh...

Toma wimmerte verzweifelt und frustriert und klatschte mit der flachen Hand auf den Tisch, wischte das Blut daran ab. Wischte sich die Hand an seiner Kleidung ab. Er zitterte und atmete schwer, ballte die Hand zur Faust. Sein Blick ging zu Navod, flehend, doch dieser reagierte nicht.
Tränen rannen seine Wangen hinab. Er würde hier keine Hilfe bekommen. Er musste das selbst tun.

Sich noch einmal Mut fassend drückte er unter Schmerzenslauten, Daumen und Zeigefinger in die Wunde, umklammerte den Splitter so fest er konnte und brach ihn endlich heraus. Schwer atmend gaben seine Beine nach und er rutschte vom Tisch auf den Boden.
Erleichtert weinte er. Geschafft, geschafft, geschafft...doch er blutete noch immer, die Wunde war immer noch offen...
Bevor er Navod nach Verbänden und ähnlichem fragen konnte, war dieser schon bei ihm.
Das Wesen umgriff Tomas geschundenen Arm, doch anstatt ihn zu verbinden griff er hinein in die Wunde und Toma schrie auf.
Was sollte das jetzt?!
Bevor er ihn jedoch fragen konnte, legten sich die kalten Hände um seinen Arm und als er ihn endlich los ließ und sich Toma zu einem Häuchen Elend einrollte, merkte er, dass der Schnitt verschwunden war. Die Stelle schmerzte noch und war geschwollen, doch es klaffte keine Wunde mehr darin.
Völlig überrascht blickte Toma zu Navod auf, der am Tisch stand und das Blut von seinen Fingern leckte, dass er von dem Tisch strich.
Dann ging er vor Toma in die Knie und die roten Augen starrten in seine.
„Gut gemacht.“

Danach wurde er wieder in seine Zelle gebracht und diesmal schlief er jedoch nicht sofort ein. Er lag wach, berührte seinen Arm. Fragte sich was hier passiert war und was noch kommen würde, was Navod bloß war, was er mit ihm wohl vor hätte. Die Nacht zuvor hätte er den Gedanken länger hier zu bleiben nicht mehr so abschreckend gefunden, doch nun...
Ihm gingen jedoch auch die Worte dieses Ungeheuers nicht aus dem Kopf. Alles was er ihm bisher gesagt hatte. Er schien ihm auf eine irrsinnige Art zu helfen. Gab ihm Ratschläge...wozu?
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [Fluff - Toma] Wie es begann

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Ein neuer Anfang
Die vierte Nacht


Nach einem Tag, an dem er sich waschen konnte und Essen bekam, sowie ein neues Kleidungsstück, folgte die vierte Nacht und es verursachte Toma schon eine Gänsehaut, wenn er daran dachte. Er hatte auch bemerkt, dass sein geschundener Arm von gestern nicht mehr genau so aussah wie zu vor. An der Stelle wo die Wunde gewesen war, waren keine Härchen mehr, aber da war auch keine Narbe.
Er konnte noch immer nicht fassen, wie das möglich sein sollte.

Als Navod ihn dann endlich zu ihm kommen ließ, war Toma ganz hin und her gerissen. Auf der einen Seite wollte er lieber schreiend weglaufen und auf der anderen aber wissen, was es mit diesem Wesen auf sich hatte. War das dumm? Er sollte lieber versuchen zu fliehen.
Doch abgesehen davon dass er dazu nun ohnehin keine Gelegenheit hatte, war er zu neugierig.

Er ließ sich von den Wachen zu Navod führen, jedoch gingen sie nicht in den selben Raum, wie die Nächte zuvor, auch nicht in den von der ersten Nacht. Stattdessen brachten sie ihn hinaus.
Das überraschte ihn.
Hinter dem Haus trat er in die Dunkelheit und er konnte in der Nähe Bäume ausmachen, ein Wäldchen. Für mehr war es zu dunkel.
Navod saß auf dem blanken Erdboden und schien irgendwie in der Erde herumzustochern.
„Setz dich, Toma.“ sagte das Wesen und Toma ging langsam zu ihm. „Guten Abend, Navod.“
Navod nickte. Die Wachen blieben am Hintereingang des Hauses zurück, aber hielten den Blick auf Toma gerichtet.
Wäre das nun nicht eine Chance? In den nahen Wald fliehen?
...und hoffen, dass er einen nicht wieder einfing, wie das letzte mal? Schlimmer noch...umbrachte?
Toma ließ sich auf dem kalten Boden nieder. Hier draußen war es wirklich kalt. Er legte die Arme um seinen Oberkörper.
Navod sah ihn aus seinen blutroten Augen an.
„Was hast du gelernt, Toma?“
Toma zögerte, versuchte sich zu erinnern. Es war nicht so als hätte er irgendetwas davon was in den letzten Nächten geschehen war, vergessen können, doch er war so aufgeregt, dass er eine Weile brauchte, seine Gedanken zu ordnen.
„Mein Streben ist nicht falsch? Schmerz ist unvermeidbar...Körper erzählen etwas über einen Menschen. Körper sind wundervoll komplexe Mechanismen...Ihr könnt etwas mit ihnen machen...“
Bei dem letzten Satz blickte Toma Navod ängstlich aber auch sehr interessiert an. Versuchte seinem Blick standzuhalten, aber seine Augen zuckten immer wieder weg.
„Ich kann etwas mit ihnen machen?“
„Ihr habt meine Wunde geschlossen...einfach so.“

Navod blickte ihn eine Weile regungslos an, was Toma sehr unangenehm war und er schon Angst bekam, dass er etwas falsches gesagt hatte, dann ertönte wieder die Stimme des Wesens.
„Ich habe eine weitere Aufgabe für dich.“ sagte er und griff an seinen Gürtel, wo er aus einer Scheide ein Messer zog und es Toma reichte.

„Schlitz deine Kehle auf.“ ertönten die Worte und Toma blickte entsetzt zu ihm auf.
„Was?!“ Er musste sich verhört haben.
„Schneide die Ader an deinem Hals.“
„...Das…aber...das tötet mich.“ haspelte er fassungslos und mit zitternder Stimme.
„Ich weiss.“ Antwortete Navod nur gelassen und ein dünnes Grinsen legte sich dabei auf sein Gesicht. Sein Blick lag abwartend auf Toma, als würde er eine Antwort erwarten, dabei verlangte er gerade, dass er sich umbrachte.
„Ich will nicht sterben…“ sagte Toma sichtlich eingeschüchtert und hielt das Messer fest umklammert am Griff.
Navod schwieg nur. Er hätte Toma sagen können, dass dieser keine Angst haben brauchte, dass er ihn nicht umsonst zu sich geholt hatte. Doch dann wäre es keine Prüfung mehr gewesen. Und wo blieb der Spaß?

Navod lehnte sich vor und fuhr mit seinem Finger über Tomas Hals, folgte der Halsschlagader, spürte sie stark pulsieren…
„Bring dich für mich um.“
Flüsterte das Monster.
Toma atmete laut und zitterte angespannt. „Warum? Was für eine Aufgabe soll das sein? Was bringt es….euch wenn ich mich…töte?“
Er konnte Navod lachen hören, da er ihn gerade nicht direkt ansah.
„Vielleicht Spaß? Vielleicht nichts? Willst du es herausfinden?“

Toma zitterte, blickte auf das Messer in seiner Hand und auf Navod, der sich wieder zurückgelehnt hatte.
Wieder auf das Messer, das im Kerzenschein schimmerte.
Er konnte sein Herz stark Klopfen spüren, den Puls in seinem Körper, in seinem Hals spüren...
Den Hals zu durchtrennen würde schnell zum Tod führen, er wusste das.
„....was...wenn ich es nicht tue?“
Navod hob eine Augenbraue. „Willst du es herausfinden?“
Er würde so oder so sterben, oder? Das Monster würde ihn quälen und umbringen....doch das hier...warum diese Aufgabe dann? Es musste einen Grund haben...
Er hatte ihm bisher immer etwas beibringen wollen. Warum sollte er ihn jetzt tot sehen wollen? Warum es nicht selbst tun?
War es ein Test? Wie gestern? Sollte er sich beweisen? Warum auch immer.
Würde er ihn aufhalten? Würde er ihn davon abhalten im letzten Moment, so wie er seine Wunde geheilt hatte?

Toma atmete durch...was nicht gelang, viel mehr hyperventilierte er.
Zitternd hob er das Messer und drückte sich die Spitze gegen den Hals.
Es beudetete Tod...es könnte alles vorbei sein...doch welche Wahl hatte er?
Er hoffte darauf, dass er recht hatte, dass Navod nur seinen Willen testen wollte. Dass er ihn aufhalten würde...

Er sah zu Navod, dieser sah zurück, wartend, doch in keiner Weise ungeduldig, viel mehr schien er sich an dem Anblick zu erfreuen.
Toma wandte den Blick zum Boden. Dann schloss er die Augen und stach sich die Klinge in den Hals an der Stelle wo die Halsschlagader entlang lief.
Einer Fontäne gleich spritzte sein Blut aus der Wunde. Sofort ließ er das Messer fallen und presste seine Hände darauf.
Er hatte ihn nicht aufgehalten...er würde verbluten!

Er hatte eine Fehler gemacht, einen furchtbaren Fehler! Toma versuchte auf die Füße zu kommen, irgendwo hinzulaufen, irgendwie Hilfe zu finden...Doch seine Bewegungen waren in der Panik ungelenk, was nur dazu führte, dass er den Griff um seinen Hals verlor und mehr Blut verlor.
Blut, so viel Blut floss aus ihm heraus. Sein Blut, und er konnte es nicht aufhalten.
Es befleckte seine Tunika, seine Arme und Beine, sickerte in die Erde.

Langsam sah er alles doppelt. Die Sicht verschwamm ihm. Er schwitzte stark und fror gleichzeitig. Alles drehte sich. Sein eigenes Blut klebte dick an seinem Körper.
Und immer mehr spritzte heraus. Sein Herz das panisch schlug brachte ihn selbst um, pumpte Blut um Blut aus seinem Körper.
Verzweifelt presste er seine Hände auf die Wunde, versuchte es abzudichten, doch es lief ihm unweigerlich zwischen den Fingern durch. Leuchtend rot…betörend für das Ungeheuer ihm gegenüber, das genüsslich die Spritzer von seinem Gesicht und Händen leckte.
Er würde doch sterben. Würde tatsächlich sterben. Das Monster wollte ihn nur sterben sehen und anscheinend fressen...
Sein Atem wurde immer panischer, er hyperventilierte, doch gerade als er nach vorn umfiel, spürte er noch wie ihn Arme auffingen, wie sich der eiskalte Körper des Ungeheuers gegen seinen presste und dessen Stimme ihm zuhauchte: „Gut gemacht.“

Dann spürte er Lippen und einen Druck an seinem Hals und mit einem Mal, war aller Schmerz, die verzweiflung und Trauer wie weggewischt und ein unbeschreiblich angenehmes Gefühl von Lust und Rausch erfüllte ihn, sodass er nicht einmal versuchte Navod wegzustoßen.
Er wäre auch so nicht mehr in der Lage dazu gewesen. Seine Arme waren schwer und schwach. Er konnte sich kaum noch bewegen und erschöpft aber seltsam zufrieden schloss er schließlich die Augen und ließ sich von diesem Gefühl in die Dunkelheit tragen.

Dieser letzte Moment seines Lebens war der einzige Moment an dem Navod so etwas wie Liebe gezeigt hatte. Vielleicht hatte er ihn auch einfach nur selbst töten wollen oder einfach sein Blut trinken. Doch dann hätte er nicht zuvor so viel verschwendet. Toma war sich sicher, dass Navod ihn in diesem Moment nicht hatte unter Schmerzen sterben lassen wollen. Der Übergang in das neue Leben sollte ein guter sein. Es war eine Belohnung gewesen.

......

Als Toma die Augen aufschlug, war da Dunkelheit. Enge. Erde. Und etwas weiteres...
Er war nicht mehr wie zuvor. Etwas drückte in seiner Brust, als würde sich etwas darin herumwühlen, versuchen frei zu kommen und ein...Hunger erfüllte ihn. Er fühlte sich schwach und..ja doch irgendwie hungrig.
Er wusste nicht was geschehen war, er wusste nicht warum er nicht tot war. Das einzige, was er mit Gewissheit begriff war: Er war vergraben.

Und seltsamerweise ließ ihn das nicht in Panik verfallen. Es fühlte sich seltsam an, aber er fühlte sich gut...passend. Als müsste es so sein. Er spürte die Erde überall um sich herum, wie sie auf seinen Körper drückte und es war als wäre er ein Teil von ihr.
Er merkte, dass er nicht erstickte, dass sein Körper nicht automatisch versuchte nach Luft zu ringen.
Doch er musste hier dennoch heraus. Das Gefühl in seiner Brust trieb ihn auch dazu. Er spürte dass es unruhig war.
Er grub, so gut es ging. Drückte seine Arme in eine Richtung und nun wurde er doch langsam unruhig. Was wenn er sich tiefer statt frei grub? Doch das merkte er schnell.

Nach einer Weile...er wusste nicht wie lang, konnte er endlich Luft an seiner Hand spüren und nach und nach schaffte er es sich aus seinem Grab zu befreien. Es war dunkel. Nacht. Der Mond stand hell über ihn und aus der Dunkelheit erklang eine Stimme:

„Von der Erde leben wir, in ihr kehren wir zurück und werden aus ihr neugeboren.“
Hinter ihm saß Navod und hatte auf ihn gewartet.

Sie waren hinter dem Haus. Dort wo er ihn umgebracht hatte, nein wo er sich umgebracht hatte.
Die zwei Wachen standen ebenfalls da und zwischen sich hatten sie eine nackte Frau.
Navod gab ein Zeichen und einer der Wachen schnitt die Frau mit seinem Schwert, dann ließ er sie los und sie stolperte ein paar Meter schreiend davon. Doch sie war viel zu verwirrt und geschockt, als dass sie geistegegenwärtig genug reagierte und in den nahen Wald lief.
Stattdessen viel sie zu Boden und kaum eine Sekunde später war Toma schon auf ihr.
Etwas hatte ohne seine Kontrolle seinen Körper bewegt und bevor er auch nur wusste was da geschah, hatten sich seine Zähne in warmes Fleisch geschlagen und süßes heißes Blut drang in seine Kehle. Besser als alles was er je getrunken hatte.
Leben. Fremdes Leben erfüllte ihn und seine Finger drückten sich fester in das weiche Fleisch.
Erst als nichts mehr kam, als kein Tropfen mehr den toten Leib verließ, ließ er ab und die Gier verschwand langsam. Nein, sie wurde nur schwächer.
Mit großen fiebrig wirkenden Augen blickte er zu Navod auf, der die ganze Zeit zugesehen hatte.
Ein breites Grinsen legte sich auf dessen Gesicht.
„Nun, Kind. Wie war es?“
Tomas Augen huschten unruhig umher, noch dabei das erlebte zu verarbeiten. Hatte er gerade das Blut der Frau getrunken? Es war beängstigend gewesen, anders…aber auch berauschend und köstlich.
„Gut…seltsam...“

„Du wurdest neu geboren Kind. Alles was du bisher kanntest wird nicht mehr wichtig für dich sein. Du wirst eine neue Welt entdecken, eine die so viel mehr zu bieten hat.“ sagte Navod, während er ihm näher kam.
„Du hast etwas riskiert, Kind. Das war wichtig für dich zu lernen. Manchmal muss man etwas riskieren um belohnt zu werden. Du hast dein Leben gesetzt auf die irrwitzige kleine Hoffnung, dass ich dich nicht sterben lasse. Du hattest recht und es hat sich für dich ausgezahlt. Doch wäge immer Risiko und Nutzen ab, Toma. In diesem Fall ließ ich dir keine Wahl. Doch nicht immer geht es am Ende gut aus. “
Er legte ihm eine Hand auf den Kopf und strich hinunter über seine Wange, die nun nicht mehr warm und rosig war, sondern kalt und blass.
„Der Weg vor dir, wird nicht einfach sein, aber ich hätte dich nicht ausgewählt, wenn ich nicht glauben würde, dass du bereit dafür bist. Du warst der erste Mensch den ich traf, bei dem ich mir sicher war, dass er mein Blut verdient hätte.“
Toma sah ihn mit Unverständnis an. Spuren von Blut klebten an seinen Lippen und Kinn.
„Ich bin dein Erzeuger und du bist mein Kind.“ erklärte Navod.

„Von dieser Nacht an bist du nicht mehr Toma, der Zimmermann, sondern
Toma Navodeanu, Kind der Drachen.
Kind von Navod Sorinescu, Ancilla der Drachen.“
erklärte Navod recht feierlich und gab Toma dann mit einer Geste zu verstehen, ihm zu folgen.

„Kommt mit. Ihr habt viel zu lernen.“
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