[Fluff] Im Wandel [Toma]

Geschichten über Monster

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [Fluff - Toma] Im Wandel

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Der Drache mit der falschen Gestalt

Wenn er noch geatmet hätte hätte er gekeucht, wenn sein Herz noch geschlagen hätte, hätte es gegen den Knochen in seiner Brust gehämmert. Doch auch wenn sein Körper kalt und leblos war, so schien die Gestalt die durch die Dunkelheit wankte abgehetzt und zugleich schwach. Panik umfing den sonst so selbstsicheren Tzimisce. Das Gefühl falsch zu sein…wie früher…wie damals. Verkommen...schwach...nichts mehr wert...erdrückte ihn.

Halt suchend klammerte er sich in den Stoff seines Umhangs und Hemdes und schob sich weiter durch die Dunkelheit nach hause.

Alles verloren...alles...so viel...so viel..wofür?
Er war so dumm... Wollte zeigen dass er stark war, dass er kein Risiko scheute. Er wollte sich beweisen und hatte sich selbst verraten.

Die Fänge schoben sich vor und bissen sich selbst auf die Lippe. Zwei dünne Zähne anstatt viele scharfe bohrten sich in das weiche Fleisch und ließ ihn nur mehr verzweifeln.

Er brach zusammen. Fiel auf die Knie auf die weiche Erde und krümmte sich unter seiner Qual zusammen. Den Kopf auf die feuchte Erde gepresst, den Mund in einem tonlosen Schrei geöffnet.
Und zum ersten Mal seit einem Jahrhundert rannen wieder blutige Tränen über sein Gesicht.

….


Zu Hause. Endlich zu hause. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, als wäre er nicht ein paar Nächte sondern Jahre fort gewesen und es erschreckte ihn in diesem Moment, dass er dieses Häuschen tatsächlich mittlerweile von ganzem Herzen zu Hause nannte.
Was war seine Heimat dann noch?
Diesen Gedanken fürs erste verdrängend öffnete er die Tür und trat in die erwärmte Stube. Die Menschen sprangen auf und kamen auf ihn zugelaufen, aufgeregt dass ihr Herr endlich wieder da war. Doch abrupt blieben sie in der Bewegung stehen und sahen ihn erschrocken an. Sie wussten, sie fühlten, dass das ihr Meister war,aber das konnte doch nicht sein?!

Martha schlug sich die Hände vor den Mund und Agatha lachte hysterisch auf, woraufhin Toma wütend die Fänge bleckte und ein tiefes Knurren zu vernehmen war. Ohne etwas zu sagen stürmte er an den verdutzten Diener vorbei und verschwand mit einem lauten zukrachen der Tür in seinem Raum.

Fassungslos starrten sich die Diener an und begannen mit einem mal panisch durcheinander zu wuseln.
Was war passiert? Was war aus dem göttlichen Wesen geworden oder dem Dämon, wenn man Agatha fragte. Nun war er plötzlich menschlich!
Oh welch süße Ironie! Agatha lachte.

...

Als Martha den Raum betrat, brauchten ihre Augen einen Moment um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen, doch schnell sah sie ihren Herren mit ausgestreckten Gliedern auf dem Boden liegen.
Sie ging neben ihm in die Knie, sah ihn bestürzt an, blickte in sein Gesicht, dass nicht seines war. Auch wenn es in der Dunkelheit des Raumes schwer zu sehen war, konnte sie im leichten Schein des durch die offene Tür dringenden Lichtes die weichen menschlichen Züge sehen.
Keine spitzen Knochen mehr, keine großen, alles verzehrende Augen und Maul.
Ein Mann. Nun ja, recht weich und zart für einen Mann, aber wohl auf jeden Fall menschlich.

"Herr…was ist mit euch?
Was ist mit euch geschehen?
Warum seht ihr plötzlich so aus?
Ist…findet…ihr euch nicht mehr schön?
Ist das jetzt besser? Doch menschlich zu sein?“
Fragte Martha bestürzt, nicht verstehend was sie sah.
Was war nur passiert, während er weg war?

Die normal kleinen Augen in dem attraktiven menschlichen Gesicht rollten zu ihr herum und sahen sie voller Abscheu an. Ein widerwärtiges Fauchen gab er von sich, was keinen Zweifel mehr daran ließ, dass der Mensch dort auf dem Boden wirklich der Tzimsice war.

„Niemals.“ spie er das Wort aus.
„Ich bin kein Mensch, ich bin besser als sie...Ich war besser. Ich war schön, und anders, besonders…Ein Wesen so fern von euch…ach…“ wurde sein Zorn plötzlicher jammernder „Und jetzt sie mich an. Ich bin genauso gewöhnlich wie du es warst.“
„Dann ändert es wieder?“
„Ich kann nicht…“
„Warum?“
Er antwortete nicht. Er starrte einfach nur vor sich hin.
Er konnte es nicht erklären, er konnte es sich ja nicht einmal selbst erklären. Er hatte dem zugestimmt, er war davon überzeugt gewesen, doch nun war er es nicht mehr. Weil es so nicht gedacht war. So war es nicht gedacht...Es war schrecklich, es war die Hölle. Hatte er etwas falsch gemacht? War das Gottes Strafe für ihn?

„Lass mich allein.“
Doch Martha blieb neben ihm knien, betrübt auf ihn blickend. Was ihn sie zornig anfunkeln und die Zähne fletschen, ließ.
„Ich hab gesagt: Lass mich allein! Und hör auf mich so anzusehen!“

Ich bin nicht bemitleidenswert…ich bin nicht...
doch bin ich…sieh dich doch an….Ein schwaches Menschlein. Falsch… so falsch, nichts mehr wert...


Martha erhob sich zögerlich auf die Beine, ihr Atem drang hörbar aus ihrer Nase. Sie war unruhig, unsicher. Doch sie verließ den Raum wie befohlen.

Und Toma blieb liegen wo er war auf dem Holzboden seines Hauses. Er wollte sich nicht rühren, wollte diesen Körper nicht spüren. Dieses falsche Ich. Falsch...falsch...falsch...
Nichts mehr wert...nichts besonderes mehr...unterdrückt...erniedrigt...
Nicht mehr als ein Mensch. Das war er nun. Wie ein Mensch.

Er hatte nicht mehr rausgehen wollen. Das Haus nicht verlassen, niemanden mehr sehen...doch er musste. Er musste ja. Musste sich nähren, jagen...und dann gab es so viel zu tun. Doch wie sollte er das noch schaffen? So? Nun musste er sich immer verstecken. Immer...und er konnte es nicht vergessen. Er spürte es immer, jede Sekunde...dass es falsch war.
Und selbst als er versuchte es wieder zu verändern, spürte er dass es falsch war. Eine Prüfung war nicht dazu da ihr zu entgehen.
Wie damals...er wurde geprüft und würde er so nicht scheitern?

Es zeriss ihn, zeriss ihn seelisch wie äußerlich, nicht mehr zu wissen was richtig war.

Jede Nacht riss er verzweifelt an dem verhassten Gesicht. Grub seine stumpfen Finger in seine eigene Haut und kratzte blutige Striemen herein. Riss Haut und Fleisch herunter, bis die Finger nur noch auf Knochen kratzten. Doch er veränderte es nicht so. Jede neue Nacht, war das Gesicht wieder so menschlich, wie es vorher war. Immer und immer wieder.
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [Fluff - Toma] Im Wandel

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »



Ein Schrei,
der aus ihrer Kehle dringen wollte und es nicht konnte.

Schmerzen,
die sie zu zerreißen drohten.

Stumme Worte an Gott,
flehend und betend, dass es bald vorbei sein möge,
dass es nicht leben möge.

Hände,
die sich in sie drückten. Erneut.
Die sie endlich davon befreiten.

Endlich,
würde es vorbei sein.
Alles vorbei.

Die Körper,
auf und in ihr.

Tränen, die nicht nur sie vergoss.

Endlich.
Ein Schrei.
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [Fluff - Toma] Im Wandel

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Fehler

Sein Körper hatte so viel Schaden genommen, dass er in den starren Schlaf gegangen war. So schnell...Er hatte ja keine Chance gehabt...wie das letzte Mal...wie das davor...und das davor...und das...
Diesmal hatte den Fehler gemacht den Gegner zu unterschätzen. Er hatte ihm vertraut und war hintergangen worden.
Vertrauen...war gefährlich und er würde diesen Fehler nie wieder begehen.

Zumal einem Menschen zu vertrauen...wie dumm er doch gewesen war....und schwach...von Menschen in Starre geschlagen. Wenn sie gewollt hätten, er hätte nun für immer vernichtet sein können. Ein bitterer Klumpen bildete sich in seiner Kehle.

Stumm und regungslos starrte er an die Decke. Sah sich nicht um wo er war. Er wollte es gar nicht wissen. Er hätte in seiner Werkstatt bleiben sollen. Er hätte sich nie um all das bemühen sollen. Fern der Menschen bleiben. Fern all dieser Qual.

Er hasste sie, er hasste sie so. Warum konnte er nicht einfach sein und haben was er wollte. Warum mussten sie sich wehren? Warum konnten sie sich nicht einfach unterwerfen?
Ein tiefer tierischer Schrei voller Zorn ließ seinen Körper sich aufbäumen und aufsetzen. Die Finger krümmten sich zu Krallen, nur dass keine mehr daran waren. Voller Verzweiflung schlugen sich die stumpfen Nägel in das weiche Gewebe seines Gesichtes und kratzten in einem Anfall purer Verzweiflung einer Furie gleich die Haut von seinem Gesicht und Hals.
Er hasst es.
Er hasste sie und alles was menschlich war. Er wollte nicht dazu gehören. Er wollte das alles nicht.

...dann war er eben schwach...dann war er eben nicht stark und selbstbewusst genug, das zu überstehen, dann musste er das eben akzeptieren. Solang es aufhören würde, solang die Qual endlich aufhören würde....

Doch war das wirklich was er wollte. Schwäche zeigen und verlieren oder stark sein und es ertragen. Doch wie lange? Würde nicht alles unweigerlich darauf hinaus laufen, dass er verlor? So wie er jetzt verloren hatten? Wie er wieder erneut von seinen Emotionen in solch eine Situation gebracht wurde. Von seinem Zorn und seinem Stolz?
Es machte ihn wahnsinnig. Die Zweifel, die Gedanken...Wo war es alles schief gegangen. Wo war der Punkt gewesen an dem er hätte anders abbiegen müssen? Wo war er nun?

Ein Mensch wurde in den Raum geschubst und so war es dieser arme Narr, der ebenfalls zur falschen Zeit falsch abgebogen sein mochte, der nun die Wut des Raubtieres abbekam. Dessen Kehle zerfetzt wurde, dessen Leben in Sekunden verging. Dessen Blut den untoten Leib füllte und dessen Körper von Fäusten und Zähnen in ein Haufen undefinierbaren Fleisches und Knochen zermalmt wurde.
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [Fluff - Toma] Im Wandel

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

In der Dunkelheit allein

Ruhelos, schlaflos, wartend und leidend schritt sie durch das so leer scheinende Haus. Durch die dunklen tiefschwarzen Gänge. Die Öllampe in ihrer Hand erhellte sie nur schwach und zeichnete flackernde Schatten auf die Wände.
Es gab keinen Grund hier Licht zu machen. Es wohnte gerade niemand hier und er war auch nicht da...
Toma..
Martha strich über die Wände und Türen an denen sie vorbei ging und fühlte sich unendlich allein.
Seit er fort war fühlte sich dieses Haus noch so viel weniger wie ihr zu Hause an. Doch sie durfte auch nicht nach Hause. Zu gern hätte sie sich in seinen Raum gelegt, dort gewartete, in seiner Erde eingegraben, in der er so oft gelegen hatte.
Doch sie musste hier bleiben...
Und sie würde warten. Er würde wieder kommen, ganz sicher...
Das hoffte sie, das sagte sie sich immer, doch immer mehr Nächte vergingen.
Sie würde trotzdem warten....was gab es auch sonst...sie würde immer warten.

Leise bewegten sich ihre nackten Füße über den hölzernen Boden und durch die geflieste Halle.
Johann und die Ursii spielten irgendwelche Würfelspiele. Doch Martha war nicht nach Spielen.
Sie wusste dass es auch die anderen nur taten um sich abzulenken. Um überhaupt etwas zu tun, doch das half ihr nicht.

Sie ging den verlassenen Gang entlang, strich über die Wände und Türen, gedankenverloren, bis sie am Ende angelangt war. Da blieb sie stehen und starrte auf die Tür.
Dahinter konnte sie jemanden wimmern hören.
Etwas.

Martha verließ den Gang, um einen Moment später mit einer Schale Obst und Käse wieder zu kommen. Sie öffnete die Tür und trat in die Dunkelheit.
Daraufhin bewegte sich dort drinn etwas. Ketten rasselten und eine weiche Stimme sagte: „Martha...“

Hinter dieser Tür wohnte das neue Mitglied ihrer grotesken Familie. Toma hatte es Gandac genannt, was wohl so viel wie Käfer hieß. Abgesehen von ihrer natürlichenFamilie hatten die anderen alle Tiernamen bekommen...warum eigentlich, fragte sie sich.

Sie schloss die Tür und ließ sich ein paar Schritt dahinter auf den Boden nieder. Stellte die Schale vor sich und die Lampe neben sich.

„Hallo. Gandac.“

Es gab ein murrendes Geräusch von sich, dann schälte sich ein Gesicht aus der Dunkelheit und ein Klacken erklang, als sich das Wesen näher auf sie zubewegte, bis es von dem Zug der Kette, die an seinem Hals hing aufgehalten wurde.
Der kahle Schädel glänzte im Schein der Lampe. Die hellbraunen Augen waren blutunterlaufen und die Lippen verzogen sich zu einem Reißzähne-Grinsen.

Sie hatte keine Angst vor seinem Aussehen. Toma war auch monströs gewesen. Das war ihr ganz eigener Charme. Etwas besonderes. Aber sie hatte Angst vor seinem Verhalten.

Sie holte einen Apfel aus der Schale und drehte ihn in der Hand, bevor sie ihm diesen über den Boden zurollte. Seine Augen folgten der Bewegung und eine unnatürlich breite Hand mit Krallen schnappte sich das Obst und grub dann seine Zähne in das süße Fruchtfleisch. Es schmatzte, als es den Apfel samt Griebs verschlang.

„Mehr...Hunger.“ sagte es dann und legte sich flach auf den Boden. Die grotesken angewinkelten Beine, die nur in spitze, aus dem Fleisch ragenden Kochen, endeten, knickten ein und legten sich an seine Seite. Sein Rumpf war langgestreckt und neben den gängigen Paar Arme und Beine, besaß es jeweils noch ein Paar.

Sie gab ihm noch einen und fütterte ihn eine Weile. Ein Stück Käse fing er aus der Luft, wie ein Hund, dem man etwas zuwarf.

„Traurig.“ sagte Gandac dann nach einer Weile und sah aus weinerlichen Augen zu ihr.

„Bist du traurig? Ich bin auch traurig.“

Er legte seinen Kopf auf seine Arme und drehte ihn zur Seite.
„Ich alleine..“

Martha brauchte einen Moment um die Worte zu verstehen.

„Ja. Du bist alleine hier. Weil du den anderen Angst machst...sie haben Angst du verletzt sie und beißt“. Da schnappte Martha in die Luft.

„Du Angst?“

„Vor dir? Etwas.“

„Alle Angst.“
Seine vorderen Arme schlangen sich um seinen Kopf und er vergrub seinen kahlen Kopf darin, blickte Martha nicht mehr an.

„Teufel Schuld.“


„Er ist kein Teufel!“ zischte sie erbost.
„Er ist ein Gott! Und du wurdest für seine Kunst ausgewählt. Wenn du dich besser benehmen würdest, würde es dir besser gehen. Wenn du nützlich für ihn bist, dann wird er dich auch lieben....auf seine Art.“

„lieben?“ fragte das Wesen und drehte ihr wieder den Kopf zu.

Martha nickte. Er würde sie nicht um sich haben, wenn er sie nicht lieben würde, nicht wahr? Wenn er nicht Gefallen an ihr finden würde.Er würde sie doch alle nicht erschaffen, wenn sie ihm egal waren...oder?..oder?

„Er nicht da. Alleingelassen.“ sagte Gandac dann und Martha blickte zu Boden.
In ihren Augen bildeten sich Tränen.

„Er wird wieder kommen...das wird er...“ murmelte sie.
„Vater hat es gesagt. Dass wir uns keine Sorgen machen müssen.“
Marthas Blick war trüb voller Besorgnis.
„Aber weisst du was, ich glaube das nicht. Das er was zu erledigen hatte...Er hätte es mir gesagt, irgendjemanden von uns...und Cerb...er ist auch weg....“

„Was wenn sie nie wieder kommen? Wenn Toma nicht wieder kommt?“

Es schnürte ihr die Kehle zu.
„Was wird dann aus mir? Ich kann nirgendwo anders hin. Du auch nicht....Urs unul und doua auch nicht...Nur Vater und Mutter, Johann und...David...
Wir werden getötet. Wir werden sicher getötet..“
Ihre Stimme wurde panischer und ihr Atmen ging sehr schnell. Sie sah zu Boden, die Augen unruhig hin und her wandernd.

Gandac blickte sie aus traurigen Augen an und sein Gesicht verzog sich.
Ein Wimmern erklang von ihm und er krümmte sich zusammen.

Sie schluckte ihren Gram herunter.
„Tut mir leid....Es wird sicher alles gut.“ Sie betrachtete ihn aus feuchten Augen. Für ihn würde es das nicht werden. Für ihn war dies eine völlig neue Welt, ein neuer Körper. Es war schwer und es würde nicht einfach alles gut werden. Es würde lange dauern und es würde Kraft brauchen.

„Du wirst dich daran gewöhnen. Du bist etwas ganz besonderes.“ versuchte sie das Wesen aufzumuntern und auch sich selbst abzulenken.
Sie lächelte.

„Du kannst Sachen die ein normaler Mensch nicht kann. Du wurdest auserwählt und hast einen neuen Sinn bekommen.“ erklärte sie ihm in ihrem eingetrichterten Wahn. „Ein Kunstwerk.“

„Du musst dich nur besser kontrollieren. Dann kannst du genauso nützlich sein wie wir.
Etwas besonderes und wunderbares.“


Langsam stellte sie sich auf ihre Füße und schlich hockend näher zu Gandac.
Schritt für Schritt kam sie näher kniete sich neben ihn.
Ihre Hand hob sich vorsichtig zu seinem Kopf und legte sich sanft auf die ausgekühlte Haut. Es war nicht gerade warm in diesem Raum und auch Martha merkte, dass sie langsam fror.
Sie streichelte ihn...es...was auch immer es war. Er war ein ebensolches Kunstwerk wie sie, auch wenn sie sich natürlich als weitaus hübscher betrachtete.

Gandac drückte sich an sie. Sein Gesicht berührte ihren nackten gerillten Schenkel.
Nach einer Weile in der sie einfach nur bei ihm saß und ihm die Nähe gab, die jedes lebende Wesen brauchte, tasteten dann auch seine Finger nach ihr.
Krallen strichen über ihre Haut, was ihr einen Schauer über den Rücken jagte.
Sie kannte das Gefühl. Nicht nur von Toma, auch von Cerb.
Seine Hand berührte ihre seltsame Haut, fuhr die Rillen nach, ebenso fasziniert davon wie jeder andere, der sie sah und berührte.
Ihr Herz begann schneller zu schlagen.
Seine kräftigen Hände fassten nach ihr und ließen Martha für einen Moment vergessen wie man atmete.
Das war falsch....
Aber sie rührte sich nicht. Sein vorderer Körper richtete sich etwas auf, kam ihr näher. Seine Hände berührten ihren Rumpf, die falschen Hände die sie bedeckten.

Kräftige Arme, Krallen, Zähne...Die junge Frau hatte mittlerweile Gefallen an diesen Dingen gefunden, die sie oft umgaben und so ließ sie es gewähren.
Sie lehnte sich zurück und er kroch über sie.

Ihr Herz schlug hart in ihrer Brust und sie konnte auch seines spüren, so viel stärker als ihres, als wäre es doppelt so groß.
Seine Hände berührten sie, wie so viele zuvor. Hektisch chaotisch.

Plötzlich hämmert sich jedoch eines seiner spitzen Beine neben sie in das Holz des Bodens. was einen kalten Schrecken durch ihren Körper fahren ließ.
Mit groß aufgerissenen Augen starrte sie auf den blanken Knochen, der so nah neben ihr im Boden steckte und sie mit Leichtigkeit durchspießen konnte.
Ihre Eingeweide zogen sich zusammen und sie starrte auf den Kopf des Wesens, dass nun plötzlich ihren Oberkörper entlang leckt.

Sie wusste nicht was sie sich dabei gedacht hatte...
„Lass mich...bitte...“ brachte sie wegen des Knotens in ihrer Kehle schwer fällig hervor.
„Lass mich los“ Forderte sie wieder nun stärker.
Doch Gandac dachte gar nicht daran oder hatte sie nicht gehört. Martha drückte auf seinen Kopf, wollte ihn von sich wegschieben. Da packte er sie und drückte ihre Arme über ihren Kopf.
„Lass das! Ich will das nicht!“ fauchte sie ihn an, doch es runzelte nur die Stirn, als würde es nicht verstehen. Und dann spürte sie noch sein anderes Paar Hände, wie sie ihre Beine hinauf wanderten.

„Nein!“
Kalt und eisern umgriff sie die Angst, einem Schauer von Eiswasser gleich.
„Nein!“ Sagte sie lauter und strampelte mit den Beinen, im Versuch unter ihm wieder herauszukriechen, doch er hielt sie fest. Sie konnte ihre Beine zwar heben und bewegen, doch seine breiten Hände umschlossen ihre Waden und ließen sie nicht gehen.

Fragend blickt es sie plötzlich an, als würde es nicht verstehen, weshalb sie sich wehrte.
“Ich mag dich.“

Die spitzen Beine hoben sich erneut an und schlugen weiter in Höhe ihres Kopfes in den Holzboden, was Martha kurze Schreie entlockte. Dann bog sich sein verlängerter Rücken durch, wie eine Katze die einen riesigen Buckel machte und auch die hinteren Beine schlugen neben ihrer Hüfte ein. Seine hinteren Arme drückten ihre Beine auseinander.

Ein gellender Schrei entrang sich ihrer Kehle. Voller Panik schrie sie und nach ihrem Bruder, nach Urs, nach irgendwem, während sie verzweifelt versuchte sich frei zu winden.

„Shhhh..shhh..“.machte es und rieb seinen Kopf an ihrem. Sie konnte fühlen wie es an ihr roch und sein warmer Atem über ihren Hals strich. Da wandte Martha ihren Kopf mit einem Ruck herum und trieb ihre Zähne in sein Ohr. Biss sich mit aller Kraft daran fest.

Schmerzerfüllt schrie der entstellte Mann auf und riss seinen vorderen Körper nach oben, was ihn einen guten Teil seines linken Ohres kostete und seine Arme ließen Marthas los, schnellten zu seinem Kopf und hielten sich das blutende Ohr. Laut und schrill wie ein verletztes Tier kreischte es und Martha krallte sich mit beiden freigewordenen Armen an seinem Bein fest, zog sich daran hoch und ließ die Zähne auch in den strammen Muskeln seines Oberschenkels sinken. Auch wenn sie nicht so spitze lange Zähne hatte wie die Vampire oder Cerb oder Gandac selbst, tat es weh.

Nun geriet es in Panik. Seine Arme versuchten Martha zu schlugen, seine Beine trippelten herum, versuchten sie gleichzeitig zu stechen, aber waren dabei so unkontrolliert, dass er nur ins Straucheln geriet. Er knickte ein, stolperte und fiel halb zur Seite, halb stand er noch, was Martha einen Moment gab ihre Beine seinen gelockerten Händen zu entziehen und hektisch von diesem Monster weg zukrabbeln.
Doch bevor sie nur annähernd an der Tür gewesen wäre, griff seine Hand nach ihrem Bein, zog sie wieder heran und seine Zähne bohrten sich in ihre Wade.

Martha schrie und dann öffnete sich auch endlich die Tür und die beiden Urs kamen herein. Mit einem kräftigen Tritt gegen den Kopf des Monsters ließ es von Martha ab und der andere Guhl zog sie auf die Beine. Brachte sie außer Reichweite.

„Weh...tut weh...“ heulte es und tatsächlich liefen Tränen aus den Augen des Ungeheuers. „Sie hat mir weh getan. Ihr habt weh getan!“ Dann fletschte es die Zähne und starrte die Guhle voller Zorn an. Seine angespitzten Beine hämmerten in den Holzboden, wieder und wieder. Immerhin schien es das mittlerweile gelernt zu haben, wie sie zu benutzen waren. Er riss an der Kette an seinem Hals und wütete wie ein trotziges Kind.

Martha atmete schwer, Blut klebte an ihrem Mund und lief ihr Bein herab. Sie schaute das wütenden Elend an, dass dennoch so gefährlich war und trotzdem...konnte sie ihm nicht böse sein. Er war wie ein Tier, wie ein kleines Kind, dass nicht verstand und nicht verstehen wollte. Das nur haben wollte und wütend wurde, wenn es nicht bekam, was es begehrte.

Aber auch kleine Kinder konnte man erziehen...
„Du warst böse.“ Brachte sie mühsam heraus. „Du hast mir auch weh getan und nicht gehorcht.“

Es weinte und schrie.

„Kein Essen.“ sagte sie zu den beiden Guhlen, während diese sie stützten und aus dem Raum brachten.

Was habt ihr uns nur hier gelassen? Fragte sie in stillen Gedanken. Doch immerhin hatte sie nun etwas zu tun. Eine Aufgabe. Sie würde es lehren, erziehen und abrichten, damit es besser war, wenn er wieder kam.
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [Fluff - Toma] Im Wandel

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

.
Was vergangen ist und was bleibt

(zugehörig: https://forum.genua-bei-nacht.de/viewto ... f=83&t=725)

Kind hatte er gesagt. Von Kainiten und immer wieder uns gesprochen.
Er, der so monströs war, oder es...ein faszinierendes Wesen. und dann er, Toma...wie konnten sie zusammengehören?
Und was war aus ihm geworden? Sein Herz hatte aufgehört zu schlagen, seine Lunge atmete nicht mehr von allein und Blut...Blut hatte plötzlich eine starke Anziehungskraft auf ihn. Er lechzte danach, wollte es schmecken, trinken....Er war ein Untoter geworden. Ein Vampir, wie in den Sagen. Ein Monster dass den Menschen im Schlaf das Blut stahl...
Eine Veränderung hatte er gesagt. Ja. Das war eine Veränderung. Ein neues Leben in der Dunkelheit.
Die erste Nacht in diesem neuen Leben hatte er bereits einige neue Informationen erhalten.

Sonne war nun tödlich..er würde nie wieder das Tageslicht sehen. Eine groteske Vorstellung. Nur noch die Nacht...für immer...und das ja...die Ewigkeit. Er würde für ewig leben? Ewig?

Die Angst kratzte in seiner Brust. Das war alles so neu, so viel zu verarbeiten. Doch war es Angst oder schlichte Aufregung. Er wusste es selbst noch nicht zu sagen.

Allein saß er in seinem neuen Zimmer, das viel ansehnlicher und gemütlicher eingerichtet war, als die zeitweilige Unterkunft in der er zuvor geschlafen hatte. Gehoben konnte man es trotz allem nicht nennen, aber auch nicht schäbig.
Ein Stück poliertes Metall lehnte an einer Wand, auf einem Tischchen stehend.
Toma saß davor und bleckte die Zähne, betrachtete die neuen Zähne in seinem Mund.
Waren die einfach so gewachsen? In einer Nacht? Und dann ließen sie sich noch bewegen.
Versuchsweise ließ er die langen Fänge ein und ausfahren.
Navod hatte auch welche gehabt, dass hatte er gesehen, aber Navod war auch nicht menschlich.
Nun war er wie er? Würde er sich noch weiter verändern?
Tastend fuhr er die glatten Beißerchen mit dem Finger nach. Sie waren auch spitzer geworden, nicht nur länger.

….

„Veränderung, mein Kind ist der Schlüssel zur Perfektion.“ begann Navod in ihrer nächsten Lehrstunde. „Wir werden nicht perfekt geboren, aber wir können es sein, wenn wir uns darum bemühen. Nun ein jeder kann sich bemühen. Menschen können sich weiterbilden, lernen, bauen, lehren, erschaffen und doch werden sie nie die Möglichkeit haben Gott wirklich nahezu kommen. Zur Schöpfung selbst zu werden.

Ihr seid auch ein Schöpfer, Toma. Und zugleich habt ihr das riskiert und euer Leben und alles zu verlieren für ein verbotenes Wissen, eine tiefe Neugier in euch.“

Es war für Toma immer noch seltsam das Wesen so reden zu hören über ihn. Als wäre er wahrlich etwas besonderes und kein unbekannter mittelloser Zimmermann mehr.

„Mut und die Bereitschaft zum Risiko sind es die die Visionären von dem einfach Pöbel trennt.“
„Und der Erfolg und die Möglichkeiten etwas dabei zu gewinnen und mehr daraus zu machen ist es was die Mächtigen von den Schwachen trennt.
Und was uns von den Menschen trennt ist das mächtigste überhaupt. Göttliche Kraft. Wir wurden mit Gaben beschenkt, die fern jedes menschmöglichen sind. Wir sind auserwählt und ich habe euch auserwählt.“

Erklärte das monströse Wesen, das vor ihm auf einem Hocker inmitten des Raumes saß und einen nackten Menschen ohne Haare streichelte, der wie ein Hund zu seinen Füßen saß und dessen Haut von seltsamen Mustern verziert war, die wulstartig aus der Haut hervortraten. Toma vermied es den Menschen anzusehen, es kam ihm seltsam vor. Nicht dass er viel Mitleid mit ihm hatte, aber er wusste nicht wie er sich deswegen zu verhalten hatte. Er hatte noch nie so etwas gesehen oder jemanden einen Menschen so behandeln sehen, oder dass der Mensch es so bereitwillig mit sich tun ließ. Aber er saß auch noch nie mit einem gehörten Wesen in einem fremden Anwesen und führte mit ihm ein gewöhnliches Gespräch. Nun nein gewöhnlich war es auch nicht. Und er war nun auch kein Mensch mehr.
Etwas seltsames angsteinflößendes, aber auch aufregendes war passiert. Er war erwählt worden, tatsächlich für etwas Größeres ausgewählt worden. Und nichts was er getan hatte war ein Frevel gewesen. Er war dafür gelobt worden von Navod. Er war gut.

„Ich erwarte viel von euch“

Knöcherne Perlen an Fäden hingen von dem Geweih Navods herunter. Seine Augen waren nicht mehr rot sondern tiefschwarze glänzende Perlen, die ihn zugleich anzusehen und nicht anzusehen schienen. Die Züge seines Gesichtes waren länger geworden. Die Nase breiter und flacher, tierischer.

„Ich werde euch zu nichts zwingen, Kind. Denn diesen Weg müsst ihr selbst beschreiten. Es muss euer eigenes Bestreben werden, sonst werdet ihr nichts erreichen. Aber das wisst ihr vermutlich selbst.
Ich werde euch ein Führer sein, aber gehen müsst ihr von allein. Doch ich zweifel nicht daran dass ihr das könnt. Ihr habt es schon beweisen.“


Er war seltsam ruhig. Sein Körper war ruhig, obwohl er eigentlich tatsächlich furchtbar unruhig war, aufgeregt ob dessen was Navod ihm gesagt hatte. Erwartungen. Perfektion. Göttlichkeit? Wie sollte er das alles erfüllen? Doch sein Körper zeigte keine Anzeichen seiner Aufregung. Kein Herz schlug mehr, kein Schweiß dran aus den Poren, keine Atmung bewegte den Brustkorb.
Aber er hatte recht, er hatte es schon bewiesen. Er hatte Grenzen überschritten, Menschen gejagt und getötet ohne Angst. Weil er wusste dass er es musste. Und es war wahr gewesen. Er hatte sich nicht geirrt. Es gab einen Weg für ihn. Ein Schicksal. So würde er es annehmen, egal was es kostete.

„Ich werde euch nicht enttäuschen, Herr.“
„Ich bin nicht euer Herr, Kind. Ich bin euer Erzeuger, Vater oder immer noch Navod.“
Er wusste nicht ob er Navod je als Vater würde sehen können, doch als Mentor, Meister, das war möglich.

„Ihr werdet noch viel über die Welt in der Nacht zu lernen haben, aber wir haben Zeit. Eine Ewigkeit...im besten Fall.“

….

Die nächsten Nächte waren mit Lehren gefüllt und mit jeder Nacht fühlte er sich immer schlechter. Als wäre er krank. Dabei meinte Navod, dass er außer Blut nichts mehr bräuchte.

„Wie geht es euch, Kind?“

„Schlecht. Ich fühle mich krank. Müde und schwach.“ erklärte er.

Navod nickte so als hätte er genau das erwartet, denn er schaute nicht besorgt, sondern mit einem wissenden Lächeln.

„Euch fehlt etwas wichtiges Kind. Etwas das ich euch bewusst bis jetzt vorenthalten hatte. Damit ihr versteht, wenn ihr es erlebt.“

„Wenn der Tag heute graut und ihr zurück in euer Zimmer geht, werde ihr etwas finden, dass euch helfen wird.“ versprach das Monster, dann begann die nächste Lehrstunde der kainitischen Lehren. Über Kain und die Clans und so viel mehr.


Das Bett war weg. Als er zurück in sein Zimmer kam, den Kopf voll mit neuen Sachen, von denen er noch nie gehört hatte, da stand da kein Bett mehr, sondern eine große Kiste.
Er konnte den unverkennbaren Geruch frischer Erde riechen. So stark und ein seltsames gleich nostalgisches Gefühl überkam ihn. Er kannte diesen Geruch und er zog ihn an.
Mit fahrigen Bewegungen griffen seine Hände in die Erde und ließen sie durch seine Finger rieseln. Schnuppernd sog er den Geruch in seine verkümmerten Lungen. Das war sein Grab gewesen. Umgeben von diesem Geruch, diesem Gefühl war er erwacht.

Verwirrt blickte er sich im Raum um, als wäre da noch etwas was ihm das erklären würde oder Navod würde plötzlich da stehen. Doch das würde natürlich nicht passieren.
Es hatte gesagt es würde etwas in seinem Zimmer auf ihn warten. Etwas das helfen würde. Nun, das konnte nur die Erde sein.

Doch was sollte er mit ihr tun?
Unschlüssig blickte er auf die lange Kiste und deren Inhalt.

Das Bett war weg. Die Kiste glich einem Sarg.
Natürlich. Er war nun ein Blutsauger. Also musste er in einem Sarg schlafen?
Aber nein, es ging um die Erde.

Mit beiden Händen schaufelte er einen Teil der Erde auf einer Seite zu einem Haufen, dann versuchte er hinein zu schlüpfen. Grub die Beine unter die Erde und bedeckte sich dann damit, wie eine Decke. Es war seltsam. Absurd. Doch er wusste dass es richtig war. Tief in sich fühlte er einfach dass es gut tat.

Auf Erde gebettet und von Erde bedeckt schlief der neugeborene Drache wie auf den weichesten Kissen der luxuriösesten Betten.

„Warum Erde?“ fragte er Navod in der nächsten Nacht.
„Sie bringt Leben, sie birgt Leben.“ antwortete der absonderliche Mentor.
„Auch wenn ihr meint tot zu sein, so lebt ihr dennoch, Kind und ihr braucht die Energie die euch die Erde gibt, so wie jedes Lebewesen.
Nur nicht mehr auf die selbe Weise wie ein Mensch oder Tier.

Ihr wurdet darin geboren. Wie in einem Mutterleib.“

Nachdenklich blickte Toma in die Ferne bevor er Navod darauf antwortete.
„Aber ein Mensch wird vom Mutterleib getrennt. Sagt sich irgendwann von seiner Mutter los. Benötige ich sie weil ich noch ein Kind bin? Wird das Bedürfnis verschwinden?“

Navod schüttelte den Kopf.
„Das wird es nie. Sie ist der Ursprung des Lebens und wir brauchen sie. Ihr spürt es.“

…..

Wochen vergingen und es war eine Nacht wie jede andere, als Toma nach dem Erwachen instinktiv über sein Gesicht strich, die Erde von sich abstreifte und es aber plötzlich weh tat. Kein starker Schmerz, aber ein seltsames Gefühl, das sich erklärte sobald er in den provisorischen Spiegel blickte und ihm einen erschrockenen Schrei entlockte.

Die linke Seite seines Gesichtes hing herab, als wäre sie teilweise abgezogen vom unterliegenden Knochen. Panisch drückte er daran herum, schob die Haut wieder an die richtige Stelle und irgendwie blieb sie da auch, aber nicht richtig. Sie hatte überall nun kleine Dellen seiner Finger, war verzogen und hatte Wülste. Hektisch schmierte er noch mehr daran herum, was es nur schlimmer machte. Nun hatte er auch ausversehen einen Teil der rechten Gesichtshälfte mit berührt. Ziellos und hektisch zog und drückte und strich er über sein Gesicht, doch er wusste gar nicht was er da eigentlich tat, was mit ihm geschah. Seine Haut zog Fäden, als sich seine Finger nicht mehr von ihr trennen ließen. Rissen auf und entblößten Fleisch und Muskeln darunter. Brennender und stechender Schmerz strahlte davon aus und eine tiefe Angst kratzte in seiner Brust. Oder war es was anderes? Es fühlte sich unheimlich an,als würde etwas seinen Hals hinaufkletten wollen.
Laut schrie er nach Navod.bis der Name unter einem Knurren unterging.
Seine Arme zitterten. Er konnte sie nicht mehr kontrollieren.
„Navod!“ schrie er wieder und sprang panisch auf, doch bevor er aus dem Raum laufen konnte wurde alles schwarz.

Als Toma wieder zu sich kam, sah er Navod vor sich, sehr nah. Er hielt ihn und etwas steckte in seiner Brust. Er konnte sich nicht bewegen, er konnte nur sehen und fühlen wie er von Navod abgelegt wurde und dieser sich neben ihn kniete. Seinen Kopf auf seinen Beinen bettete.

Sein Raum lag in Trümmern, der Hocker und Tisch waren in Trümmer geschlagen, der Metallspiegel zerbeult.

„Es ist alles in Ordnung.“ sagte Navod und legte seine Hände auf Tomas Brust. Dort wo ein Stück Holz steckte und er konnte es tief in sich spüren. War das in seinem Herzen?!

„Ich weiss, dass euch das alles verwirrt.“

„Euer innerstes Wesen hat die Kontrolle über euren Körper übernommen.
Wir haben darüber gesprochen. Man nennt es gemeinhin Tier. Bestie. Manch einer würde wohl auch Dämon sagen. Ich weiss nicht was es genau ist, aber ich sehe es nicht als unser Fluch, Toma, auch wenn es sich bedrohlich anfühlt. Es ist ein Wesen in uns, dass uns gegeben wurde um uns stets zu fordern und uns zu beschützen. Es ist nicht einfach und es kann gefährlich sein, aber ihr dürft keine Angst davor haben.
Es hat ebenso wie ihr ein Interesse daran euch am Leben zu halten. Es ist mitunter sehr übereifrig, wenn es glaubt in Gefahr zu sein. Deshalb musste ich euch pflocken. Eine ebenso neue Erfahrung für euch.“

„Ihr habt euch selbst verletzt, Kind. Das hat es vermutlich so erschreckt, wie euch auch.“

Seine Berührungen waren zärtlich, als er über das entstellte Gesicht seines Kindes strich.

„Ihr habt unsere clanseigene Kraft entdeckt, Kind. Oder mehr hat sie sich nun in euch gezeigt. Ihr müsst nun lernen sie zu kontrollieren.“
Die spitzen schwarzen Finger drückten sich leicht in Tomas Gesicht und strichen langsam die Haut wieder glatt, drückten sie zurück in ihre eigentliche Form und machten Tomas Züge jedoch noch etwas feiner und glatter.
„Nur keine Furcht. Es wird weh tun, doch das kennt ihr bereits. Ihr habt gezeigt, dass ihr euch selbst Schmerz zufügen könnt. Das wird nun wichtig für euch sein die nächsten Jahre, zu lernen diesen Schmerz zu ertragen und auch eurem inneren Wesen zu zeigen, dass ihm dadurch keine Gefahr droht. Dass ihr wisst was für euch das beste ist. Für euch beide. Es ist ein Teil von euch und ihr ein Teil von ihm. Euch droht keine Gefahr, Kind.“
Die schwarzen Augen blickten in seine und Toma konnte sich selbst darin spiegeln sehen. Wieder normal, aber doch anders.
„Ihr könnt tun was immer ihr wollt. Was immer euch vorschwebt. Alles ausprobieren und entdecken. Alles sein ihr wollt. Es wird Rückschläge geben, es wird Schmerz und Schaden geben, doch ihr könnt das alles überstehen, wenn ihr stark genug seid. Wenn ihr euch selbst vertraut. Denn Grenzen gibt es nur da wo ihr euch selbst welche setzt....“

...
...'Alles sein was ihr wollt...'
Er hatte geträumt von früher. Die ersten Jahre.
Nachdenklich und melancholisch betrachtete Toma in seinem 'Grab' liegend, in der Erde die ihn noch mehr an all das erinnert, seine menschliche Hand, die er vor sein Gesicht hob.

'Grenzen gibt es nur da wo ihr euch selbst welche setzt.'
Lüge...er hatte eine Grenze entdeckt und die konnte er nicht selbst überwinden, die hatte er sich nicht selbst gesteckt. Er war dazu gezwungen. Sie waren dazu gezwungen in der Dunkelheit zu leben, im Schatten der Menschen. Nur um ihre Ruhe zu haben, um nicht aus deren dummen Angst vernichtet zu werden. Geschweige denn, dass sie über sie herrschen konnte. Dabei sollten sie doch die stärkeren besseren Wesen sein. Lüge.

So viele Versprechen, so viele süße Worte von Freiheit und Möglichkeiten und wohin hatte es ihn gebracht. Sie würden nie tun können was sie wollten. Er würde nie sein dürfen wer er wollte, wenn er sich nicht gänzlich von der Welt entzog. Doch was dann? Er hatte auf Reisen viel Zeit in Wäldern verbracht. Es hatte eine spezielle Schönheit keine Frage, die Wildnis, die Tiere und Gerüche. Doch dort gab es auch keine Menschen von denen man sich nähren konnte, dort gab es nichts außer Dunkelheit. Niemand würde sehen was er schuf.
War das sein Fehler? Hatte er falsche Ansprüche. Gab es wahre Göttlichkeit nicht auch nur dort wo man sich von der sterblichen Welt lossagte? War er noch zu sehr eingebunden? Gebunden an weltliche Schönheit? Doch war auch die Erde nicht ein Zeichen dafür, dass sie sich nie wirklich lossagen konnten?
Er war geschaffen um zu erschaffen, das lag ihm im Blut. Das war wahr.
Sich selbst, so hatte er begonnen...Er hatte immer nach Gefühl entschieden. Was sich gut anfühlte. War hier schon ein Fehler? Hätte er rationaler sein müssen?

Wohin...Vater....
...bin ich falsch abgebogen oder seid ihr es?
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [Fluff - Toma] Im Wandel

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Getier

Kritisch musterte Toma drei fette Ratten die in einem klapprigen dünndrahtigen Käfig hockten und ebenso interessiert an ihm in der Luft schnupperten, jedoch nichts an ihm riechen konnten außer den Gestank der Stadt, der an seiner Kleidung haftete. Es war für sie nicht erkennbar was er war.

Eine nahm er aus ihrem Käfig, hielt sie um ihren Bauch gefasst in einer Hand und das kleine Tier begann sich darin zu winden. Nicht mehr so panisch wie am Anfang, doch glücklich schien sie auch nicht von dem Tzimisce angefasst zu werden.
Als sie merkte, dass das keinen Erfolg erzielte, biss sie zu. Wehrte sich mit allem was sie hatte. Bohrte ihre langen Vorderzähne in seine Hand und mit einem wütenden Aufschrei, der schon beinahe einem großen Tier glich, schleuderte der Drache die Ratte gegen die nächste Wand, wo sie mit einem dumpfen Geräusch abprallte und auf den Boden aufschlug. Leicht benommen wankte sie auf ihren kleinen Beinchen scheinbar sonst unbeschadet vorran, bis sie schneller wieder ängstlich davon huschte. Unter den Tischen hindurch, auf der Suche nach einem Fluchtweg.

"Kleine dreckige Viecher!" Schrie Toma und fegte in seinem Zorn mit einer Armbewegung Werkzeug und den Käfig mit den anderen beiden Ratten vom Tisch.
Missmutig knurrte er während seine Augen den Boden absuchten.
Finden...müssen es finden und strafen...zermalmen.
Mit leicht gebleckten Zähnen ließ er sich in die Hocke hinab und sah sich um.
"Komm her kleines Rattentier…" erklang seine Stimme mit einem rasselnden zornigen Unterton. Wir brechen dir all deine kleinen Knochen im Leib. Verwandeln deine Organe in Brei und pressen es blutig aus dir heraus. Zischte er weiter wobei sich seine Hände zu Fäusten ballten als hätte er sie bereits dazwischen zerquetscht.

Der Zorn seines inneren Wesens pulsierte in ihm, trieb ihn halb kriechend über den Boden um diese Plage in die Finger zu bekommen.
Wie die Augen einer Katze folgten die Seinen den Bewegungen der Ratte, als er sie entdeckt hatte. Panisch rannte sie von Wand zu Wand, um ein Schlupfloch zu finden, kratzte daran, versuchte hochzuklettern, doch vergebens.
Schnell hechtete er ihr nach, doch das kleine Tier war auch flink und schwer zu fassen, es benötigte den Tzimisce einige Minuten bis er den nervigen Nager endlich wieder in den Händen hatte. Doch diesmal ließ er ihr keine zweite Chance. Mit einem kräftigen Druck der Finger brach er die kleinen Knochen in ihrem Körper. Presste sie in ihr Fleisch und Organe, quetschte alles zusammen und brach ihren Schädel, bis Hirn-und Fleischmasse aus dem pelzigen Körper platzten.

Und als er die Ratte tötete, zwischen seinen Fingern zermalmte in ihre sterbenden dunklen Auge blickte, klang das Fiepen der Ratten für ihn wie ein Todesschrei.
Eine tiefe Qual und Angst.
Verwundert blickte er auf den zerstörten Körper in seiner Hand.
Toma empfand es zwar als unnötige Sauerrei, aber fühlte sich doch sehr zufrieden, als das Blut der Ratte über seine Finger lief. Reue empfand er nicht, Bedauern auch nicht. Er hatte sich das nicht eingebildet...
Waren seine Sinne überlastet?

Sein Blick ging zu dem Käfig wo die anderen beiden Ratten panisch übereinander krabbelten und versuchten an den Stäben zu nagen.
Der lauernde Blick des Drachen fixierte die Tierchen, während er ihnen immer näher kam.

Noch eins? Alle tot?
Nein..sie brauchten sie noch. Hielt er seine Bestie zurück, die daran Gefallen gefunden hatte.

Seine Augen trafen die einer Ratte.
Gefahr! Gefahr! Gefahr! Angst…Flucht!

Mit großen Augen blickte er auf die Nager. Es kam eindeutig von ihnen.
Es war nicht so dass er es in ihr Verhalten hineinlesen konnte, dass er es nur so interpretierte weil sie offensichtlich Angst empfanden. Er wusste es einfach. Es war in seinem Kopf. Diese Worte. Es war keine Stimme, mehr ein Gedanke. Von außen erklang nur das Fiepen, doch instinktiv verstand er was es sagen wollte, wenn es denn sprechen könnte. Etwas verband sie...wie sein inneres Wesen. So wie er immer verstand was es wollte, verstand er die Ratte.

Tomas Hand näherte sich dem Käfig.
Nicht fassen!
Schien die Ratte zu schreien und er zog die Hand zurück. Da war sein Bruder also doch nicht verrückt geworden.
Mit einem breiten Grinsen erhob er sich aus der Hocke und hielt den Käfig auf Augenhöhe vor sich.

„Shhh…“ machte der Drache. „Ruhig.“ Und das Fiepen verstummte.
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [Fluff - Toma] Im Wandel

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Stillstand

Toma stand einfach nur da. Der Leib nackt, von einem orangen Schimmer der flackernden Kerzen bedeckt. Die Wand war mit Knochen beklebt und noch unzählige mehr lagen auf dem Boden.
Die kleinen Teile fächerten sich auf, wie Schuppen, bildeten Lagen und Rundungen wie Wellen, die von einem Ursprung ausgehen und sich über die Wand ausbreiten. Und Toma starrte einfach nur darauf, so abwesend und unbewegt, man hätte meinen können er wäre von gänzlich anderem Blut.
Doch er bemerkte was um ihn herum geschah. Er betrachtete sein Werk nicht voller Faszination sondern suchte nach den Fehlern. Ließ es auf sich wirken. Überprüfte und verbesserte, wo es nicht passte. Seine Augen huschten schnell über das Bild, getrieben von einem inneren Druck.

Er bemerkte trotz dessen durchaus wie sich Martha neben ihn gestellt hatte und mit zusah. Dann aber ihn ansah.

Sie bewunderte ihn. Ein Meister. So fokussiert. Aber sie wusste auch dass ihm oft noch andere Dinge im Kopf herum gingen und fragte sich ob er nicht gerade wieder grübelte. Sie wusste, dass es ihm nicht gut ging und sie wünschte sich er würde mit ihr reden. Es war ja nicht zu übersehen gewesen, dass er sich verändert hatte, nur nicht zum Guten. Nicht für ihn.
Und doch weigerte er sich es wieder rückgängig zu machen, warum?
Und warum sprach er nicht mit ihr? Sie wollte ihm helfen, für ihn da sein, aber er schwieg immer zu...wenn er nicht gerade jemanden anschrie. Fraß alles in sich hinein. Vergrub sich in Arbeit. Nicht dass er das nicht schon immer getan hätte, aber nun war er immerzu gereizt.

Sanft strichen Marthas Finger über Tomas Arm, unbewusst wollte sie nach ihm greifen, ihn erreichen, aus seinen dunklen Gedanken ziehen. Überrascht blickte er sie einen Moment an, als sie ihn tatsächlich so seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Blinzelte. Dann lag da etwas neues in seinem Blick. Etwas das sich unter der offensichtlichen Musterung verbarg und sie noch nie bei ihm gesehen hatte, doch vielleicht spielten ihr die Schatten auch nur einen Streich.

Dann legte sich seine Hand auf ihren Kopf strich über die warme Haut, die sich über diesen wie Haar hinab zu den Schultern zog.
Er betrachtete sie und strich tiefer hinab über ihren Rücken...die eingefurchte Haut und die Knochen die sich entlang ihrer Wirbelsäule zogen, aber nicht ihre eigenen waren. Obwohl nun waren sie es, oder nicht? Ein Teil von ihr geworden.

Er strich ihr über die warme nackte Haut und fühlte die feine Gänsehaut die sich daraufhin bei ihr bildete. Sie hielt den Atem an, als er ihr näher kam.
Martha hörte und spürte wie er Luft einsog, an ihr roch.
Es war ganz selten, dass er so etwas lebendiges benutzte wie Atmen. Riechen hatte er meist unterlassen. Es gab oft ohnehin nichts angenehmes zu riechen in dieser Stadt, aber er wusste auch besser als andere, dass es einiges gab was vor den profanen Sinnen verborgen blieb.
Und Martha roch nach...Wärme und Pflanzen und Schweiß und Staub und alles irgendwie vermischt und nur dezent...wie die frühe Nacht im Sommer, wenn die Erde noch von der untergegangenen Sonne erhitzt war...und etwas anderes, was er nicht kannte..blumig.

Er spürte ihr Herz unter seiner Hand, die nun auf ihrer Brust lag, schlagen. Schnell und stark. Blut pulsierte in ihrem Körper, stieg ihr in den Kopf und ihr ganzer Körper schien dies auszusenden und nicht nur Martha spürte ein feines Kribbeln auf der Haut, wo ihre Haut sich berührten. Ihre Muskeln waren angespannt. Er kannte das bei ihr. So reagierte sie immer, wenn er sie regelmäßig untersuchte um zu sehen ob noch alles am richtigen Platz war. Sie war aufgeregt.

Sie atmete, ihr Brustkorb hob und senkte sich. Tomas Finger fuhren über die Finger auf ihrer Brust. Hier hatte er bemerkenswerte Arbeit geleistet. So grotesk und doch von gewisser Eleganz, so perfekt waren diese langen Finger mit glatter makelloser Haut und reinen glatten Nägeln.

„Bist du zufrieden mit dem, was ich aus dir gemacht habe?“ Fragte er plötzlich und Martha hielt für einen Moment den Atem an. Nicht damit rechnend, dass ihr Herr ihr so eine persönliche Frage stellen würde.
„J...ja.., Herr“ antwortete sie und wusste selbst nicht ob sie es wirklich so meinte oder nur instinktiv aus Angst geantwortet hatte.
Sie konnte ihn wieder schnuppern hören.

„Wärst du nicht gern anders?“
„Ich...eh..nein...ich weiss nicht...“
„Hab keine Angst. Ich werde dich nicht bestrafen. Sag mir was du denkst.“

„Ich...ich bin zufrieden so wie ich bin...“ gab sie langsam und zögerlich wieder. „...denn ihr habt mich so gemacht...das heißt...ihr findet mich schön, ihr schätzt und begehrt mich...“ sie schluckte. „Für eine Frau gibt es sonst nichts zu hoffen außer einen Mann zu finden der sie...liebt und ihm Kinder zu schenken...“ Ihr Herz schlug schnell in ihrer Brust.
„Das..das macht mich etwas traurig“ haspelte sie mit belegter Stimme weiter "...denn das werde ich nie haben...aber dafür bin ich etwas besonderes. Ein Wesen abseits der Menschen...so wie..ihr.“ Ihre Stimme wurde immer leiser und sofort scholt sie sich für diese Worte. Sich mit ihm auf eine Stufe zu stellen, was dachte sie sich nur...

Zum ersten mal fühlte er Bedauern für dieses Mädchen...nicht wegen der Kinder, sondern weil sie spürte wie es war mehr zu sein und doch würde sie nie weiter kommen als an diesen Punkt.
Denn sie war doch nur ein Kunstwerk...ein Werk das er wegwerfen würde, wenn er genug von ihr hatte, sich satt gesehen...oder?

„Wenn dein Verlobter damals nicht gestorben wäre, dann hättest du das jetzt. Ein Mann und Kinder..willst du das lieber? Dein Körper wäre ausgezehrt, deine Haut und Brüste hängend..ich könnte dich wieder zu einem normalen Menschen machen und wieder in die sterbliche Welt entlassen.“ erwiderte er bitter und drehte sie an ihrer Hand führend einmal um die eigene Achse.
Da blieb sie stehen, die Augen Schreck geweitet.
„Nein! Ich will bei euch bleiben!“ Da war sie sich sicher. Was sollte sie da draußen? Was sollte sie tun? Sie wusste sie würde ihn vermissen, sie konnte nicht mehr ohne ihn sein.
„Das ist mein zu Hause. Ihr seid mein zu Hause. Und Mama und Papa, selbst die Ursii...“

Zu hause...Toma lächelte und sogleich überkam ihm Wehmut. Sein zu Hause war nun auch hier...seine Heimat doch so fern...hätte er nicht fortziehen sollen?
War das schon sein falscher Weg gewesen?
Aber er hatte etwas geschaffen, viel geschaffen, viel gelernt, das konnte nicht umsonst gewesen sein. Nein alles ist ein Prozess des Lernens. Dinge die er nicht vergessen würde und so konnte es nicht falsch sein. Das war was blieb.

Martha war nun unmenschlicher als er, optisch..doch machte sie das zu einem von ihnen? Nein.
Machte sie das besser? Wenig.
Sie blieb ein Mensch. Ein Mädchen das sich nach Aufmerksamkeit sehnte...
Schwach oder stark nur wenn er es wollte. Lebend oder tot, wenn er es wollte.

Nichts hatte sich geändert. Das Aussehen war nicht alles. Es entschied nicht wer er war.
Das wollte er glauben aber er spürte auch immer noch den Drang in ihm sich wieder zu verändern.
Nicht nur andere. Nicht nur zu schaffen, sondern auch selbst zu wachsen. Doch das war so wie früher nicht mehr möglich. Womöglich falsch. Wie dann? Wie dann?
Die Unruhe die er schon so lange spürte, flammte wieder auf, wurde immer stärker über die Jahre. Er stand still...zu lang still und es fühlte sich an, als würde die Zeit irgendwann ablaufen, dass er zurückblieb und im Sand der Zeit verging, wenn er nichts tun würde.

Er blickte an Martha hinab. Auch aus ihr war nichts geworden. Nichts hatte er mit ihr weiter getan. Sie war stehen geblieben. Ein Kunstwerk ja, das die Zeit überdauern könnte, aber immer gleich blieb, bis es langweilig und gewöhnlich werden würde.

Unvermittelt gruben sich seine Hände in Marthas Seite und rissen ihr die Knochen die mehrere Ringe um ihre Taille bildeten aus dem Körper. Sie schrie auf, krallte sich an ihm fest, denn sich zu wehren, versuchen zu fliehen hätte nichts gebracht. Mit Entsetzen sah sie zu ihm auf und sah nur eine Fratze des Wahns in seinem Gesicht. Sie hatte seine Besessenheit für die groteske Schönheit seiner Kunst schon oft gesehen, doch diesmal steckte noch etwas Beängstigenderes darin...oder mehr noch: fehlte etwas. Die Vision. Es war reine Gewalt, die sie erfuhr und das ließ sie mehr erzittern als der Schmerz.

Er hatte das nicht bewusst gewollt, nicht darüber nachgedacht, wusste nicht mal was er da tat oder mit ihr vor hatte, er hatte einfach reagiert aus einem seltsamen Impuls heraus und aufgebracht, als gäbe es nun nichts wichtigeres, als müsse er das tun, riss er ihr die Knochen Stück für Stück herunter. Sie waren in ihre Haut eingebettet gewesen, aber hatten diese nicht durchdrungen, so blutete es nicht stark, aber bedeckte ihren Bauch und Rücken doch bald damit. Tränen rannen ihre Wangen hinab und Schluchzer, die sie zu unterdrücken suchte, ließen ihren Leib erzittern.

„Neu...Ich mache dich neu...anders...ein wenig Veränderung...nur ein wenig...“
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [Fluff - Toma] Im Wandel

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Wachstum [1025]

Sägen dringen in das feste Fleisch. Zerteilen den Körper.
Grobe Steine schleifen darüber, raspeln es ab.
Sie treiben Nägel hinein, bohren Löcher und zerschneiden.
Fügen wieder zusammen, bilden etwas Neues. Eine neue Form entsteht.
Das Fleisch wächst, wird Teil eines anderen, wird mehr, wird größer!



Toma und Filip standen vor der neuausgebauten Werkstatt, die von aufgestellten Fackeln erhellt wurde. Frisches Holz hatte sich an das alte angefügt und das bestehende war neu lasiert worden, sodass es nicht mehr wirkte, als würde die Hütte schon 20 Jahre hier stehen. Dunklere Streben zogen sich links und rechts Einganges in gleichmäßigen Abständen an der Außenfassade nach oben und spalteten sich nahe des Daches auf um sich mittig wieder zu treffen, wie das Gewölbe einer Kirche. In den noch leeren Bereichen die die Eingangstür umrahmen sollten hatte der Schüler mit Kreide Formen vorgezeichnet wo er sich welche Figur vorstellte, doch Toma war kritisch. Schweigend hatte er alles einige Zeit betrachtet. Lange, bevor er darauf zu ging und die Zeichnungen einfach weg wischte.
„Nicht gut?“ fragte der Mann unsicher, der schon lange kein junger Geselle mehr war, aber es für Toma immer bleiben würde.
„Zu gewöhnlich. Dies ist ein Haus der Schöpfung!“ sagte er und hob bezeichnend die Hände und betrachtete, was er und der Mensch geschaffen hatten. „Es muss das ausstrahlen.“
„Die Handwerker sie arbeiten an etwas…aber…ah!“ Eine Idee kam dem Tzimisce und er betrachtete die Fläche nun noch genauer, sich etwas neues darauf vorstellend, dass nur in seinem Kopf existierte, aber bald…bald Wirklichkeit werden könnte.
„Filip! Die kleinen Handwerker, sie werden das erschaffen!“ und Toma zeigte auf das Haus.
Filip blinzelte verwirrt.
„Wir werden sie darstellen als würden sie das Gebäude bauen…und sich! Sind sie doch selbst nur aus Holz und ein Teil des Ganzen! Ah.“ Der Tzimisce schien entzückt und Filip verstand und seine Mimik hellte sich vor Begeisterung auf. „Eine erstaunliche Idee, Meister.“
Toma nickte. „Los! Mach mir Vorschläge. Was fällt dir dazu ein?“ und der Zimmermann begann vor Aufregung das Stottern.

Aber seine Ideen waren nicht schlecht. Wurden teilweise verändert, etwas ausgebessert, aber er hatte Ahnung. Eine kleine Figur hämmerte Nägel in den Rahmen neben sich. Eine andere hob am Bogen ein Teilstück an um es in eine offengelassene Öffnung zu stecken. Eine andere schliff das Holz und wurde ihrerseits von einer weiteren geschnitzt, die Hammer und Schlageisen am Rücken angesetzt hatte. Einem anderen wurde ein Bein angesteckt, an anderer Stelle angepinselt. Es war ein groteskes aber faszinierendes Bildnis von Schöpfung. Das man jedoch auch nur gänzlich wahrnahm, wenn man sich Zeit nahm und genau hinsah.
Man könnte es geradezu blasphemisch nennen. Wenn nicht über dem Tür zudem Engel geschnitzt gewesen wären, die das ganze wohlwollend betrachteten. Gar die eigentlichen Strippenzieher waren?

Noch ein Jahr arbeiteten die Zimmermänner an der Gestaltung. Eins ums andere mal flog etwas durch die Werkstatt und Arbeiten an denen sie lange gesessen hatten, wurden einfach zerstört. Was nicht gut genug war, war eben nicht gut genug und die Menschen musste Tag, wie Nacht schuften. Auch Toma hatte selten Statuen mit Fassaden zusammen gebracht. Eine Tiefe auf eine flache Fläche. Es war faszinierend und fordernd und bald stand es dann:
Ein Meisterwerk in dem beschaulichen schlichten Dörfchen vor der Mauer.
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Re: [Fluff - Toma] Im Wandel

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Hoffnung

Lange hatte er gewartet.
Gehofft, gebetet, gefleht sein Herr würde ihn wieder aufsuchen. Doch er kam nicht. Erst ein Monat, dann zwei, drei, vier….aus Monaten wurden Jahre…
Hatte er ihn verlassen? Hatte er etwas falsch gemacht? War er hier her geschickt worden, nicht um etwas zu bewirken sondern um zu verschwinden? Hatte er ihn nicht mehr gewollt? Oder hatte er gesündigt? War er hier um zu büßen?
Er sehnte sich nach ihm, so sehr und sein Blut…
Manchmal hatte er sich gar nicht mehr unter Kontrolle gehabt. Hatte andere angegriffen, nur um sie bluten zu lassen, um es zu schmecken…
Wahnsinnig nannten sie ihn. Dabei brauchte er doch nur das heilige Blut.Es war eine Gabe. Es war seine Erlösung und sie verstanden das nicht. Konnten es ja nicht wissen.
Warum nur, warum hatte er ihn verlassen?!

Doch die Sehnsucht ließ ihn weiter ausharren, die Hoffnung, die blinde Hoffnung…Er hörte nicht auf an ihn zu denken. Am Tage, in der Nacht. Er durfte ihn nicht verraten. Sein Engel, war sein Geheimnis. Doch die Worte drangen trotzdem aus seiner Seele. Riefen nach ihm, wenn er es nicht kontrollieren konnte.

Schmerzhaft bohrte sich die Nadel in sein Fleisch, zog Stich um Stich einen dicken Zwirn mit sich. Rauf, runter, rauf, runter…bis die Lippen fest verschnürt waren.
Oh seliges Schweigen…doch oh weh…wie essen? Wie trinken?
Ein Tag, zwei Tage, drei, vier...mehr...dann riss er sich die Nähte wieder auf, zerriss sich die Lippen.
Und die Verzweiflung trieb ihm weiter Schmerz in den Körper.
Erneut, wieder zu, wieder auf…kein Erfolg.

Sie mieden ihn, sie hatten Angst vor ihm. Immerhin verstießen sie ihn nicht. Er war ein guter Arbeiter, er tat was er musste, half wo er gebraucht wurde. Nur hörte es nicht auf.
Toma, Toma, Toma, Toma, Toma, Toma, Toma Ianos Navodeanu, Lehrer, Heiler, Meister, Heiland.

Glühend heiß war das Messer, als es seine Zunge durchschnitt, der Schmerz ihm fast die Sinne raubte. Nie wieder reden, nur schweigen.
Schweigen und das ewiglich.

Doch ewig blieb es nicht.
In einer Nacht, die war wie jede andere, öffnet sich seine Tür und er wusste es, er wusste in dem Augenblick wo er die Gestalt sah und sie seinen Namen nannte:
Sein Heiland war zurückgekehrt.
Auch wenn er nicht mehr annähernd aussah wie er ihn kennengelernt hatte, doch bezeugte das nicht mehr seine Macht?
Unter Tränen fiel er auf die Knie, küsste die Schuhe die durch Schlamm und Unrat der Straßen gewatet waren, klammerte sich an die Beine des Mannes.
Er weinte, weinte wie nie zuvor in seinem Leben, aus purer Freude und Erleichterung.
Er hatte gewartet, hatte nicht aufgegeben und er war zurückgekehrt!

Sein Herr öffnete sein Fleisch und der so bekannte Geruch seines Blutes erfüllte den Raum. Zitternd griffen Finger nach seinem perfekten weissen Fleisch und zerstörten Lippen legten sich um die Wunde, saugten das Blut in gierigen Schlucken, hätten immer weiter gemacht, wenn er es ihm nicht entrissen hätte.
Leise flüsterten Worte einen Plan und er war bereit. Hatte nur auf diesen Moment gewartet. Es war so weit.
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Re: [Fluff] Im Wandel [Toma]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Familie

Nein...NEIN!

Das durfte nicht sein!


Jegliche Farbe wich aus Johanns Gesicht, als er von den Wachen und Boten hörte, was den morgen geschehen war.
Es traf ihn so unvorbereitet. Er wusste nicht was er sagen sollte, was er denken sollte. Seine Gedanken rasten und stockten. Waren nicht zu fassen.

Mutter, Vater...

Er rannte los. Sofort. Ließ alles stehen und liegen. Er dachte nicht darüber nach ob es klug war, aber er musste. Er musste es sehen.
Es waren nur Lügen...es war jemand anderes gewesen. Nur eine Verwechslung?

Sein Herz hämmerte in seiner Brust, seine Haut fühlte sich alt und kribbelig an.

Als er die offene Tür des Hauses sah, sank ihm das Herz. Es schnürte sich ihm der Hals zu.
Die dicke dunkle Holztüre mit dem verschnörkelt eingeschnitzten Drachen stand einfach offen.

Langsam, nicht mehr ganz da...in der Realität verankert, schritt er durch die Tür des Hauses, dass zwanzig Jahre sein zuhause gewesen war. Hier war er groß geworden. Hier hatten sie alle immer zusammen gegessen und gelacht...auch geweint. Schmerz erfahren. Er war jetzt lange nicht mehr hier gewesen...aber es war dennoch sein zuhause. Und nun war niemand mehr hier?

Doch...Plünderer!
Räumten die Schränke leer und stahlen alles was tragen konnten.

Er taumelte, ihm wurde kalt, als die Realität immer härter zugriff. Er wollte schreien: Macht euch hier weg! Lasst eure Hände davon! Das ist mein Haus.
Doch nicht mehr als ein Krächzen konnte er vorbringen. War es die Angst dann ebenfalls ergriffen zu werden? Getötet...

Er ging durch die Zimmer. Schubste einen verlodderten Bettler weg, der die Kleider seiner Eltern an sich gerafft hatte. Verdammte Claviculaner. Aasgeier!
Fahrig wühlte er durch das was noch da war.

Er nahm ein Tuch seiner Mutter und ein altes Hemd seines Vaters, dass dieser aus der Heimat mitgebracht hatte.
Der wenige Schmuck und die Bücher, die sie besessen hatten, waren bereits weg. Auch die Schreibfeder und Pergament.
Martha hatte nichts mehr hier gehabt und David...Er wusste so wenig von ihm. Kannte ihn kaum.
Sein Sohn.

Johann fand noch die kleinen Tierholzfiguren, die er ihm geschnitzt hatte, als David noch ein Kleinkind gewesen war. Ein Geschenk an ihn.
Tränen bildeten sich in seinen Augen, aber er erlaubte sich nicht zu weinen. Nicht jetzt.

Er stolperte in den nächsten Raum...Tomas Raum. Die wenigen Dinge die hier drinn waren, waren herausgerissen worden. Der Wandschrank stand offen und leer.
Gut...Er war froh.
Es machte ihm nichts mehr die Fremden leiden zu sehen, aber er wusste dass es nun besser für sie war. Dass sie von dem Schmerz erlöst waren.
Er hatte damals Alpträume davon gehabt. Wenn sie nicht gehorcht hätte, wären sie auch so geendet.
Das hatte er gesagt.

Die Kiste war unter dem Bett hervor gezogen. Niemand hatte sie mitgenommen. Warum auch. Erde war den Menschen nichts wert. Er musste sie mitnehmen. Doch er konnte sie nicht allein tragen. Er musste später wieder kommen.

Er ging zurück in den Aufenthaltsraum wo nur noch der Tisch stand, und einige von Tomas Schnitzereien. Sie hatten viel Zeit hier verbracht. Er erinnerte sich auch, wie sie damals das erste mal sein Blut trinken mussten.

Er frisst dich...hatte Mutter gesagt. Er stellt unvorstellbare grausame Dinge mit dir an, wenn du nicht gehorchst. Das hatte sie gesagt. Sein Vater hatte ständig dagegen geredet. Wie besonders und nahezu heilig er sein musste. Mit Kräften gesegnet, die von Gott selbst kommen müssten.

Und er, er hatte einfach nur Angst gehabt, anders als Martha.

Sie hatten beide irgendwo recht gehabt. Toma war kein Heiliger und kein Engel, aber womöglich gab es die auch nicht.
Die Welt war so kalt und grausam und die Kainiten die, die sie beherrschten.

Sie waren nur Menschen. Sie starben. Keine Ewigkeit. Keine Macht.
Es bekümmerte ihn nicht mal wirklich. Er wusste wo er stand.
Doch er hatte nicht gedacht...dass es so wäre....sie zu verlieren. Dass es ihn so schmerzen würde.

Er verließ sein Elternhaus und schritt Richtung Hafen, das Kleiderbündel an seine Brust gepresst.
Er wusste nicht warum er das tat. Er wusste doch was er sehen würde und wollte es nicht und doch musste er es. Wollte doch irgendwie sicher gehen...

Er atmete unstet, das Herz schlug ihm bis zum Hals.
Jeder Schritt war schwer. Es fühlte sich an als müsse er durch einen Sumpf waten.

Als er schließlich davor stand spürte er nur Angst. Panik die durch seinen Körper kroch, an seiner Haut kratzte, sein Herz umklammerte.
Der Geruch von Rauch und verbranntem Fleisch hing noch in der Luft.
Stieg von den Scheiterhaufen auf, auf denen die verkohlten Überreste mehrerer Menschen hingen.
Er musste würgen und erbrach sich auf dem Marktplatz.

Jemand lachte. „Schwacher Magen, was?“

Johann drehte sich herum, alles drehte sich. Er wollte das nicht sehen. Was hatte er sich gedacht. Er taumelte davon. Doch nicht nach Broglio zurück. Er verließ die Stadt durch die Porta di Pietro und wanderte durch die Wiesen vor der Stadt. Abseits von alledem, ließ er sich in das Gras sinken und blieb liegen.

Erst hier, unter dem blauen Himmel und der höhnisch lachenden Sonne, wo niemand war und er allein, erlaubte er sich zu weinen.

All der Druck brach und ließ den Schmerz aus ihm herausfließen, als könnten die Tränen ihn herauswaschen.

Er hatte immer gewusst, dass der Tag einmal kommen würde, doch machte es das nicht leichter.

Er hatte sie geliebt. Alle. Auch wenn er das vielleicht nie gesagt hatte.

Er verbrachte den Tag zwischen dem Gras, auf der warmen Erde. Mit sich und der Trauer allein. Erst als die Sonne begann sich dem Horizont zu nähern stand er wieder auf. Er musste zurück. Er musste berichten und sich kümmern.

Er würden nicht aufhören ihm zu dienen. Er verehrten ihn trotz allem. Er hatte ihnen eine Aufgabe gegeben. Er hat ihnen Jugend und Stärke gegeben, wenn auch nicht ihm.
War es Gottes Werk oder das des Teufels?

War es Gottes Werk Menschen zu verbrennen?

Die Welt war kalt und grausam und er war ein Teil von ihr.
"Du fügst dich falsch ein! Du bist so fremd hier! Kannst du du selbst sein? Und bist du ganz bei dir!?" - ASP
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