Gespräche unter Frauen [La Vedova]

[Oktober '16]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Maria Penthesilea
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Re: Gespräche unter Frauen [La Vedova]

Beitrag von Maria Penthesilea »

"War es das?" sagte die Nonne nachdenklich? "Du sagst: Der Verstand steht im Weg. Zuviel Verstand. Und du hast Recht, oh ja. All die Jäger dieser Stadt..." Sie schüttelte den Kopf. "Die meisten. Sie sperren ihre Instinkte ein. In ihren Verstand, tief."

Sie blickte Seinfreda an, lächelte. "Aber: Du lobst zugleich Worte. Sind diese nicht der Verstand? Worte mögen helfen. Manchmal. Oft auch nicht. Oft sprechen Taten lauter."
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La Vedova
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Re: Gespräche unter Frauen [La Vedova]

Beitrag von La Vedova »

"Zumindest steht es so in der Bibel", entwortete die Rothaarige verwundert und sah die Nonne an "Lehrt euer Orden etwas anderes?"

Auf die zweite Frage hin sah sie nachdenklich an Maria vorbei, betrachtete die unter dem Fackellicht tanzenden Äste der Bäume.
"Verstand und Worte sind nicht dasselbe. Worte können auch aus unserem Innersten kommen,sie haben Macht über uns. Und damit meine ich nicht das verdrehen von Worten in hoher Diplomatie, sondern einfach, dass Worte Dinge in uns auslösen können. Beigeisterung, Leidenschaft, Hoffnung, Liebe, Vertrauen, Zuversicht aber auch Hoffnungslosigkeit, Angst, Trauer und Einsamkeit. Worte können uns Kraft geben und uns lähmen, in Aufruhr versetzen und beruhigen. Worte haben für uns Bedeutungen, lösen Erinnerungen, Bilder, Vorstellungen und Träume aus. Je nachdem was wir erlebt haben, können die Worte für uns jedoch völlig unterschiedliche Bedeutungen haben. Sie sind eben nicht bloß Wind, sondern können bis in unser tiefestes Inneres dringen. Sie sind die Grundlage unseres Denkens.“

Sie blickte wieder Maria an, dann zu dem Bogen und wieder zurück. Sie musste versuchen ind er Sprache der Jägerin zu reden.
"Verstehst du, was ich meine? Auch Worte können Waffen sein, so wie dein Bogen", sie deutete auf das Jagdwerkzeug "Auch Worte können ihre Opfer einfangen, wie Fischnetze, sie können treffen, tief ins Herz, wie Pfeile, sie können schmerzhaft sein, Worte können töten. Wenn der Richter Recht spricht, so hängt alles von seinem Wort ab. Worte können verwirren, so wie falsche Fährten, sie können Fallen sein wie die, die ihr vielleicht in der Heide stellt..."
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Maria Penthesilea
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Re: Gespräche unter Frauen [La Vedova]

Beitrag von Maria Penthesilea »

Die Nonne schien tatsächlich über diese Worte nachzudenken. "Interessant, die Idee. Und ja: Worte haben Macht. Aber als Werkzeuge in der Jagd? Sie taugen nur bedingt. Es sei denn..." Sie schüttelte sich leicht bei dem Gedanken "...der Jäger jagt nicht selbst. Lässt andere die Beute bringen. Verleugnet sich."

Dann hob sie den Finger. "Steht nicht in dei... der Bibel von der Schlange? Sie spinnt Worte ebenso. Verführt, ja." Sie grinste. "Versucht du mich zu Worten zu verführen? Bist du eine Schlange, Jägerin?" Die Arme verschränkt, blickte Maria Penthesilea die Witwe an. Durchaus freundlich.

"Einst galt die Schlange als weise", sagte sie leise. "Besser eine Schlange... als eine Schleiche."
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La Vedova
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Re: Gespräche unter Frauen [La Vedova]

Beitrag von La Vedova »

„Verleugnen? Ist es nicht mehr Ehrlichkeit zuzugeben, dass jeder unterschiedliche Stärken hat? Der eine ist ein guter Krieger, der nächste ein guter Handwerker, Schreiber, Jäger? Ist diese Stärken zu nutzen nicht auch das, was unsere Gesellschaft konstituiert? Wir können nicht alles können, wir spazialisieren uns und konzentrieren uns auf das, worin wir gut sind…“
Als Maria von der Schlange im Paradies sprach, begannen ihre Augen zu leuchten. Ja, die Schlange…Sie lauschte gespannt en Fragen der Nonne, zuckte nicht zusammen als diese von Verführung sprach, erwiderte amüsiert das grinsen der anderen.
Seinfreda ließ sich Zeit um zu antworten, dann nickte sie langsam und kniff die Augen zusammen „Vielleicht könnte man das sagen, ja. Dass ich dem sich schlängelnden Pfad folge, auf der Suche nach Erkenntnis. Ich folge dem Pfad und versuche dabei auch anderen die Möglichkeit zu geben, zu lernen. Ich will sie nicht bekehren, es geht mir um das anfachen des Feuers, des Wissensdurstes.“, Seinfreda fuhr mit der Hand über den Boden, blickte zu dem Baum hinter der Nonne und hob sich ihre Überlegungen über Bäume im Paradies und dem nordischen Glauben für später auf.
Sie versuchte, den Faden wieder auzunehmen: „Verführung…ist Verführung nicht manchmal auch nur Instinkten nachzugeben und zu folgen? Ist Verführung perse etwas Schlechtes? Kann es nicht auch das aufzeigen neuer Wege sein? Wege, die zu Erkenntnissen führen?“
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Maria Penthesilea
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Re: Gespräche unter Frauen [La Vedova]

Beitrag von Maria Penthesilea »

"Ah...", sagte die scheinbare Gottesdienerin. "Ja - und nein. Ja, wir alle haben andere Stärken. Das ist wahr. Aber: Wir alle sind Jäger. Der Handwerker? Muss jagen. Der Krieger? Muss jagen. Der Schreiber? Muss jagen. Und es ist mehr als einfaches Essen. Anders als bei Sterblichen. Stärker, intensiver. Das Wesen der Nachtwandler."

Sie faltete die Hände. "Wir glauben: Man kann auf vielerlei Weise jagen. Verführen? Warum nicht. Mit neuem Wissen die Jagd verfeinern? Ein wertvolles Ziel. Nur eines darf nie vergessen werden: Die Jagd ist das Ziel!" Sie machte eine Handbewegung um sich herum. "So viele täuschen sich. Willentlich. Suchen andere Dinge als die Jagd. Macht, Geld, Gott, Gesellschaft? Illusionen."

Aus ihrer Stimme klang tiefe Überzeugung. "Wenn das Tier erst hervorbricht - weil es gefangen gehalten wurde. Wenn Jäger und Beute sich gegenüberstehen: Das ist er. Der Moment der Wahrheit."
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La Vedova
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Re: Gespräche unter Frauen [La Vedova]

Beitrag von La Vedova »

Als de Nonne so schonungslos Gott in eine Reihe mit Macht, Geld und Gesellschaft stellte entgleisten Seinfreda die Gesichtszüge „Wie bitte? Illusionen, Suora!“, sie starre die Nonne an „Was sagst du da?“, sie lauschte noch den anderen Worten, doch blieben ihre Gedanken bei dieser Aussage haften. Illusionen…
Als Maria begann, von ihren Idealen zu sprechen, bemühte sich Seinfreda sehr, sich zu beherrschen, spannte ihren Körper an. Sie hatte das Bedürfnis, sich zu bewegen, verkrallte sich in das Gras.
„Der Weg ist das Ziel…das meinst du doch? Die Jagd um der Jagd willen..“,sie schürzte die Lippen „ Das ist etwas, das ich zugegebener Maßen nicht ganz verstehe. Womöglich ist dieses Momentbezogene, Unzweckmäßige etwas, das mir etwas fern ist. Du jagst also nicht der Beute wegen, nicht des Überlebens willen, das verstehe ich nun…Doch weshalb jagst du dann überhaupt? Der Moment der Wahrheit, welcher Wahrheit? Ist nicht der Glaube an die Wahrheit die eigentlliche Illusion, Suroa?“
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Maria Penthesilea
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Re: Gespräche unter Frauen [La Vedova]

Beitrag von Maria Penthesilea »

"Illusionen für die Jäger", sagte Maria Penthesilea besänftigend. "Wer dort sein Heil sucht? Früher oder später scheitert er. Oder sie." Dann nickte sie. "In der Tat. Wahrheit ist die schwierigste Beute. Sie liegt am Ende der Jagd - und die Jagd endet nie." Sie lächelte. "Du siehst viel."

Sie zuckte mit den Schultern. "Wer weiß? Vielleicht hat Gott uns zur Jagd geschaffen. Vielleicht zur Jagd verdammt? Aber eins ist sicher: Sie macht das Wesen der Jäger aus. Und doch behandeln viele sie wie Nebensache. Mittel zum Zweck. Zum falschen Zweck. Wir glauben: Verständnis liegt in der Jagd selbst. Man muss es nur suchen. Und erjagen."

Ein Zwinkern, humorvoll und freundlich. "Ich bin sicher: Du wusstest das. Und konntest es bisher nur nie sagen."
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La Vedova
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Re: Gespräche unter Frauen [La Vedova]

Beitrag von La Vedova »

Seinfreda schüttelte langsam den Kopf „Nein…“, sie versuchte ihre Gedanken zu Ordnen, zu fern waren ihr diese Theorien. Zu vedreht, zu einfach und doch …gefährlich.

„So hast du die Jagd zu deinem Gott erhoben“, presste sie hervor „Sie ist dein Wesen, dein Ziel und der Zweck deines Seins. Das Jagen selbst, das in eine unendliche Spirale aus Illusion führt, in deren Mitte du dir die Erkenntnis erhoffst. Doch ist der Weg der Jagd wie ein Wald voller Ablenkung, der vom eigentlichen Pfad fortführt...“
Seinfreda fühlte sich hin- und her gerissen. Sie betrachtete die andere noch immer aus ihren tiefliegenden Augenhöhlen heraus, ließ das trockene Gras los, das nun zu Boden rieselte. Sie betrachtete die trockenen Halme, den Staub…aus dem alles bestand.

„Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen“, flüsterte sie das wie zu sich selbst „ Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott...“
Sie sah wieder zu Maria auf „Dein Pfad ist ein gefährlicher Tanz auf dem Drahtseil, Maria. Er ist ein Pfad weit fern der Vernunft“, das klang anerkennend „Du folgst den Pfaden alter Göttinnen. Wie gut könnte ich mir dich unter Dianas Mondjungfern vorstellen…“, ihre Stimme war nun wieder ruhig, ihr Körper hingegen nicht. Ihre Gedanken rasten, in ihnen sprangen Hirsche in wilder Flucht, schrien nackte Frauen aus rauen Kehlen, schlugen trommeln im Rhythmus der stampfenden Füße au dem Boden, rann Blut über Steine, strahlt der Mond silbern auf Frauen im Wehenkrampf. Seinfreda hatte Mühe, weiterzusprechen.

„…doch ist es auch ein Pfad von Rücksichtslosigkeit, Rohheit, Ursprünglichkeit.“, es was nicht zu sagen, wie die dies bewertete. „ Es ist ein Pfad, der Tapferkeit und Klugheit, vielleicht sogar Besonnenheit fordert… mir scheint jedoch, dass Tugenden wie Nächstenliebe, Frömmigkeit und Gerechtigkeit dabei ins Hintertreffen geraten könnten. Es ist ein Akt auf dem Drahtseil, dabei nicht dem Hochmut, der Rachsucht, Maßlosigkeit und Ignoranz zu verfallen, Schwester… Es ist ein Pfad, auf dem die Stärksten siegen, oder nicht?“

Langsam erhob sie sich, betrachtete die Frau, die dort so ruhig saß, in ihren Habit, ein Bild eines Wolfes im Schafspelz.
„Ich danke dir, Maria, dass du mir in dieser Nacht einen Einblick gewährt hast in deine Wege. Ich denke, dass wir beide Dinge über die andere gelernt haben, die weitere Überlegungen entfachen. Ich muss dir jedoch leider sagen, dass dein Weg nicht der meine ist und dass ich auch nicht vorhabe, mich ihm anzuschließen. Ich akzeptiere ihn jedoch als einen Weg, der möglicherweise dabei helfen kann, das Gleichgewicht wiederherzustellen. Schließlich braucht es immer auch ein Gegengewicht.“, sie klopfte sich den Staub von ihrem Kleid und Griff nach ihrem Körbchen.
„Ich würde mich glücklich schätzen, an anderer Stelle noch mehr über dich und deine Schwestern zu erfahren, doch für die heutige Nacht möchte ich mich verabschieden. Ich hoffe, dass wir uns im Guten wiedersehen werden…“, sie stockte kurz „Und ich wünsche dir eine gute Jagd.“
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Maria Penthesilea
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Re: Gespräche unter Frauen [La Vedova]

Beitrag von Maria Penthesilea »

Diesmal wartete Maria den Monolog der anderen einfach geduldig ab - Antworten schienen hier ohnehin nicht gefragt. Nur ihr leichtes Stirnrunzeln verriet ihre Ungeduld. Nur als die Witwe Diana erwähnte, stahl sich ein kurzes Lächeln auf ihre Lippen. Am Ende zuckte sie mit den Schultern.

"Wir haben ewig Zeit", sagte sie. "Die Jagd endet nie. Wir erzählen dir gern mehr. Oder: Ein Ritual. Wahrheit liegt nicht in Worten. Wenn du dich nicht fürchtest: Komm mit auf die Jagd." Die Nonne - war sie eine Nonne? - legte den Kopf schief.

Dann neigte sie den Kopf. "Gute Nacht, Jägerin. Möge deine Beute viel und zahlreich sein."
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La Vedova
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Re: Gespräche unter Frauen [La Vedova]

Beitrag von La Vedova »

Ein Ritual...Nein, Furcht verspürte Seinfreda nicht. Neugier viel mehr, aber auch etwas anderes, dunkleres. Sie würde darüber nachdenken. Sie war aufregend, diese Maria.Sie musste zugeben, dass se ihr füchsisches Lächeln mochte und freute sich auf weitere Gespräche.

"Gute Nacht.", damit wandte sich sich wider der Richtung zu aus der sie gekommen war. Noch immer bevölkerten Bilder ihre Gedanken. Sie hob den Kopf zum nächtlichen Himmel, zum Mond und erkannte einmal mehr mit angenehmem Schaudern, dass die Erkenntnis die sie suchte mit jeder Frage, jeder Antwort weiter entrückt zu sein schien. Jedes Mal wenn sie sich ihr näher wähnte, entschlüpfte sie ihr wie Staub zwischen den Fingern.
Gesperrt

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