Turmbauer zu Babel [Angelique, Vergonzo]

[Angelique]

Angelique hüpfte zwischen den Steinen, die in den Brachfeldern vor den Stadtmauern aus dem Boden ragten, umher. Sie hatte im Laufe der Jahre gelernt, dass dort, wo die Bauern ungern ihre Hufen hatten, weil zuviele Steine waren oder der Boden unfruchtbar war und nachsackte, oft die traurigen Reste der alten römischen und langobardischen Bebauung lagen.

Ihr nächtliches Spiel, einem mondsüchtigen Kind scheinbar so passend, folgte tatsächlich einem planmäßigen Vorgehen. Sie maß spielerisch die Areale ab, die so schön quadratisch wirkten, wenn man wie ein Vogel fliegen konnte. Angelique konnte dies - zumindest in ihrer Phantasie flog sie und betrachtete das Echo der alten Perfektion, das sich aus ihren Beobachtungen und Berechnungen ergab.

Hätte ein Beobachter dies gewußt, hätte er wohl nur noch mehr Mitleid und Verachtung für die Närrische empfunden.

[Vergonzo Faro]

Und beobachtet wurde sie…Vergonzo hatte sich erkundigt wo er freies Bauland finden konnte und unter anderem wurden ihm die Brachfelder vor der Stadt genannt, die so gesehen keiner haben wollte.

Dort angekommen erspähte er aus einiger Entfernung etwas das sich bewegte bei den Ruinen. Dank des diesen Abend hell scheinenden Mondes konnte er immerhin halbwegs vernünftig sehen. Gemächlich wie immer schritt er näher heran und erkannte die sehr junge Kainitin die ihm beim Hof schon aufgefallen war. Sie hatten immerhin eines gemein, beide fielen optisch auf die eine oder andere Weise auf.

Er beobachtete das Treiben ein Weilchen ehe er näher kam und sich bemerkbar machen wollte. Er hatte etwas Angst, die tanzende Elfe auf den Ruinen zu stören oder gar zu erschrecken, immerhin war dieses Terrain nicht ganz ungefährlich…und bei diesen Gedanken ertappte er sich dabei sie für das wahrzunehmen was sie nicht mehr war. Sie war kein kleines zerbrechliches Kind, dennoch hatte er als erstes diesen Impuls bei ihrem Anblick.

Er musste selbst über sich lachen, was eher glucksend und gurgelnd klang – und schon war seine geplante höfliche Anrede an die Kainiten dahin. Nur das leichte Echo seines schmatzigen Kicherns kündigte ihn jetzt an.

[Angelique]

Wie eine Tänzerin, deren Musikkapelle abrupt aufhörte zu spielen, geriet Angelique bei dem unheimlichen Gekicher aus dem Takt und stürzte fast von einem Phophyrbrocken, legt aber dann doch elegant eine Dreipunktlandung hin.

Überrascht blickte sie aus ihren großen Augen hoch, die unter dem Vorhang ihrer Locken hervorstarrten.
Dann aber erkannten den überaus interessanten Mann, der dort ankam, und ihr Gesicht erhellte sich.

"Der wohlwerte Herr Vergonzo", rief sie aus, klatschte in die Händchen und hüpfte freudig auf und ab.

[Vergonzo Faro]

Vergonzo beobachtete Interessiert wie sich Angelique abfing und nicht abstürzte. Die Anmut einer Katze mit der Leichtigkeit einer Feder und Augen eines Reh´s. So wunderschön tückisch und sicherlich auch hinter das Licht führend war ihre Erscheinung, und dort gab es sicherlich viel zu entdecken. Am meisten freute er sich jedoch über ihre wissbegierigen Augen. Wenn man beide lange Zeit nebeneinander betrachten würde, wäre es sicher ein Bild für die Ewigkeit, der Bucklige in Zeitlupe und das junge Kind strotzend vor Agilität.

Selten wurde er so, ja fast euphorisch Begrüßt, und so hob er kurz die Hand zum Gruße und lächelte breit als er langsam hinkend zu ihr herüber kam. Es war seltsam das dieser beinahe Krüppel, mit scheinbar kaputtem Bein, kein einziges mal ernsthaft Probleme hatte diesen wirklich tückischen Grund zu begehen, ja er achtete fast nicht einmal darauf als würde er es einfach ignorieren.
Immernoch lächelnd ging er bis auf ca. 3 Meter heran,

"Guten Abend Signorina Angelique, ich hoffe ich störe euch nicht bei etwas Wichtigem hier draussen vor der Stadtmauer?"

[Angelique]

Keck auf den Hacken wippend und die Arme hinter dem Rücken verschränkt, das Bäuchlein vorgestreckt und den Kopf schräg gelegt, antwortete das scheinbare Kindchen: "Nein, überhaupt nicht", meinte sie fröhlich grinsend, ihre niedlichen Fangzähnchen zeigend, "ich übe nur mein Schrittmaß und überprüfe, ob ich mich nach Vitruvs Maßgaben für einen Mensor eigne."

Sie musterte ohne Abscheu oder Sensationslust, sondern mit faszinierter Neugier jede Einzelheit des grotesken Nesiferitu, wie die Hohen Klane Absimiliards ungewollten Kinder abwertend nannten.

"Ihr seid aus der Nähe betrachtet ja noch beeindruckender als am Hoftag!" rief sie aus und kein Hohn lag in ihrer Stimme. Sie trat noch näher als die drei Schritt, wurde aber nicht zu aufdringlich. Man sah, wie sie sich zwingen musste, nicht die Hand auszustrecken, um die Züge des Mannes zu berühren.

"Und was treibt Euch in diese Ödnis?"

[Vergonzo Faro]

"Ah Maestro Vitruv, ihr seid sehr belesen. Wenn ich mich recht erinnere führte man auf Grund seiner Lehren ein, das hochwertige Ziegel erst nach 5 Jahren Lagerzeit genutzt werden sollten. Er führte nicht nur Maßstäbe an, er begründete sie auch sinngemäß. Nun das richtige Auge scheint ihr dafür zu besitzen. Es freut mich das ich euch nicht gestört habe."

Er neigte leicht das Haupt zur weiteren Begrüßung. Dann schob er die Kaputze einige Zentimeter zurück und lächelte Angelique höflich zu. Entgegen seinem Antlitz waren seine Augen klar und freundlich, dennoch musterten sie die junge Kainitin als diese näher kam.
Er wich nicht zurück und auch sonst sah man keine andere Mine ausser ein freundliches ruhiges Lächeln.

"Es ist alles echt." entfuhr es ihm dann leicht herum albernd und er gluckste kurz.

"Nun ich hörte das es unter anderem auch hier einige interessante Gebiete zu entdecken gibt, welche noch darauf warten würden, ihr neues Antlitz der Stadt präsentieren zu können. Bauland und Geländefelder mit Geschichte. Das wollte ich mir mal etwas näher anschauen. Kennt ihr euch in diesem Gebiet aus?"

[Angelique]

Sie nickte eifrig, entgegen der meisten Kainiten eher noch faszinierter, als er sein Antlitz zur vollen Pracht entblößte. Ob man das Gesicht berühren durfte? Oder ob er solche Nähe scheute?

"Ich kenne die Gegend wohl, vor allem alles, wo keine Häuser mehr stehen, aber einst die Pracht Roms gestanden hat. GOttes Wege sind wahrlich unergründlich, warum es IHm gefallen hat, der Prinzeps einzugeben, dies alles verhehren und verfallen zu lassen. Aber vielleicht bedeutet Eure Ankunft und die des Marmormeißlers Matteo ja, dass sie sich der alten Größe erinnert und ihre demütige Bescheidenheit hinter sich lässt, damit die Stadt Ihre kühle Pracht wieder in neuem Glanz widerspiegelt."

[Vergonzo Faro]

Wie Vergonzo zu Berührungen stand, war schwer zu sagen, er wich nicht zurück, aber bot es auch nicht an. Auch wenn er ein Interesse daran zu erkennen geglaubt hatte, würde er seinem Gegenüber so etwas nicht einfach unterstellen wollen.

„Ob meine Ankunft eine Verbesserung des Antlitz dieser Stadt bedeutet? Na das will ich doch hoffen. Und da ihr euch gerade in den unbebauten Gebieten scheinbar bestens auskennt, wäre es mir eine Ehre von euch geführt zu werden. Es könnte ja sein, das diese Zusammenkunft eine für beide Seiten profitable Zukunft verspricht,...zu hoffen wäre es.“

Vergonzo lächelte nun etwas demütig, doch der Glanz in seinen Augen versprach das er es einerseits ernst meinte, andererseits als hätte er bereits Pläne für diese Zukunft.

„Da ich, wie ihr wisst, neu in Genua bin und bleiben möchte, benötige ich zumindest einen geeigneten Ort zum Arbeiten. Gerne auch etwas das man noch errichten muss. Vielleicht fällt euch ein geeignetes Bauland ein oder ihr kennt eine bereits vorhandene geeignete Stätte.“

[Angelique]

"Oh, das will ich gerne tun, Herr Vergonzo", sagte Angelique freudig und unbefangen. "Kennt Ihr übrings den wohlwerten Gaius Marcellus, den gröööößten Heiler der Lombardei? Er ist ebenfalls neu in der Stadt und würde bestimmt einen berühmten Architekten für seine Vorhaben begrüßen und reich entlohnen."
Sie bot dem jammervoll Mißgetalteten den Arm, damit er sich stützen könne. "Er hat auch ein Badehaus, in dem man sich wundervoll entspannen kann. Wollen wir, wenn wir mit dem Rundgang fertig sind, uns dort erholen?"

Ehrlich, wie es selten bei Vampiren zu sehen war, lächelte sie leise und hauchte: "Ich bin froh einen so freundlichen Verwandten zu treffen, der nicht den Hohen Klans angehört und mit den man ohne Zwang parlieren kann. Das ist so selten. Nur Gaius ist ein väterlicher Freund, bei anderen muß häufig eine Etikette gewahrt werden, bei der Pharao in Ägyptenland staunen würde."

[Vergonzo Faro]

Vergonzo überlegte kurz.

„Nein dieser Herr ist mir nicht bekannt,...ein Heiler sagt ihr. Hmm ich würde ihn gerne kennenlernen, äusserst interessant. Es freut mich das ihr mich führen werdet, besseres konnte mir nicht passieren.“

Er lächelte freundlich und schaute ein Weilchen zulange. Welcher Gedanke ihn auch immer gerade kurz gefangen nahm, er schien freundlicher Natur gewesen zu sein.

„Ein Badehaus? So etwas habe ich noch nicht gesehen, geschweige denn gebaut. Es wäre aus vielerlei Sicht sehr willkommen sich dieses einmal anzusehen. Und wenn dieser Herr Gaius Marcellus ebenso leicht im Sattel der Gesellschaft sitzt wie unser Eins, könnte dieser Abend ein wohltuendes Ende finden.“

Er nahm das Angebot des Armes dankend an und Angelique bemerkte das er ihren Halt vermutlich gar nicht benötigte, da er so gut wie keinen stützenden Druck auf ihren Arm ausübte.