Die Nacht der vielen Toten [Hof / Alle]

[November 16]
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Melissa
Tzimisce
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Re: Die Nacht der vielen Toten [Hof / Alle]

Beitrag von Melissa »

Die Reaktionen der Aufrechten auf die Neuankömmlinge und einzelnen Gäste der Domäne fielen unterschiedlich aus.
Benedetto begrüßte Gaius interessiert, die Witwe zurückhaltend lächelnd. Einzig Toma erhielt einen langen, neugierigen Blick.
Ferrucio gab sich mürrisch und ablehnend allen gegenüber, insbesondere dem teuflisch wirkenden Tzimisce.
Furfur und Titus betrachteten alle stumm, lediglich der Dämonenjäger setzte bei Gaius ein etwas freundlicheres Lächeln auf.
Angelique gab sich übermütig – insbesondere bei Gaius – erhielt aber nicht die Gelegenheit, sich näher mit ihm zu unterhalten.

Die Gegenüberstellung mit den Königen endete allerdings rasch, als Benedetto sich entfernte und die Gruppe sich wieder zerstreute - nachdem sie zumindest mit ihrem Eintreffen einigermaßen das Protokoll gewahrt hatten.

Die sieben Köpfe des Drachen, die ihre Speere und die Fahnen vor dem Tor des Saals ins Verwahrung gegeben hatten, um niemanden zu provozieren, wurden zunächst von Melissa mit einer Bemerkung fort geschickt. Laut genug hörbar für alle Anwesenden – ehe der Ahn der Schatten den Saal betrat - empfahl sie ihnen mit den anderen Sterblichen am Katzentisch spielen zu gehen, während die Erwachsenen sich unterhalten und wie die Weiber nicht im Weg herumzustehen. Es sei ja so gütig von ihrer Majestät, dass sogar Streuner den Feierlichkeiten beiwohnen dürften.

Die Männer teilten sich auf. Der größte Teil ging hinaus, um die anderen Ghoule zu belagern und sich mit ihnen auszutauschen. Drei aber – drei, die Kundige als Antonio, Bartolo und Cesare kennen mochten – gingen ebenfalls auf die Statue des Apoll zu, in Richtung der Nonnen.
Sie leckten sich über die Lippen, als sie an ihnen vorbei kamen, machten Kussmünder. Einer machte obszöne Bewegungen mit dem Becken, ein zweiter griff sich recht offen in den Schritt. Der dritte begnügte sich damit, ihnen mit Daumen und Zeigefinger einen Ring zu zeigen. In der Nähe der Statue, aber nahe genug bei den Nonnen, dass ihr Schweißgeruch zu riechen war, begannen sie sich leise zu unterhalten.

Hauptsächlich über die Genitalien des Gottes.
Ob ihre wohl größer wären und ob sie wohl besser damit umgehen könnten. Sie debattierten lang und ausführlich über die Vorteile, die es hatte, wenn die Frau ein wenig biestiger wäre. Ein wenig Gegenwehr brächte das Blut, fanden sie, erst in Wallung. Allerdings, so bemerkten sie, müsse das auch oft genug geschehen – sonst staue sich die Lust auf in den Köpfen der Frau und machten sie dumm.

Einer von ihnen stubste seine Kameraden bei jedem Fremden, der den Saal betrat, in die Seite. Immer wieder wanderten ihre Blicke zu Melissa.
Bei jenem in der schwarzen Rüstung fielen die Ghoule an Ort und Stelle auf den Boden, die Gesichter gegen den kalten Stein gepresst.
Der Blick, den sie den Nonnen zuwarfen, war eindeutig. Hass. Hass, dass sie es sich herausnahmen, sich nicht so zu demütigen. Hass, dass sie trotzdem hier waren. Hass auf die Ungerechtigkeit.

Melissa dagegen war bloß auf die Knie gesunken und hatte demütig den Kopf gesenkt, die Hände im Schoß gefaltet. Sie kannte den Mann. Sie hatte ihm Zuflucht gewährt.
La famiglia é il nido dell'uomo.
- Giovanni Faldella
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Acacia
Lasombra
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Re: Die Nacht der vielen Toten [Hof / Alle]

Beitrag von Acacia »

Sie waren dieses Mal früh. Zufall? Vermutlich eher nicht.
Der Blick aus den schwarzen Augen glitt langsam durch die Halle und blieb für einen Moment an den einzelnen Schaustücken hängen. Ein jedes bekam seinen Herzschlag der Aufmerksamkeit und vielleicht wäre sie noch ein wenig weiter in der Betrachtung versunken, hätte sie nicht ein Geräusch gehört. Der Kopf der schmerzhaft schönen Lasombra drehte sich und blickte den Nonnen entgegen, wobei ihre Züge bereits bei ihrem ersten Anblick gefroren. Nicht der Hauch von Freundlichkeit blieb übrig. Nur kalte Arroganz, ja Verachtung und Missbilligung. Als sie sich dann auch noch so tolldreist benahmen wurden ihre Augen zu Eis und für einen Moment wirkte sie so, als wolle sie sie zerreißen. Doch Maximinianus trat dazwischen und tat das seine um die beiden Gestalten zu maßregeln. Für einen Moment folgte sie den sich entfernenden Gestalten, ehe sie sich ihrem Begleiter zuwandte. Eine leichte Geste ihrer Hand lud auch Caterina ein ein wenig näher zu kommen.

„Die Nonnen sind Ghule, die nicht wissen wie sie sich benehmen haben. Sie sind Abschaum, dir mordend und ohne jeden Respekt durch Genua ziehen und ihr Gebieter hält es nicht für nötig sich angemessen vorzustellen oder dergleichen.“, erklärte sie mit leiser murmelnder Stimme, die gerade so bis zu den Ohren ihrer beiden Zuhörer drang. Auch bei den nächsten Ankommenden sprach sie stets leise und erklärte wer sie waren … und was sie von ihnen hielt. Da war Toma der Tzimisce, den sie nicht kannte, so neu war er. Melissa, ein weiterer Drache. Eine an sich vernünftige Frau, wenn man von ihrer Gesellschaft absah. Benedetto, der Ancilla, der eine Fehde mit dem Seneschall hatte, aber sehr weise war und viel wusste. Ferrucio, ein Malkavianer, gefährlich und voller Hass. Ein wahnsinniger Apokalyptiker. Titus und Furfur wären Krieger, die jedoch eher unwichtig für die Domäne zu sein scheinen. Das Kind in der Gruppe sei Angelique. Ein Gör ohne jedes Benehmen und viel schlimmer: eine Eidbrecherin. Dann kamen Seinfreda oder Gaius. Sie eine gebildete Kappadozianerin, er ihr Paladin vom Clan der Salubri. Beide reisen schon lange zusammen, sind aber auch erst seit kurzem in der Domäne. Adelchis, ein weiterer Lasombra, aber kein König.

Dann jedoch änderte sich ihr Verhalten schlagartig. Sie hatte die Gestalt neben dem uralten Allesfresser entdeckt und löste ohne auch nur einen Wimpernschlag zu zögern ihre Hand von Matteos Arm. Ihr schlanker Körper sank in einer anmutigen Bewegung in einen tiefen Knicks, der beinah den Boden berührte. Ihr Haupt war gesenkt, während sich das Kleid wie eine schwarze Pfütze um sie herum ausbreitete. Lediglich aus den Augenwinkeln beobachtete sie das weitere Geschehen und war ansonsten zu einer Statue erstarrt. Selbst als Fabrizio dem Ahnen folgte zuckte sie nicht, sondern zog nur die zu Boden gerichteten Augen zusammen.
Wir sind wie Eisblumen, wir blühen in der Nacht. Wir sind wie Eisblumen viel zu schön für den Tag.
Wir sind wie Eisblumen, kalt und schwarz ist unsere Macht.
Eisblumen blühen in der Nacht.
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Matteo
Toreador
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Re: Die Nacht der vielen Toten [Hof / Alle]

Beitrag von Matteo »

Fasziniert betrachtete Matteo was sich zwischen Maximinianus und den Nonnen des Kultes abspielte, weniger die eigentliche Zurechtweisung sondern die Art und Weise fesselte sein Aufmerksamkeit. Soetwas ähnliches hatte er in letzter Zeit doch schon einmal gesehen. Etwaige Nachfragen sparte er sich allerdings auf, wenn überhaupt käme der rechte Zeitpunkt später.

Den Ausführungen Acacias zu den weiteren Gästen folgte der Toreador interessiert und an der ein oder anderen Stelle nickend. Sein Gesicht jedoch verriet nicht was er von den einzelnen Kainiten hielt, sondern blieb bar jeder Regung.
Gerade wollte er ein paar Worte über Acacias Bruder im Blute Adelchis verlieren, als diese sich von Matteo löste und ehrbezeugend knickste. Zwar war Matteo dem Lasombra-Ahn zuvor nicht begegnet, doch schloss er geistesgegenwärtig aus Acacias Reaktion, dass dies der Gesandte der See der Schatten sein müsse. Als Kenner der kainitischen Etikette verneigte Matteo sich tief, der Saum seines Umhangs streifte den Boden und seine Stirn berührte diesen beinahe. Die einzig höhere Ehrbezeugung wäre der Kniefall gewesen, doch dieser blieb in Matteos Fall einer anderen Person vorbehalten.

Fabrizio wurde von ihm wohl bemerkt und insgeheim freute er sich den Piraten wiederzusehen. Zudem war dessen fremdartige Garderobe äußerst faszinierend...
"Die Sonne lehrt alle Lebewesen die Sehnsucht nach dem Licht. Doch es ist die Nacht, die uns alle zu den Sternen erhebt." - Khalil Gibran
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Caterina
Toreador
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Re: Die Nacht der vielen Toten [Hof / Alle]

Beitrag von Caterina »

Was sollte das nun? Irritiert blickte Caterina zuerst der grausamen Schönheit und schließlich ihrem Vormund nach.
Da fiel der Toreador das flackernde Wesen auf, es war abartig, weder schön, noch hässlich.
Die Macht des Unbekannten war jedoch auch der Mailänderin klar.

Da seufzte sie leise und begab sie sich wieder hinter Matteo.
Elegant wurde der schwarze Stoff in die Hand genommen. Bevor die Frau tief knickste und dabei den Kopf senkte bekam Fabrizio ein Augenzwinkern.
"...Sendest noch sterbend Düfte uns zu
Rose, du Holde!
Leben und sterben will ich wie du..."
JZitatschnipsel, Johann Jakob Ihle
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Il Canzoniere
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Re: Die Nacht der vielen Toten [Hof / Alle]

Beitrag von Il Canzoniere »

Die Reaktionen der Gäste ignorierend setzte sich das Ziel der vielen Ehrerbietigkeiten erneut in Bewegung, hielt dabei geradewegs auf den Seneschall zu, der sich ebenfalls verneigte.

Wenige Schritte vor dem Ventrue hielt er inne und ließ seine raue Stimme erklingen. Es hatte etwas von einem wispern, auch wenn es nicht die Lautstärke war die den Zuhörer daran erinnerte. Eher als ob das Echo der von ihm ausgehenden Töne abermals falsch war.

"'Ayn hu 'uwrur? Hal hadha alttarhib alkhass bik hna?" fragte er während sich seine Aufmerksamkeit auf den Ventrue fokussierte.
"Aleafu, hasbuna fi waqt lahiq maeak. Sawf jalalat 'akun huna. Na amul 'an takunuu qad rihlatan saeidatan?" antwortete dieser in der selben Zunge. Die einladende, begleitende Geste schien den Lasombra zu einem Stirnrunzeln zu bewegen. Dann ließ er sich von Maximinianus hinausführen. Offenbar gab es vorab noch einiges zu besprechen...

....wenn auch nicht mit dem Seneschall, wie Maximinianus Rückkehr kurz darauf klar machte. Ruhig schritt er in die Nische des Löwenthrons, postierte sich zwischen zwei der Kohlebecken und hob die Schriftrolle die er bereits vorhin überflogen hatte. Sein wacher Blick glitt durch die Halle, blieb an den meisten Kainiten einen Moment hängen, wie um eine "Awesend"-Liste im inneren auszufüllen. Dann erhob er die Stimme.

"Verehrte und wohlwerte Vasallen und Freunde Genuas, werte Gäste ihrer Majestät Aurore. Es ist mir eine Freude all diejenigen begrüßen zu dürfen die heute Nacht nach Castelleto gekommen sind um la principessa bianca vorstellig zu werden, die Treue zu schwören oder ihre Eide zu wiederholen. Sie wird uns bald beehren. Momentan spricht Sie noch mit einem hochverehrten Gast." wieder ein Blick auf das Pergament. Wohl um die Aufmerksamkeit der Zuhörer darauf zu lenken.

"Wie einige sicherlich wissen hat sich in den letzten Jahren einiges angestaut, was heute Nacht geregelt werden soll. Ich beginne daher umstandslos mit den Proklamationen ihrer Majestät." er hob das Schreiben, so dass er davon ablesen konnte, hatte den Blick jedoch zu den anderen Kainiten gewandt. Das Schreiben kannte er offenbar auch so auswendig.

"Erstens: Ihre Majestät erklärt die Blutjagd aus den assamitischen Klüngel für erfolgreich beendet. Mit der Ergreifung eines der Kainiten durch Acacia della Velaneras und Brimir Böggvisson sowie dessen Hinrichtung in der Arena des Gangrel, sowie der Vernichtung aller vier weiterer der Fremden durch den Kult der Jagd ist das gestohlene Blut Genuas gesühnt. Ihre Majestät dankt allen teilnehmenden Parteien für Ihre Treue und Opferbereitschaft. Es soll ihr Schaden nicht gewesen sein.

Zweitens: Um den in den vergangenen Jahrzehnten aufgekommenen Streitigkeiten um Jagdterritorien unter den genuesischen Kainskindern vorzubeugen, werden Jagdgebiete in Zukunft nicht mehr durch die Ädile empfohlen, sondern durch den Mondsenat vergeben. Dieser setzt sich aus einem Kainiten für jedes Sestieri sowie zwei aus dem Umland zusammen. Die bereits vergebenen Domänen in Clavicula, dem Bischofskastell und Burgus bleiben davon unberührt. Vorab von Ihrer Majestät vergebene exklusive Jagdgebiete sind das Nordbroglio für Melissa, Neugeborene vom Clan des Drachen, das Zentrum Broglios für den Kult der Jagd, sowie Platealonga für Kainiten auf dem via regalis.

Drittens: Der soeben erwähnte Mondsenat setzt sich aus folgenden Senatoren zusammen: Maximinianus für Mascharana, Benedetto für Burgus, Contratra Predis und Maddalena, Godeoc für Clavicula, Acacia della Velanera für Platealonga, Matteo di Ventura für Ravecca und Melissa für Broglio. Die beiden verbliebenen Plätze, zum einen für Domus und zum anderen für Luccoli, Borgio Incrociati und Borgio di Bisagno, sind noch vakant.

Viertens: Das hier anwesende Kind Caterina Tebalducci vom Clan der Rose ist seit wenigen Nächten offizielles Mündel Matteo di Venturas, Neugeborenem der Toreador und daher in allen Punkten als dessen eigenes Kind zu behandeln.

Fünftens: Die protokollarische Ordnung für heute sieht vor, dass, nach der Begrüßung durch Ihre Majestät, die Vorstellungen der neuen Gäste gemäß der zweiten Tradition stattfinden. Danach folgen, in dieser Reihenfolge, der Vasallenschwur, die notwendig gewordene Umverteilung einiger Ämter sowie die Bittgesuche der Vasallen und Gäste Genuas an ihre Majestät. Der Prozess gegen Brimir Böggvisson, Neugeborenen des Clan Gangrel und Liktor Genuas lässt den Hof enden."
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Vergonzo Faro
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Re: Die Nacht der vielen Toten [Hof / Alle]

Beitrag von Vergonzo Faro »

Die kleine gebückte Gestalt war gehüllt in einen schweren dunkelgrünen, fast schwarzen Mantel als sie den Pfad hinauf zur Burg leicht hinkend zurück legte.
Sie war neu in der Stadt und nie zuvor hier gewesen, dennoch hatte sie bereits so einiges über diesen Ort gehört, so dass es sich schon beinahe vertraut anfühlte hier zu sein.

Rechts von ihr wurde die Gestalt lediglich vom leichten Wind begleitet, links von ihr hielt die große Neugier Schritt. Doch hinter ihr folgte nur ihr eigener Schatten der Gestalt, die stetig versuchte sie zu überholen.
Ein krächzendes Kichern überkam die Gestalt als sie Ihre Begleiter und Verfolger bemerkte, gefolgt von einem seufzen.
Nun, ihre Ankunft war angekündigt worden. Gerade noch rechtzeitig zum Hof. Glück hatte er früher selten gehabt, doch je länger er sein Unleben fristete umso häufiger lachte die Nacht ihn an.

Von weitem war das Haupttor mit dem dahinter liegenden Prachtbauten bereits zu sehen, und die Gestalt hob kaum merklich den Kopf und ihr Schritt verlangsamte sich.
Man konnte es nicht sehen, doch als die Gestalt anhielt, spürte man die Ehrfurcht und die Freude die dieser Anblick bei ihr auslöste.
Scheinbar genoss sie den Anblick und verharrte daher einen kurzen Moment,...oder es waren die schmerzenden Knochen die eine Pause brauchten.

Den ging die Gestalt weiter hinauf zum Haupttor. Als sie die Person erspähte, die die Gäste scheinbar empfing, den so genannten Allesfresser, stellte Sie sich ihm vor, erklärte ihr Anliegen und wurde vom Allesfresser in den Thronsaal geführt, wobei er jedoch etwas langsamer ging damit die Gestalt die sich mit Vergonzo Faro vorgestellt hatte, mithalten konnte.

Dort angekommen betrat Vergonzo den Thronsaal und streifte die Kaputze ab und grinste. Seinem Wesen entsprechend glitt sein Blick über die Innenarchitektur und er staunte enzückt, was sein grinsen erklärte. Im ersten Moment galt seine Aufmerksamkeit nicht den Anwesenden Damen und Herren, doch als er dies bemerkte, reusperte er sich kurz und sein grinsen wich einem lächeln. Er wusste das diejenigen die ihn beim hereinkommen bemerkt hatten vermutlich von seinem Äußeren entsetzt waren, doch Vergonzo schien das nicht zu stören. Er glätte die aschfahlen Fransen auf seinem unförmigen Haupt, dort wo andere prachtvolles Haar besaßen. Sein zerbeultes Gesicht, der Buckel und dieser ansonsten falsch oder schief zusammengesetzte Körper waren das Gegenteil zur Kleidung die er trug. Diese wirkte doch recht ordentlich und akkurat. Der schwere dunkelgrüne Stoff war gut geschnitten und einige schwarze Nähte rundeten das Gesamtbild dezent ab. Auf weitere Verzierungen wurde verzichtet.

Er ging leicht hinkend langsam durch den Saal und grüßte die Gäste angemessen auf die er traf. Sein Ziel war eine ruhige Ecke etwas abseits. So musste ihn keiner zwangsweise anschauen, es sei denn man wollte es.
Man soll bauen, als wollt man ewig leben, und leben, als sollt man morgen sterben.
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Fabrizio
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Re: Die Nacht der vielen Toten [Hof / Alle]

Beitrag von Fabrizio »

Das Grinsen konnte er sich verkneifen, ein deutliches Schmunzeln hingegen nicht. Da er allerdings im Rücken des Ahnen und abseits der Aufmerksamkeit stand dürfte dass wohl niemanden stören. Zu schön war dieser erste dezente Schlagabtausch gewesen, den er selbst glücklicherweise recht gut verstehen konnte.

Kurze Zeit später wandte Fabrizio sich endgültig von dem Betrachten der Traditionen ab und hörte mit nur zwischenzeitig aufloderndem Interesse der pragmatischen Predigt ihres Hohepriesters zu.
Die Augenbrauen hoben sich wahrhaft ungläubig überrascht, als von den vier weiteren vernichteten Assamiten die Rede war. Vielleicht sollte er seinen Wetteinsatz überdenken. Der unten liegende Hund wäre vielleicht doch noch in der lage das ganze Spiel umzukrempeln. Vier verdammte Assamiten hatten die Nonnen im Ärmel...
Das mit diesem Mondsenat hingegen verstand er schlicht nicht, Politik nannte man das wohl. Hat sich bestimmt der Seneschall wieder ausgedacht, weil die Ädilen keiner mehr ernst nimmt. Ihm, Fabrizio, reichte es sich zu merken an wen er sich offensichtlich wenden müsste. Und da gab es zumindest keine weiteren Überraschungen mit Tragweite.

Dann fiel Fabrizios Blick angewiedert auf den überaus hässlichen Diener, der gerade den Saal betreten hatte. Man hätte ihm wenigstens ein Narrenkostüm anziehen können, dann wäre er zumindest amüsant. Aber wer hielt sich denn wohl überhaupt solche Diener? Und warum begrüßte er die Gäste, statt ihnen die Pause bis zum Erscheinen der Prinzessin mit Späßen zu verkürzen?
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Il Canzoniere
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Registriert: Fr 22. Jan 2016, 20:22

Re: Die Nacht der vielen Toten [Hof / Alle]

Beitrag von Il Canzoniere »

Nicht lange nach den Vorab-Proklamationen ging eine unscheinbare Tür genau dort auf wo der Seneschall den Alten Gast hingeführt hatte.

Mit leichten Schritten, als ob sie überhaupt keine Fußbekleidung tragen würde, betrat Aurore den Saal. Die zierliche, sanfte Gestalt schritt voran wie aus einem Traum entstiegen. In rascher Folge hefteten sich die Blicke im Saal auf ihre makellose Jugend, ihren grazilen Gang, ihr strahlendes Lächeln.

Das braune Haar kunstvoll geflochten, mit einer einzelnen herrlichen Brosche verziert und in reinweiße Seide gekleidet, war sie der Inbegriff dessen an was es ihnen allen fehlte: Leben. Die leicht geröteten Wangen, die jugendliche Attitüde und das glockenhelle Lachen ließen den Betrachter einen Moment vergessen das er hier eine wahre Prinzessin der Nacht vor sich hatte.

Und so war man Lucio il Onnivorno - dem Allesfresser - beinahe böse als er mit seiner gewöhnlichen Stimme ankündigte:

"Ihre Majestät Aurore, Prinzessin Genua, Enkelin seiner Gnaden Alexander, König Paris und Kind des Ventrue."

Offenbar gut gelaunt schenkte die vorgestellte ihrem ältesten Diener daraufhin ein kurzes Lächeln ehe sie zu ihrem Thron schritt und einen Blick über die versammelten Kainiten - deutlich zahlreicher als beim letzten Mal - schweifen ließ. Erst nachdem ein jeder Anwesende von ihr betrachtet worden war, erhob sie eine Stimme, die klar und hell durch den Weihrauch drang. Mädchenhaft, doch gefestigt und selbstbewusst.
Sie sprach auf Latein und diejenigen, die in dieser Sprache bewandert waren und sie einige Male hatten sprechen hören, mochten bemerken, wieviel Mühe sie sich gab, nicht in die hohe Sprache der Epik zu verfallen. Ihre Aussprache und Brechung der Worte war wie aus dem Lehrbuch.

"Ich grüße euch, meine treuen Vasallen wie auch meine lieben Gäste!" dann ließ sie sich langsam und herrschaftlich auf dem Löwenthron nieder. Die glimmenden Kohlebecken neben ihr schienen sie dabei ebensowenig zu kümmern wie der kniende Seneschall zu ihrer Rechten. Mit einer befreienden Handbewegung erlaubte sie den Anwesenden sich zu regen.

"Bedauerlicherweise kann ich nicht alle Gesichter einem der mir vorliegenden Namen zuordnen. Bitte, tretet vor und zeigt was eure Blutsväter und -mütter euch gelehrt haben als sie von der zweiten Traditionen zu euch sprachen."

Nur wer ihr länger zuhörte, wer von ihr die Gnade gewährt bekam dieser Stimme weiter zuzuhören, die nichts sprach, nichts sagte, sondern sang und summte, der sah die Risse in ihrer Fassade der Jugend. Geblendet von ihrem Anlitz.
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Matteo
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Re: Die Nacht der vielen Toten [Hof / Alle]

Beitrag von Matteo »

Der Fluch, oder Segen, je nachdem wen man fragte, den die Kinder Arikels seit biblischen Zeiten trugen, schlug Matteo in Bann als Aurore den Saal betrat.

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Doch auch wenn die Anwesenheit Acacias schon an seinen Willen zerrte und die grazile, jugendliche und doch alterslose Schönheit der Prinzessin diese noch übertraf, so widerstand der Toreador der Versuchung sich in der Betrachtung dieser Perfektion zu verlieren.

Und so nahm er denn auch das Zeichen Maximinianus' wahr, ein knappes Nocken, mit dem der Seneschall Matteo gebot vorzutreten. Demütig, den Blick auf die zierlichen Füße ihrer Majestät gerichtet, führten ihn seine Schritte vor den Löwenthron, wo er in angemessenem Abstand auf beide Knie ging, das Kinn gesenkt zur Brust. Zwar wäre seiner eigenen Herkunft nach, aus einem der Hohen Clans, nur ein Knie auf dem Boden nötig gewesen, doch wem wenn nicht der Weißen Prinzessin von Genua könnte mehr Ehre gebühren? Herrscherin über Genua, Ahnin vermutlich aus den Tagen Roms, Ventrue und vom solch vollkommener, gefährlicher Schönheit.

So wartete Matteo auf ein Zeichen sich zu erheben, zu sprechen. Als ihm dies zuteil wurde, tat Matteo genau dies und sprach wohlgesetzte Worte in der Sprache des alten Rom. Latein, so wie ihm geraten worden war.

"Hochverehrte Majestät Aurore, Prinzessin Genuas, Enkelin seiner Gnaden Alexander des Königs von Paris, Kind des Ventrue. Demütig trete ich gemäß der Zweiten Tradition vor Euch, in der Hoffnung dass ich, Matteo Floravante Di Ventura, Neugeboren in der cilniesche Linie der Nachkommen Arikels, Kind der Lucrezia Neroni die Ancilla war in Mantua, bestehe unter Euren Augen und endgültige Aufnahme finde in Eurer Domäne.
Gemäß alter Sitte bringe ich Euch ein Gastgeschenk dar und hoffe, dass es Euer Wohlgefallen findet."


Bei diesen Worten löste sich die Gestalt einer zarten, fast ätherisch wirkenden Frau aus dem Windschatten der Elysiumswachen, wo sie kaum aufgefallen war. Eine gewisse Ähnlichkeit zu Matteo war unverkennbar, eine Verwandte sicherlich. Sie näherte sich demütig gebeugt, den Blick zu Boden gerichtet und überreichte dem Allesfresser huldvoll ein in Seide geschlagenes lebensgroßes Banner, das aus Marmor geschlagen war. Der lebensecht im 'Wind' flatternde steinerne Stoff trug das Wappen ihrer Majestät, drei güldene Dreiecke auf weißem Grund. Diejenigen unter den Anwesenden die sich in Sachen Bildhauerei auskannten, würden die Hand eines wahren Meisters erkennen, der seinesgleichen in Norditalien suchte. Kein Fehl war zu finden und nur wenig Vorstellungskraft war vonnöten um im Geiste jenes Banner im Wind flattern zusehen, vielleicht an der Spitze eines Heeres.

Erwartungsvoll verharrte Matteo vor dem Löwenthron, vor der weißen Prinzessin von Genua. Hoffte, dass er selbst wie auch sein Geschenk ihr Gefallen finden würden.
"Die Sonne lehrt alle Lebewesen die Sehnsucht nach dem Licht. Doch es ist die Nacht, die uns alle zu den Sternen erhebt." - Khalil Gibran
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La Vedova
Kappadozianer
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Registriert: Do 1. Sep 2016, 09:39

Re: Die Nacht der vielen Toten [Hof / Alle]

Beitrag von La Vedova »

Regungslos lauschten die zwei Gäste der Eröffnung der Erhabenen, ließen den Hall ihrer Worte verklingen, lange verklingen, waren wie gebannt durch ihre Schönheit – die Schönheit, die Leben und Tod so endgültig verkörperte.

Nachdem Matteo verabschiedet war erhob sich die Kappadozianerin und schritt bedächtig vor die Prinzessin, griff ihren Rock und sank auf ein Knie herab, ehe sie ihr Angesicht tief gen Boden neigte.
Als sie nach einem langen Augenblick auf das Zeichen hin aufblickte und sich erhob, stellte sie sich der Prinzessin in perfektem Klosterlatein, mit langsamen aber klaren Worten, vor.

"Höchst verehrte Aurore, Prinzessin Genuas aus der Linie des höchstverehrten Alexanders, Kind des Ventrue. Euch sei demütigst Dank ausgesprochen für diesen Empfang und eure Gastfreundschaft.
Ich bin Seinfreda Gunnhildsdottir, Neugeborene des Clans des Todes, Tochter der Kassia von Byzanz, Ancilla des Clans des Todes, aus der Linie der Heiligen Agnes von Rom, Ahnin vom Clan des Todes und Prinzessin von Sainte-Croix de Poitiers, Tochter des Lazarus, Ahn vom Clan des Todes, Kind des Kappadozius, Herr des Todes, Kind Irad des Starken, Kind des Kain, des Vaters.

Im Sinne der zweiten Tradition unser aller Vaters bitte ich untertänig um Aufnahme in eurer Domäne. Als Geste meiner Dankbarkeit will ich euch eine Gabe darbringen, als Ergänzung zur Gabe die euch zu unserem ersten Gesuch im Jahre 982 übersandt wurde“, sie hielt kurz inne, gestattete sich ein feines Lächeln, senkte dann jedoch die Augen „Eine mit… Herzblut… verfasste Abschrift des zweiten Teils der Historia de preliis Alexandri Magni.“

Zu jenem Stichwort überreichte der Kavalier Gaius am Rande des Geschehens dem Allesfresser den Inhalt des Umschlages den er bei sich getragen hatte, eine Buch, schwer und mit silbernen Beschlägen umfasst. Er überreichte es aufgeschlagen, auf dass der Ghul es vor seine Herrin tragen konnte. Auf der ersten Seite war das ikonenhafte Antlitz eines hellenistischen Alexanders zu erblicken, jugendlich und mit gelockter Haarpracht, aufrechten Blickes… der Welteneroberer wie sein Bild seit tausend Jahren gepflegt wurde, jedoch gänzlich in dunklen Rottönen gehalten.
Dann harrte die Rothaarige schweigend wie hoffnungsvoll.
Gesperrt

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