[Fluff] Leti mille repente viae [Kult der Jagd]

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Maria Penthesilea
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[Fluff] Leti mille repente viae [Kult der Jagd]

Beitrag von Maria Penthesilea »

Fette Beute - Teil 1

Es war ein guter Raubzug gewesen, befand der einäugige Bruno, während er pfeifend den dunklen Waldweg entlangstapfte. Seine Jungs hatten ohne Zögern die Wachen des dicken Händlers niedergestochen, während er selbst den Mann strangulierte. Gute Zeiten, trotz des ekelhaften Wetters.

Wieder und wieder erwies sich die Entdeckung der kleinen Abkürzung zur südlichen Hauptstraße als Segen: Sie war zu unbekannt, um viel Aufmerksamkeit zu erregen, zu eng für größere Verbände und zu unübersichtlich, als dass man dort Hinterhalte hätte bemerken können. Ein paar in Kneipen gestreute Hinweise, um die fremden Handelsreisenden in der Kneipe darauf zu bringen, und schon flatterte die fette Beute praktisch ins Haus!

Der fette Händler und seine Wachen lagen nun in einer Grube verscharrt, ihr Hab und Gut in einigen schweren Säcken verteilt, deren Gewicht gar angenehm auf den Schultern drückte. Brunos Zukunft versprach genüssliche Stunden mit Wein und Huren - die Welt war in Ordnung.

Das änderte sich jedoch schlagartig, als er den Anhänger am Baum erblickte. Irgendein Idiot hatte - in unmittelbarer Nähe ihres kleinen Lagers auch noch! - sein persönliches Bastelprojekt aufgehängt. Eine Mischung aus Knochen und Federn, wenn ihn nicht alles täuschte. Da konnte man ja gleich ein Schild aufhängen: "Zum Räuberlager hier entlang!". Zumindest, wenn einer seiner Jungs des Schreibens mächtig gewesen wäre.

Er überlegte, den Anhänger zu entfernen, aber das Mistding hing zu hoch. Bruno schüttelte ärgerlich den Kopf. Nein, die Kletterpartie würde der Schuldige selbst unternehmen, wenn er das nach der beabsichtigten Tracht Prügel überhaupt noch konnte. Und er würde den Schuldigen finden. Bruno hatte da so seine Methoden.

Seine Jungs betrachteten das Ding ebenfalls mit einer Mischung aus Interesse und Verwirrung. Bruno fuhr sie zornig an, befahl ihnen, ihre Ärsche in Bewegung zu setzen. Er wollte das Ärgernis nicht mehr anblicken. Irgendetwas daran... war irritierend. Bruno empfand nie Furcht, woran er sich nun wieder erinnern musste. Grummelnd eilte er an dem Baum vorbei.

Er konnte die Spitzen der Zelte schon durch die Bäume sehen. Doch was ihn irritierte, war, dass seine Jungs ihm tatsächlich gehorchten und still waren. Und es war nicht die Stille des Schlafes. Es war eine erwartungsvolle Stille, untermalt vom Rauschen des Regens. Ein Knacken ließ ihn zusammenfahren, aber es war nur Enzo, der auf einen Ast getreten war.

Verärgert darüber und voller unheilvoller Vorahnung betrat Bruno langsam, ganz langsam den Lagerplatz. Und erstarrte.
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Maria Penthesilea
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Fette Beute - Teil 2

Beitrag von Maria Penthesilea »

Fette Beute - Teil 2

Das Lager war menschenleer. Das konnte Bruno auf den ersten Blick sehen. Die Glut des Feuers war durch den Regen längst erloschen, die Laternen ebenfalls heruntergebrannt. Die Zelteingänge waren offen und gaben den Blick auf eine leblose Dunkelheit frei. Der Schein von Brunos Laterne fiel auf ein Durcheinander von frischen Fußabdrücken, welche zu allen Seiten in den Wald führten. Er verzog den Mund.

Enzo stellte seinen Beutesack mit einem lauten Platschen auf den Boden. Bruno fuhr zusammen und wollte gerade etwas sagen, als er sah, dass der andere Räuber sich bückte. Aus dem Schlamm hob er einen glänzenden Gegenständ. Einen Dolch. "Pietros" murmelte er und hielt ihn Bruno hin. Pietro liebte diesen Dolch, eine Auftragsarbeit. Pietro. Noch fast ein Kind. Nun lag er hier, verloren und vergessen.

Er musste etwas tun. Bruno setzte seinen Sack ebenfalls ab und zog sein Messer. Die anderen folgten seinem Beispiel. Dann begannen sie zu suchen. Die Zelte waren leer, aber hier und da lagen ein Becher, einige Würfel, ein Löffel auf dem Boden. Zeichen von Unruhe. Von Panik.

Bruno blickte seine Männer an. Enzo, wortkarg und massiv. Marco, lang und zäh, den Knüppel fest in beiden Händen. Und Frederico, genannt "der Marder", ein Genie mit dem Messer. Wo waren die anderen geblieben? Er hob seine Laterne und wandte sich dem Wald zu. Spie aus. Und setzte sich in Bewegung. Er konnte hören, wie seine Männer folgten. Sie waren es nicht gewohnt, viel zu denken - und jetzt gerade war das ein Segen.

Sie waren den Fußspuren - rennend, ungleichmäßig - nicht lange gefolgt, als Bruno stehenblieb. Erneut hing etwas im Baum, ein Seil, um einen der Äste geschlungen. Er trat näher. Das Seil war gefärbt worden, rot gefärbt, das konnte er sehen und es endete an...

Während Bruno nur dastand, konnte er hören, wie sich jemand hinter ihm geräuschvoll übergab. Das, was da im Baum hing, wirkte für einen gnädigen Moment wie eine Vogelscheuche, wie eine Puppe. Und dann... nicht mehr. Das "Seil" hing aus der leeren Bauchhöhle heraus, die Augen blickten ins Leere, die Kehle war eine rötliche Blume aus Fleisch. Die Beine fehlten, aber jemand - welcher kranke Bastard würde so etwas tun - hatte die Arme an die Zweige gebunden, ausgestreckt. Als wolle der Tote seine Kameraden umarmen.

Er konnte hören, wie der Marder etwas murmelte. Und dann hörte er, wie sein Kamerad sich umwandte und in den dunklen Wald hineinrannte. Er wollte ihn stoppen. Aber er konnte nicht, konnte nicht sprechen. Er konnte nur starren.
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Maria Penthesilea
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Re: Leti mille repente viae [Fluff]

Beitrag von Maria Penthesilea »

Fette Beute - Teil 3

"Wir können ihn nich' so hängenlassen." Die Worte drangen wie durch einen Schleier in Brunos Hirn vor. "Können wir nich'. Is nich' richtig." Frederico stand neben ihm und schluckte sichtbar. "Müssen ihn da runterhol'n." Er trat noch einen Schritt auf den Leichnam zu. Griff nach dessen Hand.

Die Falle musste mit übermenschlicher Kraft gespannt worden sein, denn die Holzspitze bohrte sich durch Fredericos Rippen hindurch, drang auf der anderen Seite wieder heraus. Der Mann wurde von dem Schwung des nicht länger gedehnten Astes von den Beinen gerissen. Er hatte nicht einmal Zeit zu Schreien. Nur ein Gurgeln drang zwischen seinen blutigen Lippen hervor, die letzten Zuckungen wie von einer Marionette an einem Stab.

Wie bei einem Puppenspiel, dachte Bruno. Wie bei einem Puppenspiel.

Enzo fluchte und stolperte zurück. Und endlich gehorchten auch Bruno seine Beine. Er fuhr herum. "Wir bringen den Mistkerl um!" schrie er, schrie, um jede andere Emotion zu übertönen. Ein Gedanke durchfuhr seinen Kopf. "Er wird sich den Marder schnappen. Hinterher, dann packen wir ihn."

Zum wenigen Licht der Laterne stolperten die Räuber durch den Wald, den Spuren des Marders nach. Bruno war kein schlechter Spurenleser... Spuren... er hatte keine Spur gesehen, außer der seines toten und ausgestellten Kameraden. Was ging hier vor? Wer - oder was - konnte so etwas anrichten? Etwas zischte an seinem Ohr vorbei und er sah aus dem Augenwinkel, wie Enzo zu Boden ging, einen Pfeil in der Kehle.

Eine Frau lachte, fröhlich und begeistert. Er sah niemanden.

Zu seiner Rechten, ein Gebüsch. Bruno warf sich hinein. Gute Deckung. Und schrie auf, als neben ihm sich ein Körper bewegte, stach zu, wieder und wieder und wieder. Schließlich entglitt das Messer seinen blutigen Händen. Der Marder blickte ihn mit aufgerissenen Augen an. Brunos Gesichtzüge entgleisten, ein irres Kichern. Er griff den Kragen des Mannes.

"...habe es gesehen..." Der Marder keuchte, röchelte. "...s'ist kein Mensch. Kein Men..." Seine Augen brachen.

Bruno war allein.
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Maria Penthesilea
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Re: Leti mille repente viae [Fluff]

Beitrag von Maria Penthesilea »

Er rannte. Nicht länger, um ein Ziel zu erreichen. Das, was menschlich gewesen war, war in Panik, im Wahnsinn ertränkt worden. Er war nur mehr ein Tier, herausgerissen aus seiner Herde, gejagt, in die Enge getrieben.

Wieder erklang das Lachen und ein Pfeil schlug vor seiner Nase ein. Die Beute, die noch vor wenigen Stunden auf den Namen Bruno gehört hatte, wich instinktiv zur Seite aus. Er wusste nicht, dass er zurück zum Lager getrieben wurde. Wusste nicht, dass er im Dunkeln über die Leiche eines anderen Räubers stolperte. Er wusste nur, dass er fliehen musste, bevor auch ihn der Schatten holte.

Sie warteten im Lager auf ihn. Er sah die Frauen zwischen den Zelten hervortreten, die Bögen in der Hand. Ihre Gesichter waren in den Schatten verborgen. Und die Pfeile waren auf ihn gerichtet. Doch sie schossen nicht. Stattdessen begannen sie einen leisen Singsang, unverständlich für die Ohren ihrer Beute. Es waren die alten Worte, welche herabgereicht worden waren durch die Zeit.

Die Jagd näherte sich ihrem Ende.

Und dann, während die Beute noch auf die zwei Schützinnen vor sich starrte, hörte sie hinter sich das Knurren. Spürte, wie sich die Klauen in seinen Rücken gruben. Ein Ruck - und er sank auf die Knie. Dann fiel er vornüber.

Die Nonnen nahmen das noch schlagende Herz entgegen und hielten es zwischen sich, noch immer singend, ihre Beute um Verzeihung bittend. Das Blut salbte die Jäger. Dann brach der Gesang ab und der Wald lag wieder still da, regungslos.

So wie Bruno.
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Maria Penthesilea
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Re: Leti mille repente viae [Fluff]

Beitrag von Maria Penthesilea »

"...patriis et filii et spiritus sancti. Amen!" Der muskulöse, bleiche Krieger erhob sich aus seiner knienden Position. Er war bereit. Mit offensichtlichem Misstrauen musterte er die Symbole auf seinen Armen. Rankenartig wanden sie sich um die weiße Haut, ein starker Kontrast im Licht des Mondes.

Er ließ sich in sein Kettenhemd helfen, setzte seinen Helm auf. Dann nahm er Schild und Schwert, die an einem nahegelegenen Grabstein lehnten. Ein kurzes Nicken zu den seltsamen Frauen, die um ihn herumstanden. Sie schienen ihm nicht zu bemerken, so versunken waren sie in ihren seltsamen Singsang. Heidnisch, da würde er wetten, wenn Wetten nicht sündig wären. Trotz ihrer Nonnentracht. Heidnisch.

Mit schweren, langsamen Schritten stapfte er tiefer in das Gräberfeld von San Siro hinein. Die Nekropole schreckte ihn nicht. Seine Familie war den Toten näher als jede andere. Doch er wusste, dass zwischen den Steinen etwas lauerte. Etwas, das nicht tot genug war. Etwas, das ihn jagte.

Der Gesang brach schlagartig ab, als hätte der Krieger eine unsichtbare Linie überschritten. Er wandte sich nicht um.

An einem der alten, knorrigen Bäume drehte sich etwas. Eine Schnur, mit Federn und kleinen Holzperlen, an deren Ende ein Vogelschädel hing. Die leeren Augen blickten hierhin und dorthin, drehten sich im leichten Wind. Der Krieger hielt inne und schnaubte leise. Dann schritt er vorwärts.

Der bleiche Streiter wusste, dass er sich den alten Gräbern in der Mitte des Friedhofs näherte. Sein Bruder hatte ihm davon erzählt. Uralte Gebeine lagen dort, verborgen in Sarkophagen. Und noch ältere, düsterere Geheimnisse hatte dieser Ort gekannt. So versunken war er in seinen finsteren Gedanken, dass er die Bewegung zu seiner Rechten fast nicht bemerkt hätte. Aber seine in langen Schlachten erprobten Instinkte wurden wach. Er fuhr herum.

Er sah seine Beute. Er sah seinen Jäger. Sah das Grinsen, die spitzen Zähne. Der Krieger runzelte die Stirn. Konzentrierte sich.

Als sein Gegenüber auf ihn zusprang, hob Titus seinen Schild und erwartete den Aufprall. Er war bereit. Beim Herrn - er war bereit!
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Maria Penthesilea
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Die Stille nach der Jagd

Beitrag von Maria Penthesilea »

Speer und Säbel

Maria Penthesileas Blick gleitet über die Straße. Der Sonnenaufgang wird kommen. Wird die schwarzroten Pfützen bescheinen. Blut und Dreck gemischt. Das Feuer in ihren Augen brennt. Sie wendet sich dem Wagen zu, Maria Evandre zu, deren linker Arm irgendwo dort im Dreck geblieben ist. Die Nonne stöhnt. Sie wird die Nacht nicht überleben, Penthesilea weiß es. Sie schließt die Augen.

Vor ihrem Inneren sieht sie Maria Derimacheias Gesicht, noch immer vom Feuer der Jagd erfüllt. Und deren tiefen Wunden. Derimacheia - sie hat zu hell gebrannt. Penthesilea sieht Maria Thermodosa, am eigenen Blut erstickt. Für einen Moment gestattet sie sich tiefe, tiefe Trauer. Eine Träne rinnt über ihr Gesicht. Dann schluckt sie.

Und die Wagen setzen sich in Bewegung, bringen ihre Fracht, bringen all den Tod zurück nach Genua.

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Es ist spät in der Nacht, als ein Wagen an der Villa Illuminata vorfährt. Langsam, wie bei einem Begräbnis - und in gewisser Weise stimmt das auch. Die beiden Nonnen steigen vom Kutschbock, mit schwankenden Schritten. Maria Penthesilea stützt sich kurz auf die Wagenseite, dann zieht sie die Schultern hoch. Sie reißt sich zusammen.

Maria Polemusas Augen sind gerötet, sie hat viel geweint. Ihr Herz ist groß und es hatte die jungen Jägerinnen eingeschlossen, ebenso wie die knurrige alte Thermodosa. Dennoch liegt ein melancholisches, beinahe stolzes Lächeln liegt auf ihrem Gesicht. Sie sind gut gestorben.

Als sie zur Ladefläche schreitet, nickt sie den beiden Männern zu, Krieger in Nordmannkleidung, die mit unbewegtem Gesicht daneben stehen. Die muskulösen Arme heben zwei Fässer herunter. Fässer, in denen alles still ist und ewig still bleiben wird.

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Respektvoll sinkt Maria Penthesilea auf die Knie, die Waffen vor sich ausgebreitet, die Fässer hinter sich. Sie blickt das Gesicht der obersten Jägerin - der Prinzessin - nicht an. Sie blickt nur auf den Boden. Sieht dort nicht Speer und Säbel. Sie sieht wieder in die toten, offenen Augen von Thermodosa, Derimacheia, Evandre. Ein Nicken, voller Stolz.

"Es ist vollbracht", sagt sie dann, auf die Aufforderung der anderen hin. "Die Assamiten sind tot. Vier starben durch den Kult. Und sechs ihrer Diener. Der Kult hat geblutet. Der Kult hat geopfert. Aber die Jagd war erfolgreich." Sie macht eine Pause, sammelt ihre Kräfte.

"Die Jagd... endet nie."
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Maria Penthesilea
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Der Altar [Fluff]

Beitrag von Maria Penthesilea »

Mit zärtlicher Geste strich die kleine Hand über den Fangzahn, zuckte zusammen, als sich die Spitze in den Zeigefinger bohrte. Ein roter Bluttropfen fiel in den Holztiegel, vermischte sich mit der Farbe darin. Die Zeichnerin lächelte. Sie tauchte den Finger hinein und begann, mit kreisenden, zuckenden Bewegungen Muster auf den Schädel zu malen.

In den dunklen Ranken lagen Details verborgen, die nur das geübte Auge wahrnehmen würde. Ein Schwert, stilisiert, die Waffe des Jägers. Eine liegende Gestalt. Seine Beute, bevor er selbst zur Beute geworden war. Der Wald darum herum, eine Straße. Drei andere, kleinere Jäger im Hintergrund. Seine Jagdgemeinschaft. Und das Zeichen des Kultes. Das Zeichen derjenigen, die ihn zur Strecke gebracht hatten.

Sie lächelte. Die Muster sprachen. Wenn man nur zuhörte.

Der Tiegel war leer, ihr Finger trocken. Vorsichtig nahm die Künstlerin den Schädel auf und platzierte ihn neben den drei anderen. Streute den farbigen Sand um die Häupter der Assamiten herum. Und trat zurück.

Gemeinsam mit den anderen stimmte sie den Gesang an, der von der Jagd sprach. Den Gesang, der die Beute ehrte und ihr Andenken an diesen Ort band. Sie hatte die alte Sprache erst lernen müssen, so seltsam und ungewohnt. Nun verschwendete sie kaum einen Gedanken daran. Stattdessen hob sie die Arme und begann, sich rhythmisch zu wiegen.

Der Geruch der Räucherwerkes, der Widerschein der feuchten Farbe, das Fackellicht, das sich auf den dargebrachten Waffen spiegelte, das Geräusch des Gesanges halfen dabei, die Trance zu erreichen. Lauter und lauter wurden die Stimmen, näherten sich dem Höhepunkt - und brachen dann ab.

Der Moment der Einkehr war erreicht. Die Jägerin schloss die Augen. Und die Jagd begann erneut.
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Maria Penthesilea
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Nachwuchs [Fluff]

Beitrag von Maria Penthesilea »

"Mit dem Blut eurer Beute. Wir zeichnen euch." Die Hände der beiden Jägerinnen fuhren in die beiden Töpfe. Tiegel, in denen rote Flüssigkeit schwappte. Sie zeichneten über die Gesichter der knienden Frauen vor ihnen. Seltsame Rankenmuster erschienen darauf, dunkel auf der Haut. "Als Schülerin kamt ihr zu uns. Ihr habt gelernt. Ihr habt verstanden. Ihr habt eure Jagd begonnen."

Den Knienden wurde geboten, aufzustehen. "Nun steht ihr vor uns", intonierte Penthesilea feierlich. "Jägerinnen. Im Geist. Durch Tat. Nehmt eure Bögen." Polemusa und Asifa traten zurück. Gaben den Blick frei. Der Schein der Fackeln fiel auf die jungen Gesichter, auf denen Freude und Ehrfurcht einander abwechselten. Rasch griffen sie zu, nahmen die Bögen zur Hand. "Antandre. Derinoe. Das seien eure Namen."

Die Pfeile entflammten über dem Kohlebecken. Die Sehnen wurden gespannt. Penthesilea nickte - und wie Kometen flogen die brennenden Geschosse, über die Köpfe der Versammelten, bis sie den großen Holzhaufen nicht weit entfernt trafen und entzündeten. Hell schossen die Flammen in die Nacht empor.

"Heute Nacht..." rief die oberste Jägerin, ihren eigenen Bogen über den Kopf erhoben. "Heute Nacht jagen wir!"

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Polemusa strich über das Fell des Hirschbocks, den sie geschossen hatte, ließ ihren Blick über den erlegten Fuchs, die Kaninchen und die Stiefel des unglücklichen Wilderers gleiten, der die Jagd gekreuzt hatte. "Viele Beute", sagte sie leise. Penthesilea nickte. "Sie haben Talent."

Die andere Jägerin faltete die Arme. "Talent genügt nicht. Evandre, Derimacheia..." Sie runzelte die Stirn. "Du weißt: Wie man in den Wald ruft... Wir rufen sehr laut. Vielleicht zu laut." Penthesilea nickte. "Ein Risiko. Aber wie soll sie sonst die Wahrheit sehen?" Sie verzog den Mund. "Sie muss verstehen. Sie wird verstehen. Oder sie wird Beute sein."

Die beiden schwiegen und blickten in Richtung der Stadt. In Richtung Broglio.
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