[Fluff] Notte dei Lupi [Brimir]

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Brimir
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[Fluff] Notte dei Lupi [Brimir]

Beitrag von Brimir »

Es waren die ersten Winternächte und von der See wehte ein kalter Wind über die Stadt, nahm deren Gerüche auf und trug sie über das Land: Schmutz, Exkremente... und Blut.

In Broglio, in Ravecca, in Platealonga kauerten die verbrecherischen Elemente der Stadt in ihren Hütten, die Türen fest verriegelt, die Hände zum stillen Gebet gefaltet. Die Wolfsnächte waren gekommen. Keiner fragte, ob es Tote geben würde. Die Frage war nur, wen die wilde Jagd in diesem Jahr entführen würde, und wer verschont blieb.

Im ersten Jahr hatten die Verbrecher Genuas noch an einen Bandenkrieg geglaubt. Ein äußerst brutaler Bandenkrieg zwar, aber nicht mehr. Ennio, "der Stier" und seine Schläger, sie alle hatten dran glauben müssen. Brutal abgeschlachtet, offenbar mit Kampfhunden zu Tode gehetzt oder mit Pfeilen niedergestreckt. Es hatte nicht mehr als drei Tage gedauert. Eine effektive Machtdemonstration. Niemand wagte es, Ennios Revier in Broglio zu übernehmen.

Die verschiedenen Banden warteten darauf, dass sich die Angreifer zeigten, das Gebiet beanspruchten. Nichts dergleichen geschah. Die Mörder, wer immer sie waren, blieben verschwunden.

Als die Winternächte des zweiten Jahres begannen, war der Vorfall schon fast vergessen. Doch dann verschwanden Zechkumpanen und Komplizen, wurden Leichenteile am Fluss gefunden, Blutlachen auf dem matschigen Boden. Es gab kein Muster bei diesen Angriffen, außer dass die Opfer der Unterwelt angehörten. Vom kleinen Dieb zum Bandenführer, drei Tage lang wüteten die Angreifer unter Genuas Verbrechern.

Dann waren sie wieder spurlos verschwunden. Doch diesmal gab es einen Zeugen.

Luigi, ein Straßendieb, hatte sich mit seinen Freunden zum Kartenspielen getroffen, in einem Nebenraum Bier holen wollen, als er das Splittern von Holz, dann wütendes Knurren und die Schreie seiner Genossen hörte. Blut spritzte auf den Vorhang zwischen den beiden Räumen und, wie er später stotternd erzählte, hatte er ein Reißen gehört. Ein Geräusch, dass er sein Lebtag nicht vergessen würde.

Mit dem Instinkt seines Berufsstand hatte er sich versteckt und leise gebetet. Und dann hatte er es gehört: Einen geisterhaften Gesang, Worte in unbekannter Sprache. Frauenstimmen. Tiere, die knurrten. Der Geruch von Blut in der Luft. Dann Stille.

Von den Stunden, in denen er in dem Schlachthaus versteckt blieb, war sein Geist zerrüttet, aber einige Worte stammelte er wieder und wieder: "Die wilde Jagd! Die Wolfsnacht!" Und tatsächlich fand man später die Abdrücke eines großen Wolfes in den Blutlachen. Die Leichen aber, die waren verschwunden. Und blieben verschwunden.

Es waren die ersten Winternächte und von der See wehte ein kalter Wind über die Stadt. Genua lag still da, beinahe friedlich. Doch auf den Dächern, in den Gassen, da sammelten sich die Schatten. Rote Augen glühten. Bögen wurden gespannt. Krallen kratzten an Mauern entlang.

Die Wolfsnächte waren gekommen.
"Eines Jeden Rücken ist ungeschützt, es sei denn, er hat einen Bruder."
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