[Fluff] Brennen sollst du immerdar [Livia]

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Livia
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[Fluff] Brennen sollst du immerdar [Livia]

Beitrag von Livia »

Verrat.
Enge.
Schmerz.

Ein Raum - er brennt. Nein, es sind nur Kerzen.
Schmerzende Augen sehen.

Binden.
Schwere Ketten an allen Gliedern, Armen, Beinen, Hals. Schwere Ketten schmerzen.
Sie glühen!
Glühen bläulich - geisterhaft.
Eine unbekannte Macht bindet und schmerzt zugleich.

Die Lichter schwinden, aber die Angst steigt. Das Tier lauert. Wieso?
Es ist gebettet auf Stroh. Stroh wie für ein Tier. Schmerzend.
Wieso steigt die Angst, wenn das Licht schwindet? Der Geist wird klarer.

Das Feuer - es ist wenig. Aber es wird so wenig, dass es droht. Die Kerze brennt herab. Eine einzelne Kerze ist fast herabgebrannt, steht nicht weit entfernt, mittem im Stroh!

Feuer und Rauch schleudern sich herum, umfließen alle Sinne, reißen alle Gefühle ein. Die Angst wird übermannend. Das Tier schließt seine schützenden Arme, sein Versprechen will es halten, es wird das Leben retten, will sich selbst retten.

Doch: Es ist zu schwach. Die Ketten leuchten bläulich-weiß. Das Ende naht.

Feuer überall. Schmerz. Unendlicher Schmerz. Schmelzendes Fleisch, ein Schrei durchstößt die Nacht, ein einzelner Schrei, er trägt die Qual aller Leben in sich, die in all den Jahren in den Leib geflossen sind, aller Vitae, aller Reste von Menschlichkeit...
Er trägt das gesamte Tier in sich.
Ein einzelner Schrei durchbricht die Existenz und das Wesen. Vernichtet.

Dunkelheit. Nichts. Tod.

Kein Erwachen.

Niemals mehr.

Nur noch Alptraum und Tod.

Für eine Ewigkeit.

Niemals mehr Erwachend.

Willkommen, Hölle... Strafe... Buße...

Kein Erwachen - niemals.
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Livia
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Rogers letzte Heldentat [Fluff]

Beitrag von Livia »

Rogers letzte Heldentat

Eine gute Woche war vergangen, sie hatte gelitten, so schrecklich gelitten.
Nur mit gröbster Not war sie überhaupt entkommen... hatte sich als die dümmste Magd ausgeben müssen, war nicht in der Lage ihre schrecklichen Verbrennungen zu kaschieren, musste ihr schreckliches Äußeres zeigen wie ein dahergelaufener Nosferatu, ihre eigenen Kräfte hatten sie verlassen - oder viel eher war der Schmerz zu groß, um die Konzentration aufzubringen, nur ihr eiserner Wille hatte ihr die Flucht ermöglicht...

Livia fluchte und stöhnte bei den Erinnerungen zugleich. Die Schmerzen waren so groß, dass sie ohne ihr enges Netz an Blutsdienern und Schuldern nie in der Lage gewesen wäre, ausreichend Blut herbeizuschaffen... Und selbst nach einer Woche reiner Qual sah sie weiterhin aus wie Godeocs Geliebte.

Normalerweise hätte sie gerne etwas zerschlagen, unnötige Befehle geherrscht oder jemandem den Kopf verdreht - natürlich im übertragenen Sinne - aber die qualvolle Lethargie ließ es nicht zu, nur das Leiden ließ sie zu. Jammernd und wimmernd hatte sie so Nächte zugebracht, sich gerade mal zum Trinken aufraffen können.

Doch nachdem nach einer Woche die schlimmsten Schmerzen getilgt waren fasste sich Livia ein Herz. Einen Mut. Woher auch immer genau... es konnte fast nur ihre wortwörtlich irrsinnige Liebe zu Angelique sein, die sie dazu bewegt hatte. Sie würde nicht zulassen, dass sich alles was Angelique errichtet hatte in Rauch auflösen würde und nur noch Asche war, wenn diese zurückkehren würde... Sie musste sie retten, Rogers Familie.

Sie wies ein dutzend ihrer gepanzerten Recken an, dass diese einen neuen Offizier haben sollten, Roger d'Arles... den Schwiegersohn von Livias lieben Ritter Welf.
Und so warf sie sich in Schale. Eine andere Schale, als es sonst war. Eine aus Eisen. Die Rüstung des kleinsten ihrer Männer. Jeder Schritt schmerzte in der Kettenpanzerung, außer ein Schwert konnte sie gar nicht mehr gürten, die Kraft fehlte ihr. Jede Eleganz der sonst so geschmeidigen Schlange war geraubt. Doch der Wahn trieb sie an.

Wenig später war die Gruppe unterwegs, sie waren verhüllt, gerade Roger gar nicht zu bemerken... und so kamen sie zu Rogers Turm, Späher hatten die Lage bereits ausgekundschaftet. Roger d'Arles näherte sich 'seinem' Turm, er rief die Männer herbei, er wirkte geschwächt, humpelnd, verbunden.
Ein freudiges Raunen ging durch die Truppe - endlich war Roger zurück!

"Männer..." Hustete er ihnen entgegen. Livia sammelt ihre Kraft zusammen, nun war der entscheidende Moment ihrer Finte gekommen, wenn sie jetzt überzeugte, wäre alles gerettet... aber wenn sie scheiterte... würde es einen Kampf geben, der übel für sie aussah.

"Ihr habt tapfer ausgeharrt in diesen schwierigen Wochen.
Ihr seht, es waren harte Zeiten, ich bin auf einer Suche und diese kostet Blut und Kraft...
Aber nichts ist verloren."
Erneut hustet er. In dieser Zeit hatte sich Livias Präsenz ausgebereitet, sie war durch ihre Adern und in die Geister der Männer vor sich gedrungen, hatte ihr die einnehmende Art des Ritters gegeben... die der unscheinbaren Setitin ohne die schwarze Magie ihres Blutes fehlte. Die Worte waren ihr letztes Aufbäumen, all ihr Wille fixiert, jetzt oder nie...
"Männer! Heute haben wir einen Sieg errungen.
Und ich bin zurück.
Ich bringe euch Entsatz, ihr müsst nicht länger ausharren.
Ich werde weiter suchen, schon morgen werde uach ich wieder nach Domus ziehen und suchen...
Aber ihr sollt einen Tag im Bad genießen, Wein, Weib, ein Extrasold!
Mehr noch... sollt ihr ab jetzt nicht mehr Etienne, sondern meinem Schwiegervater Welf dienen, auf Pontedecimo oben, dort sollt ihr meine Familie hinbringen.
Meine Frau ist in anderen Umständen, auf sie muss besonders geachtet werden!
Ich und die Jungs hier kümmern uns jetzt um die Angelegenheiten in Genua.
Grüß euch, Männer. Leb wohl, geliebtes Weib - grüß unseren Sohn in Liebe von mir."

Schloss er dann final und irgendie dunkel. Und Livia sackte noch ein Stück in sich zusammen. Nur die Macht ihres Blutes... mehr noch aber die letzte Kraft ihres Geistes hatte ihre Worte mit ausreichend Kraft versehen, sich durchzusetzen.

Unter Freudenjubel der Männer zog sich Roger zurück, sie hatten ihre Aufgaben, er gab seiner 'Ablösung' einige Befehle und hoffte nun... dass diese aufgehen würden. Aber im mindesten, dass die Sicherung der Errungen schaften gelungen war.

Dann zog er sich ganz zurück, Livia floss in der Dunkelheit ihres Raumes förmlich aus ihrer Schale - aus Roger heraus.
Sie wollte nur noch schlafen... aber sie konnte es nicht wagen.
So wurde sie eins mit der Nacht, mit dem Nichts, das ihr Geist mittlerweile war...
Nur noch nach Hause, nur noch schlafen, nur noch dunkelheit...
Nur noch Sicherheit.
Sie wurde eins mit dem Nichts und schloss sich dem Schatten der Eskorte an.

Und mit ihr verschwand der letzte Roger d'Arles...
Er hatte seine letzte Heldentat getan. Er hatte seine edle Braut gerettet...
Aus dem Wahnsinn seines eigenen Todes befreit.

Irgendwie poetisch.

Und doch verdammt dunkel.

Genau wie Livias blutrote Tränen, die sie in den kommenden Nächten der Qual um diesen Mann vergoss - einen Mann, der mehr Format hatte, als mancher Kainit; der älter gewesen war, als selbst sie - der so unweigerlich mit Angelique in Verbindung stand, dass sein Tod auf ihre Vernichtung vorausdeutete, wie es auch Livias Traum vom Feuer tat...
Darin lag keine Poesie mehr, nur noch das jämmerliche Leid ihrer Art.
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