[1028] Wohin der Weg uns führen mag [Galeno, Seresa]

[Mai '19]

Moderator: Toma Ianos Navodeanu

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Seresa
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[1028] Wohin der Weg uns führen mag [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Man konnte es lieben oder hassen, doch es war ein stetiges auf und ab. Mal empfand man es als sanft, zärtlich und flüsternd rauschend. Dann wieder als tosend laut, roh und fast gewaltsam brechend.

Dieser Ort war wahrlich nicht ihre Heimat, doch wusste er um die Sehnsucht, welche als kleine und unauslöschliche Flamme in ihrem Inneren brannte. Er ermöglichte ihr zur inneren Ruhe zu finden, nachzudenken, Kraft zu schöpfen und zu träumen, auch wenn es nur für einen kurzen Moment war, bevor die Last ihres Daseins in all der unnachgiebigen Härte sie erneut einholen würde.

Helle Kronen tauchten im Mondlicht auf, bevor alles wieder in der Schwärze des Nichts verschwand, nur um wenig später erneut aufzutauchen. Gänzlich widerstrebend auf ewig unterzugehen und unten zu bleiben.

Die gespeicherte Wärme des Tages verflog langsam, als Seresa wie ein länglicher, seltsam geformter Stein ruhig und kalt am Strand in ihren dunklen Umhang gewickelt auf dem Gemisch aus Sand und Stein lag. Ihre halbgeschlossenen, halboffenen Augen suchten die feine Linie am Horizont, welche den Himmel und die Erde trennten, während ihre angewinkelten Arme den Kopf stützten und den Rücken in eine sanfte Kurve nach oben bogen. Der Überwurf war über ihr Haupt gelegt und einzig die etwas helleren Schuhe, welche aus dem Umhang hervorschauten und der sanfte Windhauch, welcher fast zärtlich an dem unnachgiebigen Stoff zupfte, zerstörte das unbewusste Trugbild dabei zur Gänze.
~*~ Die Glut des Herzens ist am besten in den Nächten voller Dunkelheit zu erkennen. ~*~
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Nubis
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Re: [1028] Wohin der Weg uns führen mag [Galeno, Seresa]

Beitrag von Nubis »

Vom Pfad an der Strandlinie vorbei, welcher zum einen nach Burgus, zum anderen nach Genua führte, hörte man Stimmen. Eine ruhige, sehr angenehme und womöglich vertraute Stimme sprach mit einer eher rauen Männerstimme.
Drei Herren liefen den Weg entlang, ein junger Mönch, begleitet von zwei anderen Mönchen. Alle drei trugen die Kapuze ins Gesicht gezogen.

Die ruhige Stimme kam von der kleineren Gestalt.
"Du kannst nicht so grob sein. Du musst mehr Feingefühl zeigen. Wir müssen das noch weiter üben."
Einer der beiden gross gewachsenen Mönche, eben jener mit der rauen Stimme, die so klang, als hätte er ein Reibeisen verschluckt, antwortete sofort darauf.
"Das ist mir noch ziemlich neu und eigentlich so gar nicht mein Ding, was ich sonst immer getan habe. Bist du dir ...."
Der kleine Mönch blieb stehen und auch die anderen beiden verharrten. Dann blickte der junge Mönch den wohl Älteren an und knurrte leicht.
"Umgangsformen. Auch das musst du lernen. Du sprichst mich nicht so an, sondern respektvoller, wie es der Rang erfordert, ist das von dir verstanden worden?"

Die Stimme des Raubeins knurrte ebenfalls und fluchte irgendwas unverständliches in die Nachtluft hinaus.
"Sonst werde ich dich nicht oft mit mir nehmen können...dann wärst du ziemlich nutzlos..."
Nun begann derjenige mit der raueren Stimme doch etwas zu reuen, zumindest stammelte er etwas.
"Aber..aber..nein, ich werde das alles lernen und versuchen zu berücksichtigen. Ist nur alles so viel."

Sie hatten wohl die Person am Strand noch nicht wirklich entdeckt, oder doch? Denn während die beiden sich so unterhielten, blickte der andere Mönch über den Strand aufs Meer hinaus und genoss wohl auch den Anblick. Doch schnell wanderte dieser zu dem Etwas am Boden mit ein paar Schuhen und einem leicht vom Wind aufgepeitschten Umhang. Doch er sagte noch nichts, sondern beobachtete nur.
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
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Seresa
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Re: [1028] Wohin der Weg uns führen mag [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Der falsche Stein drehte seinen oberen, höheren Teil in Richtung der fremden Stimmen, als wäre er durch sie erst zum Leben erwacht. Einen Moment lang verharrte er still und hörte offenkundig zu, bevor er sich wieder zu der feinen Linie am Horizont abwandte. Nach einem Augenblick veränderte sich seine Form gänzlich. Wurde runder und somit steinförmiger, bevor er länglich und höher wurde, nur um in einer zügigen Bewegung die aufrechtstehende Gestalt eines Menschen anzunehmen. In der rechten Hand erschien ein länglicher, dunkler Stab, welcher ihn überragte. Leise - beinahe geräuschlos - fiel der Sand, welcher sich im Umhang verfangen hatte, mit wenigen streichenden Bewegungen auf den Strand zurück. Noch einen Moment schien die Gestalt in die Ferne zu blicken, bevor sie sich zu den Stimmen auf dem Weg umdrehte und sich mit ruhigen Schritten diesen näherte. Den Überwurf noch immer über das Haupt gelegt und das Gesicht darunter verborgen.
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Nubis
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Re: [1028] Wohin der Weg uns führen mag [Galeno, Seresa]

Beitrag von Nubis »

Bruder Luciano sah dem Stein zu, wie er sich nach und nach verformte und für einen Stein gar seltsame Formen annahm und dann sogar Laufen lernte. Noch immer war nicht erkennbar, wer es war und Lucianos Blick wanderte kurz zu Galeno, der noch immer ein wenig belehrte, wie man sich des Standes wegen zu verhalten hatte. Einige Lektionen würden wohl auf den anderen Mönch zukommen, der demütig, jedoch manches Mal auch mit Widerworten gespickt, antworte und nickte oder begleitend zur Antwort mit dem Kopf schüttelte.

„Bruder Galeno, da kommt wer vom Strand daher...“ meinte Luciano freundlich und sehr leise an seinen Herrn gewandt und dieser verstummte, gesellte sich an die Seite von dem grosssen, aufmerksamen Bruder und sah zu der Gestalt mit Stab.

„Mhh..“ meinte er nur knapp. Eigentlich war er auf dem Weg zurück nach Burgus und hatte keine Lust auf ein Treffen mit irgendwem, egal ob Mensch, oder Kainit.

„Behalten wir diese Gestalt im Auge und ziehen weiter..“

Und tatsächlich richtete er seine Schritte wieder den Weg entlang, der weiter zum Dorf der Kappadozianer führte.
Luciano würde zwischen ihn und der Gestalt laufen und ihn an der linken Seite flankieren. Der andere Begleiter eher rechts. Doch er schien weniger aufmerksam zu sein, hielt den Blick eher geradeaus.
Alle drei hielten sich aber nun bedeckt und liessen nicht weiter erkennen, wer sie waren.
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Seresa
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Re: [1028] Wohin der Weg uns führen mag [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Es dauerte einige Momente, doch je mehr Zeit verging, umso ersichtlicher wurde es der kleinen Mönchgruppe, dass ein Aufeinandertreffen unvermeidbar und wohl von ihr gewollt zu sein schien, denn mit festem Schritt und aufrechten Gang hielt sie offen und direkt auf sie zu. Schließlich stand die Gestalt nur wenige Meter entfernt mittig auf dem Weg, zwischen den drei Männern und Burgus.

Der Stab ruhte ruhig in ihrer rechten Hand, während Galeno den Eindruck gewinnen mochte, dass die Augen der verhüllten Gestalt auf ihm lagen. Schweigend wartete sie, bis die drei Männer die letzten wenigen Meter überwinden würden. Die Gestalt, welche sich ihnen in den Weg gestellt hatte, war zierlich und kaum größer als einen Meter und einen Halben. Dennoch schien sie keine offenkundige Furcht vor den drei Mönchen zu haben.
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Nubis
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Re: [1028] Wohin der Weg uns führen mag [Galeno, Seresa]

Beitrag von Nubis »

Die Augen wanderten wortlos mit jedem Schritt, den die Gestalt näher kam, doch wurde nichts von dem grossen Kerl links von dem kleinen Mönch erwidert. Keine Anmerkung, keine Warnung, keine Begrüssung, als er dann so mittig auf dem Weg stand und ihnen das Weitergehen erschwerte.
Auch von der Gestalt in der Mitte dieser geistlichen Wandertruppe kam vorerst keine verbalte Reaktion, sondern er blieb schlicht und ergreifend stehen, abwartend.

Anders aber der Rechte von ihnen. Er schien wohl damit nicht ganz klar zu kommen, dass ihnen jemand da im Wege stand und der Mönch machte sich etwas grösser, baute sich auf.

„Hey da! Du, Kleiner, mach Platz und lass uns in Ruhe!“
Er öffnete noch weiter den Mund, um wohl noch weitere verbale Attacken auf sein viel kleineres Gegenüber zu werfen, da hörte er ein Knurren des Kleineren.
„Wie sprichst du mit einem Wanderer, der zu uns kommt und uns bisher kein Haar gekrümmt hat? Denkst du, dass dies Nächstenliebe bedeutet? Du sollst doch höflich und zuvorkommend zu den Menschen sein, nicht das Raubein, welches du einst warst und was du ablegen willst....“

Der kleinere schüttelte sehr enttäuscht mit dem Kopf, langsam und bedächtig, schien keine Eile zu haben oder ....vielleicht strafte er damit gerade auch sein Gegenüber besonders lange.
Dieser schien auch eine Wandlung durch zu machen und sein Gesicht zeichnete eine tiefe peinliche Berührung, etwas Angst und Ehrfurcht und Entschuldigung. Aber nicht demjenigen gegenüber, den er angeblafft hatte, sondern dem kleinen Mönch gegenüber.

Dieser wiederum vollführte eine leichte Verbeugung vor der Gestalt und richtete sich dann wieder etwas mehr an seinen Rechten Mann, der wohl den Status eines Novizen hatte.
„Akzeptiere, was folgen wird...“ waren seine Worte an diesen und dann huschte der Blick wieder zurück zu dem Gast, der sich zu ihnen gesellt hatte. So zielstrebig und ohne Scheu. Und das von diesem Strand her. Galeno hatte eine Vermutung.
„Entschuldigt. Er lernt noch, ist noch sehr jung in dieser Gemeinschaft. Doch dies soll ihm keine Entschuldigung sein und er soll lernen.“
Damit vollführte er eine einladende Geste in Richtung des Raubeins und wartete ab, ob sein Gegenüber diese Möglichkeit wahr nehmen würde, oder nicht. Falls seine Vermutung stimmen würde, so war er sich sicher, würde es womöglich gleich krachen. Natürlich hoffte er, dass es nicht all zu heftig sein würde, denn er brauchte ihn noch. Aber eine neue Lektion musste gelernt werden und hier war es gerade wunderbar praxisbezogen.

Leicht verwirrt wich der Mönch einen halben Schritt zurück. Man konnte nun Unsicherheit erkennen. Scheinbar war er wirklich noch nicht sehr lange dabei.
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Re: [1028] Wohin der Weg uns führen mag [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Die fremde Gestalt hatte Galeno zugenickt, als dieser sich verneigt hatte. Ansonsten war sie ruhig geblieben und hatte die darauffolgende Unterhaltung aufmerksam verfolgt. Auf die einladende Geste hin, lehnte sie den Stab gegen ihre Schulter und schlug den Überwurf von ihrem Haupt zurück.

Darunter kamen die glatten, kinnlangen Haare und das Gesicht der Brujah zum Vorschein, welche sowohl den neuen Begleiter wie auch den Alten mit einem kurzen Blick bedachte. Dann fanden ihre braunen Augen zu dem Kappadozianer, während sie an ihn gewandt sprach.

„Er wird lernen.“

Ihre ernste Stimme mochte nicht länger so recht zu dem jugendlichen Gesicht passen. Ebenso wenig wie ihre aufrechte Haltung und die Seelenruhe, mit welcher sie den Stab erneut in die rechte Hand wandern ließ. Ihr Blick fiel auf Galenos Hand, bevor sie langsam den Kopf schüttelte und erneut den ewigjungen Mönch anblickte.

„Doch nicht durch mich.“

Ob dies nun besser oder schlechter für das Raubein war, wusste wohl nur der Herr allein.

„Seine Züchtigung obliegt Euch.“

Ihre linke Hand beschrieb eine ebenfalls einladende Geste in Richtung des Menschen, während sie die Reaktion des Kappadozianers darauf beobachtete.
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Nubis
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Re: [1028] Wohin der Weg uns führen mag [Galeno, Seresa]

Beitrag von Nubis »

"Dann hat er noch etwas Verschnaufpause. Es hat sich einiges heute angesammelt und er wird heute noch einiges erdulden müssen, aber gut verborgen hinter Mauern. Da hört ihn keiner schreien, oder interessiert sich dafür."
Er blickte zu seinem neuen Bruder und zischte leicht. In Galenos Augen und den eng zusammenliegenden Brauen war Wut zu erkennen.
Der Ghul ging in die Knie und senkte sein Haupt.
"Es..es tut mir leid...erm...verehrt...."
Galenos Faust traf dessen Hinterkopf.
"Hoch verehrte......Dame..."
Die Augen des Kappadozianers lagen ernst auf dem Nacken des Ghuls. Er überlegte sich gerade sogar etwas, doch schüttelte dann mit dem Kopf, schloss die Augen und sah zu Luciano.
"Bring ihn weg, Luciano. Geh mit ihm ein Stück, ich will ihn hier nicht haben. Und sollte er noch einmal spucken, ramm ihn ungespitzt in den Boden..."
Luciano nickte seinem Herrn zu und sah dann zu Seresa, Verneigte sich tief und sagte sonst kein Wort, sondern verliess mit dem anderen, der recht verwirrt wirkte, den Schauplatz.

Galeno unterdess senkte tiefer den Kopf, als sonst vor Seresa und seufzte leicht.
"Wohlwerte Seresa, ich hatte mir fast gedacht, dass ihr es seid. Menschen aus sehr einfachen Verhältnissen müssen viel mehr lernen, als jene, die eine gute Bildung genossen. Ihr seid tatsächlich der erste Kainit, dem der Neue begegnet ist und ich sehe, dass es noch nicht ausreicht. Schade. Ich bin froh drum, dass ich Luciano mit vielem betrauen kann, jedoch nicht mit allem. Deswegen hoffe ich, dass ich auch diesen bald so weit habe, sodass ich ihn auch zu anderen unserer Art mitnehmen kann. Meine Entscheidung, dies bisher nicht zu tun, war wohl eine gute..."

Er sah sie einen Moment lang schweigend an und sprach recht kühl und emotionslos weiter.

"So und so wäre noch eine Strafe gefolgt, nur sollte er auch wissen, dass er nicht unter meinem Schutz steht, wenn ein anderer ihn auf Grund seiner Vergehen strafen möchte. Ich hoffe, ihr denkt nicht, dass ich damit die Ausübung einer Strafe gänzlich auf euch abwälzen wollte."

Wieder schüttelte er leicht mit dem Kopf. Dann aber lächelte er leicht.
"Wir haben uns lange nicht mehr gesehen, ich denke, da lag sogar ein Krieg dazwischen, nicht wahr? Die Jahre ziehen schnell ins Land. Wie ist es euch bisher ergangen? Ich hörte, ihr habt die Möglichkeit ergriffen, Herold zu werden. Gefällt euch das neue Amt?"
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Re: [1028] Wohin der Weg uns führen mag [Galeno, Seresa]

Beitrag von Seresa »

Seresa verfolgte das ganze Treiben gelassen und nahm die Verneigung Lucianos zwar zur Kenntnis, ging jedoch nicht weiter auf ihn oder die Geste an sich ein. Als Galeno geendet hatte, nickte sie kurz und antwortete ihm mit ruhiger Stimme.

„Ich darf ihrer Majestät Aurore und der Domäne Genua dienen. Wie könnte ich demnach etwas anderes als aufrichtig dankbar sein ob der Ehre, welche mir zuteilwurde?“

Kurz blickte sie fragend, ohne selbst eine Antwort auf die Frage zu geben. Dann schüttelte sie leicht den Kopf, während sie weitersprach und dabei ernster wurde.

„Doch trifft es nicht zu was Ihr hörtet, denn es war keine Möglichkeit, welche ich ergriffen hatte. Wie ist es jedoch diesbezüglich um Euch selbst bestellt? Ihr sagtet einst, Ihr wolltet Liktor werden. Stattdessen tragen nun seit einigen Jahren Livia und Arash dieses Amt, nebst Amalia und Ajax. Sind Eure Ziele noch immer dieselben oder habt Ihr Eure Bestrebungen aufgegeben?“

In ihrer Stimme war keine Provokation zu hören. Vielmehr schien sie sich dafür zu interessieren, ob die geänderten Umstände auch seine Absichten geändert hatten.

„Wie ist es Euch davon ab in den letzten Jahren ergangen, denn Ihr habt wohl recht damit, dass viel Zeit zu schnell ins Land gezogen ist, seit unserem letzten Treffen. Vieles ist in der Domäne - wie auch bei mir selbst - seither geschehen - darunter ein Krieg - und unzähliges hat sich verändert. Zum Guten, wie auch zum Schlechten. Doch waren die vergangenen Jahre ebenfalls eine Zeit, welche mir viel über Respekt, Loyalität, Vertrauen und Verantwortung lehrten.“

Seresa pausierte zwischen den Worten, um ihnen die Bedeutung zukommen zu lassen, welche sie verdienten. Dann waren die braunen Augen der Brujah abgewandert auf die beiden Ghule, welche sich entfernt hatten. Nachdenklich betrachtete sie sie für einen Moment. Dann schüttelte sie den Kopf und sprach an Galeno gewandt, ohne ihn dabei tatsächlich anzublicken.

„Seid unbesorgt, ich denke nicht, dass Ihr damit die Ausübung einer Strafe gänzlich auf mich abwälzen wolltet. So er mich wissentlich und willentlich beleidigt hätte, hätte er die Konsequenzen dessen unmittelbar gespürt.“

Noch einen Augenblick beobachtete sie die Männer, bevor sie den Kappadozianer erneut anblickte.

„Eines solltet Ihr jedoch nicht vergessen: Ihre Fehler fallen auch immer auf Euch zurück. Sie scheinen zwar eigenständige Wesen zu sein und leben an Eurer Seite, doch sind sie gebunden an das Blut und einen ihnen gänzlich fremden Willen. Sie sind kaum mehr als gebrochene Puppen an unsichtbaren Fäden, welche weder Euch - den Herrn, welchem sie dienen müssen, - noch die Welt hinter der Welt - in welcher wir leben - jemals wahrlich verstehen werden. Sie sind nicht mehr als Euer Besitz. Als solcher obliegt die Verantwortung Euch und manch einer würde auf Grund dessen die Wiedergutmachung nicht von Eurem Diener fordern, sondern von Euch selbst.“
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Nubis
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Re: [1028] Wohin der Weg uns führen mag [Galeno, Seresa]

Beitrag von Nubis »

Die Augen des jungen Kappadozianers waren starr auf sie gerichtet, Eiseskälte sprach aus ihnen, wie man es früher von ihm nicht gewohnt war. "Wohlwerte Seresa, das müsst ihr mir nicht sagen. Ich weiss um die Konsequenzen von Fehlern und auf die sehr unterschiedliche Auflegung dieser durch Kainiten. Ihr müsst mich deswegen nicht belehren. Ich mag zwar jung aussehen, aber mittlerweile sollte klar sein, dass ich es nicht mehr bin.
Ich hätte ihn auch nicht mit genommen, wenn es nicht für heute notwendig gewesen wäre und so oft begenet man hier auf diesen Strassen keinem Kainiten. Es ist sogar verwunderlich, euch hier zu treffen, nachdem wir uns doch schon eine Zeit nicht gesehen haben. Fast, als wenn jemand dieses Treffen wollte."


Und er sah ein klein wenig zum Himmel hinauf und den dunklen Wolken, die sich nur knapp vom sonstigen Schwarz abzeichneten und ein paar Sterne verdeckten.

"Was den Posten anbelangt, nun, ich fürchte, dass der wohlwerte Arash und die wohlwerte Livia mir einfach zuvor gekommen sind. Ich schrieb zwar auch an den Blutvogt, doch das Treffen war erst lange nicht durchführbar und bis ich dann doch vorsprechen konnte, war es schon geschehen. Allerdings bemühe ich mich noch immer darum. Es ist keine aufgegebene Sache, denn ich finde es noch immer wichtig, dass wir ein Bindeglied zwischen den Liktoren haben. Allerdings ist für das Erreichen eine recht schwere Aufgabe vorgesehen."

Er seufzte etwas und senkte den Blick leicht.

"In Genua scheint stets viel mit Gewalt besser lösbar zu sein, als mit dem Verstand. Zuweilen macht es den Eindruck. Jedoch bin ich in körperlichen Belangen nicht besonders gesegnet. Und da, was ich für den geistigen Vorteil schaffen muss, dauert recht lange. Wahrscheinlich werde ich einen Anteil an dem haben, was geplant ist, es aber alleine wohl nicht lösen. So meine Ansicht. Aber trotz allem, ich gebe da nicht au und auch wenn es sich so zutragen wird, weiss ich, dass ich zumindest mein mir Möglichstes getan habe, auch wenn andere dies vielleicht anders sehen."

Er zuckte mit den Schultern und sah sie dann wieder ernst an.

"Wie es mir ergangen ist.... Auch ich habe viel gelernt. Auch hier und da etwas über Vertrauen und Loyalität, aber vielmehr auch über Status, Politik, einige Kainiten und auch vieles über mich selbst. Ich habe versucht herauszufinden, welchen Platz ich in Genua einnehmen will und diesen verfolge ich nun und hier und da schaffen sich kleine Bündnisse oder Zweckgemeinschaften.
Der wohlwerte Kastellan ist mir übrigens ein wirklich ausgezeichneter Mentor. Jedoch denke ich, dass ich noch nicht einmal die Oberfläche von dem angekratzt habe, was er mir noch beibringen kann oder will."
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