[1042] Per Aspera [Achilla, Vergonzo, Valerios]

[November '20]
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Signora Achilla
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Re: [1042] Per Aspera [Achilla, Vergonzo, Valerios]

Beitrag von Signora Achilla »

Es waren ungelenke Worte, die der Baumeister sprach. Doch sie waren so schön wie selten etwas in diesen hässlichen, schmutzigen Gassen. Achilla lauschte den Worten nach und es fühlte sich an als blicke sie Vergonzo direkt in sein Herz.
In dem Moment wusste sie, dass der Preis, den sie geboten hatte, nicht zu hoch gewesen war. Diese Brut, ihre Brüder und die Schwester, sie waren es wert. Einfach? Ha. Einfach war es nie. Der Dottore, der Henker, der Baumeister, das Messer. Und sie? Gegen ihre Geschwister musste sie ganz unweigerlich flatterhaft und leichtlebig wirken.

Sie dachte an das, was sie bereits getan hatte, und es machte ihr das Herz schwer und zugleich leicht. Früher oder später würde Vergonzo davon erfahren. Eine blutige, prächtige Narretei, die sie für ihn und die anderen gemacht hatte.

“Wenn du die Maske tragen willst, wie du einst gesagt hast, dann hast du bereits ein wenig Bühnenlust und Maskenkunst”, flüsterte sie. “Sie liegt nur für dich bereit, ich habe sie gefertigt.” Und auch das hatte mehr als eine Bedeutung, auch wenn er diese nicht kennen konnte. Noch nicht.
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Vergonzo Faro
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Re: [1042] Per Aspera [Achilla, Vergonzo, Valerios]

Beitrag von Vergonzo Faro »

Nachdem seine Schwester seine Worte aufgenommen, angenommen und verschlungen hatte schien er sichtlich zufrieden.
Auch wenn er mit Worten eigentlich gut umgehen konnte war das zitieren eines improvisierten Gedichtes eine ganz andere Sache und nicht seine Stärke.
Als sie dann antwortete verharrte er in seiner Bewegung.
Starrte Achilla eine Zeit lang an.
Dann trat er näher an sie heran und flüsterte ihr hinter die Maske unageachtet der Motten und dem Getier welches fluchtartig diesen Bereich verließen als seine Fratze so nahe kam.
Man soll bauen, als wollt man ewig leben, und leben, als sollt man morgen sterben.
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Signora Achilla
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Re: [1042] Per Aspera [Achilla, Vergonzo, Valerios]

Beitrag von Signora Achilla »

“Aye”, antwortete die Signora mit einer gewissen Erheiterung. “Und ein Kostüm geschneidert, für Schultern wie die deinen.” Sie störte sich an seiner Nähe nicht, jedenfalls für den Moment. Ein paar Motten flohen, ein paar andere tanzten eng um den Baumeister her als wäre er in Wahrheit eines der Lichter, die sie so lockten.
“Die Geschichte ist alt geworden, so denke ich”, vermutete sie. “Doch ihr Nutzen nicht und ebenso wenig die Notwendigkeit. Die Frage ist: Wagst du dich noch an die Rolle? Oder ist auch das vergangen?”
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Vergonzo Faro
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Re: [1042] Per Aspera [Achilla, Vergonzo, Valerios]

Beitrag von Vergonzo Faro »

Er wich von ihr weg und begab sich zu dem Platz an dem er zuvor gestanden hatte.
Dann kratzte er sich am Kopf und glitt mit den klobigen Fingern durch die Franzen, die vor langer Zeit einmal Haare gewesen sein mussten. Vielleicht in einem anderen Leben.
"Lass mich dir eine Frage stellen,...." er nahm die Hand zurück und beide verschwanden hinter seinem Rücken, den Blick suchend auf sie geheftet,"....wieso hast du die Brut damals nicht darüber unterrichtet?"
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Signora Achilla
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Re: [1042] Per Aspera [Achilla, Vergonzo, Valerios]

Beitrag von Signora Achilla »

“Ah”, machte die Signora da. Sie hob das Kinn ein wenig wie um sich in den Jahren zurück zu versetzen. Sie hob sacht die Hand ein wenig und einen Finger daran, mit dem sie den ersten Grund anzeigte:
“Prüfung. Ich musste denken, dass Ana in Blut gebunden ist und unseres Ahnherrn Geheimnisse weiterträgt.” Sie neigte den Kopf einmal, hob dann aber schon den zweiten Finger, für die zweite Antwort: “Rache. Hat sie mich eingeweiht? Hast du? Ihr habt mich beide verdächtigt, eh? Für töricht und zahnlos gehalten. Es hätt’ keinen von euch umgebracht, aber vielleicht doch ein blaues Auge verpasst oder zwei.” Sie zwinkerte ihm zu und fügte dann an: “Du hast mich sogar heute für meine Zahnlosigkeit gescholten, Baumeister.” Es klang sanft und freundlich, was sie sagte. Es klang so wunderbar harmlos und leicht als spräche sie über ein Blumengesteck und das Wetter am Markttag. Doch dann hob sie den dritten Finger: “Wer sagt, ich hätte unsereins nicht eingeweiht? Ich hab’s Älteren überlassen, ob sie’s laufenlassen oder nicht.”
Einen Moment lang sah sie auf ihre Finger hinab, dann hob sie den vierten und berührte ihn sacht mit der anderen Hand.
“Das Schauspiel. Ihr habt es nur echter gemacht. Der Tanz galt nicht allein euch sondern er galt auch dem schönen Alain und seinem angstzerfressenen Blick in unser aller Richtung. Und das gesamte Schaustück auf der Bühne Genuas galt auch den übrigen Neugeborenen. Ja, es galt sogar denen, die wohl das Feuer nach Clavicula geschickt haben.”

Sie hob dann die ganze Hand und spreizte auch den Daumen ab, für die fünfte Antwort auf dieselbe Frage: “Und zuletzt musste ich sehen, wie stark du sein kannst, mein geliebter Bruder. Zu der Zeit hatte ich dich noch nicht springen sehen, kannte nicht deine Zähigkeit. Wie scharf sind Anas Messer tatsächlich und wie sehr ist sie gebunden? Wie ruchlos das Werk des Henkers? Ha. Ich hatte begonnen, meine Schlinge um den schönen Alain enger zu ziehen, doch ich musste sehen, ob du - oder wir alle gemeinsam - die Rolle spielen können.”

Sie zuckte mit den Schultern. “Ich würd’s immer noch wissen wollen. ‘s ist eine Waffe, die keiner erwartet, gerade wenn man sie selten einsetzt.”

Damit ließ sie die Hand sinken und seufzte einmal. “Und nun? Der Vorhang gelüftet, das Geheimnis hässlich nackt entblößt. Was willst du damit tun, Baumeister? Wirst du’s schwingen wie eine Keule, um mich nieder zu strecken? Oder wirst du’s dir um die Schultern legen und sehen, wie weit wir zusammen gehen könnten, wenn wir’s nur wagen würden?”
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Vergonzo Faro
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Re: [1042] Per Aspera [Achilla, Vergonzo, Valerios]

Beitrag von Vergonzo Faro »

"Ich sollte!" gab er leise aber ernst zurück. Worauf sich diese Aussage bezog musste Achilla sich selber beantworten.
Sein Blick fixierte die Maske der Schwester, ehe er den Blick von ihr abwandte und begann sich in Bewegung zu setzen, hinkend.
Auf ihrer Höhe angekommen, spuckte er neben ihr auf den Boden, würdigte sie keines Blickes.
"Du hast alles kaputt gemacht mit deiner Hybris..."

Es war beängstigend.
Er hatte stets so viel gesagt, so viel zu sagen und war stets auf alle Aussagen eingegangen,...doch jetzt hatte er nur zwei halbe Sätze als Antwort für sie.
Dann hinkte er weiter und liess seine aufgezwungene Schwester alleine zurück in der Gasse und er würde wohl nur mit Gewalt aufzuhalten sein.
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Signora Achilla
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Re: [1042] Per Aspera [Achilla, Vergonzo, Valerios]

Beitrag von Signora Achilla »

Doch Gewalt war nicht ihr Weg - jedenfalls nicht so. Ebensowenig gekränkter Stolz - jedenfalls nicht so. Es war eine schmerzhafte Wahrheit der Welt, dass es oft so viel leichter war, ein paar geschmeidige Lügen zu geben anstatt eben solche schmerzhaften Wahrheiten zu überreichen. Doch sie hatte dem Baumeister eben dies gegeben, einen Teil der Dinge jedenfalls. Und was hatte sie zur Antwort erwartet? Ah, gewiss Schlimmeres als seine hingespuckte Verachtung.

Und so machte sie ihren kleinen Knicks, den er wahrscheinlich schon nicht mehr sah, und ließ ihn ziehen.
“Auf bald, mein lieber Bruder”, flüsterte sie. “Sei nicht zu lang zornig mit mir. Uns erwartet noch so viel mehr und wir werden einander dringend brauchen.”
Es waren milde und leise Worte, an die sie selbst kaum glauben konnte. Langer, anhaltender Groll war keine Seltenheit unter den Toten.

Doch sie wäre nicht sie selbst gewesen, wäre sie allzu lang in solchen Gedanken versunken. Die Würfel waren gefallen, der Streich gespielt, das Schaustück vorüber - oder doch wenigstens im nächsten Akt.


Vergonzo und Achilla treffen einander, um sich be- und auszusprechen. Es geht um vielerlei Bemerkungen und auch Intrigen aus den letzten Jahren und die beiden sind sich nur darin einig, dass Blut eben dicker als Wasser ist.
Am Ende zieht Vergonzo verachtungsvoll ab.
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