[1037] Taurus [Ilario, SL]

[Juni '20]
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Il Canzoniere
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Re: [1037] Taurus [Ilario, SL]

Beitrag von Il Canzoniere »

"Gasparo. Galeno." murmelte die Stimme die wie ein grollen tief unter der Erde die Knochen des Knieenden vibrieren ließen. "Keine Nosferatu." ergänzte er mit so viel dunklem Timbre das einem Sterblichen übel geworden wäre.
Die Luft, vor den Augen des Lasombras mit einem hitzenen Flirren verzogen, schien sich vor ihm zu biegen und einige Grad abzukühlen. Zumindest begann er langsam immer besser erkennen zu können was wirklich hier vorging, als ob jemand ganz langsam eine Decke von ihm gezogen hätte.

"Du bist nun initiiert..." beschönigte er dieses Treffen, das sich anfühlte wie der erste nüchterne Morgen nach einer wochenlangen Kneipentour bei der man hier und da stundenweise hässliche Erinnerungslücken und überall üble Verletzungen hatte. Geschlaucht und erschöpft, geschröpft und vergiftet fand man sich an einem Ort wieder den man zwar zuordnen konnte aber an dem man eigentlich schon längst nicht mehr sein wollte. "...stehst am Beginn einer Reise voller Mysterien. Du hast geschworen und deine Vitae vergossen. Hast dich gebrannt und Asche gegessen. Schicke mir nun einen Bruder und erfülle mir meinen Wunsch. Dann schicke mir deinen Diener und ich erfülle dir deinen Wunsch." beschloss er kryptisch die unreale Szene. Als ob er genau dort weitersprechen würde wo Ilario die Erinnerungen verlassen hätten. Als ob sie schon länger ein Gespräch führen würden bei dem Ilario jegliche Struktur verloren ginge. Oder er sie zumindest nicht erkennen konnte. Als ob sich ihm diese neue Ordnung noch nicht erschließen würde. Als ob die bisherigen Regeln nicht mehr gelten würden.
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Ilario
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Re: [1037] Taurus [Ilario, SL]

Beitrag von Ilario »

Tief verneigte sich Ilario abermal, zollte Macht und Alter Respekt. Noch wirbelten Gedanken umher wie in Fetzen gerissene Schatten. Vielleicht würde manches nie wieder an die Oberfläche kommen, doch in all die Verwirrung und jene neue Welt voller Mysterien in die er nun abermals geworfen worden war, würde er schon eine gewisse Orientierung bringen. Strukur, die Puzzleteile ordnen und sich dann sicher innerhalb jener neuen Ordnung bewegen. Lerne, höre zu, überlebe...

"So wird es geschehen Herr."

Still verharrte er mit gesenktem Haupt, das noch immer schwirrte vor Verwirrung und Schmerz, wartend ob der Alte ihn entlassen würde oder noch weitere Worte an ihn zu richten hatte.
Die Nächte lehren viel, was die Tage niemals wissen.
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Il Canzoniere
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Re: [1037] Taurus [Ilario, SL]

Beitrag von Il Canzoniere »

Kein Zeichen gehen zu dürfen. Weder verbal, noch auf eine andere der zahlreichen, subtilen Arten die Illario bekannt waren. Wie in Salz gehauen und nur von einem der hier und da verglimmenden Funken daran erinnert das man nicht in einem Bildniss gefangen war - obwohl man es metaphorisch durchaus anders sehen konnte - kniete Ilario da. Völlig die Zeit aus den Augen verloren, gab es kaum einen Orientierungspunkt wie weit die Nacht bereits fortgeschritten war. Das Gefühl, das aber eine Menge Zeit vergangen sein musste wurde nach wenigen Minuten bestätigt. Ein krähender Hahn ließen seiner inneren Bestie die Haare zu Berge stehen.

Das es schon so spät war, hätte er nie vermutet. Zumal sich sonst nichts und niemand regte oder seit seinem letzten Wort geregt hatte. Stille, ein auf ihm ruhender schwerer Blick und die auskühlenden Kohlen umgaben ihn wie ein Crescendo des Horrors. Weitere Augenblicke verstrichen. Müdigkeit überkam ihn plötzlich wie ein Rausch den Seemann nach absetzen der Flasche.

Begleitet wurde die Trägheit von Panik, einem aufbrausenden Tier und einer leisen Stimme in seinem Hinterkopf die ihm zuflüsterte das sie doch die ganze Zeit geahnt hatte das dies eine furchtbare Idee gewesen ist.
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Ilario
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Re: [1037] Taurus [Ilario, SL]

Beitrag von Ilario »

Dunkelheit. Die Dunkelheit des Tages wich einer anderen die ihn umfing. Schon lange fürchtete Ilario nicht mehr die Finsternis, er beherrschte sie, hieß sie willkommen, wurde eins mit ihr...

Doch noch nicht, nicht jetzt. Sich konzentrierend schlug Ilario die nun pechschwarzen Augen auf, sah in der Finsternis. Holz, er war umgeben von Holz. Eine Kiste, womöglich ein Sarg. Wieder zügelte er den ersten Impuls mittels Schatten oder reiner Kraft den Deckel aufzubrechen. Nein, erst kam die Analyse, dann die Handlung. Worte Galbas die ihm in den Sinn kamen. Vorschnelles Handeln bedeutete oft Scheitern oder Schlimmeres. Verstand über Emotion, Willenskraft über Instinkt.

Vorsichtig, aber kraftvoll, drückte er gegen das Holz. Dann klopfte er sacht dagegen. War Erdreich darüber?
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Il Canzoniere
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Re: [1037] Taurus [Ilario, SL]

Beitrag von Il Canzoniere »

Ein dumpfes Klopfen ertönte, als Ilario den Holzdeckel über sich berührte. Es wirkte nicht nach dem üblichen Geräusch wenn man in einer Reisetruhe schlief und völlig verkrümmt und durchgeschüttelt die toten Glieder ausstrecken konnte. Es klang viel dumpfer. Wie eine tonnenschwere Last die auf dem Deckel lag und die Nägel, die ihn zusammenhielten, fest ins Holz drückte. Der frische, kühle und leicht moderige Geruch nach Erdreich gab seiner ersten Vermutung weiter Aufwind.

Die Enge der Kiste mochte vielen bereits den Rest geben, dem Lasombra nahm die größtenteils die Armfreiheit. Andersherum gab sie ihm überhaupt erst welche, wenn auch nur in erbärmlichem Ausmaß. Daneben gab es hier drin wenig zu analysieren. Die bedrückende Stille war so nah und deutlich das man jedes Rascheln der eigenen Kleidung wie ein Rascheln von eintausend Betten empfand. Das Holz hatte die kalte Temperatur der Umgebung angenommen und dabei den Untoten Körper ebenfalls so sehr abgekühlt, dass es den Kainiten noch mehr fror als er es in seinem überlebenslangen Martyrium ohnehin stets ertragen musste. Aber auch hier hätt es schlimmer kommen können. Hätte der Frost bereits eingesetzt, hätte er bis zum Frühjahr schlafen können - einen Sinn sich vorher hier herauszukämpfen hätte es nicht gemacht.

Und dann...war da noch etwas kälteres. Kühles Metall, welches ihm zu Füßen gelegt worden war. Ein... Helm? Was mochte es damit auf sich haben? Und wie um aller Welt könnte ihm dieser in solch einer Situation von Nutzen sein? War dies einer der vielbesungenen Witze der Älteren? Oder gar eine versteckte Botschaft? Ein Lösungshinweis?
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Ilario
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Re: [1037] Taurus [Ilario, SL]

Beitrag von Ilario »

Mit allerlei Verrenkungen, die dankenswerterweise von der Dunkelheit verschluckt wurden, gelang es Ilario den Helm in die Finger zu bekommen. Ein unauffälliges Exemplar, doch es könnte seinem Zweck dienen: Den Kopf schützen. Also setze er dem Helm auf den Kopf.

Einen ersten Plan um herauszukommen verwarf der Ancilla, nein soweit wollte er sich nicht offenbaren. Was wenn der Altehrwürdige alles beobachtete? Die Kraft der unheiligen Vitae anrufend und die Kraft von drei, vier Männern innehabend... stemmte Ilario sich vergeblich geben den Sargdeckel. Nägel und Holz hielten. Er lauschte, doch nichts war zu vernehmen. Stille umgab ihn abermals, als er die neunundneunzig Anrufungen Ahrimans in einem einzigen flachen Atemzug rezizierte und die Schatten zur Hilfe rief. Seine, durch geraubtes Lebensblut erlangte, und die beschwörene Kraft des Abbyss drückten hölzerne Bretter und Erdreich beiseite. Ilario Contarini wühlte sich gute anderthalb Meter durch brockige Erde.

Sich umsehend erkannte er noch immer außerhalb Genuas zu sein, sah einen Apfelhain und einen Acker. Abseits und allein starrte Ilario in den Sternenhimmel, als ob dieser ihm Antworten gewähren könnte.
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Ilario
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Re: [1037] Taurus [Ilario, SL]

Beitrag von Ilario »



Zusammenfassung:

Eine alte Macht ruft Ilario und er kann sich dem Ruf nicht widersetzen, Schritt um Schritt treibt es ihn ins Umland um dort in einer Hütte auf einen alten Kainiten zu treffen. Dieser empfängt und befragt Ilario, Rituale alter Zeit werden vollzogen und der Alte manipuliert den Geist Ilarios. Unklar bleibt ob wirklich Schwüre gesprochen und dann vergessen wurden, doch die Angst davor verbleibt im Herzen des Lasombra. Schließlich, jegliches Zeitgefühl vergessen habend, bricht der Tag an. In der folgenden Nacht findet sich Ilario in einem Sarg und begraben wieder. Nach erfolglosen Versuchen sich zu befreien ruft er die Schatten zur Hilfe und bricht aus dem Grab hervor, das ihn vor der Sonne schützte und kehrt nach Genua zurück.
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