[Fluff] Von Schatten und bitteren Elend [Euphemia]

Geschichten über Monster

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Euphemia
Lasombra
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[Fluff] Von Schatten und bitteren Elend [Euphemia]

Beitrag von Euphemia »

Genua, das Tor zur Welt, war eine Hafenstadt, in welche sich das Meer fortsetzte und dessen Hafen eine Ansammlung von verwirrten Häusern mit zahlreichen kleinen Gassen waren, welche durch die salzigen Winde der See angegriffen wurden und dessen abgemagerte Bewohner mit den Gezeiten kamen und gingen. Aber selbst in der Nacht konnte man dutzende von jungen Männern erblicken, welche versuchten – von der unnachgiebigen Gier des dürren Hunger getrieben – an einige Fische im Hafenbecken zu gelangen, während Frauen unterschiedlicher Altersschichten ihre Körpern den betrunkenen Seeleuten feilboten, wenn man ihnen nur etwas Nahrung zu warf. Selbst das milchige Licht des Mondes, der hinter den Hügelhang von Ravecca aufging konnte das Abbild des Elends der Hungernot in diesen Viertel nicht vertreiben. Gar versuchte ein christlicher Halunke des in Chaos und Sünde versinkenden Hafenviertels Platealonga sich, angestachelt durch die üblen Hassreden des Wanderprediger Antonio, auf die im Hafen liegende Kriegsgaleere 'Dahaka' der Fremdländer, jener Sarazenen, Zugang zu verschaffen. Doch sein Lohn war nur die Spitze eines Speers als er sich auf der zur nächtlichen See zu gewandte Seite der Galeere empor klettern wollte, die sich durch seinen Schädel bohrte und seinen leblosen Leichnam der einsamen Schwärze der kalten See übergab. Es war keine Zeit des Friedens, woran nicht nur das Aufklatschen des Leichnams auf der Oberfläche des Wassers erinnerte, sondern auch das klirren der Glocken, deren Läute niemals verhallten und daran erinnerten, dass solche Szenen sich die gesamte Nacht über in Genua abspielten und damit die ausgelaugte Stadtwache von einen Brand zum nächsten hetzten, nur um oft genug nur noch vor aufgebrochene Häuser zu stehen, deren Bewohner verängstigt in eine Ecke kauerten und all ihrer mickrigen Nahrungsvorräte beraubt waren.

Es war eben genau zu jener düsteren Zeit, dass Euphemia in ihren nächtlichen schwarzen Gewand, ein traditionelles muslimisches enganliegendes Kleid, dass als Abaya bekannt war, zusammen mit der Quertiermeisterin Lucrezia und den obersten Aufseher Harun al-Fen das Deck der Kriegsgaleere verließ um sich mit raschen Schritten durch die Gassen des Viertels zu bewegen. Dabei war ihr Gesicht unter den schwarzen Schleier des mehrlagigen Niqab verborgen und ließ nur die fahle und blasse Augenpartie offen, deren smaragdgrünen Augen in purer sündigen Dekadenz nach den Sitten christlicher Ansichten mit einer Umrandung durch Kohle hervorgehoben worden waren. Dabei war es jedoch die einschüchternde Gestalt des Sarazenen, der mit seiner dunklen Lamellenrüstung und seinen Krummschwert, die Menschen davon abhielt sich den beiden Frauen zu weit zu nähern, so fern diese nicht durch eine einfache Gestik der rechten Hand von Euphemia die Erlaubnis erhielten heranzutreten. Und manch einer jungen Frau oder ein dürres Kind, wurde dies gar gewährt, so dass sie sich ein kleinen Brocken eines Leibes Brot erhaschen konnte, dass man ihnen gab mit einigen Worten. Worte, die den Segen Allahs priesen und die Güte der Herrin Manal betonten, welche ihnen dieses Geschenk machte. Andere erhielten auch mal eine Münze, wobei es offenkundig auf das Wohl gefallen der Verschleierten ankam, was man genau erhielt.

So zog man durch die verschiedenen Viertel der Stadt, erkundete die großen und kleinen Plätze, und betrachtete gar die christlichen Bauten mit wachsamen Blick. Man schritt gemeinsam langsam und bedacht durch die zertrampelten Gärten der Obsthaine am Hang des Hügels, von welchen sich das Viertel Ravecca hinab zum Hafenbecken ergoss und betrachtete die kahle Bäume, wie die Schemen in den Schatten, welche versuchten über Zäune und Mauern zu klettern und wie örtliche Bewohner mit Knüppeln ihre Gärten verteidigten. Von irgendwoher hörte man gar die Schreie eines Mädchen, welches offenkundig geschändet wurde und an einen Baum, nahe eines Grundstücks an der Grenze zu Mascharana mit neuen Mauern, vor den gerüstet Wachen patrouillierten, lehnte der leblose Körper eines Jugendlichen, dessen Bauch aufgeschnitten war und all seiner Organe geraubt worden war. In Zeiten des schmerzenden Hungers waren Menschen oft nicht weniger Monster als es die bizarren Geschöpfe der Nacht waren, vor welchen sie sich so sehr fürchteten, und Kannibalismus war nur allzu gebräuchlich, wenn es darum ging diesen Schmerz zu stillen. Doch der Tod war für die Drei wahrlich nicht fremd und so ließ man den Leichnam ohne große Beachtung am Baum mit der Gewissheit, dass er entweder von der ausgedünnten Stadtwache gefunden werden würde oder weitere hungrige Münder näheren müsste.

Und dann betrat man Clavicula. Dieses Elendsviertel, wo die stinkende Jauche offenkundig selten nur eingesammelt wurde und der bittere Gestank von Harn, Fäkalien und verwesenden Unrat allgegenwärtig waren. Ein Schandfleck, wo die zerbröckelten Behausung der Armen mit Brettern gestützt werden mussten, da deren verfaulenden Fundamente von den menschlichen Exkrementen angegriffen wurden und durch die sich die Ratten, auf der Suche nach Nahrung, fraßen. Wobei das kränkliche Ungeziefer, dass von Eiterblasen und Nekrose heimgesucht wurde, nicht einmal davor zurückschreckte, die leblosen verrottenden Kadavern der Gestorbenen, welche im übelriechenden Schlamm der schattenhaften Gassen lagen, anzufressen. So konnte man beobachten, wie eine dürre Ratte aus den weit geöffneten Mund eines Mannes kletterte, der neben einen Fass lehnte und dessen rechter Arm bis auf die grauen Knochen abgenagt war. Selbst die Kakerlaken, welche in großen Schwärmen an den hölzernen Wänden voller Moos und Schimmel, entlang krochen führten einen stillen Krieg mit tausenden Toten, wobei sie ihre eigenen Verwundeten auffraßen und eine spürbare erhöhte Aggression zeigten, wenn man beobachtete, wie sie sich zu hunderten gefräßigen Mäulern über den aufgeblähten Kadaver eines alten Greises hermachten.

Dieses Armenviertel, wobei Drecksloch wohl besser passte, war der Tümpel des Übels und Elends, in welche Krankheiten sich ungehindert ausbreiten konnten, da man den Infizierten erlaubte unter den Gesunden zu wandeln, wenn man sie nicht gerade auf offener Straße erschlug um das wenige Gut, dass sie besaßen, ihren kalten Leibern zu entreißen. Und doch wagten es genau hier, zwischen den windschiefen Baracken, sechs widerwärtige Taugenichtse vorzutreten aus den Schatten, deren Gestank nach Schweiß ihre Anwesenheit angekündigt hatte. Sachte versuchte man die ansehnlichen Weiber und ihren Leibwächter zu umringen; zog die hölzerne provisorischen Knüppel, welche mit spitzen und scharfen Steinen bestückt waren, auf welche noch das geronnene Blut der letzten Opfer klebte, und schien sich seines Gewinns sicher. So funkelte in den Augen der Männer die Gier nach dem Fleisch beider Sirenen, der Sünde der Wollust, während sie sich langsam nähern. Dann folgt das Aufblitzen einer Klinge als Harun al-Fen sein Krummschwert aus der Scheide zieht und dabei das fahle Mondlicht auf der sauberen Klinge reflektiert wird. Kaum einen Augenblick später schreit einer Männer auf; Blut fließt an seinen Hals herab und ein abgetrenntes Ohr schlägt im Schlamm auf, wobei mehre feine Tropfen des Untergrund aufspritzen. Die Klinge dreht sich, der Blick des Kriegers richtet sich auf die Männer, dann folgt ein zweiter Hieb, der lauf pfeifend die Luft verteilt, dann rennen die Feiglinge, welche sich noch vor einen Moment ihres Sieges so sicherer waren, hektisch in die Nacht davon und man setzte seinen Weg unberührt fort...

#gerüchtfeb21
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