[1053] Das Präludium [Livio, Galeno]

[Livio di Ventimiglia]

Abermals machte sich der Kappadozianer eifrig Notizen. Er wusste, dass die kainitische Gesellschaft auf den massiven Säulen der Etikette erbaut wurde; sie war es, die in einer gnadenlosen Welt voller Raubtiere den Rahmen setzte und Ordnung schuf. Als dem Adel abstammend war ihm Etikette mit der Muttermilch gegeben; obgleich er also in eine Welt geboren wurde, die aus feinsten Kleidern und eloquenten, leutseligen Anreden bestand - und sich zugegeben auch nach seinem Tod in einer ebensolchen befand - hieß dies mitnichten zwangsläufig, dass er sich in dieser bedingungslos wohlfühlte.
Es war vielmehr wie das geübte Schwimmen in kaltem Wasser. Ja, er vermochte es; es gab aber durchaus angenehmere Dinge.

"Seid bedankt für eure detaillierten Ausführungen.", er nickte abschließend und verstaute ein weiteres Mal Schreibutensilien in einer ledernen Tasche.
"Und nein, bis auf Weiteres habe ich zunächst keine weiteren Fragen mehr. Vielmehr interessiert mich, wie es nun weitergeht?", er lächelte nach wie vor.

[Nubis]

"Ich denke, ihr besitzt vorerst alle Informationen, die wichtig sind, wisst um eure Aufgabe, eure erforderlichen Fürsprecher und die Ämter in dieser Stadt. Besitzt ihr eine Bleibe? Falls nicht, kann euch hier im A Tarda Ora für eine Weile ein Zimmer gestellt werden. Ein normales Gasthaus wäre etwas gefährlicher."

Er setzte ab. Offenbar war eigentlich seine Handlung als Herold hier und jetzt vorbei, doch er setzte noch etwas nach.

"Insofern seid ihr nun also als vorübergehender Gast Genuas von mir anerkannt und könnt den Rest der Nacht für euch nutzen. Ihr werdet sicherlich hier und da von mir erwähnt werden, sodass möglicherweise jemand auf euch zukommen wird. Jedoch solltet ihr euch selbst auch mit anderen bekannt machen. Dazu dürfte sich das Elysium in der Stadt ganz gut eignen. Es ist ein wundervoller Garten an der Grenze zu Mascharana, liegt aber noch in Ravecca selbst. Zugang erhalten nur Kainiten."

[Livio di Ventimiglia]

Es folgte ein tiefes Nicken. Ein Nicken das offenkundiges Wohlwollen aber auch Dankbarkeit ausstrahlte. Ein Nicken, das Bestätigung suggerierte.
"Nun dann, wohlwerter Galeno; dann bleibt mir wohl zunächst nichts Weiteres mehr übrig, als mich bei euch zu bedanken. Für eure Gastfreundschaft, eure Zeit und auch eure Möglichkeiten."

Wie es die Höflichkeit gebot und auch erforderte, würde er sitzen bleiben, bis Galeno sich erhob und dann erst aufstehen. Er packte seine Sachen rasch zusammen, schob den Stuhl zurück an den Tisch und nickte erneut. Diesmal tiefer und drückte damit offenkundig Respekt und Anerkennung für die Tätigkeit seines Clansbruders aus.
"Ich würde euer Angebot zunächst annehmen und die ersten Nächte im A Tarda Ora verbringen; mich dann aber rasch nach einer etwas dauerhafteren, autarken Bleibe umsehen.", er lächelte, erneut dankbar und offensichtlich zufrieden.

"Nun denn... Dann werde ich den Rest der Nacht nutzen, um diese wundervolle Domäne erst einmal auf mich wirken zu lassen. Es ist gewiss eine Sache, von der Herrlichkeit Genuas aus Worten - ganz gleich ob geschrieben oder gesprochen - zu vernehmen; aber eine ganz andere, die Stadt mit all ihren Eigenheiten und Besonderheiten höchstselbst zu erkunden. Habt abermals vielen Dank für all die Freundlichkeit, die ihr mir in meinen ersten Stunden in dieser Stadt entgegenbrachtet. Und ich hoffe auf ein baldiges Wiedersehen."

Dann würde er sich verabschieden. Galeno hatte schon genug für ihn getan und er wollte seinen Clansbruder nicht weiter behelligen als unbedingt erforderlich.
Der Vorhang schließt sich. Das Präludium des Stückes neigt sich seinem Ende zu.
Doch er würde fürwahr nur recht kurz geschlossen sein, nur um sich dann umso abrupter zu öffnen und den Blick freizugeben für Akt 1. Er verließ den Raum mit einem Lächeln.

[Livio di Ventimiglia]

Zusammenfassung:
Livio erreicht die Gestade Genuas und wird am Hafen von einem Diener Galenos in Empfang genommen. Die beiden Kappadozianer treffen im A Tarda Ora aufeinander. Nach einer förmlichen Vorstellung folgt eine Einführung durch Galeno in die Sitten und Gebräuche der Domäne, aber auch eine Zusammenschau der bekanntesten Gesichter samt ihrer Ämter. Es werden Expertisen und Rollen ausgetauscht, Pläne geschmiedet und vielleicht das Fundament eines anstehenden Bündnisses zweier Clansbrüder gelegt. Ebenso werden Voraussetzungen für einen dauerhaften Verbleib in der Domäne abgesteckt und neue Aufgaben zugewiesen.